Predigt zum Hochfest des Tempelgangs der Allerheiligsten Gottesgebärerin (Hebr. 9:1-7; Lk. 10:38-42; 11:27-28) (04.12.2024)
Liebe Brüder und Schwestern,
die Adventsfastenzeit ist noch nicht einmal eine Woche alt, da gibt es schon den ersten Höhepunkt in Form eines der zwölf Hochfeste im Jahr. Anders als bei der Großen Fastenzeit, wo das intensive Umgeisten durch schonungsloses Bekennen und aufrichtiges Bereuen der Sünden im Vordergrund steht, gilt die vorweihnachtliche Fastenzeit als Zeit der Vorfreude auf die Ankunft Gottes auf Erden. Natürlich gibt es darüber hinaus viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zwischen den beiden wichtigsten Fastenzeiten im Jahr, denn selbsverständlich dient die Adventsfastenzeit auch der reuevollen Umkehr und der Reinigung der Seele, während die Große Fastenzeit naturgemäß auch der Vorbereitung zur Karwoche und zur Feier der Auferstehung Christi dient. Doch in der jetzt gerade begonnen Fastenzeit wird die Vorfreude auf die Geburt des Erlösers der Welt mehr akzentuiert als der Bußcharakter der vierzigtägigen Besinnung. Bei jedem Fasten bilden Körper und Seele eine Einheit, ohne die das Fasten zur reinen Diät verkommt. Wir kennen das ja auch vom eucharistischen Fasten: die körperliche Enthaltsamkeit stimuliert die Seele, die es ja ist, welche sich nach der mystischen Gemeinschaft mit Christus sehnt.
Das vorweihnachtliche Fasten erinnert zudem an die Zeit des Alten Testaments, als das Volk Gottes sehnlichst den verheißenen Heiland erwartete, wovon besonders die beiden Herrentage vor Christi Geburt künden. Heute aber feiern wir die Einführung der zukünftigen Mutter unseres Herrn in den Tempel. Es ist die Vorandeutung der Ankunft Christi und der Gnade des Heiligen Geistes. Sie, die dreijährige Maria, wird vom Heiligen Geist in das Allerheiligste des Tempels (s. Hebr. 9:3-5) geführt, wodurch die Zeit der Gnade im Voraus abgebildet wird. Das Fest wurde ist im Römischen Reich schon seit dem 4. Jahrhundert durch die von den heiligen Konstantin und Helena erbaute Kirche auf dem Tempelberg verbürgt, wenngleich die vertiefte theologische Auseinandersetzung mit demselben erst im 8./9. Jahrhundert begann, wovon erste Predigten und liturgische Texte zeugen.
Inhaltlich ist das Fest des Tempelganges eine gedankliche Weiterführung des Festes der Geburt der Mutter des Herrn, weil auch hier in Gestalt der Allerheiligsten Gottesgebärerin die ersten Lichtstrahlen als Vorboten des Aufgangs der „Sonne der Gerechtigkeit“ – Christus – aufleuchten. Amen.