Predigt zum 20. Herrentag nach Pfingsten (Gal. 1:11-19; Lk.:8:26-39) (10.11.2024)
Liebe Brüder und Schwestern,
es lohnt sich meines Erachtens, ein Puzzleteil aus der uns seit langem bekannten Geschichte von der Heilung des Besessenen von Gadara zu exzerpieren: Was geschieht denn eigentlich mit dem Besessenen, nachdem ihn der Herr von einer ganzen Legion von unreinen Geistern befreit hat? Er war wieder bei Verstand und saß ordentlich gekleidet zu Füßen des Herrn (s. Lk. 8:35). Auf diesen Mann wollen wir nun unsere ganze Aufmerksamkeit richten.
Er war bis kurz zuvor die Wohnstätte zahlreicher Dämonen, die ihn schrecklich gequält hatten. Und dieser Mann ist das allegorische Ebenbild der ganzen Menschheit, die bar der göttlichen Gnade (keine Kleider trug) und ein Dasein führte, das dem Tod geweiht war (in Grabhöhlen hauste). Nun kommt Jesus Christus und befreit ihn von der Macht der Dämonen, indem Er ihm das Taufkleid anzieht (s. Gal. 3:27) und ihm dadurch die Befähigung zum ewigen Leben schenkt (s. 1 Joh. 5:11). Das ist uns bekannt. Doch kommen wir, wie einleitend angedeutet, zu der Reaktion dieses Mannes. Er bleibt bei Jesus Christus und reißt sich die soeben angezogene Kleidung nicht selbst wieder vom Leib. Im übertragenen Sinne erkennen wir in ihm einen Christen, der die Gnade des Taufbades bewahrt und von da an ein Leben mit Christus führen will. Wie an anderer Stelle die jüngere Schwester des Lazarus sitzt er zu Füßen des Herrn und lauscht Seinen Worten und hat somit „das Bessere gewählt“ (Lk. 10:42). Die Gadarener fürchten sich beim Anblick des Geschehenen, weil es ihnen an Liebe zu unserem Herrn fehlt (vgl. 1 Joh. 4:18), der Geheilte erweist sich hingegen dankbar. Er bittet den Herrn darum, bei Ihm bleiben zu dürfen (s. Lk. 8:38). Doch der Herr hat eine besondere Mission für ihn vorgesehen, denn er hat die lebhafte Erfahrung der Befreiung von den Dämonen gemacht. Die übrigen Bewohner der Stadt sahen es mit ihren Augen oder hörten es aus dem Munde der Schweinehirten – und wollten dennoch nicht zum Glauben an Jesus Christus kommen (s. Jes. 6:9; vgl. Mt. 13:14-15; Mk. 4:10-12; Lk. 8:9-10).
Was bedeutet das nun? Es bedeutet nicht weniger als dass der Herr diesen Mann zum Glaubensboten ernennt! Gibt es eine größere Ehre als das?! Und jeder von uns, der durch seinen Glauben erkennt, was Gott für ihn getan hat (s. Lk. 8:39), kann seinen für das durch unseren Herrn erwirkte Heil tauben und stummen Mitmenschen verkünden, „was Jesus für ihn getan“ hat (Lk. 8:39).
Wer also wirklich glaubt, d.h. im Geiste erkennt, was der Herr durch Sein Erlösungswerk für ihn getan hat, kann gar nicht anders als anderen von diesen Heilstaten zu künden. Wer das als getaufter Christ nicht tut, indem er z.B. seine Kinder nicht im Glauben erzieht, der handelt dem Willen des Herrn zuwider. Dieser sagt ja: „Wer nicht für Mich ist, der ist gegen Mich; wer nicht mit Mir sammelt, der zerstreut“ (Mt. 12:30; Lk. 11:23). Einen „Neutralitätsstatus!“ gibt es aus Sicht der Heilslehre nicht. Entweder ich tue etwas für mein Seelenheil und das meiner Mitmenschen oder ich tue nichts dafür. So einfach ist das.
Wenn Gott, so wie im Falle des Mannes von Gadara, jemanden von uns beruft, von den Heilstaten des Herrn zu künden, gibt Er ihm/ihr folgendes auf den Weg: „Wer euch hört, der hört Mich, und wer euch ablehnt, der lehnt Mich ab; wer aber Mich ablehnt, der Lehnt Den ab, Der Mich gesandt hat“ (Lk. 10:16; vgl. Mt. 10:40; Joh. 13:20).
Neulich klingelt bei mir das Handy. Das Übliche: eine kultiviert klingende Dame fragt wegen der Taufe ihres Kindes nach: wann das möglich wäre, was man dazu benötigt, wie lange vorher alles vereinbart werden soll etc. Ich antworte, dass sich für die technischen Fragen immer eine Lösung finden lässt, aber viel wichtiger ist der ernsthafte Vorsatz der Eltern. Frage: „Was meinen sie damit?“ Antwort: „Dass das Kind im Glauben aufwächst, d.h. aktiv, quasi mit der Muttermilch regelmäßig die Heiligen Mysterien empfängt. Denn oft kommt es vor, dass das Kind als Säugling und Kleinkind (1-2 Jahre) noch zu klein für den Gottesdienstbesuch ist, und wenn es dann etwas größer (3-4 Jahre) ist und das erste Mal nach der Taufe eine Kirche von innen erblickt, es durch keine zehn Ackergäule zur Kommunion gebracht werden kann“. Das alles sage ich, nicht um den Leuten von vornherein die Tür der Kirche vor der Nase zuzuschlagen, sondern um sie zum Nachdenken anzuregen. Schließlich gibt es in jeder Gesellschaft oder in jedem Verein auch gewisse Ansprüche an den Antragsteller. Wenn sich der um Aufnahme Ersuchende mit der Satzung des Vereins ausführlich bekannt gemacht hat und diese vorbehaltlos akzeptiert (d.h. sich zur Einhaltung der AGBs verpflichtet), kann er z.B. bei der nächsten Mitgliederversammlung in die Gesellschaft aufgenommen werden. Die Frau entgegnet mir, dass man ein kleines Kind doch nicht gegen seinen Willen zu etwas zwingen darf. Erst wenn es größer sei, könne sich das Kind dann selbst seine Art der Religiosität aussuchen. Auf meine Erwiderung, dass Erziehung und Zwangsmaßnahmen zwei verschiedene Sachen sind, da bei ersterer das persönliche Vorbild der erziehenden Seite die Grundlage für den Erfolg der Maßnahmen bildet, bricht die Dame das Gespräch in freundlichem Ton mit der Bemerkung ab, dass es „bei ihnen“ wohl unerlässlich ist, dass man sich mit der inneren Seite des Glaubens tiefer auseinandersetzt (!). „Vielen Dank und auf Wiedersehen!“ So erfüllen sich die Worte des Herrn tagtäglich – im Positiven wie im Negativen. So ist das. Und trotz mancher Enttäuschung schickt der Herr Seinen Dienern jedes Mal den himmlischen Trost, denn eines kann ich Ihnen sagen: Es gibt nichts Schöneres auf der Welt als unserem Herrn Jesus Christus trotz meiner eigenen Unwürdigkeit von Herzen dienen zu dürfen. Amen.