Predigt zum 1. Sonntag nach Pfingsten – Allerheiligen (Mt 10, 32-33, 37-38; 19, 27-30), 15.06.2025
Liebe Brüder und Schwestern,
heute am ersten Sonntag nach Pfingsten feiert die Orthodoxe Kirche das Fest Allerheiligen. Die Bibelstelle aus dem Matthäusevangelium, die dazu gelesen wird, enthält drei wesentliche Aspekte.
Zum Ersten: Jesus spricht am Anfang zu seinen Jüngern folgende Worte:
„Jeder also, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich bekennen vor meinem Vater, der in den Himmeln ‹ist›. Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich verleugnen vor meinem Vater, der in den Himmeln ‹ist›.“
Hier geht es also um das Bekenntnis. Welches Bekenntnis ist damit gemeint? Offensichtlich das Glaubensbekenntnis. Alles, was darin aufgeführt ist, muss ein Mensch, wenn er als Christ bezeichnet werden soll und sich auf den Weg der Errettung begeben will, voll unterschreiben, er muss sich zu diesem Glauben bekennen. Das taten wir das erste Mal, als wir getauft worden sind bzw. unsere Taufpaten übernahmen diese große Verantwortung für uns, quasi dafür zu bürgen, dass wir später uns dann als mündige Bürger, zu diesem Bekenntnis bekennen. Leider zeigt die Erfahrung, dass das nicht immer gelingt. Letztendlich ist das aber auch nicht verwunderlich. Gott hat jedem Menschen den eigenen Willen gegeben, den der Mensch dann auch in seinen Worten und Taten frei umsetzen kann.
Und so wie Gott niemanden zwingt, ihm nachzufolgen, dürfen wir als Menschen auch nicht diesen Zwang auf andere ausüben. Es ist natürlich für die Pateneltern ein großes vor allem inneres Drama, wenn sie dieses Glaubensbekenntnis für einen Täufling abgegeben haben, der dann doch – vielleicht nur zeitweilig – einen anderen Weg, als den zu Gott einschlägt. Hier hilft nur das inständige Gebet für den- oder diejenigen, dass sie doch wieder auf den Weg zurückfinden, oder gar „Beten und Fasten“, wie es Christus an anderer Stelle seinen Jüngern aufträgt.
Aber auch wir selbst müssen dieses Bekenntnis immer wieder für uns als Fixstern sehen und es auch anderen gegenüber bezeugen. Das ist nicht immer leicht, denken wir daran, das es selbst dem größten Apostel, Petrus, passierte, dass er sich für eine kurze Zeit Christus entsagte, ihn verleugnete. Wir leben in einer Gesellschaft, in der das Christentum eine gewisse Rolle, wenn auch nicht mehr die dominante, wie früher spielt. Mittlerweise sind in Deutschland die Christen in der Minderheit. Entweder hat sich die ansässige Bevölkerung von Gott abgewendet – man braucht diesen nicht mehr, er stört eher im bequemen Leben westlichen Lebensstils, in dem die Selbsterfüllung und das eigene Ego an erster Stelle steht – und es ist durch Zuwanderung ein großer Anstieg an Gläubigen nichtchristlicher Religionen zu beobachten.
Damit ist es schon nicht immer leicht, seinen Glauben zu bekennen, oftmals erntet man dafür im Besten Fall Unverständnis, aber auch Häme und Spott. Doch das sollte uns nicht abschrecken, auch hier kommen wir auf Christus zurück, der klar vorhersagte: „Ein Jünger ist nicht über dem Lehrer; jeder aber, der vollendet ist, wird sein wie sein Lehrer.“ (Lk 6,40)
Wir werden also akzeptieren müssen, dass das Bekenntnis zu der Dreiheit doch einer gewissen inneren Standfestigkeit bedarf, um auch Anfeindungen und anderes Geschilderte zu überwinden. Wir können froh sein, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der die Religionsfreiheit gesetzlich fixiert ist. Es gibt auch andere Regionen der Welt, in denen das grundlegend anders ist, einschließlich Verfolgungen.
Bekennen heißt nicht, dass wir „mit Gewalt“ missionieren sollten. Das schlägt fehl. Es ist eher das positive Beispiel unserer Lebensweise anderen gegenüber, dass hier Wirkungsraum entfalten sollte.
Es gibt ein sehr bekanntes Zitat des heiligen Seraphim von Sarow:
„Erlange einen friedvollen Geist und um dich herum werden tausende errettet werden.“
Das ist also der Weg, die Herangehensweise mit der wir dieses Bekenntnis umsetzen sollten.
Zum Zweiten: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig; und wer nicht sein Kreuz aufnimmt und mir hinterher nachfolgt, ist meiner nicht würdig.“
Hier kommen die zwei zentralen Gebote in Spiel:
„Das erste ist: […] du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Verstand und aus deiner ganzen Kraft!“ […] Das zweite ist dies: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!“ (Mk 12,29-31)
An erster Stelle steht Gott, im Zweifelsfall muss bei einer Entscheidung Er an erster Stelle stehen. Ihm muss vor allem weltlichen um uns herum der Vorzug gegeben werden. Nicht immer sind unsere Nahestehenden, unsere Familien, in Sachen Glauben auf dem gleichen Weg unterwegs, wie wir. Das bedeutet natürlich, dass es für uns nicht leicht ist, dieses beides zusammenzubringen. Einerseits, und das ist primär, weiter auf dem Weg zu Gott voranzuschreiten, aber andererseits – nicht nur im Sinne der Nächstenliebe – zu versuchen, eine gute Beziehung zu den Nahestehenden auch bei divergierenden Auffassungen in Sachen Glauben zu unterhalten.
Das Kreuz, das wir in unserem Leben zu tragen haben, sind die Mühsal, die Schwierigkeiten, Krankheiten, Verluste, Anstrengungen, die uns hier im irdischen Leben begegnen. Ein Geistlicher sagte einmal „Das Paradies auf Erden wurde uns nicht versprochen“.
Zum Dritten: „Viele Erste aber werden Letzte und Letzte Erste sein.“
Das ist nun eine Überraschung! Aber wir können nicht mit unseren Maßstäben operieren, wenn es um den göttlichen Heilsplan geht.
Wir sehen uns und die anderen nur aus der Froschperspektive, quasi aus Höhe Null. Die Göttliche Perspektive ist aber eine andere.
Wir nehmen die Umgebung zum Beispiel völlig anders wahr, wenn wir aus einem Flugzeug auf die Erde, zum Beispiel auf die Alpen schauen. Das lässt uns ganz andere Zusammenhänge erkennen, als wenn wir durch ein Tal der Alpen wandern.
Dieses irdische Beispiel kann natürlich nur unvollkommen aufzeigen, wie es sich im geistlichen verhält, wir nehmen das Äußere des Menschen wahr, aber bis in das Tiefste des Herzens, der Seele kann nur Gott blicken und damit zu ganz anderen Ergebnissen kommen, als wir. Daher: halten wir uns mit unseren Urteilen zurück.
Lasst mich mit einem Zitat des Verfassers der Geschichte „Der kleine Prinz“, Saint Exupery, schließen, welches die Bedeutung des Glaubens an Gott treffend zusammenfasst:
Wenn Menschen gottlos werden sind
Regierungen ratlos,
Lügen grenzenlos,
Schulden zahllos,
Besprechungen ergebnislos,
Politiker charakterlos,
Christen gebetslos,
Kirchen kraftlos,
Völker friedlos,
Sitten zügellos,
Mode schamlos,
Konferenzen endlos,
Aussichten trostlos.
Amen.