Predigt zum Hochfest Marä Verkündigung und zum Sonntag der Kreuzverehrung (Lk 1, 24-38, Mk 8, 34 - 9, 1), 07.04.2024
Liebe Brüder und Schwestern,
wir feiern heute den dritten Sonntag der Großen Fasten, zugleich auch Sonntag der Kreuzverehrung genannt und das Hochfest Mariä Verkündigung, das gleichfalls auf den heutigen Sonntag fällt. Letzteres wird ja immer genau neun Monate vor dem Hochfest Christi Geburt, also Weihnachten, begangen. Weihnachten 7. Januar (entspricht dem 25. Dezember) und heute ist der 7. April, was dem 25. März nach dem julianischen Kalender entspricht.
Das Fest Mariä Verkündigung ist ein sehr zentrales, wichtiges Fest im Jahreskreis. Im Tropar heißt es:
„Heute ist der Anfang unseres Heiles * und die Offenbarung des Mysteriums von Ewigkeit. * Gottes Sohn wird der Sohn der Jungfrau * und Gabriel kündet die Gnade. * So lasst uns mit ihm zur Gottesgebärerin rufen: * Sei gegrüßt, du Begnadete. * Der Herr ist mit dir.“
Wenn wir auf die königliche Tür der Ikonostase schauen, also auf dessen Mitte, dann sehen wir darauf die Darstellung des Ereignisses, bei dem der Erzengel Gabriel der Jungfrau Maria die Nachricht überbringt, dass sie Jesus, den Menschensohn, den Sohn Gottes gebären wird.
Und hier ist auch der Zusammenhang zu dem heutigen Sonntag der Kreuzverehrung zu sehen, denn Maria stellte sich dieser göttlichen Eingebung und nahm das Kreuz an und trug dieses. In diesem ist sie uns ein beispielloses Vorbild. Denn was hieß es für sie das Kreuz aufzunehmen und zu tragen?
Zuerst der Verachtung und der Anschuldigung ausgesetzt zu sein, ein Kind empfangen zu haben, dass nicht von ihrem Verlobten Josef stammte. Das war in der damaligen Gesellschaft ein Grund für schwerste Verurteilung, um nicht zu sagen sogar zur Steinigung.
Dann die Geburt des Kindes in einem Stall, in einer Krippe, als die Familie infolge der Volkszählung in Bethlehem weilte und keine Unterkunft fand.
Weiter dann die Vertreibung infolge der Verfolgung durch Herodes und die Flucht mit dem Baby nach Ägypten und dann wieder zurück, um dann eine Zeitlang in Nazareth zu weilen.
Schließlich die Begleitung der Mission Christi bis zu seiner ungerechten Verurteilung und seinem qualvollen Kreuzestod.
Dies und noch mehr war das Kreuz, das Maria zu tragen hatte und welches sie, ohne zu murren, auf sich nahm und bis zum Ende trug.
Sie ist uns darin ein großes Vorbild.
Wie gehen wir damit um, dass uns Gott in unserem Leben vor Prüfungen stellt? Wir weichen gern Schwierigkeiten aus, murren, lehnen uns gegen Gott in Gedanken und manchmal auch in Taten auf.
Im russischen gibt es eine anschauliche Geschichte von zwei Wanderern, die ihr Kreuz bei sich trugen und dabei sehr unterschiedlich vorgingen:
Zwei Männer gingen auf der Straße. Jeder trug ein Kreuz auf seiner Schulter. Der eine ging schnell, hatte es eilig und überholte den anderen. Aber bald schien es ihm, dass das Kreuz zu schwer war, und er beschloss, es ein wenig zu verkleinern und abzusägen.
Der andere aber ging langsam, und obwohl er unter der Last des Kreuzes müde wurde, nahm er es nicht von seinen Schultern. Plötzlich war der Weg durch einen Abgrund versperrt. Da beschlossen sie, ihre Kreuze als Brücke zu benutzen. Und der Mann, der sein Kreuz trug, ging aufrichtig auf die andere Seite des Abgrunds hinüber. Aber das verkürzte Kreuz des „Betrügers“ war zu klein und stürzte mit ihm in den Abgrund.
Die Wanderung ist der Lebensweg, den wir hier in dieser Welt gehen. Wenn unser Glaube nicht groß genug ist und die Mühen, die wir aufwenden, zu Gott zu kommen, dann wird es uns wie dem ergehen, der dann in die Kluft fiel.
Aber es ist ebenso gefährlich, sich in der Frömmigkeit zu überstürzen, wie es gefährlich ist, sie zu vernachlässigen. Wenn wir das Kreuz des Lebens tragen, müssen wir vor allem beständig bestrebt sein, die Tugenden Christi zu pflegen. Und wenn wir mit einem Eifer, der nicht der Vernunft entspricht, äußere Werke in Angriff nehmen, um in kurzer Zeit große Erfolge zu erzielen, und ohne den Segen des Geistlichen anfangen, Hunderte von Kniefällen zu tun, Tag und Nacht die Psalmen und das Evangelium zu lesen, eine Gebetsregel zu wählen, die in keinem Verhältnis zu unseren Kräften steht, können wir geistig und körperlich großen Schaden nehmen. Gleichzeitig können wir wegen starker Müdigkeit verzagt werden und ganz aufhören zu beten und in die Kirche zu gehen. Und all unsere „Taten“ werden durch ein Murren gegenüber Gott ersetzt: „Warum wollte ich mich bemühen, am Ende bin ich krank geworden! Und warum leben alle normal, und ich habe nur Sorgen?“ Und dann verstärken wir unser Murren: „Herr, warum muss ich denn so ein schweres Kreuz tragen?“
Jeder hat im Leben ein Kreuz zu tragen. Und es gibt keinen Grund zu murren, wenn sich etwas nicht so entwickelt, wie wir es gerne hätten. Je schwerer das Kreuz auf unserem irdischen Weg ist, je tiefer die Dankbarkeit, mit der wir es tragen, desto mehr wird der Herr uns in der Ewigkeit trösten.
Der Apostel Paulus sagt im Galaterbrief:
„Lasst uns aber im Gutestun nicht müde werden! Denn zur bestimmten Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht ermatten.“ (Gal 6,9).
Der Herr wird niemals Prüfungen zulassen, die unsere Kräfte übersteigen. Und wenn wir das Gefühl haben, dass unser Kreuz zu schwer ist, lasst uns daran denken, dass wir „durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes eingehen müssen“ (Apg 14,22).
Bitten wir den barmherzigen Herrn, uns zu helfen, das Kreuz, das er uns anvertraut, um uns in das Himmelreich zu bringen, ohne Murren und mit Dankbarkeit zu tragen.
Bitten wir ihn darum, dass wir ihn niemals verleugnen:
„Denn wer sich meiner und meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wann er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.“
Möge uns die Gottesgebärerin, deren großes Fest wir heute begehen, dabei beistehen und uns dabei ein Vorbild sein, so wie es auch im Kondak des heutigen Festes heißt:
„Dir, der Feldherrin, welche uns verteidigt, widmen wir, deine Diener, erlöst aus schrecklichen Nöten, zum Dank das Siegeslied, Gottesgebärerin. Du hast die Kraft, die niemand kann bekämpfen. So befrei uns aus Gefahren aller Art, auf dass wir dir rufen: Sei gegrüßt, unvermählte Braut.“
Amen.