Predigt zum Hochfest des Einzugs des Herrn in Jerusalem / Palmsonntag (Phil. 4: 4-9; Joh. 12: 1-16) (01.04.2018)
Liebe Brüder und Schwestern,
wie kaum ein anderes der Hochfeste ist das Fest des Einzugs des Herrn in Jerusalem Stein des Anstoßes für viele. Wie gut drei Jahrzehnte zuvor durch Simeon prophezeit, ist der Herr Jesus Christus "dazu bestimmt, dass in Israel viele durch Ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und Er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird" (Lk. 2:34). Ferner hatte Er Sich gleich zu Beginn Seines Erlösungswerks dafür entschieden, nur Gott allein und dem Seelenheil der Menschen zu dienen, anstatt mit dem Teufel einen Pakt einzugehen (s. Mt. 4:8-11; Lk. 4:5-8). Er fuhr Petrus heftig an, als dieser Ihn aus falsch verstandener Menschenliebe durch gutes Zureden vom lebenspendenden Kreuztod abbringen wollte (s. Mt. 16:23; Mk. 8:33). Seinen gerade erst berufenen Jüngern sagte Er unumwunden: "Denkt nicht, Ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn Ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; und die Hausgenossen eines Menschen werden seine Feinde sein" (Mt. 10:34-36). Wie oft haben sich diese Worte wohl schon bewahrheitet - bis in die heutige Zeit?!.. Und der Herr fährt fort: "Wer Vater oder Mutter mehr liebt als Mich, ist Meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist Meiner nicht würdig. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und Mir nachfolgt, ist Meiner nicht würdig. Wer das Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer aber das Leben um Meinetwillen verliert, wird es gewinnen" (Mt. 10:37-39). An Deutlichkeit lässt es der Herr in Seinen Worten von Anfang an nicht fehlen. Dennoch bleiben selbst die Jünger am irdischen Denken haften (s. Mk. 10:37; Apg. 1:6). Dabei ist gerade die Unterscheidungsgabe zwischen dem Geistlichen und dem Fleischlichen (s. 1 Joh. 4:1-6; Röm. 8:5-8) das Wesensmerkmal des wahren Glaubens, durch das sich das wahre Christentum vom Pseudo-Christentum absetzt. Niemand in Israel konnte im Moment des triumphalen Einzugs des Herrn in Jerusalem Zweifel daran haben, dass unser Herr Jesus der Messias war. Selbst unmündige Kinder schienen es begriffen haben, und hätte man sie zum Schweigen gebracht, hätten es die Steine verkündet (s. Lk. 19:40). Christus wurde ja schon bei Seiner Geburt vom Chor der Engel besungen und wird nun mit ähnlich klingenden Worten gepriesen: "Im Himmel Friede und Herrlichkeit in der Höhe!" (Lk. 19:38; vgl. 2:14). Doch die Pharisäer fassten just nach der Auferweckung des Lazarus den Entschluss, unseren Herrn töten zu lassen (s. Joh. 11:53). Der Evangelist Johannes berichtet: "Obwohl Jesus so viele Zeichen vor ihren Augen getan hatte, glaubten sie nicht an Ihn. So sollte sich das Wort erfüllen, das der Prophet Jesaja gesprochen hat: ´Herr, wer hat unserer Botschaft geglaubt? Und der Arm des Herrn - wem wurde Seine Macht offenbar?` Denn sie konnten nicht glauben, weil Jesaja an einer anderen Stelle gesagt hat: ´Er hat ihre Augen blind gemacht und ihr Herz hart, damit sie mit ihren Augen nicht sehen und und mit ihrem Herzen nicht zur Einsicht kommen, damit sie sich nicht bekehren und Ich sie nicht heile`. Das sagte Jesaja, weil er Jesu Herrlichkeit gesehen hatte; über Ihn nämlich hat er gesprochen. Dennoch kamen sogar von den führenden Männern viele zum Glauben an Ihn; aber wegen der Pharisäer bekannten sie es nicht offen, um nicht aus der Synagoge ausgestoßen zu werden. Denn sie liebten das Ansehen bei den Menschen mehr als das Ansehen bei Gott" (Joh. 12:37-43).
Glauben ist nicht Kopfsache, sondern Herzensangelegenheit, die zur Gotteserkenntnis führt (s. Mt. 5:8). Die Herzen der Pharisäer waren versteinert (s. Joh. 12:40), das Volk aber euphorisiert, weil nun alle nationalistischen Großmachtträume dank eines Anführers, der Tote wieder aufrichten und Brote in der Wüste vermehren kann, in Erfüllung zu gehen schienen. Nicht darum geht es dem Herrn! - "Wer an Mich glaubt, glaubt nicht an Mich, sondern an Den, der Mich gesandt hat, und wer Mich sieht, sieht Den, der Mich gesandt hat. Ich bin das Licht, das in die Welt gekommen ist, damit jeder, der an Mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt. Wer Meine Worte nur hört und sie nicht befolgt, den richte nicht Ich; denn Ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern um sie zu retten. Wer Mich verachtet und Meine Worte nicht annimmt, der hat schon seinen Richter: das Wort, das Ich gesprochen habe, wird ihn richten am Letzten Tag. Denn was Ich gesagt habe, habe Ich nicht aus Mir selbst, sondern der Vater, der Mich gesandt hat, hat Mir aufgetragen, was Ich sagen und reden soll. Und Ich weiß, dass Sein Auftrag ewiges Leben ist. Was Ich also sage, sage Ich so, wie es Mir der Vater gesagt hat" (Joh. 12:44-50).
Vor dieser Wegscheidung stehen wir an jedem Tag unseres Lebens. Wollen wir wie die Volksmenge sein, die zunächst "Hosanna!" und dann "Kreuzige Ihn!" schrie, oder wollen wir wie der Evangelist Johannes sein, der aus gutem Grund der Lieblingsjünger des Herrn war und nicht von ungefähr von Ihm der Obhut Seiner allreinen Mutter anvertraut wurde? Obwohl der Jüngste von allen, hatte er allen anderen die Reinheit des Herzens voraus. Als sich Petrus noch über das leere Grab wunderte (s. Lk. 24:12), glaubte Johannes bereits an die Auferstehung (s. Joh. 20:8). Während die übrigen Jünger den Auferstandenen aus nächster Nähe bei Tageslicht nicht zu erkennen vermochten und zweifelten (s. Mt. 28:17; Lk. 24:16,38,41), erkannte er den Herrn aus großer Entfernung in der Morgendämmerung (s. Joh. 21:7). Er war auch der einzige Jünger, der den Herrn nicht verlassen und nicht verleugnet hatte (s Joh. 18:15). Somit wissen wir, welchem Vorbild wir in den anstehenden Tagen nacheifern wollen. Amen.