Predigt zum Vergebungssonntag (Mt 6, 14-21), 02.03.2025
Liebe Brüder und Schwestern,
am heutigen Vergebungssonntag lasen wir ein sehr kurzes, dafür aber sehr prägnantes Evangelium. Der Abschnitt besteht aus wenigen Sätzen, aus drei Teilen, die drei verschiedenen Themen gewidmet sind:
Das erste handelt von der Vergebung, das zweite vom Fasten und das dritte davon, wo der wahre Schatz des Menschen liegen sollte und was er ist.
Die Vergebung ist eine elementare Voraussetzung dafür, dass wir das himmlische Königtum erlangen. An anderer Stelle, ein Kapitel vor der heutigen Lesung, spricht Christus:
„Komm deinem Gegner schnell entgegen, während du mit ihm auf dem Weg bist! Damit nicht etwa der Gegner dich dem Richter überliefert und der Richter dem Diener und du ins Gefängnis geworfen wirst. Wahrlich, ich sage dir: Du wirst nicht von dort herauskommen, bis du auch die letzte Münze bezahlt hast.“
Solange wir hier unser irdisches Leben gestalten, haben wir die Möglichkeit, Dinge zu ändern, zu korrigieren. Dazu gehört auch das Vergeben. Das Vergeben gegenüber unseren Nächsten, aber sogar auch, wie das Zitat zeigt, unseren Feinden. Das ist natürlich eine große Herausforderung. Doch, wenn wir aber diese Chance verpassen, weil uns der Tod ereilt hat, dann ist es zu spät.
Ein Beispiel dazu aus der Technik:
Solange eine Rakete Treibstoff hat, kann sie den Kurs korrigieren. Ist dieser zu Ende, dann fliegt sie einen Kurs weiter, der nicht mehr von ihr bestimmt wird, sondern nur noch den äußeren Gesetzen unterliegt. Den Kurs, den sie zuletzt beim Verlöschen des Triebwerks flog, kann sie nicht mehr ändern, er bestimmt zwingend den Landepunkt.
Genauso ist es bei uns, wenn unsere Lebenskraft verlischt und unser irdisches Leben endet, dann können wir den weiteren Fortgang der Dinge nicht mehr selbst beeinflussen. Landen wir im himmlischen Königtum oder im Hades, hängt dann nicht mehr von uns ab. Umso mehr müssen wir also sehen, dass wir – solange dies möglich ist – auf den richtigen Kurs kommen.
Dazu gehört, dass wir ein reines Herz und ein reines Gewissen haben. Nur mit diesen wird es uns möglich sein, vor Gott zu treten und in seinem Licht nicht zu verbrennen. Diesen Zustand von Herz und Gewissen können wir aber nur dann erlangen, wenn wir mit unserer Umwelt Frieden geschlossen haben. Und um diesen zu erreichen, ist die gegenseitige Vergebung unabdingbar.
Wir feiern heute im Anschluss an die Liturgie die Vesper der Vergebung. Diese ist der Startpunkt der Großen Fastenzeit, dem Fasten ist der zweite Aspekt der heutigen Lesung gewidmet. In ihr werden die folgenden Verse gelesen, die uns auf die beginnende Fastenzeit einstimmen. Sie verdeutlichen, was wir tun sollen, warum wir es tun, wie wir es tun und natürlich auch mit welchem Ziel:
„Durch Enthaltsamkeit lasst uns alle bemüht sein, das Fleisch zu demütigen, indem wir eintreten in die heilige Rennbahn untadeliger Fasten. Und in Gebeten und Tränen lasset uns den Herrn suchen, der uns errettet. Und ganz und gar lasst uns der Bosheit vergessen, rufend: Dir haben wir gesündigt. Errette uns wie einst die Niniviten, Christus, König, und mach uns teilhaft des himmlischen Reiches, Erbarmer.
Verzweifeln muss ich an mir, wenn ich meine Werke bedenke, о Herr, die aller Strafe wert sind. Denn sieh: verachtet habe ich deine heiligen Gebote, о Heiland. In Ausschweifung habe ich mein Leben vertan. Darum flehe ich dich an: in Strömen der Reue mache mich rein, durch Fasten und Flehen, der du allein erbarmend bist, mache mich licht. Und verachte mich nicht, du aller gnädiger Herr, Überguter.
