Predigt zum 4. Sonntag nach Pfingsten, über den römischen Hauptmann (Mt 8, 5-13), 06.07.2025
Liebe Brüder und Schwestern,
am heutigen vierten Sonntag nach Pfingsten lesen wir im Matthäusevangelium von der Heilung des Dieners eines römischen Hauptmanns durch Christus.
Was ist das Besondere daran und was bedeutet diese Stelle aus der Bibel für uns?
Die Gegend um Kaperna’um war zu dieser Zeit von den Römern besetzt und durch deren Streitkräfte abgesichert. Ein Befehlshaber der Besatzungstruppen hatte demzufolge eine nicht geringe Macht gegenüber der örtlichen Bevölkerung, hier der Galiläer. Es ist nicht weit hergeholt zu sagen, dass Besatzer nicht immer zimperlich und besonders zuvorkommend mit den ansässigen Menschen umgehen. Um so mehr erstaunt es, dass ein Hauptmann, ein Centurio, der Befehlsgewalt über rund 100 Militärangehörige hatte – heute wäre das sozusagen ein Regimentskommandeur – sich an einen eher ärmlichen Prediger wandte, der dazu noch mit einer Reihe ehemaliger Fischer durch die Gegend zog.
Aber dessen nicht genug. Er bat darum, dass sein Diener, sein Knecht, geheilt werden würde, der bei ihm zuhause krank darniederlag. Man muss wissen, dass auch die Knechte nicht sehr hoch in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung standen. Sie wurden eher als eine Art Gegenstand gesehen und auch entsprechend eingeordnet. Damit waren diese kaum wert, mit besonderer Menschlichkeit behandelt zu werden.
Also, ein Herrscher wendet sich an einen armseligen Prediger, damit sein Knecht geheilt würde – eine sehr ungewöhnliche Konstellation, die uns nur dann auffällt, wenn wir uns die eben besprochenen Kontextinformationen vergegenwärtigen.
Und es kommt noch ungewöhnlicher!
Man würde ja davon ausgehen, dass, wenn der Hauptmann in Christus den Arzt und Heiler von allem Übel sieht, er ihn zu sich ins Haus rufen würde, damit dann der Knecht dort vor Ort direkt geheilt würde.
Aber es kommt anders! Als Jesus zu ihm spricht: „Ich will kommen und ihn heilen.“, antwortet der Hauptmann „Herr, ich bin nicht genug, dass du eingehst unter mein Dach; aber sprich nur durch ein Wort, und mein Diener wird geheilt werden.“
Und er vergleicht diese Herangehensweise mit der militärischen Ordnung „Denn auch ich bin ein Mensch unter Befehlsgewalt und habe Soldaten unter mir; und ich sage zu diesem: Geh, und er geht; und zu einem anderen: Komm, und er kommt; und zu meinem Knecht: Tue dies, und er tut es.“
Ein Begriff ist hier auffällig – das Wort. Und hier beginnen wir uns zu erinnern, das Wort spielte doch schon mal in einer Lesung eine entscheidende Rolle. Richtig – zu Ostern bei der Lesung des Anfangs des Johannesevangeliums: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“
Christus, der Sohn Gottes, wird ja auch als der Logos, das Wort bezeichnet. Mit dem Wort wirkt also Gott selbst – und ihm ist alles möglich.
Der Hauptmann erkannte also dieses, er glaubte es. Dies ließ ihn darauf hoffen, dass Christus quasi eine Fernheilung des Knechtes bewerkstelligen könnte. Ihm war klar, wenn er schon als ein Heerführer mit seinen Worten seine Hundertschaft steuern und führen konnte, um wieviel mehr wird es Gott möglich sein, mit Seinem Wort Dinge zu bewirken.
Der Hauptmann sah sich selbst als unwürdig an, von Gott in seinem Hause besucht zu werden und bat ihn deshalb um das entscheidende, heilende Wort für seinen Diener.
Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Gehe hin, und wie du geglaubt hast, geschehe dir. Und der Diener wurde geheilt in jener Stunde.
Uns stellt sich die Frage, ja – prima, der Centurio traf Christus direkt vor Ort, er traf Gott in Kaperna’um und konnte so seinen Diener retten.
Und wir, was machen wir, die wir nun 2000 Jahre später leben? Wir treffen doch Christus nicht auf der Straße und können ihn direkt ansprechen?
Haben wir wirklich keine Möglichkeit dazu? Natürlich haben wir diese. Das Gespräch mit Gott ist das Gebet. Wir danken ihm, wir bitten ihn, wir kommunizieren mit ihm.
Gott ist ein „lebendiger Gott“, wie wir in der Apostelgeschichte Kapitel 14, Vers 15 lesen – er ist offen für unsere Ansprache, für unser Gebet.
Im Markusevangelium spricht Christus zu uns:
„Darum sage ich euch: Alles, um was ihr auch betet und bittet, glaubt, dass ihr es empfangen habt, und es wird euch werden.“ Mk 11,24
Das ist also der Schlüssel: durch unser Gebet wird Gott das Wort wirken lassen.
Natürlich ist das dann kein Automatismus, dass alles, um was wir meinen, bitten zu können oder zu müssen, dann auch tatsächlich von Gott umgesetzt wird. Er ist ja nicht unser Werkzeug.
Gott weiß natürlich viel besser, was für uns nützlich ist und was eher schaden würde, wenn bestimmte durch uns vorgetragene Wünsche und Gebete erfüllt werden würden. Aus unserer irdischen Perspektive ist das nicht immer erkennbar. Wir wundern uns manchmal, dass, wenn wir um etwas aus unserer Sicht Richtiges und Positives bitten, diese Gebete scheinbar nicht erhört werden. Doch zeigt sich manchmal später – und das können durchaus Jahre oder gar Jahrzehnte sein – in denen wir das dann erkennen, dass das damals nicht erkennbare Wirken Gottes in unserem Sinne war. Ein „Nein“ Gottes sollten wir also akzeptieren.
Wie pflegte meine Oma zu sagen „Wer weiß, für was es gut ist!“
Ähnlich war es auch mit der Äußerung Christi an Seine Jünger gelagert, die wir am Ende der heutigen Lesung hörten:
„Amen, ich sage euch, selbst in Israël habe ich keinen so großen Glauben gefunden. Ich sage euch aber, dass viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische liegen werden im Königtum der Himmel, aber die Söhne des Königtumes werden hinausgeworfen werden in die Finsternis draußen: dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.“
Die Jünger gingen davon aus, dass allein das jüdische Volk errettet werden würde und die Heiden keine Chance hätten, weil sie nicht diesem auserwählten Volk zugehörig waren. Doch Christus belehrt diese eines Besseren mit diesen ihnen vorgetragenen Äußerungen.
Zusammenfassend die Feststellung:
Der lebendige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist erhört unsere Gebete. Wir erkennen nicht immer sofort Seine Antwort – doch wir können sicher sein, dass Diese zu unserem Besten ist. Alle haben die Möglichkeit, in ihrem Gebet und Glauben sich zu Gott zuzuwenden.
Amen.