Aus der Geschichte unserer Diözese - Das Kloster in Obermenzing bei München
Obermenzing ist ein Vorort von München. Ein Mönch erzählte mir, wie hier das Kloster der Bruderschaft des Hl. Hiob von Po¡caev entstand.
Es war ein sonniger frostiger Tag anfangs Dezember 1945. Ein malerisches Tälchen, umgeben von den waldigen Ausläufern der Alpen. Der Schnee glitzert in winzigen Kristallen so sehr, daß die Augen schmerzen. Der Himmel ist tiefblau, ab und zu schwimmen weiße flaumige Schäfchenwölkchen über ihn. Mit Vater NN gehen wir den Feldweg entlang des Bahnkörpers. Ich fuhr 30 km weit her, um mit ihm endgültig über unser weiteres Schicksal zu reden. Ich lese ihm einen Brief Vater Hiobs vor: “Archimandrit Serafim mit den Brüdern in der Schweiz reist nach Amerika aus, wo Erzbischof Vitalij wieder das Kloster mit Druckerei aufbaute. Ich wurde zum Vorsteher des rein monastischen Zweiges unseres Klosters ernannt. Mit Gottes Hilfe hoffe ich es nun aufzubauen, was unter den derzeitigen Umständen nicht einfach ist. Nun fahre ich für einen Monat in speziellen Geschäften in die Schweiz und bis zum 1. Januar 1946 werde ich zurück in München sein. Vielleicht steht es Ihnen jetzt ganz nach Herzen, sich dem Dienst der Kirche zu widmen, und so wird es Ihnen bei uns gefallen. Kommen Sie nach München, zum Synod, dort wird man Sie beherbergen.”
Ich erzähle Vater NN, wie ich 1930 mit den Mönchen vom Kloster Vladimirova in den Karpaten Bekanntschaft schloß; sechs Jahre lang fuhr ich im Sommer in der Ferienzeit dorthin und stand bis zum letzten Augenblick vor der Evakuierung mit ihnen in Schriftwechsel. Dann verlor ich sie aus den Augen und erst jetzt richtete Gott es ein, daß ich einen Brief vom Igumen bekam. Er war auf der Durchreise bei Bekannten und sah auf dem Schreibtisch einen Brief, dessen Handschrift er als die meine erkannte; man informierte ihn, daß ich noch am Leben sei, und gab ihm meine Adresse. Gerade zu einer Zeit, als ich intensiv meine Freunde suchte, und schon daran verzweifelte, sie zu finden, sandte mir der Herr diesen Trost! Vor der Abreise aus Österreich erhielt ich noch zwei Briefe: von Vladyka Serafim (damals noch Archimandrit) und von Igumen Nikon.
Ersterer schrieb: “Sie müssen sich geistig sammeln, und das ist am leichtesten im Kloster. Deshalb bitte ich Sie sehr, sich nach München zu begeben, wo sich allmählich aus ganz Deutschland russische Menschen sammeln, die das Mönchsleben suchen. Dort werden Sie natürlich keine ideale, aber immerhin eine monastische Umgebung finden, Menschen die Sie lieben und geistliche Arbeit, welche Ihrem Leben einen Sinn gibt. Was tun? Noch sind die Prüfungen des russischen Volkes nicht zu Ende! Offensichtlich ist es dem Herrn genehm, daß unsere irdische Vaterlandsliebe endgültig in himmlische verwandelt werde. Dann kann zu dem Himmlischen Königreich noch das irdische hinzukommen.
Neulich fanden wir Trost in der Anwesenheit der Wundertätigen Ikone der Mutter Gottes. Und vor diesem Wundertätigen Bild gedachte ich Ihrer im Gebet. Überhaupt habe ich mich seitdem beruhigt und fühle nun die Gewißheit, daß die Mutter Gottes Selber alles fügt, wie es notwendig ist. Gut und tröstlich ist es, zu fühlen und zu wissen, daß wir Kinder Gottes sind, daß die Himmlische Königin uns liebt und Ihren Schutzmantel über uns hält. Sie Selber war als Mensch mit Mängeln behaftet wie wir, als Mutter kennt sie unsere Armseligkeit, Schwäche und Sündhaftigkeit, und sie liebt uns kleine Schwärzlinge. Wie schrecklich und tröstend zugleich ist es, solch eine Mutter zu haben. Uns ist gegeben und aufgegeben, in Gott zu leben. Was für ein großes Glück dies ist!”
