Predigt zum ersten Herrentag nach Pfingsten / Allerheiligen (Hebr. 11:33-12:2; Mt. 10:32-33,37-38; 19:27-30) (15.06.2025)
Liebe Brüder und Schwestern,
das Fest aller Heiligen vereint uns alle miteinander – alle, die wir auf Christus getauft sind (s. Röm. 6:3; Gal. 3:27), im Himmel wie auf Erden. Denn alle Heiligen sind Christen – und alle Christen sind Heilige. So zumindest nach Lesart des Neuen Testaments, wonach alle in Christus Getauften „heilig“ sind (s. Apg. 9:13; Jud. 14; Eph. 1:15; 3:18; Kol. 1:4,26; 1 Thess. 3:13; Philem. 5). Und da gemäß unserer Tradition jeder von uns einen kanonisierten Heiligen oder eine Heilige als Beschützer/-in im Himmel hat, sind wir heute alle miteinander vereint. Wer das Gnadengeschenk der Taufe empfangen hat ist dadurch gewiss „heilig“, auch der, welcher die Vergebung der Sünden in der Beichte erlangt und den Leib und das Blut Christi empfängt. Jedoch muss der Mensch sich dieser Gnade auch als würdig erweisen, soweit es ihm auf menschliche Weise möglich ist. Wenn er das nicht tut, und somit die Gnade Gottes unwürdig empfängt (s. 1 Kor. 11:27; 2 Kor. 6:1), wird er zum Gotteslästerer. Und selbstverständlich sind und bleiben wir alle Sünder, die bewusst oder unbewusst, gewollt oder ungewollt von dieser Gnade abfallen. Deshalb gibt es für uns alle die Beichte – die Möglichkeit, erneut und erneut unsere Verfehlungen zu bereuen und für sie Vergebung zu erlangen. Und wenn wir uns auf diesem Weg immer weiter befleißigen, können auch wir Sünder der Gnade Gottes gemäß zu „Heiligen“ werden (s. Apg. 15:11; Röm. 3:23-24; 4:16; Eph. 2:8). Nur das kann unser Ziel sein.
In der Realität streben wir aber zumeist irdisches Wohlergehen an und bitten Gott, dabei unser Erfüllungsgehilfe zu sein. Die von Gott verherrlichten und von uns verehrten Heiligen unterscheiden sich aber gerade dadurch von uns Sündern, dass sie nicht den menschlichen Willen zu erfüllen suchen, sondern sich ganz und gar in Gottes Dienst stellen. Kein Opfer war für sie zu groß, um Gott ihre Treue zu beweisen. Dabei leuchtet es ein, dass nicht alle Menschen umgehend auf dieses Niveau der Gottesergebenheit gelangen können. Aber durch ein Leben nach den Regeln der Kirche übt man sich kontinuierlich im Befolgen der Gebote, enthält sich durch Gebet und Fasten (s. Mt. 17:21) von den sinnlichen Begierden und stärkt somit das Bestreben nach der Erfüllung des göttlichen Willens. Und das kann jeder, auch wenn er an Leib und Seele schwach ist. Nicht der ist ein Christ, der stets siegreich ist, sondern vielmehr der, welcher ständig fällt, aber immer wieder aufsteht. Amen.