Predigt zum 3. Herrentag der Großen Fastenzeit / Kreuzverehrung (Hebr. 4:14-5:6; Mk. 8:34-9:1) (23.03.2025)
Liebe Brüder und Schwestern,
in der Mitte der Großen Fastenzeit gedenken wir alljährlich des Kreuzes unseres Herrn. Die heutige Lesung aus dem Evangelium nach Markus handelt ja von der freiwillig auf sich genommenen Last des Kreuzes Christi (vgl. Mt. 11:29), die gewiss mit viel Leid und Mühe verbunden ist. Andeutungsweise ist hier aber auch die Rede davon, dass am Ende des Weges die Herrlichkeit des Königtums Gottes steht (s. Mk. 9:1). Denn einen anderen Weg in das Königtum der Himmel als durch das Kreuz Christi gibt es nicht (s. Lk. 24:26; Joh. 17:5)! Hiermit dürfte anschaulich erklärt sein, warum das Kreuz inmitten der Großen Fastenzeit, d.h. „auf halber Stecke“ zur Herrlichkeit der Auferstehung Christi, steht.
Der Herr spricht: „´Wer Mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren, wer aber sein Leben um Meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten. Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis könnte ein Mensch sein Leben zurückkaufen? Denn wer sich vor dieser treulosen und sündigen Generation Meiner und Meiner Worte schämt, dessen wird Sich auch der Menschensohn schämen, wenn Er mit den Heiligen Engeln in der Hoheit Seines Vaters kommt.` Und Er sagte zu ihnen: ´Amen, Ich sage euch: Von denen, die hier stehen, werden einige den Tod nicht erleiden, bis sie gesehen haben, dass das Königtum Gottes (in seiner ganzen Macht) gekommen ist`“ (Mk. 8:34b-9:1).
Welche Freude hat Gott daran, dass wir uns in diesem Leben plagen und schwere Lasten zu tragen haben? Kann Er uns denn nicht auch unter Umgehung dieser Mühseligkeit Ruhe verschaffen (s. Mt. 11:28)? Natürlich könnte Er, aber da hätten wir ohne Sünde sein müssen. So aber würde das dem Geist und dem Sinn des Evangeliums widersprechen. So ist nun mal „die Gerechtigkeit, die Gott fordert“ (Mt. 3:15): Wir sind berufen, den Kelch zu trinken und die Taufe zu ertragen, die der Sündlose für uns Sünder zuerst auf Sich genommen hat (s. Mk. 10:38-39). Das Evangelium verkündet uns den Weg zum Heil, zur ewigen Glückseligkeit, zur endlosen Wonne. Dieses unvorstellbare Glück ist aber ohne Christus nicht möglich, denn Christus Selbst ist das Glück. Er ist „unser Leben“ (Kol. 3:4), und wenn Christus für mich das Leben ist, dann ist Sterben ein Gewinn (s. Phil. 1:21). Die Tür zu diesem unsagbaren Glück ist Christus (s. Joh. 10:9), Er ist der Weg (s. Joh. 14:6). Er ist zudem die Liebe (s. 1 Joh. 4:8, 16). Folglich gibt es nur ein Gebot im Neuen Testament, das kategorisch formuliert ist: die LIEBE zu Gott und zum Nächsten (s. Mt. 22:37-39). Und für dieses Ziel der ewigen Glückseligkeit muss uns jedes Opfer recht sein. Eigentlich können wir nur dadurch Gott unsere Liebe zeigen, indem wir um Seinetwillen jegliche Drangsal und Ungerechtigkeit bereitwillig und freudevoll erdulden. Dann und nur dann lieben wir Christus wirklich.
Christus sagt deshalb: „Wenn ihr Mich liebt, werdet ihr Meine Gebote halten“ (Joh. 14:15; vgl. 14:23). Und umgekehrt: „Wer Mich nicht liebt, hält an Meinen Worten nicht fest“ (Joh. 14:24). Und hierin liegt das Dilemma der Christen von heute: der überwiegende Teil der auf Christus getauften liebt Christus nicht (s. 1 Kor. 16:22). Sie erfüllen das wichtigste Gebot nicht einmal ansatzweise. Ja, in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten hat sich die Zahl der Gläubigen und auch der aktiven Gottesdienstteilnehmer vervielfacht – Gott sei Dank – viele von ihnen leben fromm und sind gewissenhaft in ihrem Lebenswandel: sie stellen Kerzen auf, beten inbrünstig, knien vor den Ikonen, verbeugen sich vor ihnen, lesen lange Gebete, geloben Gott Besserung in vielen Sachen – doch all das, damit z.B. die Mutter wieder gesund wird, dass die Tochter glücklich verheiratet wird oder dass der Enkel sein Examen besteht. Selbstverständlich glauben diese Menschen aufrichtig, sind keine Heuchler. Aber das alles geschieht aus Liebe zu den Menschen. Christus Selbst, Gott als solcher, bleibt außen vor. Gott ist hier Mittel zum Zweck, nicht das Ziel an sich. Das aber freut nur den Widersacher. Und darin liegt übrigens auch die Krux von sola fide.
Wir kennen aus der biblischen bzw. kirchlichen Geschichte zuhauf Beispiele von Heiligen, welche die Liebe zu Gott, dem Herrn, über die Liebe zu ihren liebsten Angehörigen gestellt haben: die heilige Solomonia (+ 166 v. Chr.) bestärkte ihre sieben Söhne, ihren Glauben nicht zu verleugnen und Gott bedingungslos treu zu bleiben, was sie unter schrecklichen Qualen bis zum Tode auch taten (s. 2 Makk. 7); ihr gleich tat es die heilige Sophia (+ um 137 n. Chr.), welche ihre drei minderjährigen Töchter darin bestärkte, sich grausam foltern zu lassen, aber Christus auf gar keinen Fall zu verraten (s.o. Mk. 8:38). Beide Mütter liebten selbstverständlich ihre Kinder, aber für sie stand die Liebe Gottes an erster Stelle. Und darin äußerte sich auch die Liebe der Mütter zu ihren Kindern, dass sie nämlich durch das unblutige Martyrium (beide kamen allein durch den Anblick der Leiden ihrer Kinder selbst um) zwar das zeitliche Leben verloren, dafür aber das ewige Leben gewannen (s.o. Mk. 8:35). Und was muss dann erst die Mutter unseres Herrn auf Golgatha erlitten haben (s. Lk. 2:35)?!..
Nur wenn wir uns diese geistliche Denkweise aneignen, also das im Sinn haben, was Gott will, und nicht was die Menschen wollen (s. Mt. 16:23), können wir wirklich Jünger Christi sein. Wollen wir das? Oder wollen wir lieber Christus als Erfüllungsgehilfen für unsere Wünsche haben? Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Davon wird auch abhängen, wie er auf die Ereignisse, die in dieser Welt passieren, reagieren wird. Wir alle sollen aber wissen, dass das Heil unserer Seelen nicht in den Nachrichtenkanälen oder auf politischen Veranstaltungen zu finden ist, sondern nur hier, in der Kirche Christi. Amen.