Predigt zum 26. Herrentag nach Pfingsten (Eph. 5:8-18; Lk. 12:16-21) (03.12.2023)
Liebe Brüder und Schwestern,
der heilige Lukas bietet uns heute das Gleichnis vom reichen Mann an, das der Herr als abschreckendes Beispiel für Habgier erzählte (s. Lk. 12:15). Gott spricht zu dem selbstsicheren Mann „Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du angehäuft hast?“ (12:20). Er wird von Gott folglich nicht dafür gerügt, dass er großen Reichtum angehäuft hat, sondern dafür, dass er diesen von Gott gegebenen Reichtum nicht so eingesetzt hat, wie es dem Willen des „Ursprungs aller Güter“ (Gott) entsprach. Niemand erwartet von ihm, dass er seinen ganzen Besitz aufgibt und an die Armen verteilt, aber er und seinesgleichen sollten schon wissen, „was Jesus Christus, unser Herr, in Seiner Liebe getan hat: Er, Der reich war, wurde unseretwegen arm, um uns durch Seine Armut reich zu machen“ (2 Kor. 8:9). Die Habsucht des Mannes ist ja in gewisser Weise natürlich, und zwar in dem Sinne, dass der Mensch so veranlagt ist, immer nach mehr und nach höheren Dingen zu streben. Allerdings bezieht sich dieses Streben der unverdorbenen menschlichen Natur auf die geistlichen Bedürfnisse des Menschen (s. Mt. 6:19-20). Der materielle Reichtum muss dabei aber kein Hinderungsgrund sein. So schreibt der Apostel Paulus an den Bischof von Ephesos: „Ermahne die, die in dieser Welt reich sind, nicht überheblich zu werden und ihre Hoffnung nicht auf den unsicheren Reichtum zu setzen, sondern auf Gott, Der uns alles reichlich gibt, was wir brauchen. Sie sollen wohltätig sein, reich werden an guten Werken, freigiebig sein und, was sie haben, mit anderen teilen. So sammeln sie sich einen Schatz als sichere Grundlage für die Zukunft, um das wahre Leben zu erlangen“ (1 Tim. 6:17-19).
Der materielle Reichtum ist für den eine Gefahr, der Gott nicht in seinem Herzen hat. Deshalb heißt es auch: „Wenn Reichtum zufließt, hängt nicht das Herz daran“ (Ps. 61:11). Unser Mann aus dem Gleichnis beging die Torheit, dass er an Gottes Statt beschlossen hatte, dass ihm noch viele Jahre des Lebens beschieden sein werden. Er hatte also seine Rechnung ohne Den gemacht, Der „Zeiten und Fristen (…) in Seiner Macht festgesetzt hat“ (Apg. 1:7; vgl. Koh. 3:1; Mt. 6:27; Jak. 4:13-17). Es gab schon so viele Menschen, scheinbar große und mächtige, die sich nur auf sich selbst verlassen hatten, dann aber kläglich scheiterten und ein jähes Ende nahmen (s. Dan. 4) denn „Hoffart kommt vor dem Sturz, und Hochmut kommt vor dem Fall“ (Spr. 16:18). Und: „Wer Verstand besitzt, dem ist er ein Lebensquell, die Strafe der Toren ist die Torheit selbst“ (16:22). Eine größere Strafe als die Torheit ist kaum vorstellbar, weil man dann das Augenmaß im Hinblick auf die Realität verliert: „Die Menschen, die in stolzer Höhe dahinschreiten, kann Gott erniedrigen“ (Dan. 4:34c).
Wenn wir uns wieder dem selbstsicheren Reichen zuwenden, sehen wir, dass sich an ihm die Worte des seligen Augustinus (+ 430) bewahrheiten, wonach der Mensch niemals die Begierden seines Herzens befriedigen kann, sondern nach immer mehr verlangen wird. Einzig GOTT vermag es, das Herz des Menschen zu erfüllen. Und deshalb sollen wir unser Herz nicht an den Reichtum hängen. Wer dagegen himmlischen Reichtum besitzt, der benötigt keine irdischen Tröstungen – das zeigen uns unzählige Heilige wie der Vorläufer des Herrn, die Wüstenväter und die Asketen aller nachfolgenden Epochen. Doch neben ihnen gab es ebenso zahlreiche Heilige, welchen großer materieller Wohlstand und irdischer Ruhm beschert war, die aber ihr Herz nicht an diese Dinge hängten und so zu Apostelgleichen, d.h. auserwählten Werkzeugen in Gottes Händen bei der Verkündigung und der Verbreitung des Glaubens wurden.
Was in der Kirche Christi aber niemals zur Anwendung kam, war die Verbreitung des Glaubens mit kriegerischen Mitteln. Bei uns waren es Mönche, die es in die Einöde zog, um dort ein Leben allein mit Gott führen zu können. Ihnen folgten andere, die ihnen nacheifern wollten, und so entstanden die ersten Klostergemeinschaften in der Abgeschiedenheit der Wildnis. Dann siedelten sich fromme Menschen aus nahen und fernen Städten und Dörfern in der Nachbarschaft dieser Klöster an, so dass mit der Zeit neue Zentren der Spiritualität entstanden und immer mehr einheimische Bewohner dieser Gegenden den Weg zu Gott fanden. Diejenigen schließlich unter den Mönchen, die weiter als Eremiten leben wollten, gingen darauf hin wieder in neue unwegsame Gegenden hinaus, wo sie immer wieder weitere kleine Oasen der Heiligkeit schufen, die gleichsam Leuchttürme die Scharen der Frommen aus aus den umliegenden Gebieten anzogen...
Sie suchten und fanden den Reichtum, der im Himmel angehäuft wird, dem auch unser Herz sehr wohl zugezogen sein soll (s. Mt. 6:21; vgl. 16:21; Mk. 10:21; Lk. 18:22). Es ist übrigens ein Reichtum, der gar nicht mit Geiz vereinbar ist, denn je mehr man diesen Reichtum mit anderen teilt, desto mehr wächst die Freude darüber im Herzen. Und das ist das, was sich jeder beherzigen sollte. Wir alle besitzen ja ein gewisses Potential an Wissen, Handfertigkeiten, technischer Raffinesse oder sonstigen Fähigkeiten, das wir der Kirche selbstlos zur Verfügung stellen können, wodurch wir uns selbst vor Gott nur bereichern können. Ich glaube, keiner, der das aus reinem Herzen tut, wird das je bereuen.
Dem reichen Mann aus dem Gleichnis war von Gott so viel gegeben, um Gutes zu tun. Er war nicht von vornherein zur Verdammnis bestimmt. Ihm fehlte eigentlich nur die wahre Ausrichtung des Herzens, um zu erkennen, was er mit dem von Gott anvertrauten Vermögen anstellen sollte (s. Eph. 5:8-10;15-17). Und „so geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist“ (Lk. 12:21). Amen.