Predigt zum Großen Samstag (11.04.2015) (Röm 6, 3-11. Mt 28, 1-20)
Liebe Brüder und Schwestern,
auf den Großen Freitag folgt der Große Sabbat. Der Sabbat war von Anbeginn der Welt der Tag der Ruhe: „Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das Er geschaffen hatte, und Er ruhte am siebten Tag, nachdem Er Sein ganzes Werk vollbracht hatte“ (Gen. 2: 2). Diese bedeutungsvollen Worte finden ihre prophetisch-mystische Erfüllung im letzten Augenblick des irdischen Lebens unseres Herrn, als Er ausrief: „Es ist vollbracht!“ (Joh. 19: 30).
Nun ruht der Schöpfer der Welt im Grabe, nachdem Er das Werk unserer Erlösung vollbracht hat. Wir feiern im Orthros das Begräbnis des Herrn, das von der Struktur her dem Begräbnisritus für einen gewöhnlichen Sterblichen ähnelt. Doch anstelle eines Normalsterblichen liegt heute der Mensch gewordene Sohn Gottes, umringt von Blumen und Kränzen, aufgebahrt inmitten der Kirche. Auch darin ist Er „Einer von uns“ geworden. Und wir Sterblichen beweinen den Tod des Unsterblichen. Diese Augenblicke sind die bewegendsten im Leben eines Christen. Vielleicht denkt der eine oder andere daran, dass auch er einst in der Kirchenmitte aufgebahrt sein wird...
Christus ist nicht gestorben, um uns irdischen Trost, Gesundheit oder Glück zu schenken, sondern um uns aus der Knechtschaft des Todes zu erlösen. Wer bei seiner Hinwendung zu unserem Erlöser etwas anderes im Sinn hat, gleicht einem Ertrinkenden, der die zu ihm eilenden Retter um Geld anbettelt oder um Beistand in sonstigen irdischen Angelegenheiten bittet.
Noch fallen wir weinend vor dem Epitaphios des Herrn nieder, aber diese Trübsal wird sich bald in Freude umwandeln: „Die mit Tränen säen, in Jubel werden sie ernten“ (Ps. 125: 5; vgl. Joh. 16: 22). Die Stunden sind gezählt, bis wir auf die Ikone der Auferstehung blicken werden. Auf dieser ist Christus nach orthodoxen Kanones niemals allein, sondern zusammen mit Adam und Eva, die Er an beiden Händen aus den Niederungen der Hölle befreit, abgebildet. Mit den Ureltern erkennen wir die übrigen Gerechten des Alten Bundes. Unter den Füßen des Herrn liegen die zerborstenen Pforten der Hölle. Dies ist ein bildhafter Ausdruck dessen, dass Christus durch Seinen Tod den Tod zertreten und denen in den Gräbern das Leben gebracht hat. Christus ist unser Erlöser, gekommen, „um durch Seinen Tod den zu entmachten, der die Gewalt über den Tod hat, nämlich den Teufel, und um die zu befreien, die durch die Furcht vor dem Tod ihr Leben lang der Knechtschaft verfallen waren“ (Hebr. 2: 14-15).
Amen.