Predigt zum Hochfest der Heiligen Dreiheit (Pfingsten) (Apg. 2: 1-11; Joh. 7: 37-52, 8: 12) (04.06.2017)
Liebe Brüder und Schwestern,
zu Pfingsten feiern wir die Herabsendung des Heiligen Geistes, die notwendig wurde, nachdem der Herr Jesus Christus von der Erde in den Himmel aufgefahren war: "Wenn Ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen" (Joh. 16: 7). Demnach haben wir auf Erden nun die Gemeinschaft Gottes in der ganzen Fülle - in der Kirche. Diese nun zustande gekommene Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch darf jedoch nicht ergebnislos bleiben. "Wenn aber der Beistand kommt, Den Ich euch vom Vater aus senden werde, der Geist der Wahrheit, Der vom Vater ausgeht, dann wird Er Zeugnis für Mich ablegen. Und auch ihr sollt Zeugnis ablegen, weil ihr von Anfang an bei Mir seid" (Joh. 15: 26-27; vgl. Apg. 1: 8). Der (ewig) vom Vater ausgehende Geist, Den der Sohn (zeitlich) in diese Welt schickt, ermächtigt uns Menschen Zeugen der göttlichen Wahrheit zu werden. Welch eine Berufung ist das - Zeugen der Wahrheit Gottes zu sein! Früher war es ein Volk, das den Glauben bewahren sollte, doch nun sind alle Völker dazu berufen, wie vom Herrn verkündet worden war. Erinnern wir uns an das zum Pfingstereignis hinführende Gespräch mit der Samariterin: "Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen; denn das Heil kommt von den Juden. Aber die Stunde kommt, und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden. Gott ist Geist, und alle, die Ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten" (Joh. 4: 22-24). War im Alten Bund der Berg Sinai am ersten Schavuot, dem "Fest der Wochen" (7 x 7 = 49 plus 1 Tag nach Pessah) Sinnbild des Gesetzes Gottes, ist nun der Berg Zion symbolhaft für die Gnade und die Wahrheit Gottes. "Danach aber wird es geschehen, dass Ich Meinen Geist ausgieße über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, eure Alten werden Träume haben, und eure jungen Männer haben Visionen. Auch über eure Knechte und Mägde werde Ich Meinen Geist ausgießem in jenen Tagen. Ich werde wunderbare
Zeichen wirken am Himmel und auf der Erde: Blut und Feuer und Rauchsäulen. Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln und der Mond in Blut, ehe der Tag des Herrn kommt, der große und schreckliche Tag. Und es wird geschehen: Wer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet. Denn auf dem Berg Zion und in Jerusalem gibt es Rettung, wie der Herr gesagt hat, und wen der Herr ruft, der wird entrinnen" (Joel 3: 1-5; vgl. Apg. 2: 14-21).Die Erlangung der Wahrheit im Heiligen Geiste ist das Wesensmerkmal des Glaubens: "Der Geist ist es, Der Zeugnis ablegt; denn der Geist ist die Wahrheit" (1. Joh. 5: 6; vgl. Joh. 16: 13). Durch das Mysterium der Myronsalbung sind auch wir mit dem Heiligen Geist getauft (s. Joh. 3: 5; Apg. 3: 5; 1. Joh. 1: 27). Das Verbleiben in der Gnade des Herrn Jesu Christi, in der Liebe Gottes, des Vaters, und in der Gemeinschaft des Heiligen Geistes (s. 2. Kor. 13: 13) ist nun der Garant des Seelenheils und Grundlage der Trinitätslehre der Kirche: "Für euch gilt: Was ihr von Anfang an gehört habt, soll in euch bleiben; wenn das, was ihr von Anfang an gehört habt, in euch bleibt, dann bleibt ihr im Sohn und im Vater. Und Seine Verheißung an uns ist das ewige Leben" (1. Joh. 1: 24-26). ... Hat sich seitdem daran etwas geändert?.. Da wo das Mysterium des Heiligen Geistes trotz einer vermeintlichen Kirchenzugehörigkeit abgeht (vgl. Apg. 19: 1-7), kann auch keine Gnadenfülle vorhanden sein. Es wird allenfalls ein Kirchen-Surrogat sein, bar der göttlichen Gnade. Das Streben nach dem Seelenheil wird sich über äußere menschlicheFaktoren artikulieren - moralischen Lebenswandel, Werke der Barmherzigkeit, politische Korrektheit - aber eben nur menschliche. Eine innere Auseinandersetzung mit der Sünde im Menschen (s. 1. Joh. 1: 8-10) das, was die christliche Spiritualität ausmacht - kann so gar nicht stattfinden. Und wenn das Seelenheil durch dämonische Täuschung quasi "gesichert" ist, kann man sich ja getrost irdischen Dingen zuwenden. So findet eine Pervertierung der Grundprinzipien des Evangeliums statt (vgl. Mt. 6: 33 u. Lk. 10: 41-42), dass nicht mehr das Evangelium richtungsweisend für die Gesellschaft ist, sondern der Zeitgeist dem Evangelium diktiert, wie es zu sein hat. Solcherart kann man durch moderne "theologische Arbeit" auch die Bibel "neu inerpretieren". Auch unser Kampf gegen die sündhaften Leidenschaften, gegen das Böse in uns, wäre aussichtslos, würde er sich nur auf menschliche Kraft stützen. Wir sehen, dass sogar die Jünger des Herrn bis zum Schluss am fleischlichen Denken haften blieben (s. Apg. 1: 6). Dabei besitzen wir alle notwendigen Instrumente, um die Heiligkeit zu erlangen. So wie der Heilige Geist die ehedem ängstlichen Jünger zu furchtlosen Verkündigern der Auferstehung gemacht hat, so können auch wir bei etwas mehr Entschlossenheit, Beharrlichkeit und Konzentration im Gebet kontinuierlich die Leidenschaften besiegen. So viel gehört gar nicht dazu. Wir müssen nur unsere Schwerpunkte verlagern - vom Fleischlichen zumGeistlichen. Kehren wir zunächst in uns ein, um ein spirituelles Leben zuführen. Lesen wir aufmerksam unsere Gebete und versuchen, das in ihnen Aufgenommene in die Tat umzusetzen. Im Gebet vor dem Lesen des Psalters heißt es so: "Da ich meine Unkenntnis einsehe, falle ich vor Dir nieder und bete zu Dir und erflehe Hilfe von Dir: Herr, lenke meinen Geist und stärke mein Herz, dass mir das Reden meiner Lippen nicht lästig sei, sondern dass ich mich freue über die Erkenntnis des Gesprochenen und mich zur Ausübung der guten Werke vorbereite, die ich hier lerne und ausspreche, damit ich erleuchtet durch gute Werke, bei Deinem Gericht mit allen Deinen Auserwählten Teilhaber an Deiner rechten Seite werde". Amen.