Predigt zum Geburtsfest des hl. Johannes des Täufers (Röm. 13: 11 – 14: 4; Lk. 1: 1-25; 57-68; 76, 80) (07.07.2020)
Liebe Brüder und Schwestern,
die Geburt des Propheten, Vorläufers und Täufers des Herrn Johannes wird exakt sechs Monate vor bzw. nach der Geburt des Herr gefeiert. Es ist eins von fünf sog. „Großen Festen“, das eine Kategorie niedriger als die zwölf Hochfeste ist, dafür aber um mindestens eine Stufe höher als alle übrigen Feste im Kirchenjahr steht. Zwei dieser „Großen Feste“ sind dem Vorläufer des Herrn gewidmet – die Feier seiner Geburt (24.06./07.07.) und das Gedenken seiner Enthauptung (29.08./11.09.) - beide basierend auf biblischen Fakten (s. Lk. 1:57-80 sowie Mt. 14:3-12; Mk. 6:17-29). Johannes der Täufer betont einerseits seine dienende Stellung (s. Mt. 3:11; Mk. 1:7; Lk. 3:16); andererseits vergleicht er seine Beziehung zu Christus mit der Funktion des „Freundes des Bräutigams“ (s. Joh. 3:29), die dem englischen „Best Man at the Wedding“ ähnelt. So ist es aber auch mit uns: „Knechte“ sind wir angesichts unserer Nichtsnutzigkeit (s. Lk. 17:10), perspektivisch jedoch „Freunde“ Christi (s. Joh. 15:14-15). Diese „Freundschaft“ muss man sich freilich erst verdienen (vgl. Lk.12:37). Doch wie erweise ich mich der Freundschaft meines Herrn als würdig? Wie werde ich, ebenso wie Johannes der Täufer, zu einem „Freund des Herrn“?!..
Gott erwartet von uns zunächst das Befolgen Seiner Anordnungen, also das Einhalten der Gebote. Liebe ist das wichtigste Gebot, das dem Wesen Gottes am meisten entspricht (1 Joh. 4:8,16). Sie ist in der Beziehung zum Schöpfer die conditio sine qua non. Viele aber behaupten von sich, sie „liebten Gott in ihrem Herzen“, leben aber nichtsdestoweniger nach ihren eigenen Vorstellungen, die den göttlichen Regeln oftmals zuwiderlaufen. Was sagen wir ihnen?
Nichts ist wahrhaftig, was einem Stresstest nicht standhält. So hat Gott von Anfang an „Prüfsteine“ vorgesehen, anhand derer man erkennen konnte, wie aufrichtig und unerschütterlich die angebliche Liebe des Menschen zu Gott ist. Adam und Eva bestanden diesen Test nicht, indem sie sich von der Schlange verführen ließen. Andere hielten stand, so z.B. Abraham, der bereit war, seinen Stammhalter Gott zum Opfer zu bringen. Und Johannes der Täufer ist das wohl leuchtendste Beispiel für jene unverbrüchliche Treue, die den Menschen mit Gott verbindet. Dass er der menschlichen Abstammung nach Blutsverwandter des Herrn (s. Lk. 1:36) und noch dazu ein halbes Jahr älter war, erwies sich hierfür ebenso wenig als Hinderungsgrund wie die Tatsache, dass Johannes Sohn eines Priesters war, während Jesus aus Nazareth als Sohn eines einfachen Zimmermanns galt. Zu ihm strömten die Massen längst schon zu der Zeit, als der Herr Jesus Sich der Welt noch nicht offenbart hatte, und Johannes hatte zuerst Jünger um sich versammelt, die er aber, als er seine Mission erfüllt sah, zum Herrn Jesus schickte, indem er von Ihm als dem Sohn Gottes Zeugnis ablegte (s. Joh. 1:34). Er dachte nur daran, wie er dem Herrn dienen konnte, war treu bis zum Tod. Selbstlose Treue ist der beste Liebesbeweis! Auch im irdischen Leben. Gegenüber Gott, der Kirche, dem Vaterland, dem Ehepartner, der Familie, Freunden etc. Untrüglich! „Liebe“, die nur dann Bestand hat, solange eitel Sonnenschein herrscht oder solange irgendwelche Vorteile mit ihr verbunden sind, ist keine Liebe. „Liebe“ ohne bedingungslose Treue kann berechnend, käuflich, erzwungen oder – das andere Extrem – völlig „frei“ und ungebunden sein. Durch all das wird die schönste und herrlichste, weil göttliche Gabe, nur schändlichst pervertiert und konterkariert.
Was schätzen wir denn an unseren Liebsten, an den Menschen, die uns am meisten bedeuten – Klugheit, Schönheit, Reichtum, ihre Talente oder positiven Charaktereigenschaften? Aber was sind diese von Natur aus gegebenen, durch äußere Umstände zugefallenen oder vielleicht auch von selbst angeeigneten Eigenschaften wert ohne die Treue?!.. Es gibt so viele Tugenden, doch ohne die Treue ist jede von ihnen am Ende nichts wert. Ohne Treue werden lichte Engel zu Dämonen, wird ein Apostel zum „Sohn des Verderbens“ (s. Joh. 17:12). Die Treue kriegt keiner in die Wiege gelegt. Auch wenn das familiäre und soziale Milieu der Menschen untereinander enorme Unterschiede aufweist – der eine bekommt positive Werte durch Erziehung beigebracht bzw. durch persönliches Vorbild vorgelebt, der andere muss sich seinen Wertekanon erst mithilfe von Herz, Verstand und Gewissen selbst erstellen – entscheidend wird das sein, was der Mensch in seinem Leben macht. Dass seine Treue zu gegebener Zeit auf die Probe gestellt werden wird, ist sicher. Am schwierigsten werden diese Prüfungen unmittelbar kurz vor der Wiederkehr unseres Herrn sein. Aber auch sonst gilt es zu jeder Zeit, im Augenblick der Anfechtung vorbereitet zu sein. Durch Treue wächst man in Liebe und wird so Gott „ähnlich“. Was wäre denn gewesen, hätte es seit damals im Garten Eden und auch danach keinen Treuebruch geben – nirgends, niemals und durch niemanden?!.. - Wir würden noch im Paradies leben. So aber richtet sich die Welt nur selbst zugrunde. Die Menschen irren herum in der Einöde und haben den Kompass verloren.
Johannes hatte nie ein Elternhaus, keine Gefährten und Gehilfen. Wozu auch?! Er hatte sich schon vor der Zeit dazu entschlossen, nichts zu wissen außer Jesus Christus (vgl. 1 Kor. 2:2). Was wäre wohl, wenn wir es ihm gleichtäten, also nicht im buchstäblichen Sinne in die Wüste gingen, dafür aber im irdischen Komfort und sinnlosen Vergnügungen nicht den Sinn des Lebens sähen, unlauteren menschlichen Machenschaften den Rücken kehrten und uns zuvörderst um unser Seelenheil und um das unserer Nächsten kümmern würden? Wir wären den Elementarmächten dieser Welt ausgeliefert – genauso wie der Vorläufer des Herrn – und könnten zu mahnenden Verkündigern der nahenden (zweiten) Ankunft des Herrn werden. Zu Freunden Christi eben. Amen.