Vater Nikon schrieb einen langen Brief. Beide diese Briefe stimmten ihren Grundgedanken und ihrem Tenor nach mit unseren Herzensneigungen überein – wir, die wir zum zweiten Mal die Hoffnung auf die Wiederherstellung unserer Heimat verloren haben. Viele von uns verloren auch das Kostbarste in diesem so kurzen Menschenleben: Familie und Verwandte. Daher schrieb Vater Nikon: “Weshalb sendet der barmherzige und uns liebende Herr solche Heimsuchungen? Die Wege des Herrn sind unergründlich. Wir können Seine verborgenen Wege nicht mit unserem irdischen Verstand erforschen. Die Wege des Herrn und der verborgene Sinn alles dessen, was uns gegen unseren Willen geschieht, erfahren wir erst beim Weltgericht, und erst dann, wenn wir der Erlösung würdig sind, werden wir ausrufen: ‘Hosanna, gepriesen sei Gott!’. Die Zukunft kennen wir nicht, nicht einmal die Engel Gottes kennen sie. Vertraut nicht eurem wehmütigen Herzen, bedenkt stets, daß Euch teure Menschen in die ewigen Gefilde gingen, in eine andere, unserem geistigen Verständnis unzugängliche Welt. Dort gibt es keine physische, sondern nur noch spirituelle Verwandtschaft. Um mit der geheimen geistlichen Welt in Verbindung zu treten, muß man drei wesentliche Bedingungen erfüllen: 1) An den Herrn Jesus Christus glauben, 2) in der Kirche leben, d.h. sein Leben nach den Geboten der Kirche ausrichten, 3) die Menschen lieben. Dann wird uns in diesem zeitlichen Leben der Hauch der höheren Welt berühren. Das irdische Leben vergeht in einem Augenblick, wir alle müssen einmal sterben, und erst dann wird sich unserem Geist das volle Verständnis der Welt öffnen. Wenn sich das Herz besonders wehmütig fühlt, dann erinnert euch an die Worte des Herrn: Wer Vater oder Mutter oder Brüder oder Schwestern oder sein Haus mehr als Mich liebt, der ist Meiner nicht würdig. In unserer irdischen Liebe, in unseren irdischen Sorgen ist immer ein Beigeschmack von Eigenliebe, und oft bemittleide ich mich selber, wenn ich über irgend etwas traurig bin, während es mir doch anstünde, mich selbst zu besiegen und mich eher darum zu grämen, wie Christus in mir verwirklicht werde”. Diese Briefe taten uns Weltlichen neue Wege auf und wiesen uns das Ziel des Lebens – spirituelle Vervollkommnung. Sie entsprachen genau unserer Stimmung und erklären am besten, warum wir, solch unterschiedliche Charaktere, in unserer Zeit zusammen in einem Gemeinschaftskloster leben können. Diese Briefe waren so etwas wie eine Unterweisung für den ins Monasterium Eintretenden, damit er Selbstgefälligkeit und Leichtfertigkeit keinen Raum gewähre, sondern begehre, sich in Mühe und Geduld bis zum Lebensende zu üben. So waren wir zu fünft in München zusammengekommen, verschieden dem Vermögen, dem Alter und der Bildung nach. Wir fanden Unterschlupf in zwei Kellerräumen einer großen Villa, die vom Synod bewohnt wurde. Wir legten aber nicht die Hände in den Schoß, wo wir konnten halfen wir im Haushalt, in der Kirche, beim Einkaufen und allen übrigen vielfältigen Arbeiten. Der Winter war kalt, manch einer wurde krank. Gute Leute halfen der kleinen Bruderschaft, besonders sorgte in jener Zeit Gräfin V.M. , die Mutter unseres Benjamins Aljescha, für uns.
