Predigt zum 4. Herrentag der Großen Fastenzeit / hl. Johannes Klimakos (Hebr. 6:13-20; Eph. 5:8-19; Mk. 9:17-31; Mt. 4:25-5:12) (30.03.2025)
Liebe Brüder und Schwestern,
am vierten Herrentag der Großen Fastenzeit wird der Abschnitt aus dem Evangelium nach Markus gelesen, in dem von der Austreibung eines Dämons aus einem Jungen berichtet wird, dessen Vater zunächst, in Abwesenheit des Herrn, die Jünger um Hilfe gebeten hatte, diese dann aber den Dämon nicht austreiben konnten. Diese Begebenheit liegt zwar zweitausend Jahre zurück, stellt aber ein Spiegelbild unserer heutigen Gesellschaft dar. Denn wenn wir uns vergegenwärtigen, was bei uns los ist, kann man als gläubiger Mensch gar nicht zu einem anderen Schluss kommen, als dass wir in einer Dämonokratie leben.
Der Herr treibt den Dämon aus dem jungen Mann aus, der, wenn man so will, stellvertretend für unsere den satanischen Mächten schutzlos ausgelieferte Jugend in diesem post-christlichen Zeitalter steht. Die jungen Menschen – von der Kita bis zur Uni – sind in der Tat die anfälligsten Glieder unserer Gesellschaft; auf sie hat es der Widersacher ganz besonders abgesehen. Öffnen wir unsere Augen und sehen was heute passiert. In Griechenland, einem Land mit statistisch betrachtet 97% orthodoxer Bevölkerung (in der Realität sind es wohl lange nicht mehr so viele), werden Gesetze erlassen, die offen gegen den orthodoxen Glauben und die Kirche Christi gerichtet sind. Unter der Jugend des Landes generell, so wie unter linksliberalen Kräften gibt es zwar zahlreiche Anhänger der LGBTQ-Bewegung, aber die große Mehrheit der Bevölkerung würde Gesetzesvorhaben wie die Homo-Ehe strikt ablehnen. Dennoch wird das Projekt durchgebracht und im Parlament ohne nennenswerten Widerstand verabschiedet. Der Berg Athos und die Kirche von Griechenland erheben ihre Stimme zum obligatorischen Protest, doch nach wenigen Tagen herrscht Ruhe im Karton. Das Land hat seine politische Souveränität längst verloren und seine kulturelle Eigenständigkeit auf dem Altar der Integration in die europäische „Wertegemeinschaft“ geopfert. Dafür werden die maroden Gebäude des Heiligen Berges mit Geldern aus EU-Fonds aufwendig restauriert, was allerdings neue Abhängigkeiten schafft. Allzu energischer Prozess gegen völlig deplatzierte europäische Rechtsnormen ist daher nicht angebracht. Wie schon in der COViD-Zeit ersichtlich war, ist die vom Staat finanzierte Kirche ebenfalls dem Diktat aus Brüssel hörig. Und der Heilige Berg befindet sich seit eh und je unter der kanonischen Obrigkeit des Patriarchen von Konstantinopel, dessen liebedienerische Beziehung zu antichristlichen Kräften des Abendlands offensichtlich ist. Aber die Gesellschaft hat sich selbst auch verändert. Vor drei Jahrzehnten gingen die Menschen noch auf die Straße, um gegen die Aufführung des Films „Die letzte Versuchung Christi“ von Martin Scorsese in den Kinos zu protestieren, heute ist man „tolerant“. Noch vor vierzig Jahren hätten die Leute nur bei der Debatte über ein der christlichen Moral zuwiderlaufendes Gesetzesprojekt die Zufahrt zum Parlamentsgebäude blockiert, Priester und Mönche hätten mit Kreuzen in der Hand zum passiven Widerstand aufgerufen, es wäre ein Ruck durch das Land gegangen. Heute nicht mehr. Ist das schon der endgültige Sieg des Bösen?.. Nein, ganz gewiss nicht.
Ein Volk, welches dank des orthodoxen Glaubens ein halbes Jahrtausend unter dem Türken-Joch seine kulturelle Identität bewahren konnte, wird auch jetzt die Kraft aufbringen können, sich dieser neuen Knechtschaft zu entledigen und sich der äußeren und inneren Feinde zu erwehren. Ein Volk, das so viele Heilige in den schwersten Zeiten seiner Historie hervorgebracht hat, wird sich auf sein wahres Erbe und seine eigenen Wurzeln besinnen. Der Kampf, der jetzt stattfindet, ist eine Herausforderung für das Volk, das immer mit Christus gewesen ist, es ist die logische Konsequenz, ein unabdingbares Glied in der Kette ungezählter schicksalhafter Ereignisse, die Gott geschehen lässt, damit am Ende alle gut wird. So ist es auch bei Russen, Serben, Georgiern, Rumänen und Bulgaren. Diese Länder werden nie zur Ruhe kommen und werden sich nie ganz auf die friedliche Konsolidierung ihrer Länder besinnen können. Das wird der Feind nicht zulassen. Aber auch Gott scheint es zu wollen, dass die orthodoxen Christen im Kampf gestählt werden. Auf jeden historischen Rückschlag folgt die Zeit der Läuterung, die Sammlung der Kräfte zum Widerstand, das Abwerfen der Fremdherrschaft, der Wiederaufbau, die geistliche Wiedergeburt. Doch nach einer kurzen Schönwetterperiode folgt bereits der nächste Sturm. Immer wieder beginnt dieser Zyklus von neuem. Und jedes Mal gelingt es trotz Unterdrückung durch Mongolen, Türken, Kommunisten oder Satanisten den Glauben in diesem „Streit“ (vgl. Mk. 9:14-16) irgendwie zu bewahren, wobei Gott gerne bereit ist, dem schwachen Glauben Seiner Getreuen zu Hilfe zu kommen (vgl. 9:24). Und wenn die Christen im Lande beharrlich an Gottes Wort festhalten, und sei es als verschwindend kleine Minderheit, dann wird Gott in Seiner Allmacht eingreifen und die bösen Dämonen vertreiben (vgl. 9:26). Für die junge Generation, welche von Christus wieder zu einem neuen Leben aufgerichtet wird (vgl. 9:27), beginnt dann alles wieder von vorne. Und wir alle haben unsere neuen Propheten, auf die wir hören müssen. Die Griechen haben die hll. Nektarios von Aigina, Porphyrios Kavsokalyvites und Paisios Hagiorites; die Serben haben die hll. Nikolai von Ochrid und Justin von Celje, die Georgier den hl. Gavriil von Samtavria; die Ukrainer haben den hll. Lavrentij von Cernigov und die Russen den hl. Seraphim von Vyritsa. Alle diese modernen Heiligen verkörpern dasselbe Ideal, für welches der heilige Johannes Klimakos auf dem Berg Sinai vor eineinhalbtausend Jahren stand. Sie alle lebten den Aufstieg zu Gott vor (s. Mt. 5:3-12). Mit solchen Fürsprechern werden wir niemals untergehen. Amen.