Predigt zum Hochfest der Taufe des Herrn (Theophanie) (Tit. 2:11-14; Mt. 3:13-17) (19.01.2022)
Liebe Brüder und Schwestern,
wir begehen heute das Fest der Theophanie, auch Erleuchtung genannt, die für unser aller Heil ausschlaggebend ist, „denn die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten; auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus“ (Tit. 2:11-13). Unser Herr Jesus Christus ist demnach in die Welt gekommen, hat „uns vom Fluch des Gesetzes freigekauft“, damit wir alle „aufgrund des Glaubens den verheißenen Geist empfangen“; Er ist Selbst „für uns zum Fluch geworden“ (Gal. 3:13,14; s. auch 4:4-7).
Doch was erwartet Er jetzt von uns?.. Es ist offensichtlich, dass unsere Rettung auf dem synergistischen Prinzip beruht. Wir können uns durch den Glauben die Rettung aktiv aneignen. Ohne den Glauben, d.h. bloß durch die Erfüllung des Buchstabens, bleibt das Heil unzugänglich für uns. So spricht denn der Herr: „Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen“ und: „Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen“ (Joh. 3:3,5). Und der Apostel Paulus fügt hinzu: „Es kommt nicht darauf an, ob einer beschnitten oder unbeschnitten ist, sondern darauf, dass er neue Schöpfung ist“ (Gal. 6:15; vgl. 2 Kor. 5:17).
Die Taufe ist die Befreiung von den Folgen des Sündenfalls der Urahnen, der für uns den Tod der Seele nach sich gezogen hatte (s. Gen. 2:17). Doch die Geburt aus Wasser und Geist (in den Mysterien der Taufe und Myronsalbung) versetzt uns nicht bloß in den Urzustand, sondern sogar in einen unvergleichlich höheren und herrlicheren: „Adam, der Erste Mensch, wurde ein irdisches Lebewesen. Der Letzte Adam wurde lebendig machender Geist. Aber zuerst kommt nicht das Überirdische; zuerst kommt das Irdische, dann das Überirdische. Der Erste Mensch stammt von der Erde und ist Erde; der Zweite Mensch stammt vom Himmel. Wie der von der Erde irdisch war, so sind es auch seine Nachfahren. Und wie Der vom Himmel himmlisch ist, so sind es auch Seine Nachfahren. Wie wir nach dem Bild des Irdischen gestaltet wurden, so werden wir auch nach dem Bild des Himmlischen gestaltet werden. Damit will ich sagen, Brüder: Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben; das Vergängliche erbt nicht das
Unvergängliche“ (1 Kor. 15:45-50).
Wir kennen alle die Worte, die während des Taufritus gesungen werden: „Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus (als Gewand) angelegt“ (Gal. 3:27). Aber daraus ergibt sich noch lange nicht, dass alle Getauften einen Freifahrtschein für das Paradies besitzen. „Wisst ihr denn nicht, dass wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf den Tod getauft worden sind? Wir wurden mit Ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben“ (Röm. 6:3-4). Der Glaube allein ist also völlig unzureichend für das Seelenheil. Der Mensch muss mit Christus sterben, in den Mysterien der Kirche an Seinem Tode teilhaben, damit er mit Ihm auch in der Auferstehung vereint sein wird (s. Röm. 6:5-11; vgl. 1 Kor. 11:26)!
Welcher Weg führt also zu dieser Einswerdung mit Christus im Tode und in der Auferstehung? - Das Tragen des Kreuzes Christi (s. Mt. 16:24-27; Mk. 8:34-38; Lk. 9:23-26)! Die heiligen Väter erklären uns, dass es dafür nur den Weg der (neutestamentlichen) Gebote Christi gibt. Besonders die Seligpreisungen, neben dem Vaterunser das Herzstück der Bergpredigt, stellen den kontinuierlichen Aufgang vom irdischen zum himmlischen Dasein dar (s. Mt. 5:3-12; vgl. Lk. 6:20-26). Insbesondere die komprimierte Version in der Parallelstelle bei Lukas stellt den Menschen vor die Alternative, ob er seinen wahren Lebensmittelpunkt im Himmel oder auf der Erde sieht, ob er also nach dem Geist oder nach dem Fleisch leben will. So lehren es uns die heiligen Väter, welche die Früchte ihrer jahrzehntelangen asketischen Kämpfe für uns niedergeschrieben haben.
Es gibt demzufolge drei Zustandsphasen des Menschen: einen natürlichen Zustand vor dem Sündenfall, einen widernatürlichen Zustand nach dem Sündenfall, sowie einen übernatürlichen nach dem Erlösungswerk durch den Messias. Unsere von Christus Gott wiedergegebene Freiheit (s. Gal. 5:1,13) besteht demnach darin, aus eigenem Entschluss durch die Gnade des in der Kirche weilenden Heiligen Geistes den seligen Zustand der Kinder Gottes zu erlangen (s. Joh. 1:12). „Wenn ihr nach dem Fleisch lebt, müsst ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die (sündigen) Taten des Leibes tötet, werdet ihr leben. Denn alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Söhne Gottes“ (Röm. 8:13-14; vgl: 1 Joh. 3:1-10; Gal: 3:26; 5:16-18).
Lassen wir die Möglichkeit, Kinder Gottes zu sein also nicht ungenutzt verstreichen! Doch wissen wir, dass die Werke des Geistes der Kinder Gottes bei den Kindern des Teufels den Hass dieser Welt hervorrufen (s. 1 Joh. 3:10; vgl. Mt. 5:10-12; Lk. 6:22). Und für wie viele sogar Getaufte klingen die oben gesagten Worte befremdlich, bisweilen sogar widersinnig (s. 1 Kor. 1:18-31; vgl. Gal. 6:12-14)?!..
Die Taufe Christi, mit der Er uns mit Sich vereint hat, macht uns alle gemeinsam zur „Braut Christi“ (s. Eph. 5:21-32) – mit allen damit zusammenhängenden „Rechten“ und „Pflichten“. Eine „Braut“ aber, die sich am Tag nach der „Hochzeit“ (der Taufe) von ihrem „Ehemann“ löst, zeigt dadurch, dass sie nicht den Glauben hat, der in der Liebe wirksam ist (s. Gal. 5:6). Das aber ist Verrat an
Christus, wovor wir alle miteinander bewahrt werden mögen! Amen.
Details Eintrag
Jahr:
2022
Orignalsprache:
Deutsch