Am 29. Dezember n. St. traf aus der Schweiz Archimandrit Hiob ein (damals noch Igumen). Lange sprach er einzeln mit den Brüdern, und dann wandte er sich an alle fünf zusammen, wies ihnen das Ziel des Mönchtums, insbesondere hinsichtlich der Bruderschaft des Hl. Hiob und zelebrierte einen Bittgottesdienst. Am folgenden Tag abends fand zum ersten Mal ein Gemeinschaftsgebet statt. Und diesen Tag betrachten wir als den Gründungstag unserer Bruderschaft. Es war noch nicht endgültig entschieden, wo wir wohnen würden: in München oder in einer anderen Stadt. Es gab viele Motive, nach Hamburg zu ziehen, denn dort wohnte eine Menge russischer Emigranten. “Die Wege des Herrn sind unergründlich. Seine verborgenen Wege können wir mit unserem irdischen Verstand nicht ergründen.” Er führte unsere junge Bruderschaft auf wunderbare Weise durch eine ganze Reihe von Hindernissen. Als es uns schien, daß es nun nicht mehr weitergehe, daß unsere weiteren Anstrengungen müßig sind, sandte uns der Herr unerwartet Leute oder Umstände zur Hilfe, die grundlegend alles zu unseren Gunsten änderten. Und dieses Sein Erbarmen zeigte sich nicht nur einmal, sondern so oft, daß es uns zuweilen sonderlich zumute wurde: Warum, Herr, erweist Du uns verdammten Sündern Deine Barmherzigkeit?
Ungeachtet der Unterschiedlichkeit unserer Charaktere und unserer Lebenserfahrungen waren wir alle von einem Streben beseelt: das Kloster aufzubauen und spirituell zu wachsen. Hierzu waren alle auf verschiedenen Wegen gekommen – die einen durch physisches Leiden, andere durch moralischen Kummer, aber das Verlangen war bei allen heiß, und der Herr belohnte es über unsere Verdienste hinaus.
Die Zeit verging, unsere kleine Bruderschaft lebte sich ein, so wie im Fluß die Steinchen sich aneinander abreiben und rund werden; wir lernten einander kennen. In den täglichen Abend- und Morgengebeten sammelten wir geistige Kraft; wir besuchten alle Gottesdienste in der Synodalkirche, wir fungierten als Altardiener und halfen in der Kirche Ordnung zu halten. Ostern 1946 kam heran. In der sechsten Woche kam aus der Schweiz unser Ersthierarch, Metropolit Anastasij, zusammen mit unserem Igumen. Sie brachten die Wundertätige Ikone von Kursk mit, vor welcher die Bruderschaft bei sich im Zimmer ein Moleben zelebrierte. Am Großen und Heiligen Donnerstag kleidete der Igumen den ersten Novizen ein. Zu diesem Anlaß schrieb Vladyka Serafim zwei Briefe:
“Christus ist auferstanden! Ich grüße euch in Liebe zum Fest der Bekräftigung des Ewigen Lebens, der allgemeinen Auferstehung, dem Unterpfand unserer einstigen Begegnung mit unseren Lieben und Nahen. Ja, wahrhaft groß ist das Werk unseres Erlösers! Er weitete die Grenzen unseres Lebens! Unsere schmetterlingshafte Existenz verwandelte Er in ewiges Dasein. Aus nichts machte er uns zu allem. Unsere Liebe, unsere irdischen Anhänglichkeiten ließ Er uns in die Ewigkeit übertragen. Wie sehr sind wir doch dem Herrn Dank schuldig! Wie sollten wir uns freuen, daß wir Gottes Kinder sind! Nur müssen wir diesen süßen Namen hüten, wir müssen im vollen Sinne des Wortes hingebungsvolle, gehorsame, treue und liebende Kinder Gottes sein. Aus eigener Kraft – wie könnten wir das erreichen! Aber durch die Mutter Kirche ist es leichter und einfach. Klammere dich an ihren Rockschoß und schreite kühn durchs Leben! In dieser Perspektive der Ewigkeit verblassen unsere vorübergehenden Kümmernisse und Sorgen. Da schreibe ich euch solches – dabei verstehe ich selber und werde ruhig ... Gott ist mächtiger als alle. Er ist unsere Zuflucht und Stärke! Wenn Gott für uns ist, wer ist wider uns! In seinen Väterlichen Schoß legen wir mit kindlicher Zuversicht unsere Häupter. Schaffe mit uns, was du willst, unser Vater und Gebieter, Allgütiger! Dir gebührt aller Ruhm, alle Ehre und Anbetung in Ewigkeit. Amen!”
