Predigt zum dritten Herrentag nach Ostern / Hll. Myronträgerinnen (Apg. 6:1-7; Mk. 15:43 – 16:8) (03.05.2020)
Liebe Brüder und Schwestern,
am heutigen Herrentag erinnern wir uns voll der Dankbarkeit an diejenigen, die dem Herrn Jesus Christus die Treue bewahrten, als die Mächte der Unterwelt scheinbar den totalen Sie errungen hatten und das Böse auf Erden in jeglicher Hinsicht zu triumphieren schien. Mit dem Verrat und der Verurteilung unseres Herrn zeigte sich, wer wirklich bedingungslos an Seiner Seite war, und wer nur eigene Ziele verfolgen wollte. Als der Herr nämlich große Wunder vollbrachte und täglich Tausende von Menschen von ihren Krankheiten heilte, sogar Tote auferweckte, drängten sich die Massen um Ihn, wichen die Leute Ihm nicht von der Seite. Auch die Jünger, die Er aufgrund ihres reinen Herzens ausgesucht hatte, versprachen Ihm bedingungslose Treue bis in den Tod (so wie man das halt so sagt), ohne aber wirklich eine Vorstellung von dem zu haben, was ihr Meister in Kürze zu erdulden haben wird (s. Mt. 20:22; Mk. 10:38-39). Allein die Frauen im Gefolge des Herrn, von denen wohl einige angesehen und vermögend waren (s. Lk. 8:2-3), blieben die ganze Zeit dezent im Hintergrund.
Was sich dann auf Golgatha ereignete, war nicht nur ein Wendepunkt im irdischen Erlösungswerk Christi, – es war der Wendepunkt der Heilsgeschichte. Äußerlich schien die Mission Jesu Christi gescheitert: Er Selbst an das Kreuz genagelt und danach ins Grab gelegt, vor dessen Eingang ein schwerer Stein gewälzt und worauf hin das Grab versiegelt wurde; die engsten Gefährten in alle Winde zerstreut, die Volksmenge, die Ihm kurz zuvor noch zugejubelt hatte, erbat an Seiner Stelle einem Mörder die Freiheit. Die Feinde Christi ergötzten sich an Seinem Leid. Das Böse schien auf ganzer Linie gesiegt zu haben...
Aber schon zu früheren Zeiten gab es Noah, Abraham, Hiob, Elias, die Gott inmitten der Apostasie die Treue hielten und somit dem Widersacher den vollkommenen Sieg verdarben. Jetzt sind es zwei angesehene Ratsherren – Joseph aus Arimathäa und Nikodemus – die sich jetzt aus der Deckung wagen und den Leichnam des Herrn in Ehren bestatten. Mit ihnen ist der noch nicht volljährige Lieblingsjünger des Herrn und die Frauen aus Seinem Gefolge. Auf sie konnte Sich der Herr bis zuletzt stützen. Joseph und Nikodemus hatten aufgrund ihrer Stellung in der Gesellschaft vorher nicht den Mut, sich offen zu Ihm zu bekennen (s. Joh. 3:2; 19:38-39), doch jetzt erweisen sie Ihm auch öffentlich ihre Zuneigung. Sie bestatten auch Seinen Leichnam nach der damaligen Gepflogenheit (Frauen und Minderjährige waren dazu nicht befugt). Und noch eins: Ein mit dem Herrn gekreuzigter Schächer legt ein gutes Wort für Ihn ein und bekennt sich mit dem letzten Atemzug zu Ihm!.. All das ist schön, rührend, vielleicht ein wenig tröstend und schmerzlindernd. Aber hat nicht trotz allem das Böse den totalen Sieg errungen?.. – Nein. Das, was geschehen ist, musste geschehen, damit „die Gedanken vieler Menschen offenbar werden“ (s. Lk. 2:35). Wäre Christus nicht ans Kreuz genagelt worden und hätte Er Seinen Triumphzug weiter fortgesetzt, dann hätten die Massen Ihm auch weiterhin voller Begeisterung zugejubelt; jetzt aber zeigt sich, wer wirklich zu Ihm hält.
In der Morgendämmerung kommen die Frauen, um Seinen Leichnam zu salben. Eigentlich ein sinnloses Unterfangen, denn das Grab ist bewacht und der Stein vor dem Eingang ohnehin zu schwer für sie (s. Mk. 16:3-4). Sie sind aber von der Liebe zu Ihrem Herrn und Meister bewegt. Zu der Zeit, als Er als umjubelter Wanderprediger und Wundertäter durch die Lande zog, waren sie auch nicht berechnend auf ihren eigenen Vorteil bedacht, sondern dienten Ihm in aller Stille und aus ganzem Herzen. Auch jetzt handeln sie nicht rational. Am Grabe angekommen, sehen sie den Stein weggewälzt und einen Engel darauf sitzen. ... CHRISTUS IST AUFERSTANDEN! Der Stein und die Wachsoldaten konnten Ihn nicht im Grabe halten. Er erstand, ohne das Siegel zu zerstören. Erst danach hatte der Engel den Stein weggewälzt, damit das Wunder der Wunder für alle offensichtlich werde. Das Reich Gottes ist nun da – für alle!
Die Ereignisse vom Karfreitag bis zum Auferstehungstag werden sich zum Ende der Weltgeschichte noch einmal in ihrer ganzen Tragweite wiederholen, denn es wird der Moment kommen, an dem die Mächte der Finsternis (im weltlichen Sinne) wieder die Oberhand gewinnen. Die Göttliche Liturgie wird ein letztes Mal auf dem Gipfel des Heiligen Berges zelebriert werden, und dann?.. Wird das der totale Sieg der Mächte der Finsternis sein? – Nein. Denn just als das Böse auf Erden scheinbar obsiegt haben wird, wird das Reich Gottes in seiner ganzen Herrlichkeit kommen. Dann „wird das Zeichen des Menschensohns am Himmel erscheinen; dann werden die Völker der Erde jammern und klagen; und sie werden den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels kommen sehen. Er wird Seine Engel unter lautem Posaunenschall aussenden, und sie werden die von Ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, von einem Ende des Himmels bis zum anderen“ (Mt. 24:30-31; vgl. Mk. 13:26-27; Lk. 21:27-28).
An diesem Tag wird sich zeigen, wer dem Herrn bis zuletzt treu geblieben ist. Wollen wir uns alle heute darauf vorbereiten, unserer Kirche, durch die wir einen Leib mit unserem Herrn Jesus Christus bilden, unter allen Umständen die Treue zu halten. Lassen wir uns heute inspirieren von den Myrrhen tragenden Frauen um Maria Magdalena, die nicht bloß den Worten nach bereit waren für den Herrn alles zu opfern, sondern ihre Bereitschaft im Augenblick der Not durch bedingungslose Treue bezeugt haben. So wurden sie zu Empfängerinnen der allergrößten Freudenbotschaft (s Mt. 28:9-10). Lasst auch uns durch Wort und Tat zu Verkündern dieser absoluten Frohen Botschaft in der Welt werden: CHRISTUS IST AUFERSTANDEN!!! Amen.