Die Zeit der Fasten lasset uns freudig beginnen. Geistigem Wettkampf wollen wir uns weihen. Die Seele entsühnen, läutern das Fleisch. Fasten lasst uns, wie der Speisen, so auch der Leidenschaft uns enthalten, uns mit den Tugenden des Geistes zieren. Wenn wir in ihnen in Liebe beharren, dann mögen wir alle gewürdigt werden, Christi, Gottes allheiliges Leiden und das heilige Pascha zu schauen, frohlockend im Geist.“
Nun sollten wir die Fastenzeit so verbringen, dass sie uns einerseits Nutzen bringt, aber andererseits wir nicht uns selbst und anderen Schaden zufügen. Dazu ist es wichtig, das richtige Maß zu halten, das richtige Maß für sich zu erkennen.
Heilige haben zu ihrer Lebenszeit diesen Rat ihren geistlichen Kindern gegeben. Zum Beispiel schrieb der heilige Anatolij von Optina folgendes in einem seiner Briefe:
„Gottes Frieden und Segen sei mit Ihnen! Ich beglückwünsche Sie zur Fastenzeit und wünsche Ihnen, dass Sie diese freudige Zeit, wie wir in der 2. Fastenwoche singen werden, in Freude und Trost verbringen. Zwingen Sie sich nicht, in Ihrer Schwäche in die Kirche zu gehen, Gott wird die Schwachen nicht belasten. Und wenn Sie das Jesusgebet während des Gottesdienstes zu Hause halten, wird es Ihnen besser gehen. Fasten, Verbeugungen und Mühen sind dazu da, das Fleisch zu zähmen, aber sie sind schädlich für den Schwachen, denn sie machen ihn nutzlos und unbrauchbar für alles. Der heilige Basilius der Große lehrt, dass wir nicht Körpertöter, sondern Leidenschaftstöter sein sollen, und das wird eher durch Demut und das Bewusstsein unserer Schwäche gefördert.“
Es gibt im Russischen auch ein Sprichwort dazu, was es pointiert auf den Punkt bringt:
„Was nützt Dir das Entsagen von fleischlichen Speisen, wenn Du anstelle dessen Deinen Nächsten auffrisst!“
Also, die Enthaltsamkeit soll uns helfen, unser geistliches Leben zu vervollkommnen und ist kein Selbstzweck. Es hilft dabei das Gespräch mit dem geistlichen Vater, dem Beichtvater, das richtige Maß zu finden. Er kann entsprechende Hinweise dazu unter der Berücksichtigung der individuellen Situation des Einzelnen, der Einzelnen geben. Ein Mönch fastet anderes, als ein kranker oder jemand der schwer körperlich arbeitet.
Der dritte Aspekt der heutigen Lesung handelte davon, wo der wahre Schatz des Menschen liegen sollte und was er ist. Nämlich, dass wir unsere Schätze nicht auf der Erde, sondern für den Himmel sammeln sollten. Dies ist dann auch der Kompass unseres Handelns. Diesem Ziel ist letztendlich all das ebengesagte untergeordnet, all dieses dient dazu, es zu erreichen.
Wie wir also konkret handeln sollen, empfiehlt uns der Apostel Paulus in der heutigen Apostellesung aus dem Brief an die Römer Kap.14:
„Lasst uns nun die Werke der Finsternis ablegen und die Waffen des Lichts anziehen! Lasst uns anständig wandeln wie am Tag; nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht in Unzucht und Ausschweifungen, nicht in Streit und Eifersucht; sondern zieht den Herrn Jesus Christus an, und treibt nicht Vorsorge für das Fleisch, dass Begierden wach werden!“
In diesem Sinne wünsche ich allen eine gesegnete Große Fastenzeit und bitte ich euch um Vergebung, mit den Worten, wie sie in der heutigen Vergebungsvesper gesprochen werden:
„Segnet mich, heilige Väter, Brüder und Schwestern, und verzeiht mir, sündigem, was ich an diesem Tag und an allen Tagen meines Lebens gesündigt habe, in Wort, Werk, Gedanken und mit allen meinen Sinnen.“
Amen.