Und der zweite Brief: “Wahrhaft Christus ist auferstanden! Lieber Bruder im Herrn, Dimitrij! Ich gratuliere Dir zum Novizenkleid und zur ersten Stufe auf dem monastischen Pfad... Uns Erdenbürgern ist es am einfachsten, das Paradies über den monastischen Fußsteig zu erlangen. Möge Dir dabei der Auferstandene Christus helfen! Grüße und Segenswünsche an alle Brüder des Klosters. Frohlockt im Auferstandenen Herrn!”
Diese Briefe wurden laut vor der Bruderschaft verlesen. Obwohl die Einkleidung in das Podrjasnik den Novizen noch nicht zu dem weiteren monastischen Leben verpflichtet, denn er legt keine Gelübde ab, verlangt dieses Kleid dennoch von ihm, daß er sowohl seine innere als auch seine äußere Lebensform ändere. Die folgende Stufe ist die Einkleidung in das Rjasofor, wenn – wie es in der Bruderschaft des Hl. Hiob üblich ist – der Mönch einen neuen Namen bekommt; erst danach bekommt er das kleine Schema, legt die monastischen Gelübde ab und wird in die Mantija eingekleidet.
Viele Leute besuchten uns in unseren Kellerräumen – manche kamen einfach nur, um sich bei uns umzuschauen, andere mit der Absicht, unserer Bruderschaft beizutreten. Sie kamen und sie gingen – unser bescheidenes Leben behagte kaum einem. Es kam sogar so etwas vor: Die erste Frage, die ein Besucher stellte, war, welche Lebensmittelkarten wir hätten? Und als er erfuhr, daß wir die bescheidenen deutschen haben und nicht die reichen Rationen der UNRA, machte er sofort kehrt und ging weg. So gab es Besucher aller Art, und verschiedene Ratschläge bekamen wir zu hören, wie wir unser Kloster aufbauen sollten. Als frohe Erinnerung aus dieser Zeit bleibt der Bruderschaft der Besuch unseres Ersthierarchen; er unterhielt sich liebevoll mit den Brüdern, stellte Fragen über ihr Leben in der Welt und tröstete jeden einzelnen in seinem Kummer. Der Vorsteher der Synodalkirche, Archimandrit Averkij, war unser häufiger Gast; zuweilen saßen wir mit ihm zusammen und diskutierten schwierige theologische Fragen; er hielt auch eine Reihe von Vorträgen über den täglichen Gottesdienstzyklus.
Ende April wurde in den Räumen des Synods das Bischofskonzil der Russischen Auslandskirche einberufen; daran beteiligte sich auch die Bruderschaft, sie assistierte bei den Gottesdiensten, im Speisesaal und im Haushalt. Zu dem Konzil kam aus Genf der unlängst geweihte Bischof Serafim, der Vorsteher der gesamten Bruderschaft des Ehrw. Hiob von Po¡caev; er segnete die Initiatoren der jungen Bruderschaft, der er zwei Aufgaben stellte: 1) Metropolit Anastasij, dem Ersthierarchen, zur Verfügung zu stehen und in jeder Weise dem Synod zu dienen, und 2) unter den neuen Emigranten Leute auszuwählen, die gewillt sind, die wegen der Verfolgungen gelichteten Reihen des Mönchstums aufzufüllen.
