Predigt zum Heiligen und Hohen Samstag (15.04.2023)
Liebe Brüder und Schwestern,
das Geheimnis der Menschwerdung Gottes (s. 1 Tim. 3:16a) manifestiert sich in der Heilsgeschichte des Neuen Testamentes, das an den Festen der orthodoxen Kirche Jahr ein, Jahr aus zelebriert wird. Alle diese Ereignisse sind ortsgebunden, auch für uns mit den leiblichen Augen ikonographisch wahrnehmbar und zumindest im Ansatz mit dem menschlichen Verstand greifbar. So fand die Verkündigung der Menschwerdung Gottes im Hause Josefs in Nazareth statt, die Geburt Christi in einer Höhle in Bethlehem, die Taufe im Jordan, Seine Verklärung auf dem Thabor, Seine Kreuzigung auf Golgatha und Seine Auffahrt gen Himmel erfolgte vom Ölberg. Auch die Grabesruhe des Großen Sabbats ist rein von ihren äußeren Umständen an einen konkreten Ort und eine konkrete Zeit gebunden, und doch unterscheidet sie sich von den anderen Ereignissen durch ihre unterirdische Dimension. Die Kirche drückt es im Orthros des Großen Samstags folgendermaßen aus: „Um Adam zu retten, bist Du auf die Erde herabgestiegen, Gebieter. Als Du ihn auf der Erde nicht fandest, stiegst Du suchend hinab bis zum Hades“. All das vorher Erwähnte bezieht sich darauf, dass Gott, nach den Worten des heiligen Athanasios, Mensch wurde, damit der Mensch vergöttlicht werde. Wir erleben das in den Evangelien, die über die irdische Mission Christi künden, über Seine Kenosis (Selbsterniedrigung), die den Unsterblichen bis zum freiwillig auf Sich genommenen Tode auf die sündige Erde hinab führte. Dass Gott aber, am Kreuze hängend, sogar bis in den Hades hinabfuhr, konnte nun wirklich nicht von Menschen ausgedacht werden. Er kostete mit Seiner menschlichen Natur den Schrecken der Verlassenseins vom Gott im Moment des irdischen Todes (s. Mt. 27:46; Mk. 15:34; vgl. Gen. 2:17), womit sich die Prophezeiung aus dem Buch der Psalmen erfülle sollte (s. Ps. 21:2). Sichtbar liegt Gott zwar mit Seinem menschlichen Leib im Grabe, doch Seiner Gottheit nach ist Er stets auf dem Himmlischen Thron mit dem Vater und dem Heiligen Geist, mit der Seele ist Er hingegen im Hades, um von dort die Gefesselten hinauszuführen. Der Hades ist ja der einzige Ort, an dem der Mensch von Gott „frei“ sein kann. Er ist somit die logische Konsequenz für die selbstgewählten „Freiheiten“ dieser Welt, die es einem ermöglichen, den gesunden Menschenverstand, moralischen Anstand und grundlegende wissenschaftliche Ereignisse über den Haufen zu schmeißen. Und in diese Niederungen stieg der Erlöser der Welt mitsamt Seiner Gottheit hinab, um dem Menschen das neue Leben zu schenken! Amen.