Predigt zum 2. Herrentag nach Ostern (Thomas-Sonntag) (Apg. 5:12-20; Joh. 20:19-31) (26.04.2025) Beliebt
Liebe Brüder und Schwestern,
der sprichwörtlich „ungläubige Thomas“ (im Russischen ist das ein feststehender Ausdruck: „Фома неверный“) regt uns jedes Jahr am Abend der Auferstehung und zu Antipascha zum Nachdenken an. Er ist ja nicht wirklich ungläubig, denn er bleibt ja aktiver Bestandteil der nun elf Aposteln; eher zweifelt er noch an der Auferstehung des Herrn. Zweifel drücken manchmal auch insgeheim den Willen zum Glauben aus. Ich kenne viele aufrichtige, zumeist vom Intellekt geleitete Menschen, die noch Zeit brauchen, bevor sie sich endgültig zum Glauben bekennen. Solche Menschen gab es wohl auch unter den ersten Empfängern der Botschaft von der Auferstehung Christi in Jerusalem. Gott schenkte den Aposteln Seine reiche Gnade, so dass durch ihre Hände „viele Zeichen und Wunder im Volk“ geschahen (Apg. 5:12). Es gab diejenigen im Volk, – „Scharen von Männern und Frauen“ (5:14), – welche sofort zum Glauben kamen und dafür auch belohnt wurden: „Selbst die Kranken trug man auf die Straßen hinaus und legte sie auf Betten und Bahren, damit, wenn Petrus vorüberkam, wenigstens sein Schatten auf einen von ihnen fiel. Auch aus den Nachbarstädten Jerusalems strömten die Leute zusammen und brachten Kranke und von unreinen Geistern Geplagte mit. Und alle wurden geheilt“ (5:15-16). Doch auch wenn es zahlreiche gläubig Gewordene waren – „von den Übrigen wagte niemand, sich ihnen anzuschließen“ (5:13a). Weshalb dies so war, ist schwer zu sagen. Sicher fürchteten einige die Repressalien des eifersüchtig gewordenen Hohepriesters und seiner Gefolgschaft, der Sadduzäer (s. 5:17), andere hingegen erkannten auch nach der wundersamen Befreiung der Aposteln aus dem Gefängnis durch einen Engel des Herrn nicht, dass diese wahren Diener des Herrn im Tempel „dem Volk alle Worte dieses Lebens“ verkündeten (5:20). Warum ist es für manche so schwer zu glauben (s. Mt. 28:17)? Und warum sind die vermeintlich „Gläubigen“ oftmals die größten Feinde der Kirche Christi?..
Im vorliegenden Falle ist es nicht so schwer, dies zu erkennen. Die Apostel verkündeten die Auferstehung Christi, verbunden mit der Hoffnung auf die Auferstehung aller an Ihn Glaubenden, während die Sadduzäer den Glauben an die Auferstehung grundsätzlich leugneten (s. Mt. 22:23; Mk. 12:18; Lk. 20:27; Apg. 23:8). Sie haben ihre vorgefassten Ansichten und lassen sich auch durch noch so viele frappante Zeugnisse nicht davon abbringen. Und nach diesem Muster läuft der Abfall vom Glauben bzw. die Nichtannahme der offensichtlichen Wahrheit bei Sehenden, Hörenden und oftmals auch rational Verstehenden ab. Zahlreiche widersetzen sich der Wahrheit, indem sie die Wahrheit bzw. das richtige Verständnis derselben für sich beanspruchen. Impuls ist hierbei immer der menschliche Verstand, der nun mal begrenzt ist und ohne die Gnadengabe des Heiligen Geistes nicht zur Erkenntnis der Wahrheit führen kann, vor allem dann, wenn man sich selbst dieser Gnade entzieht.
Es kommt vor, dass die Vertreter der Kirche mit Sektierern ihrer jeweiligen Epoche in Diskussionen verwickelt werden. Es kann dabei passieren, dass die Gegner der Kirche sich sehr gut in der Heiligen Schrift auskennen und zahlreiche Argumente der Bibel gegen den seit Anbeginn der Kirche Christi bezeugten, überlieferten und bewahrten Glauben anführen. Theologisch bewanderte Orthodoxe kontern diese ihrerseits mit den für jede Streitfrage zurechtgelegten Bibelzitaten. Am Ende geht man im Streit auseinander, ohne sich bei den jeweiligen Standpunkten angenähert zu haben. Im Grunde sind solche Dispute, zumindest ab einem bestimmten Punkt, nur noch Zeitverschwendung. Gewiss musste die Kirche im Laufe ihrer Geschichte auf neue aufgekommene Lehren konziliar reagieren und die nicht der ursprünglichen Glaubenslehre entsprechenden Lehrmeinungen (Häresien) verwerfen. Aber welchen Sinn hat es, sich immer wieder von neuem in Streitgespräche zu verstricken? Es ist doch längst alles gesagt, und zwar abschließend. Wir wissen doch, dass die Gegner der Kirche niemals von ihren Attacken ablassen werden. Das ist ja das Schicksal der Kirche Christi. Den Weg zur Kirche und zum Glauben an Christus findet der Mensch ohnehin auf dem Weg des Herzens und nur dann, wenn Christus ihn dazu beruft (s. Joh. 14:6; 15:5). Wenn für jemanden Christus nicht der Mittelpunkt ist, kann er kein Christ sein, auch wenn er meint, „gläubig“ zu sein. Das Kriterium hierfür ist das Mysterium der Eucharistie. Wer nämlich glaubt, der wird sich am Sonntag in der Kirche mit dem Mensch gewordenen Gott in Dessen Fleisch und Blut vereinigen wollen, weil er darin das Leben in sich hat (s. Joh. 6:53-56). Wer am Wochenende hingegen „was besseres“ zu tun hat, der beweist damit, dass er den Worten des Herrn keinen Glauben schenkt. Also hat er auch das Leben nicht in sich. Bloß an Gott glauben reicht nicht als Rechtfertigungsgrund – das tun z.B. auch die Muslime, die Zeugen Jehovas, übrigens sogar die Satanisten. Umso größer ist dann ihre Schuld, wenn sie trotz ihres Glaubens keinerlei in aktive Glaubenstätigkeit umgewandelte Schlüsse daraus ziehen (s. Joh. 9:41; vgl. 2 Petr. 2:21). Gutmenschen sind noch keine Christen. Getaufte, die nicht nach dem Glauben leben, die elementaren moralischen Normen nicht befolgen und sich nicht nach göttlichen Regeln ausrichten (s. Ps. 118), übersehen, dass Christus „das Alpha und das Omega“ ist (s. Offb. 1:8; 21:6; 22:13). Christ ist in erster Linie der, welcher Christus liebt (s. Mt. 10:37; 1 Kor. 16:22). „Getauften Heiden“ geht dieser Aspekt völlig ab. Sie wollen etwas bekommen, aber nichts dafür geben. Es ist wie bei der Blutspende beim DRK, wo zumeist die Leistungsträger der Gesellschaft sitzen, während die Leistungsempfänger sehr oft „keine Zeit haben“, weil sie nichts dafür bekommen können. Amen.