Das Konzil dauerte drei Tage bis zum 27. April. Es waren 15 Bischöfe anwesend. Die meisten Brüder hatten noch nie so eine zahlreiche Versammlung von Hierarchen gesehen, was einen unauslöschlichen Eindruck in ihrem Gemüt hinterließ. Die Bruderschaft, die sich so im eigentlichen Zentrum der kirchlichen Verwaltung befand, um welche sich das ganze gesellschaftliche Leben der russischen Emigration konzentrierte und fortwährend mit hoch gebildeten geistlichen Personen in Berührung kam, erhielt so einen Einblick in die vielseitige Aktivität zeitgenössischer Priester, und allmählich wurden ihr die Aufgaben des heutigen Mönchtums klar, die dem beschaulichen Leben der Mönche vorrevolutionärer Zeiten so wenig ähnlich waren. Im Leben der Bruderschaft spielte das Konzil eine entscheidende Rolle – auf ihm wurde nämlich beschlossen, ein Männerkloster für 20-30 Personen zu gründen, daß unmittelbar dem Synod unterstehen sollte, d.h. es ist stavropegion; sofort sollte begonnen werden, Räumlichkeiten zu diesem Zweck zu suchen, nicht unbedingt genau in München.
Die Stadt hatte schwer durch die Bombardierungen gelitten, annährend bis zu 40% der Wohnungen waren vollkommen zertrümmert und ebenso viele waren beschädigt. Alles, was noch heil war, war entsetzlich überfüllt. Vor dem Krieg betrug die Einwohnerzahl der Stadt 824.000, zu Kriegszeiten fiel sie auf eine halbe Million, und jetzt beträgt sie etwa 760.000 wegen des Zustroms von Flüchtlingen aus der sowjetisch besetzten Zone – Leute, die nicht in ihre Heimat zurückkehren wollen. Viele Häuser und ganze Stadtviertel werden gänzlich von der Besatzungsmacht eingenommen. Wenn es 1945 noch vergleichsweise leicht war, irgendein Haus oder eine wenig beschädigte Villa zu finden und sie wohngerecht herzurichten, so wurde dies 1946 fast unmöglich.
Es wurde beschlossen, ein, wenn auch etwas ruiniertes Gebäude zu suchen, sich dort niederzulassen und zu versuchen es bis zum Winter einigermaßen bewohnbar zu machen. Wenn das nicht gelingen sollte, dann würde man irgendwo eine Holzbaracke kaufen oder auftreiben, in der Umgebung der Stadt ein Grundstück kaufen und sich dort niederlassen. Wünschenswert wäre es, eine gute Verbindung zum Synod mit der Straßenbahn oder Eisennbahn zu haben, doch die Suche nach einer Unterkunft sollte nicht durch zusätzliche Bedingungen erschwert werden. Viele unserer Freunde und Wohltäter erklärten uns kategorisch, daß wir nichts Passendes finden würden, daß man diese völlig hoffnungslose Sache nicht einmal in Angriff nehmen brauche, aber wir machten uns dennoch im Vertrauen auf den Willen Gottes auf die Suche. Zuerst schauten wir uns alle zerstörten Häuser in der Nähe des Synods an. Es fanden sich einige nicht völlig zerstörte, aber ihre Reparatur wäre mit eigenen Mitteln unerschwinglich gewesen, man hätte sich an Baufirmen wenden müssen, die wie Pilze nach dem Regen bei Ende der Kriegsgeschehnisse aus dem Boden geschossen waren. Diese Firmen bekommen meistens nur mit großer Mühe Material und nur auf besondere Genehmigung in jedem einzelnen Fall, dazu sind die Lieberfristen oft derartig lang, daß der Bau sich viele Monate hinzieht. Das Baumaterial selber ist zumeist sogenanntes Ersatzmaterial, das an Stelle von richtigem Material verwendet wird. Alles zur Reparatur oder zum Neubau Notwendige erscheint bald und verschwindet bald auf dem Markt, in Abhängigkeit von der Einfuhr und Ausfuhr nach den Reparationszahlungen. Besonders schwierig war es, Bauteile für Wasserleitung, Beleuchtung und Heizung zu bekommen, hier hatte man ausschließlich altes Material aus zerstörten Häusern zu verwenden.
