Predigt zum Herrentag nach Christi Geburt / Synaxis der Allerheiligsten Gottesgebärerin / Gedenktag des Königs David, Josephs, des Bräutigams und des Apostels Jakobus, des ersten Bischofs von Jerusalem (Gal. 1:11-19; Mt. 2:13-23) (08.01.2023)
Liebe Brüder und Schwestern,
der Apostel Paulus erklärt in der heute vorgetragenen Lesung: „Das Evangelium, das ich verkündigt habe, stammt nicht von Menschen. Ich habe es ja nicht von einem Menschen übernommen oder gelernt, sondern durch die Offenbarung Jesu Christi empfangen“ (Gal. 1:11-12). Daraus ergibt sich, dass jede Glaubensverkündigung, von Menschen vorgetragen, nicht von Menschen stammt. Wenn der Priester während der Liturgie predigt, wenn Eltern oder Paten ihre Kinder bzw. Patenkinder im Glauben unterweisen, wenn wir Freunden, Nachbarn und Kollegen von unserem Bekenntnis erzählen, dann verkündigen wir den Glauben an Jesus Christus wie ihn die Kirche bis heute bewahrt und überliefert hat, ohne etwas von unserer Seite hinzuzufügen oder wegzunehmen (s. Offb. 22:18-19). Dieser großen und verantwortungsvollen Aufgabe zufolge sind wir alle berufen, Verkündiger des Evangeliums zu sein. Doch dazu bedarf es zweierlei grundsätzlicher Voraussetzungen:
a) wir müssen selbst an das Evangelium glauben (s. Mk. 1:15) und
b) wir müssen selbst das Evangelium kennen (s. 1 Petr. 3:15).
Wir können ja nicht an etwas glauben, was wir nicht kennen. Erst wenn wir es kennen, können wir es auch getreu dem Glaubensbekenntnis der Kirche verkündigen, d.h. nichts von sich aus verändern. Nur dann stammt auch das Evangelium, das wir verkündigen, nicht von uns Menschen, sondern entspricht der Offenbarung, die wir von Jesus Christus empfangen haben.
Der Glaube der Kirche unterscheidet sich von den übrigen Religionen und Konfessionen gerade dadurch, dass er unbeirrt an der göttlichen Offenbarung festhält. Alle heute bekannten Häresien, Religionen sowie sämtliche Kulte längs untergegangener Zivilisationen und Naturvölker beruhen im Gegensatz dazu auf menschlichem Denken, wie es der jeweiligen Epoche, Kultur und Denkweise entsprochen hat. Alle diese Glaubensformen werden durch den Lauf der Zeit irgendwann obsolet. Wie könnte es auch anders sein, wenn sogar der auf göttlicher Offenbarung beruhende Gesetzesglaube der Juden mit dem Erscheinen des Messias seine Schuldigkeit getan hatte (s. Gal. 3:23). Nur das Evangelium Jesu Christi wird die Zeit überdauern (s. Mt. 24:35). Dieses allein weist zu jeder Zeit den Weg in das Königtum der Himmel.
Doch weshalb feiern wir jedes Jahr am Herrentag nach Christi Geburt das Gedächtnis des Königs und Propheten David, Josephs des Bräutigams und des Apostels und Herrenbruders Jakobus? Die Antwort ergibt sich aus dem vor aller Zeit bereiteten Mysterium der Errettung des Menschen, das Gott nach dem Sündenfall der Menschen vorausschauend andeutete (s. Gen. 3:15) und das der Apostel Paulus in seinem Brief an Timotheus rückwirkend wie folgt formulierte: „Groß ist das Geheimnis des Glaubens: (Gott) wurde offenbart im Fleisch“ (1 Tim. 3:16). Der Logos, das ewige, anfanglose Wort Gottes ist zu uns Menschen vom Himmel auf Erden herabgekommen und ist eins geworden mit uns! Den größten Anteil an der Verwirklichung dieses ewigen göttlichen Heilplans hatte die Gottesmutter, welche von uns am Tag nach der Geburt Christi besonders geehrt wird. Die Mutter des Herrn preisen wir über allen, da Sie im engsten, buchstäblichen Sinne dem Leibe nach mit dem Herrn verbunden ist. Durch Ihr Gebären aus dem unbefleckten jungfräulichen Mutterschoß ist nämlich auch unsere Natur geheiligt worden. Gleich nach Ihr preisen wir das Gedächtnis der Personen, die für die Erscheinung Gottes dem Fleisch nach in der Welt ebenso einen unschätzbaren Beitrag geleistet haben. In den drei heute geehrten Heiligen sehen wir zudem Sinnbilder für das, worin sich jeder geistliche Nachfahre Christi bewähren muss: in der Treue zum Vaterland (David), in der Treue zur Familie (Joseph) sowie in der Treue zur Kirche (Jakobus). Diese drei sind untrennbar miteinander verbunden, denn niemand kann sein Heimatland verraten, seine Familie im Stich lassen, dabei jedoch der Kirche treu bleiben. Unsere drei Heiligen erwiesen ihre Treue: David bildete den verfolgten Heiland prophetisch ab (s. Ps. 3, 139-142), während die beiden anderen Dessen irdisches Schicksal bei der Flucht nach Ägypten teilten. Und für uns ist in diesen Zeiten die Versuchung angesichts der politischen Gemengelage groß, sich dem öffentlichen Druck zu beugen und gegen sein eigenes Vaterland Stellung zu beziehen, sich in hitzigen Debatten im engsten Familienkreis miteinander zu überwerfen und schließlich sogar der teuflischen Versuchung zu verfallen und sich von seiner Mutter, der Kirche, abzuwenden. Wo das geschieht, wird die von den Engeln verkündete Botschaft der Geburt Christi mit den Füßen getreten: „Ehre Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen Seines Wohlgefallens“ (Lk. 2:14). Wenn wir in unseren Herzen nicht den von den Himmeln zu uns herabgekommenen Frieden bewahren und die Mensch gewordene Liebe Gottes durch unsere Lebensweise und unsere Werke schänden, begehen wir Verrat an unserer himmlischen Heimat und an unserer geistlichen Familie – dem Fleisch und Blut Christi (s. 1 Kor. 10:16)! Selbstverständlich will ich damit nicht andeuten, dass man nicht auch seine eigene politische Meinung haben darf bzw. sich nicht zu bestimmten, in der Öffentlichkeit behandelten Themen kritisch äußern darf. Gewiss nicht! Nur darf unser Denken nicht auf Emotionen, auf irdischen Denkmustern oder auf vom Zeitgeist vorgegebenen gesellschaftspolitischen Ideologien fußen, sondern einzig und allein auf dem für uns vermenschlichten Herrn, denn „einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus“ (1 Kor. 3:11). Amen.