Predigt zum 26. Sonntag nach Pfingsten über den reichen Kornbauern (Lk 12, 16-21), 03.12.2023
Wer detaillierter plant, irrt genauer! So heißt es in einem Sprichwort, dass gelegentlich scherzhaft verwendet wird, wenn jemand allzu sehr versucht, alles bis ins kleinste vorherzusehen.
So plante auch der reiche Mensch in dem heutigen Gleichnis:
16 Er redete aber ein Gleichnis zu ihnen: Das Land eines reichen Menschen hatte gut getragen. 17 Und er überlegte bei sich selbst: Was soll ich tun? Denn ich habe nicht‹s›, wohin ich meine Früchte einsammeln ‹könnte›. 18 Und er sprach: Dies werde ich tun: ich werde meine Scheunen niederreißen und größere bauen und werde dahin alle meine Erzeugnisse und meine Güter einsammeln; 19 und ich werde zu meiner Seele sagen: Seele, du hast viele Güter daliegen auf viele Jahre; ruhe aus, iss, trink, sei frohgemut.
Wir übersehen bei unseren Plänen oft, dass nicht wir es sind, die über den Lauf der Dinge bestimmen oder gar Herr über unser Leben zu sein. Wir vergessen, dass es uns von Gott geschenkt ist und es eine Bestimmung hat, ein Lebensziel – das ewige Leben zu ererben.
Natürlich wirken Gott und Mensch zusammen, es hängt also sehr wohl auch von uns ab, wie uns geschieht, in der Theologie sprechen wir bei diesem Zusammenwirken von Synergie. Das ist wie in der Mathematik mit den Vektoren. Sind beide in die gleiche Richtung gerichtet, stimmen also Gottes Wille und der des Menschen überein, dann ergibt sich als Resultat der größte Effekt, weil der größte resultierende Vektor. Weichen die Richtungen der Vektoren, also der Willen Gottes und unseres eigenen, voneinander ab, dann passiert entweder gar nichts oder sogar erreichen wir das Gegenteil vom Beabsichtigten.
In dem Gleichnis lesen wir davon, dass der reiche Mensch immer mehr für sich selbst wollte und immer Größeres plante. Und das ist uns nicht fremd, das kennen wir auch aus unserem eigenen Leben:
Reicht die Mietwohnung nicht aus, muss ein Haus her. Nach dem 32“-Fernseher muss das 55“-Smart-TV her. Nach dem 130-PS-Auto ein 200-PS-Fahrzeug, nach der Mallorca-Pauschalreise der Abenteuertrip nach Fernost ‑ die Aufzählung lässt sich beliebig fortsetzen. Doch all dieses kann uns zwar für einen Moment befriedigen, aber langfristig – oder sogar bezogen auf die Ewigkeit – nützen uns all diese vom eigenen Ich geprägten Ziele und Bestrebungen nichts.
Die Römer wiederholten gerne: „Geld ist Meerwasser“. Das heißt, je mehr ein Mensch trinkt, desto durstiger wird er. Er wird nie die gewünschte Befriedigung erhalten. Außerdem wird er seine Gesundheit ernsthaft schädigen. Genauso verhält es sich mit dem Reichtum. Denn weiter heißt es im Gleichnis:
20 Gott aber sprach zu ihm: Du Narr! In dieser Nacht fordern sie deine Seele von dir; was du aber bereitet hast, wem wird es zuteil werden? 21 So ‹geschieht es dem›, der Schätze sammelt für sich selbst und nicht reich ist im Hinblick auf Gott.
Das sind harte Worte! Wir wissen nicht, wann der Herr uns ruft und in diesem Falle zählt dann nur noch der Reichtum, den wir im Hinblick auf Ihn gesammelt haben, den oben genannten können wir im wahrsten Sinne des Wortes vergessen.
„Das letzte Hemd hat keine Taschen“ heißt es in einer anderen Volksweisheit– den materiellen Reichtum, irdische Anerkennung und hohen gesellschaftlichen Stand können wir nicht mitnehmen.
Jeder Tag, jeder Augenblick, den wir leben, kann somit der letzte sein. Das heißt aber auch, dass wir immer bereit sein müssen, dass dieser Moment kommt und dass wir darauf vorbereitet sind.