So fanden wir in der Nähe ein dreistöckiges Haus: Ein Bombe war in den Hof gefallen und hatte eine Ecke des obersten Stockwerks und das halbe Dach weggerissen, die Wasserleitung war kaputt, es gab keine Heizung und kein Licht, das Haus hatte drei Etagen, acht Zimmer, aber der Garten war voller Dreck, der Zaun zerbrochen, es gab keinen einzigen Fensterrahmen und keine Türen – alles war auseinandergebrochen. Im Park, am Ufer des Flusses Isar, fanden wir eine Reihe von kleineren Villen – eine ehemalige Beamtensiedlung, Häuschen wie Zellen aneinandergereiht – einige davon waren zerstört, aber die Eigentümer wollten ihre durch harte Arbeit für den Ruhestand erworbenen Behausungen nicht abtreten, ja nicht einmal vermieten. Es gab noch andere Häuser, aber man hatte sie entweder gerade vor uns gemietet, oder sie waren vorläufig beschlagnahmt.
Unsere Suche ging noch in eine andere Richtung – wir schrieben an unsere Freunde in verschiedenen Lagern, mit der Bitte, Holzbaracken für uns zu kaufen oder zur vorübergehenden Nutzung zu mieten. In der Stadt waren alle Baracken entweder von Flüchtlingen oder von Arbeitern verschiedener Unternehmen besetzt. Aber auch hier gab es viele Schwierigkeiten – neue Baracken wurden von den Kriegsmächten requiriert, und die alten Baracken waren entweder schon besetzt oder in solch schlechtem Zustand, daß man sie nicht transportfähig waren. Mit diesen Nachforschungen, Verhandlungen und Schreiben verstrich die Zeit bis Mitte Mai. Es schien, als ob alles gegen uns wäre, nirgends gelang es uns, etwas Passendes zu finden. Sogar unsere Freunde, die sich speziell mit der Beschaffung von Wohnungen und Unterkünften beschäftigten, schüttelten den Kopf und sagten, daß wir nur durch ein Wunder ein unseren Bedürfnissen entsprechendes Haus finden könnten. Es schien, daß wir München aus unserem Programm streichen und unsere Suche in die nächst gelegenen Städe ausdehnen müssen, wir dachten sogar nach Süd-Westen in Richtung Berge. Gerade in diesem Moment erwies der Herr auf wunderbare Weise unserem Kloster seine Barmherzigkeit. So erwähnte einmal im Gespräch Vater Georg Graf Grabbe auf unser Wehklagen hin: “Wir haben einen guten Bekannten in Pasing, fahrt zu ihm, vielleicht kann er helfen; dort gibt es keine Kirche in der Nähe, wenn ihr irgend etwas Passendes findet, dann bekommt ihr auch gleich eine Gemeinde dazu”.
Am folgendes Tag fahre ich zu. N.E., der sagt: “Ich habe eine deutsche Bekannte, sie ist ein sehr interessanter Mensch und kennt die Stammbäume aller Fürstenhäuser Europas auswendig, besonders interessiert sie sich für das Haus Romanov, sie weiß genau wer von den Mitgliedern dieses Hauses wo und wann mit welcher Prinzessin die Ehe schloß und viewiele Kinder sie hatten. Sie sagte mir, daß es hier irgendeine leere Schule gebe oder etwas von der Art; man muß sie danach fragen, nur war sie schon lange nicht mehr bei uns, vielleicht ist sie krank oder weggefahren?”
Kaum hatte er dies gesagt, da geht die Tür auf und hereintritt eben diese deutsche Dame, wohlauf und gesund! Wir unterhielten uns, sie zeigte sich im höchsten Grade russophil, war sogar ein wenig mit russischer Literatur vertraut und hatte Bekannte aus der alten Emigration; ihr Mann war Maler, ein Spezialist für Restaurierung und Fresken alter katholischer Kirchen, deren es um München eine Unmenge gibt. Sie versprach, herauszufinden, wo es noch unbewohnte passende Häuser gibt. Zwei Tage später erhalten wir ein Telegramm von N.E.: “Schickt Aljescha, um das Projekt anzuschauen!”. Aljescha war gerade außer Haus, aber man muß das Eisen schmieden, solange es heiß ist. So fuhr ich nach Pasing. Unser Wohltäter N.E. gibt mir auf Angabe seiner deutschen Bekannten die Adresse und zeigt mir, wie ich zu dem ehemaligen Haus der Hitlerjugend in Obermenzing gehen muß, er fügt hinzu, daß das Haus in sehr schlechtem Zustand sei, und wenn es unpassend ist, dann gebe es noch eine Adresse von einer Villa.
