Predigt zum Sonntag der heiligen Maria von Ägypten (Lk 7,36-50), 06.04.2025
Liebe Brüder und Schwestern,
in der heutigen Predigt werdet ihr erfahren, was die heilige Maria von Ägypten mit KI, also mit künstlicher Intelligenz, zu tun hat.
Wir feiern heute den fünften Sonntag der Großen Fasten, an dem traditionell das Gedächtnis der heiligen Maria von Ägypten begangen wird, diese wurde heute auch in der zweiten Evangeliumslesung aus dem Lukasevangelium gewürdigt.
Warum ist dieser Sonntag ihr gewidmet? Weil sie für uns ein Beispiel darin ist, wie durch eine Umkehr – ein Umgeisten – man sich von einer Sünderin zu einer Heiligen wandeln kann. Wenn wir zumindest nur ein klein wenig von ihrem Vorbild übernehmen, dann gehen wir einen wichtigen Schritt in Richtung unserer Errettung.
Kurz zu ihrer Vita, die wir ja schon im Laufe der Woche bei einem speziell ihr gewidmeten Gottesdienst, dem „Stehen der Maria“ vollständig gehört hatten.
Im Alter von zwölf Jahren begab sich Maria aus Ägypten von ihrem elterlichen Hause nach Alexandria, wo sie in ein lasterhaftes Leben hineingezogen wurde, heute würde man sagen, sie lebte als Prostituierte. Dieses Leben genoss sie sehr und tat dies alles nicht nur aus rein materiellen Beweggründen, sondern aus Gefallen daran.
Nach 17 Jahren kam ihr die eigene Sündhaftigkeit zum Bewusstsein, als sie bei einem Aufenthalt in Jerusalem durch eine unsichtbare Macht daran gehindert wurde, das Heilige Kreuz zu küssen. Nach inniger Buße verließ sie Jerusalem und ging in die Jordanwüste, wo sie 47 Jahre in völliger Einsamkeit verblieb und durch Fasten, Tränen und Gebet Gottes Gnade erwarb.
In einem Gespräch mit dem Heiligen Zosimas, der ein Jahr vor ihrem Lebensende zu ihr in die Wüste kam, berichtete sie ihm von ihrem Leben vor und nach der Umkehr.
Das bemerkenswerte an ihrer Schilderung ist, dass sie die ersten 17 Jahre lang in ihrem neuen Leben sehr stark mit Versuchungen zu kämpfen hatte. Permanent kamen ihr böse Eingebungen und Gedanken, in das alte Leben mit viel Wein, zweifelhafter Geselligkeit und den anderen bereites oben genannten Lastern und Sünden zurückzukehren – es war ein wahrhaftiger Kampf damit!
17 Jahre Kampf! Da stellt sich die Frage, warum ist das so, warum dauerte dieser Kampf so lange? Warum stürmten diese Gedanken und Eingebungen so lange auf sie ein?
Rein physiologisch kann man das damit begründen, wie unser Gehirn funktioniert. Die Anzahl der Nervenzellen im Gehirn eines erwachsenen Menschen beträgt etwa bis zu 100 Milliarden Nervenzellen, die mit über einer Trillion Synapsen miteinander verbunden sind. Eine Nervenzelle, also ein Neuron, ist mit bis zu 30.000 anderen Nervenzellen vernetzt. – eine unvorstellbare große Zahl!
Jetzt kommt aber die Besonderheit: diese Verbindungen zwischen den Gehirnzellen ändern sich, wenn wir etwas erleben. Wenn wir etwas fühlen, lernen, tun – eigentlich immer. Damit prägt sich im wahrsten Sinne unserer Leben in unser Gehirn ein. Je öfter wir etwas tun, um so stärker werden einzelne Verbindungen ausgeprägt oder abgebaut, desto tiefer prägt es sich ein. Bei einem Kleinkind sind diese Verbindungen also noch alle relativ gleichmäßig ausgebildet, mit fortschreitendem Alter sind diese Synapsen schon ziemlich stark verändert, es haben sich sozusagen Muster gebildet.
In dem letzten Schrei der Technik, den Systemen der sogenannten KI, der Künstlichen Intelligenz, wird das in kleinerem Maßstab nachempfunden. Auch hier werden Speicherzellen miteinander netzartig verbunden – man spricht von künstlichen neuronalen Netzen. Dann, damit sie in Funktion kommen, werden Netze mit Daten trainiert.
Und hier ist wieder der entscheidende Punkt: welche Daten verwendet werden, bestimmt letztendlich für welche Zwecke diese KI geeignet ist, was diese kann oder auch nicht kann. Ist die KI erst einmal trainiert, ist ein umtrainieren schwer. Das gilt sowohl für die KI, als auch für den Menschen, ganz im Sinne des alten Sprichwortes: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!“
Und damit kommen wir wieder auf die heilige Maria und auf uns zurück. Maria von Ägypten brauchte 17 Jahre, um ihren Geist von dem alten sündhaften zu befreien, um sozusagen, umzutrainieren, um umzugeisten.
Auch wir, bei denen sich Leidenschaften, sündige Verhaltensweisen mit den Lebensjahren in unseren Geist, in unser Gehirn eingebrannt haben, müssen mit Ausdauer daran arbeiten, diese umzugestalten, neue Verbindungen zu schaffen und alte abzubauen. Dies ist natürlich nicht leicht und allein mit dem menschlichen Willen nicht zu schaffen.
Aber, „Was bei Menschen unmöglich ist, ist möglich bei Gott.“ (Lk 18,27). Mit Gottes Hilfe und dem Gebet zu ihm können wir auch dieses erreichen.
Deshalb lesen wir auch mehrmals am Tag in der Fastenzeit das Gebet des heiligen Ephrem des Syrers. Wir lesen es mehr als zweihundertmal in diesen Tagen. Warum so oft, das wissen wir ja jetzt, damit es sich in unser Gehirn einprägt und wir mit Gottes Hilfe auch entsprechend dem Inhalt dieses Gebetes handeln:
„Herr und Gebieter meines Lebens, den Geist des Müßiggangs, der Verzagtheit, der Herrschsucht und der Geschwätzigkeit gib mir nicht.
Gib mir hingegen, Deinem Knecht, den Geist der Keuschheit, der Demut, der Geduld und der Liebe.
Ja, Herr und mein König, gib mir, meine eigenen Sünden zu sehen und meinen Bruder nicht zu verurteilen, denn Du bist gesegnet in die Ewigkeit der Ewigkeit. Amen.“
In diesen drei Sätzen dieses Gebetes ist prägnant zusammengefasst, was zu tun und was zu lassen ist, damit wir Erfolg haben werden, auf den Weg der Errettung zu gelangen.
Versuchen wir also mit Gottes Hilfe, unser Gehirn und unseren Geist nicht mit falschen Daten und Verhaltensweisen zu füttern, indem wir uns nicht Leidenschaften und sündigem Verhalten hingeben.
Versuchen wir mit Gottes Hilfe unsere alten Denkweisen und Handlungen zu überwinden und neue auszuprägen, gutes für uns und für andere zu tun.
Amen.