Predigt am 20. Sonntag nach Pfingsten über die Heilung des Besessenen (Lk 8, 26-39), 10.11.2024
Liebe Brüder und Schwestern,
die heutige Lesung handelt von einer Episode im Leben Christi, die sich im Gebiet der Gadarener abspielt, dieses Gebiet liegt im Osten des Sees von Galiläa.
Zwei Teile bestimmen den Inhalt der Lesung:
Im ersten Teil wird der von vielen Dämonen Besessene durch Christus geheilt. Die Menschen in dem Gebiet nannten ihn Legion, was eine große Anzahl bedeutet, hier sich auf die große Menge an Dämonen, die in diesen Menschen gefahren waren, bezieht.
Wie konnte dieser Mensch so besessen sein? Warum ist dies möglich gewesen? Die Antwort ist, weil bis zur Ankunft Christi auf Erden der Widersacher quasi freie Hand hatte und jede sich ihm bietende Möglichkeit nutzen konnte, seinen Schaden anzurichten.
Wenn in der Seele des Menschen eine geistliche Leere herrscht, dann ist es ein leichtes, diese Leere mit etwas anderem sozusagen aufzufüllen. Dies geschah anscheinend bei diesem Menschen und sollte ein deutlicher Hinweis darauf sein, so eine geistliche Leere, so eine Abwesenheit von Gott bei uns, nicht zuzulassen.
Doch Christus als der Herrscher über alles gebot den Dämonen auszufahren.
Doch was geschah dann? Die Dämonen fuhren – mit Erlaubnis Christi, die sie vorher von Ihm einholten – in die Herde Schweine, die am Hochufer des Sees weidete, und welche sich dann allesamt in den See stürzten, in dem sie umkamen.
Damit kommen wir zum zweiten Teil, zur Reaktion der Einwohner dieses Gebietes auf diese Geschehnisse.
Diese hätten sich eigentlich darüber freuen können, dass der Besessene, der sie regelmäßig bedrohte und damit in Ketten gelegt worden war, nun keine Gefahr mehr darstellt und sogar vollständig geheilt wurde. Ein Mensch wurde von etwas geheilt, was eigentlich unmöglich schien – wenn das nicht ein Grund gewesen wäre, sich darüber zu freuen!
Die Aufmerksamkeit der Hirten und der anderen Bewohner dieser Gegend richtete sich dagegen auf die Herde Schweine, die verloren ging und für die Gadarener nun einen großen materiellen Verlust einbrachte.
Die Hüter hatten dieses alles in der Stadt kundgetan, die Austreibung der Dämonen und den Verlust der Herde. Und nun geschieht das eigentlich unfassbare, die Gadarener bitten Jesus, von ihnen wegzugehen.
Was ging in ihnen vor?
Sie wollten in ihrem Lebenswandel nicht gestört werden. Sie sündigten sie bewusst entgegen der alttestamentarischen Regeln, indem sie Schweine hüteten, die dann für den Verzehr nutzten, was dort verboten war.
Gott beseitigte mit der Schweineherde die Ursache ihrer Sünde, doch die Bewohner waren zu sehr dieser verhaftet, als das sie erkannt hätten, dass sie nun auf den Weg der Errettung hätten gelangen könnten, indem sie sich der Sünde entsagt und mit einem tugendhaften Leben begonnen hätten.
Wenn wir dieses Vorgehen betrachten, so kommen wir leider nicht umhin, als festzustellen, dass auch heute diese Handlungsweise leider noch aktuell ist. Schauen wir uns um. Wenn wir erleben, was sich in unserer Gesellschaft abspielt, dann bleibt manchmal nur der Schluss, dass Besessenheit im Spiel ist. Es werden dem menschlichen Tun keinerlei Grenzen mehr gesetzt, egal in welche Richtung dieses geht.
Der Apostel Paulus warnt in seinem Brief an die Korinther: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles ist nützlich. Alles ist mir erlaubt, aber ich will mich von nichts beherrschen lassen.“ (1Kor 6,12)
Die Gebote Gottes – die Grenzen aufzeigen – oder gar die Seligpreisungen der Bergpredigt – die uns aufzeigen, wie wir leben und wonach wir streben sollten – haben für eine große Anzahl der Menschen keinerlei Bedeutung mehr und werden manchmal unbewusst, oftmals aber sogar bewusst umgangen. Und wenn dann sogar unverhofft Wunder geschehen und wahrgenommen werden, dann werden diese als Zufall abgetan oder es wird einfach bewusst ignoriert und totgeschwiegen.
Nun, jeder Mensch hat natürlich die Freiheit, zu denken oder zu handeln, wie er es für richtig hält. Es ist natürlich sehr bedauerlich, wenn er sich klar und bewusst Gott entgegenstellt und lediglich sein eigenes, egoistisches, in erster Linie materielles Wohlergehen im Sinne hat. Doch Christus überzeugte damals nicht mit Gewalt die Gadarener, sondern er entsprach ihrem Wunsch sie zu verlassen und zog weiter. Nur der ehemals Besessene blieb in der Stadt und verkündete weiter, was ihm Gutes geschah, sozusagen als „einsamer Rufer in der Wüste“.
Und so ist es auch heutzutage: Wir können andere nicht ändern oder können das zumindest nur eingeschränkt. Was wir aber können, ist, dass wir nicht das gleiche Handlungsmuster wie das bei den Gadarenern zeigen.
Dass wir nicht „moderne Schweine hüten“, also bewusst sündigen, bewusst gegen Gott arbeiten.
Dass wir nicht Gott hinwegweisen, wenn er bei uns anklopft.
Dass wir ihn preisen, wenn uns Gutes geschieht, aber auch dann, wenn uns etwas geschieht, was wir im derzeitigen Moment für uns als schlecht erachten.
Beten wir zu Gott, dass er uns von unseren Sünden, Leidenschaften, Besessenheiten befreit – so wie es im heutigen Evangelium Legion geschah.
Und dass wir, wie dieser, Gott verkündigen in der Hoffnung, dass wir damit Gehör finden.
Amen.