Predigt zum Lazarus-Samstag (Hebr. 12: 28 – 13: 8; Jh. 11: 1-45) (24.04.2016)
Liebe Brüder und Schwestern,
die Auferweckung des Lazarus, der mit der Seele bereits im Scheol gewesen war, ist gut eine Woche vor Ostern Vorbote unserer Befreiung von der Hölle durch Christus Gott. Wenn wir heute darüber nachdenken, wie wir der Hölle entgehen wollen, müssen wir erkennen, dass es dafür keinen Automatismus – auch nicht in kirchlicher Hinsicht – gibt. Die Hölle ist ja kein Ort, den wir auf dem Weg ins Paradies dank der von unserem Erlöser neuerdings eingerichteten „Umleitung“ nun umgehen können. Die Hölle ist, genau so wie ihr positives „Pendant“ (vgl. Lk. 17: 21), in uns selbst. Und wenn wir jemanden metaphorisch anklagen, dass er/sie uns „das Leben zur Hölle macht“, ist das vollkommen abwegig. Der Apostel widerspricht dem in der heutigen Lesung: „Der Herr ist mein Helfer, ich fürchte mich nicht. Was können Menschen mir antun?“ (Hebr. 13: 6). Demnach kann mir kein Mensch „das Leben zur Hölle machen“, außer ich mir selbst. Mein Leben und meine Seele sind in Christi Hand; nichts außer meiner eigenen Sündhaftigkeit kann mich folglich von der Liebe Gottes trennen (s. Röm. 8: 35-39). Christus ist gütig und allmächtig. Daran muss ich glauben und all mein Bestreben danach ausrichten (vgl. Lk. 12: 4-5): „Ich liebe den Herrn, denn Er erhört die Stimme meines Flehens“ (Ps. 114: 1). Und wer diese Liebe hat, der befindet sich zumindest bereits im Vorgarten des Paradieses, wie wir es an so zahlreichen Heiligen erkennen (z.B. am hl. Seraphim von Sarov). So einer wird alles ertragen und das Böse durch das Gute überwinden können (s. Röm. 12: 21). Aber hüten wir uns vor pseudo-spirituellen Wegen der Nachfolge Christi: ein Mönch edler Herkunft ertrug lange Jahre die Schmähungen und Anfeindungen seiner standesmäßig niederen Mitbrüder im Kloster. Als ein Starez ihn schließlich verwundert fragte, wie er dies alles mit solch einer Geduld ertragen könne, antwortete dieser nur: „Ich werde wegen dieser primitiver Typen doch nicht die Contenance verlieren! Sie sind es doch gar nicht wert, dass ich mich ihretwegen aufrege...“. Der Glaube und alle asketischen Werke dieses Mönches – Wachen, Fasten und das Studium der Heiligen Schrift waren umsonst, weil er keine Liebe hatte (vgl. 1. Kor. 13: 1-3). Auch der Teufel glaubt an Gott, er schläft niemals, nimmt überhaupt keine Nahrung zu sich und kennt die ganze Bibel auswendig... Also müssen alle äußeren Werke bei uns auch mit inneren Bemühungen einhergehen; sie sind sonst, ohne die Früchte des Geistes (s. Mt. 5: 3-12 u. Gal. 5: 22-23), völlig nutzlos. Amen.