Predigt zum Samstag der ersten Fastenwoche / Theodoros-Samstag (Hebr. 1:1-12; 2 Tim. 2:1-10; Mk. 2:23–3:5; Joh. 15:17-16:2) (16.03.2019)
Liebe Brüder und Schwestern,
das Gedenken an das Wunder des hl. Großmärtyrers Theodoros Tyron am ersten Samstag der Großen Fastenzeit dient uns allen als Inspiration für den noch vor uns liegenden mehrwöchigen geistlichen Kampf bis zur Großen Woche und bis zur Feier der Auferstehung Christi. Der heilige Theodoros hatte ja um das Jahr 306 unter der letzten großen Kirchenverfolgung (303-311) vor der Konstantinischen Wende das Martyrium für Christus erlitten, an das kirchlich an einem festen Datum, dem 17. Februar erinnert wird.
Der heilige Theodoros diente als junger Soldat in der Armee des heidnischen Kaisers (der Beiname Tyron bedeutet der Rekrut). Er war Christ von Kindheit an, hielt aber seinen Glauben zunächst geheim und wartete auf ein Zeichen Gottes, wann und wo er seinen Glauben offen bekennen solle. Als er mit seiner Einheit in der Stadt Evchaita stationiert war, befreite er die Bewohner eines benachbarten Dorfes von einer furchterregenden Bestie, indem er, mit dem Kreuzzeichen gewappnet, das Untier mit einem Lanzenstich in den Kopf tötete. Den Weg dorthin hatte ihm eine christliche Prinzessin namens Eusebia gewiesen. Von diesem Moment an war der Krieger Christi, ausgestattet mit der Kraft Gottes, bereit, im Martyrium für Christus auch den geistigen Drachen zu besiegen (vgl. Gen. 3:15b). Und eine Gelegenheit dazu sollte sich schon bald bieten. Als nämlich kurz darauf alle Soldaten seiner Truppe zum Götzenopfer aufgefordert wurden, verweigerte der Heilige entschlossen den Götzendienst und brannte in der folgenden Nacht den Tempel der Rhea nieder. Tags darauf wurde er vor den Statthalter geführt, dem er ruhig seine Beweggründe darlegte, während er sich furchtlos zu Christus bekannte. In der Nacht erschien ihm Christus im Kerker und versprach ihm Seine Gnade, Seinen Schutz und Seinen Trost als Speise, so dass der Gefangene von nun an jede Nahrungsaufnahme verweigerte. Am darauffolgenden Tage wurde er auf dem Richtplatz kopfüber aufgehängt und sein Leib wurde mit Eisenkrallen zerfleischt, doch der Heilige frohlockte nur über die für Christus erlittene Marter. Als der Statthalter sah, dass unter den Anwesenden zahlreiche von der im Glaubenszeugen Christi offenbarten göttlichen Gnade inspiriert werden könnten, ließ er den Heiligen bei lebendigem Leibe im Feuer verbrennen, was dessen Freude nur noch vergrößerte. Mit Lobliedern auf den Lippen schritt er der Feuersbrunst entgegen, und als alles vorüber war, bestattete Eusebia die sterblichen Überreste des Glaubenszeugen Theodoros dort, wo später eine Kirche errichtet wurde, die wenige Jahre darauf zur Pilgerstätte werden sollte.
Der heutige (bewegliche) Gedenktag bezieht sich jedoch auf ein Ereignis nach dem seligen Heimgang des Großmärtyrers aus der Zeit des Kaisers Julian des Abtrünnigen, der mit Gewalt das Heidentum im Römischen Reich wiedereinführen wollte. Dazu ersann der Tyrann im Jahre 361 eine hinterhältige Kampagne gegen die Christen, indem er befahl, nur noch von Opferblut besudeltes Fleisch auf den Märkten anbieten zu lassen. Da erschien der heilige Theodoros dem Erzbischof Eudoxios und gebot ihm, alle Christen anzuweisen, keine Nahrungsmittel vom Markt zu kaufen, sondern stattdessen Kollyven (russ. коливо), also gekochte Weizenkörner mit Weinbeeren, Nüssen, Mandeln und Zucker, zuzubereiten. So konnten sich die Christen von der Schändung durch dämonische Opferspeisen freihalten. Durch dieses Wunder des heiligen Theodoros, an das die Kirche am ersten Samstag der Großen Fastenzeit alljährlich erinnert, werden auch wir heute darin bestärkt, dass uns Gebet und Fasten von der Befleckung durch die Sünde zu befreien vermögen (vgl. Mt. 17:21 und Mk. 9:29). Vor allem aber dient dieses im heiligen Theodoros Tyron offenbarte Zeichen Gottes zur Bekräftigung dessen, dass die wirkliche Speise und der wirkliche Trank der Leib und das Blut unseres Herrn ist (s. Joh. 6:55). Die Enthaltsamkeit während dieser heiligen Wochen soll unser Augenmerk somit verstärkt auf das Mysterium der Eucharistie lenken, das wahre Paskha, den „Neuen Bund“ (Mt. 26:28; Mk. 14:24; Lk. 22:20), den der Herr durch Sein göttliches Blut gegründet hat. Und Märtyrer bilden in ihrem Leiden ja den Opfertod Christi ab und bezeugen durch ihren Glauben und ihre Standhaftigkeit die Wahrhaftigkeit der Auferstehung Christi.
Insofern dürfen wir angesichts des geschilderten Ereignisses für unsere Gott gefälligen Werke Mut fassen, denn obwohl es beim Dienst in Christi Heer unweigerlich zu Widerständen seitens der Feinde kommen wird (s. 2 Tim. 3:12), ist der Herr immer bereit, uns Seinen Schutz zu gewähren. Dies gilt insbesondere für den geistlichen Kampf, den wir seit knapp einer Woche verstärkt führen, der nur das Eine zum Ziel hat – die Unterdrückung der sündigen Leidenschaften als Ausgangsbasis für die Umkehr zu einem Leben nach den Geboten Christi und in der mystischen Einheit mit Ihm.
Im Gedenken an die uns Christen durch den Großmärtyrer Theodoros Tyron erwiesene Gnade wird am Freitagabend im Anschluss an die Liturgie der vorgeweihten Gaben der Kanon zu Ehren des Heiligen gelesen und die liebevoll zubereiteten Kollyven gesegnet. Somit bildet der Festtag zu Ehren des heiligen Theodoros den Abschluss der ersten Woche der Großen Fastenzeit und ist zugleich ein erster kleiner Höhepunkt auf dem Weg zum großen Ziel. Amen.
Troparion:
Groß sind des Glaubens geistliche Taten. Inmitten des Feuers, wie auf ruhigem Wasser, frohlockte der heilige Märtyrer Theodoros; denn vom Feuer ganz verzehrt ward er als ein angenehmes (süßes) Brot der Dreieinigkeit dargebracht. Auf seine Fürbitten, erlöse, o Christus Gott, unsere Seelen!