Aber was bedeutet es denn nun, „reich im Hinblick auf Gott zu sein?“
In dem Gleichnis geht es nicht um materiellen Reichtum, sondern um geistliche Schätze, um den Eintritt in das göttliche Leben, in den göttlichen Plan für uns. Reich werden bedeutet, nach dem zu streben, wofür Gott uns geschaffen hat, nach der Vergöttlichung, nach der Fülle des göttlichen Lebens. Und der Richtige ist nicht derjenige, der Reichtum für sich selbst oder für andere sammelt, sondern derjenige, der in erster Linie nach dem Reich Gottes strebt, und das ist es, was sein Leben bestimmt. Gott erweist sich für diesen Menschen als das Wichtigste, er wird zur Grundlage seines Lebens, nicht der Reichtum, sei er materiell oder geistig, sondern der Herr selbst, denn alles andere wird angehängt, alles andere wird entschieden, wenn der Mensch seine Hauptentscheidung trifft.
Dazu möchte ich den ehrwürdigen Moses von Optina zitieren:
„Wenn ihr zu jemandem barmherzig gewesen seid, so werdet ihr dafür Erbarmen finden.
Wenn ihr den Leidenden Mitleid erweist, (und das ist, scheint es, keine große Sache), so werdet ihr zu den Märtyrern gezählt werden. Wenn du jemandem vergibst, der dich beleidigt hat, so werden dafür nicht nur all deine Sünden vergeben werden, sondern du wirst auch ein Kind des himmlischen Vaters sein.
Wenn Du von Herzen um die Rettung betest, wenn auch nur ein kleinwenig, so wirst du gerettet werden.
Wenn du dich selbst tadelst, anklagst und vor Gott für deine Sünden verurteilst, die das Gewissen spürt, so wirst du dafür gerechtfertigt werden.
Wenn du über Sünden trauerst, oder Tränen vergießt, oder seufzt, dann wird dein Seufzen vor Ihm nicht verborgen bleiben, und- wie der hl. Johannes Chrysostomos sagt: ‚Wenn du über die Sünden auch nur wehklagst, so nimmt Gott dies zu Deiner Rettung an‘“
Also es sind auch schon kleine Werke, nicht nur die ganz großen Heldentaten, die uns „reich im Hinblick auf Gott“ machen.
Was kann uns denn dabei helfen? Zum Beispiel eine Zeit der besonderen Besinnung, wie wir sie nun auch seit Anfang dieser Woche haben – die Fastenzeit.
Das ist ganz das Gegenteil von dem, was der reiche Mann zu sich sagt: Seele, […]; ruhe aus, iss, trink, sei frohgemut.
Hier ist die Arbeit an sich gefragt, die durch die in der Fastenzeit geltenden Einschränkungen an Speisen und Belustigungen unterstützt wird.
Natürlich ist das besonders schwer in einem Umfeld, dass diese altkirchliche Tradition längst vergessen hat, in dem die Adventszeit eine Zeit des Essens verschiedenster Leckereien und des Trinkens von Glühwein u.ä. auf Weihnachtsmärkten sowie um die Sorge nach immer umfangreicheren Geschenken beinhaltet.
Setzen wir einen Kontrastpunkt dazu und nutzen diese vierzigtägige Fastenzeit, um „im Hinblick auf Gott“ etwas reicher zu werden.
Um es recht zu verstehen und auf den Anfang zurückzukommen:
Natürlich können, dürfen und sollen wir uns Ziele im irdischen Leben setzen. Es ist niemandem zu verdenken, dass man nach einem guten, gesicherten Leben strebt und Anerkennung in der Gesellschaft findet.
Wichtig ist allerdings, welche Ziele wir als primär ansehen und welche als sekundär.
Wenn wir dieses im Hinterkopf behalten und in unserem Denken und unserem Tun berücksichtigen, dann werden wir auch das Ziel unserer Errettung mit Gottes Hilfe ganz im Sinne der eingangs angesprochenen Synergie zwischen Gott und Mensch erreichen.
Amen!