Predigt zur Geburt Johannes des Täufers (Lk 1,1-25;57-68,76,80), 07.07.2024
Liebe Brüder und Schwestern,
am heutigen Sonntag, dem zweiten Sonntag nach Pfingsten begehen wir in unserer Kirche, in unserer Diözese das Fest „Allerheiligen des russischen Landes“. Nachdem also zu Pfingsten der Erleuchtung der Jünger gedacht wird und am ersten Sonntag Allerheiligen gefeiert wird, rückt das Heiligengedächtnis sozusagen näher an uns heran.
Doch auf den heutigen Tag fällt auch ein weiteres Fest, welches als ein sogenanntes großes Fest – also eine Kategorie unterhalb der Hochfeste – im Kirchenkalender steht. Es handelt sich um das Fest der Geburt von Johannes dem Täufer. Die Datierung des Festes auf den 7. Juli bzw. den 24. Juni nach alter Zeitrechnung ist nicht zufällig, ist es doch genau sechs Monate vor Weihnachten, vor Geburt Christi. Wir wissen aus der Geschichte, dass Johannes sechs Monate älter als Jesus Christus war. Die Bedeutung des Heiligen wird zum Beispiel auch darin unterstrichen, dass sich in den griechischen Gemeinden die Ikone von Johannes dem Täufer an der Ikonostase in der Regel direkt rechts neben der von Christi angebracht ist.
Was ist nun das Besondere an Johannes dem Täufer?
Es ist eine sehr aufregende und ungewöhnliche Lebensgeschichte, dieses Heiligen, über die uns in den Evangelien berichtet wird.
Nun, es beginnt ‑ wie wir es heute in der Lesung erfuhren ‑ mit den Umständen seiner Geburt. Zacharias und Elisabeth waren schon im vorgerückten Lebensalter und fast verzweifelt darüber, dass sie keinen Nachwuchs bekamen, der den Stammbaum weitergeführt hätte. Das war zur damaligen Zeit eine große Schande und wurde vom Volk als Strafe Gottes für dieses Ehepaar angesehen, weil dann für alle offensichtlich war, dass aus dieser Familie nicht der Messias stammen würde, den alle erwarteten. Und dann die Wendung: der Erzengel Gabriel verkündet Zacharias das bevorstehende Ereignis, die Geburt des ersehnten Stammhalters. Aufgrund des Zweifelns wurde Zacharias, der ja sogar ein Priester war, mit Stummheit geschlagen. Erst als dann später es um die Namensfindung ging und sich alle Verwandten wunderten, dass Elisabeth und Zacharias etwas unübliches taten, nämlich einen der Familie völlig fremden Vornamen ‑ Johannes ‑ wählten, konnte Zacharias wieder sprechen, seine Zunge wurde wieder gelöst.
Es ist anzumerken, dass Elisabeth und Zacharias nicht die ersten Heiligen waren, die solch eine späte Nachkommenschaft bekamen. Denken wir an das Alte Testament, an Abraham und Sarah und viele andere.
Zacharias selbst sagte dann die weitere Bestimmung Johannes‘ voraus, so lasen wir heute:
„Und Zacharias, sein Vater, ward mit ‹dem› Heiligen Geiste erfüllt und weissagte: Gesegnet der Herr, der Gott Israëls; denn er hat sein Volk heimgesucht und ‹ihm› Erlösung geschaffen. Und du, Kindlein, wirst „Prophet des Höchsten“ genannt werden; denn du wirst vor dem Angesicht des Herrn einhergehen, seine Wege zu bereiten.“
Johannes ging dann einen beschwerlichen, einen asketischen Weg. Er zog in die Wüste, ernährte sich von Heuschrecken und Honig und begann sein prophetisches Wirken. Er taufte das Volk mit Wasser und rief es zur Umkehr, zur Buße auf.
Wir können sagen, dass die Taufe des Johannes, ihrem äußeren Charakter nach, eine Form der rituellen Waschung war. Diese Taufe (Waschung) besiegelte die Reue der Sünder (sie wurde von der Beichte der Sünden begleitet). Sie hatte jedoch keine sakramentale, mysterische Bedeutung, sondern diente dazu, die Kinder Israels auf das Kommen des verheißenen Messias vorzubereiten, aber nicht als Mittel zur vollkommenen Reinigung eines Menschen vom Schmutz der Sünde, wie es Sakrament der Taufe ist, welches im Schoß der Kirche vollzogen wird.
Viele scharten sich um ihn und eine große Anzahl von Jüngern bildete sich heraus. Unter ihnen befand sich auch Jesus. Johannes erkannte, als Jesus sich von ihm taufen lassen wollte, dass dieser der wahre Gott, der Messias sei. Johannes taufte Ihn und stellte klar, dass Jesus eigentlich derjenige sei, welcher der wahre Lehrer und Erretter ist, und dass Johannes nur die Rolle des Wegbereiters inne hat.
Johannes stellt damit die Verbindung zwischen dem Alten und dem Neuen Testament her. Er ist damit der letzte Prophet des Alten Testamentes und gleichzeitig ein großer Heiliger des neuen Testamentes. Seine Bedeutung sehen wir unter anderem darin, dass ihm, wie auch Christus und der Gottesgebärerin mehrere große Feste gewidmet sind. Hier sind es die Geburt, die Enthauptung und die Wiedererlangung seiner Reliquien.
Johannes genoss großes Ansehen im Volk und auch bei den Herrschenden. Selbst Herodes als der Herrscher dieser Region, der König von Judäa, hatte vor ihm Respekt, bis zu dem Zeitpunkt, als er auf Wirken Herodias Johannes enthaupten ließ.
Was bedeuten Johannes der Täufer und sein Wirken nun für uns?
Am Beispiel seiner Eltern sehen wir, dass Gottvertrauen auch in aussichtslosen Situationen hilft, das alte Paar bekam einen schon nicht mehr erwarteten Nachkommen.
Johannes selbst ist uns darin ein Beispiel dafür, wie er ein bequemes irdisches Leben zugunsten Gott verließ und Askese auf sich nahm, nur um Gott näher zu kommen.
Johannes erkannte seine eigene Begrenztheit gegenüber Gott, indem er sich nicht größer machte als der Täufer Jesu, sondern sich lediglich als dessen Wegbereiter sah. Und er erwies sich als treuer Diener Christi. In der schweren Zeit seiner Einkerkerung wankte sein Glaube anscheinend kurz, als aber die Jünger Christi ihm von den Wundern berichteten, die sie sehen und erleben durften, wurde sein Glaube umso stärker.
Johannes trat aufrichtig für ein tugendhaftes Leben ein, was dann durch Herodes und dessen ungesetzliche Verbindung mit der Frau seines Halbbruders zu seiner ungerechten Enthauptung auf Anweisung Herodes führte. Johannes scheute es nicht und wich unter keinen Umständen von seinem aufrechten Zeugnis ab.
Wie viele Heilige, deren Gedächtnis wir heute begehen, ist er uns in vielem ein Vorbild darin, wie wir unser irdisches Leben gestalten sollten, unseren Glauben, unsere Treue zu Christi halten und erkennen, dass wir als Geschöpfe Gottes nicht über Ihm stehen, sondern erst in den Schwächen und Limitierungen, die wir haben, durch Seine Hilfe und Seinen Beistand stark sind.
Amen.