Predigt zum 5. Herrentag nach Ostern / von der Samariterin (Apg. 11:19-26; 29-30; Joh. 4:5-42) (18.05.2025)
Liebe Brüder und Schwestern,
der Herr kommt mit Seinem Gefolge um die Mittagszeit nach Samaria. Er ist erschöpft und es dürstet Ihn. Seine Jünger sind in die Stadt gegangen, um Essen zu kaufen. All das geschieht, damit Er am Rande der Stadt allein mit einer samaritanischen Frau zusammenkommt. Gott kümmert Sich um das ganze Universum, aber auch um jede einzelne Seele. So kommt es nun zu dem Gespräch zwischen Jesus, Der sonst Tausenden das Wort Gottes verkündete, und einer Frau aus der Stadt. Wir erkennen aber bald, dass als Adressaten der Worte des Herrn alle Menschen gemeint sind. Wir alle leben nicht nach den Geboten des Herrn, die meisten der heutigen Christen stehen der Glaubenswahrheit eher gleichgültig gegenüber. „Es gibt ja nur einen Gott“, sagen sie, womit sie implizieren wollen, dass es bei der unüberschaubaren Vielzahl von Glaubensrichtungen nur darauf ankommt, irgendwie an Gott zu glauben, egal auf welche Weise und im Rahmen welcher Religion oder Konfession. So waren auch die Samariter in ihrer Mehrheit. Es herrschte ein unüberwindbarer Hass zwischen Juden und Samaritern, sodass sich die Frau zunächst wundert, dass unser Herr – ein Jude – sie um einen Schluck Wasser bittet. Sie ahnt noch nicht, dass Er ihr am Ende damit Gutes tun will (s. Mt. 10:42; Mk. 9:41). Ihre Überraschung rührt daher, dass ein Jude der damaligen Zeit eher verdurstet wäre, als sich von einem Samariter helfen zu lassen. Doch der Herr ist gekommen, um jegliche Feindschaft ad absurdum zu führen (vgl. Lk. 10:30-35). Er bedient Sich im Gespräch am Brunnen der Taktik der sanften Worte. Er überwindet die gesellschaftlichen Schranken, tadelt die Frau nicht schroff, sondern einfühlsam und ohne eine Spur von Geringschätzung. Fünf Männer hatte sie – auf Deutsch: sie war eine unzüchtige Frau. Vermutlich kam sie deshalb immer während der Mittagshitze zum Wasserschöpfen, weil sie da in der Regel niemandem begegnen würde. Nicht ohne Grund musste sie sich das wohl zumuten, auch wenn es anstrengend gewesen sein muss (s. Joh. 4:15). Aber jetzt wird ihr statt Ablehnung und Verachtung Liebe und Respekt zuteil! Für mich ist das ein weiteres Wunder des Herrn, auch wenn es nicht übernatürlicher, sondern natürlicher Art ist. Liebe und Hochachtung sind natürlich; Hass und Verachtung sind widernatürlich. Der Herr will diese gefallene Natur des Menschen wieder aufrichten. Statt die Frau öffentlich bloßzustellen, bewirkt Er, dass sie sich selbst von innen betrachtet und ihre Verfehlungen erkennt. Was die Zahl ihrer „Männer“ angeht – wir wissen nicht einmal, ob es ihre Ehemänner gewesen sind – so wird nicht nur der Frau aus Samaria, sondern der gesamten, auch „christlichen“, Gesellschaft, der Spiegel vorgehalten. „Fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann“ (Joh. 4:18). Man stelle sich vor, ich schenke meinem Kind zum Geburtstag statt eines nagelneuen Smartphones ein uraltes, abgegriffenes Handy, das ich zu einem Schleuderpreis auf dem Flohmarkt erstanden habe. Welche Reaktion würde ich hervorrufen?!.. Doch beim wichtigsten „Geschenk“ unseres irdischen Lebens – dem Ehepartner – sind wir bei weitem nicht so wählerisch. Da achten wir nicht darauf, ob dieses Geschenk fabrikneu und originalverpackt frei Haus geliefert wird. Es ist für uns zur Normalität geworden, dass dieses „Geschenk“ womöglich schon fünf „Vorbesitzer“ gehabt hat. Ja sind wir denn von allen guten Geistern verlassen, dass wir das gar nicht mehr als abnorm wahrnehmen?!.. Dabei mussten wir nicht in Büchern von der von Gott vorgegebenen moralischen Richtlinie lesen – wir hatten das Vorbild der Generation unserer Eltern und Großeltern vor Augen, bei denen Sittsamkeit noch die Norm gewesen war. Aber auch heute will der Herr nicht hart ins Gericht mit uns gehen. Niemand von uns, außer dem Herrn Selbst, kennt die Beweggründe und die äußeren Lebensumstände, warum die Samariterin nicht im Einklang mit der damals üblichen gesellschaftlichen Ordnung lebte. Vielleicht wollte sie es ja, aber Widrigkeiten im Leben verhinderten dies, während sie zu schwach gewesen ist, diesen zu widerstehen. Und es gibt auch jetzt keine Vorverurteilungen für Menschen, die nicht die bei Christen aller Generationen üblichen moralischen Regeln einhalten. Alle Menschen sind doch zu allen Zeiten Kinder ihrer Epoche. Nicht sie in der Masse stellen diese neuen „Wertekataloge“ auf. Doch umso mehr ist es notwendig, dass wir uns alle auf unseren Erlöser besinnen, Der will, dass wir Gott, den Vater „im Geist und in der Wahrheit“ (Joh. 4:23,24) anbeten. Dazu aber müssen wir unser frivoles Verhalten ändern. Tun wir dies aus Liebe zu unserem Herrn, wird Er uns, wie der Samariterin, mit dem sittlichen Umdenken auch die Erkenntnis der geistlichen Wahrheit schenken. Dazu haben wir die Kirche, die uns allein die Vergebung unserer zahllosen Sünden und die unschätzbare Wonne der Gemeinschaft mit unserem Herr Jesus Christus schenkt. Sie und nur sie gibt uns das „lebendige Wasser“ (Joh. 4:10,11; vgl. 4:13-14) – den Heiligen Geist! Seine Gnade wird zur „sprudelnden Quelle, deren Wasser ewiges Leben schenkt“ (Joh. 4:14). Wollen wir das oder wollen wir das nicht?! Diese Frage muss jeder für sich beantworten. Für jeden Christen besteht in dieser Angelegenheit „Wahlpflicht“. Teilnahmslos abseits stehen geht in diesen Zeiten nicht. Wer getauft ist und sich selbst als „gläubig“ bezeichnet, aber nichts für die Festigung und die Verkündigung des Glaubens tut, ist wie der Knecht, der sein Talent vergraben hat (s. Mt. 25:18,24-30; vgl. Lk. 19:20-26). Nehmen wir uns daher ein Beispiel an einer einfachen, von ihren Sünden befreiten Frau, die, nachdem sie Christus erkannt hatte, zu den Leuten in ihrer Stadt lief und sie alle zum Glauben an den „Retter der Welt“ (Joh. 4:42) zu bewegen vermochte. Amen.