Predigt zum 2. Sonntag nach Pfingsten – über die Berufung und die Komfortzone (Mt 4, 18-23), 22.06.2025
Liebe Brüder und Schwestern,
heute, am 2. Sonntag nach Pfingsten, lasen wir die Stelle im Matthäusevangelium, bei der die ersten Jünger und Apostel von Christi berufen wurden.
Was bedeutet dies für uns?
Bemerkenswert ist einmal, dass sich Christi nicht an besonders gebildete oder herausgehobene Personen wandte. Er ging nicht zu den Schriftgelehrten oder weltlichen Würdenträgern, damit diese sich ihm anschließen würden. Aus menschlichem Blickwinkel betrachtet, eigentlich seltsam. Wäre es nicht vielversprechender, sich an die Mächtigen dieser Welt zu wenden, damit die Mission erfolgreicher wäre. Schließlich wären sie durch ihren Einfluss auf den Rest der Gesellschaft viel stärkere Multiplikatoren.
Doch nein, Jesus erwählt Fischer. Für uns ein deutliches Zeichen dafür, dass es nicht vom jeweiligen Stand in der Gesellschaft abhängt, wer von Gott auserwählt wird, wer seinen Weg zu Gott als Berufener wählt.
Es muss also andere Kriterien geben, die zu dieser Berufung führten. Im Unterschied zu uns sieht Gott tief in die Seele, in das Herz des Menschen. Bei den Fischern erkannte er die Reinheit und das diese gewillt waren, die Nachfolge auf sich zu nehmen.
Das gilt natürlich damals, wie heute. Sind wir bereit, Gott in unser Herz aufzunehmen, dann wird dessen Ruf bei uns auf fruchtbaren Boden fallen. Sind wir es nicht, dann wird auch nichts Derartiges passieren und wir werden uns in unserem irdischen Leben weiter um Nichtigkeiten sorgen und uns quasi im Kreis drehen, weil wir das Lebensziel nicht erkannt haben.
Andreas und Petrus traten etwas Unerwartetes: „Sie aber verließen sogleich die Netze und folgten ihm nach.“
Unerwartet deshalb, weil sie nun auf ihren bewährten Lebenswandel verzichteten und sich auf einen aus der aktuellen Sicht ungewissen Weg begaben. Das erforderte Mut und Gottvertrauen.
Auch wir stehen manchmal vor derartigen Situationen, lassen wir unser Leben so wie es ist oder gehen wir den „schmalen Pfad“, der uns letztendlich zu Gott führt. Es gibt im Management-Deutsch ein sehr häufig verwandtes Wort dafür, das im beruflichen Umfeld bestimmt schon viele bis zum Überdruss gehört haben „die Komfortzone“, die man verlassen sollte, um sich und damit auch die Firma voranzubringen. Im Duden lesen wir dazu die Erläuterung: „Komfortzone – von Bequemlichkeit und Risikofreiheit geprägter Bereich des privaten oder gesellschaftlichen Lebens.“
Nun, auf uns bezogen, wissen wir von Christus, dass wir unser Kreuz zu tragen haben und dass dies natürlich Anstrengung bedeutet, also für uns Christen die Komfortzone eigentlich eine „No-Go-Area“ sein sollte.
Es gibt ein schönes Sprichwort dazu, was auch zum heutigen Bibel-Kontext zu Fischen und Fischern passt. Der heilige Erzbischof Johannes von Shanghai prägte den Spruch:
„Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen.“
Und gegen den Strom zu schwimmen erfordert nun einmal Kraft und auch, sich nicht mit allem mitreißen zu lassen, was die Strömung mit sich trägt. Das ist umso mehr heute von Bedeutung, da der Mainstream der Gesellschaft sich nicht mehr zu Quelle bewegen möchte und wir damit folglich immer mehr Kraft aufwenden müssen, um nicht davongetragen zu werden.
Natürlich gibt es auf diesem Weg auch Rückschläge und Niederlagen. Als Christi Kreuzigung bevorstand bzw. erfolgte, verleugnete Petrus einst, dass er Jünger Christi war (Mk 14,66).
Es ist also nicht so, dass der Weg zu Gott ein einfacher ist.
Doch wenn wir die Geschichte der erstberufenen Apostel von heute weiterlesen, dann erkennen wir, dass sie Zeugen wurden von der Mission Christi, auf der für sie Großartiges geschah:
„Und Jesus zog in ganz Galiläa umher, lehrte in ihren Synagogen, verkündigte das Evangelium vom Königtum und heilte jede Krankheit und jedes Gebrechen im Volke.“
Später dann werden sie selbst in diese Rolle als Nachfolger Christi treten, sie werden unter den Juden, aber auch unter den Heiden der ganzen Welt das Evangelium verbreiten und Wunder vollbringen. Doch wissen wir, dass sie als Apostel den Märtyrertod starben.
Im Weiteren folgten viele ihnen im Bekenntnis nach, nicht nur damals, sondern im Verlauf der gesamten weiteren Menschheitsgeschichte.
Wir begehen heute in den Gemeinden unserer Diözese des Moskauer Patriarchates auch das Fest Allerheiligen des Russischen Landes. Heilige, die im Rus‘ als Menschen ihre jeweilige Komfortzone verließen, um Christus nachzufolgen und den Glauben zu verbreiten. Ihr Gedächtnis und ihr Wirken ist tief im Volk verwurzelt, ihr Glauben ist ein Vorbild für alle. Es ist ein Vorbild, dass nahesteht.
Dank ihnen existiert die Kirche Christi auch heute noch und steht fest in der Brandung der Gesellschaft.
Und: Kirche wird gebraucht.
Jesus spricht in Joh 6,48 „Ich bin das Brot des Lebens“ und in 6,58 „Dies ist das Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist. [..] Wer dies Brot isst, wird leben in Ewigkeit.“
Denn wo gibt es dieses Brot, das uns auf das ewige Leben vorbereitet?
In der Kirche – in der Liturgie, zur heiligen Eucharistie. Die würdige Teilnahme am Gottesdienst ist ein unabdingbarer Schritt, für den Weg zu Gott gerüstet zu sein.
Die Kirche gibt uns mit der Eucharistie, aber auch den anderen Mysterien bzw. Sakramenten, wie der Buße bzw. der Beichte als Bestandteil davon, die Stärkung auf diesem Weg zu Gott.
Begeben wir uns also, wie die erstberufenen Apostel und die Heiligen, derer wir heute besonders gedenken, auf diesen Weg!
Nehmen wir am aktiv kirchlichen Leben teil, dank dessen wir auf dem Weg zu unserer Errettung vorankommen werden!
Amen.