So mache ich mich auf den Weg nach Obermenzing, was noch etwa einen Kilometer nach Norden liegt. Ein Sträßchen, die Keltenstraße, zweigt links von der Hauptstraße ab. An ihrem Ende steht eine von einem Garten umgebene Villa, in der ein katholischer Pater wohnt, und weiter gibt es ein großes Feld, inmitten dessen ein einstöckiges, niedriges, hellgelb gestrichenes Haus mit einer großen Aufgangstreppe steht. Das ist das ehemalige Haus der Hitlerjugend. Hinter ihm in der Tiefe, zwei kleine Cottages und eine Holzbaracke, und noch ein bißchen weiter ein Schloß, ganz wie im Bilderbuch zu Märchen von Hauff oder den Brüdern Grimm – das ist die Blutenburg, ein katholisches Nonnenkloster. In der Holzbaracke ist der katholische Jugendverein untergebracht, und an der Nordseite schließlich wird das Feld von einer großen neuen katholischen Kirche begrenzt.
Ich gehe durch das von Unkraut überwucherte Feld; der Boden ist steinig, ich komme zu dem Haus – die Fenster sind alle herausgebrochen, die Türen stehen offen, auf den Eingangsstufen liegen zerbrochene Flaschen, Müllhaufen, Konservendosen aus Blech – ein Anblick völliger Verwüstung. Zwei weite Eichentüren führen, eine in ein kleines Zimmer, offenbar die Diele und die andere in einen größeren saalartigen Raum. Die Scheiben in den Türrahmen sind ausgebrochen, die Rahmen alle zerbrochen. In dem Raum packt einen die Feuchtigkeit, von allen Seiten zieht es – die Fensterscheiben sind zerschlagen. Massive Säulen stützen die Bögen, welche den Saal in zwei ungleiche Teile teilen, am Ende des Saales ist noch ein kleines Zimmerchen abgetrennt, anscheinend wohnte dort der Jugendleiter, und von dort aus gab er seine Anweisungen durch ein Lautsprechernetz, von dem in allen Zimmern nur noch Nischen in den Wänden übrig sind; aus dem Saal führen Treppen, eine auf den Speicher, die andere in den Keller, und daneben der Eingang in den langen Korridor. Man läuft wie über einen Teppich, soviel Dreck liegt da, und man weiß nicht, ob darunter Parkett ist oder Steinplatten. Drei große Zimmer, eine ganze Fensterreihe nach Süden, aber nirgends auch nur eine einzige Fensterscheibe, dazu an sechs Fenstern die Rahmen ausgebrochen!
Durch den Korridor fliegt irgendein Vögelchen, es will ins Zimmer, aber fürchtet mich. Ich schaue – in der Lautsprechernische ist sein Nest, und darin liegen drei Eierchen! Schnellstens entferne ich mich, um das liebe Vögelein nicht zu stören. Es sitzt auf dem Fenster und mit seinen großen schwarzen Augen folgt es aufmerksam jeder meiner Bewegungen; es piepst, so winzig wie es ist, mit seinem scharfen Schnabel, langem Schwanz und roten Federn. In dem großen leeren Haus sind wir nur wir zwei, ganz alleine... Es gab einmal eine Dampfheizung, der Kessel ist noch vorhanden, aber die Rohre sind zerbrochen, elektrische Leitungen befinden sich noch unter der Stukkatur, aber es gibt keine Spur von Lampen und Armaturen, alles wurde abmontiert.
Im Kellergeschoß befinden sich drei kleinere Zimmer mit Säulen, ein großes Bassin mit Duschen, zwei Unterkeller – überall Dreck, einen viertel Meter hoch – Abfälle, Mist, Scherben, Papierfetzen; die Luft ist schwer trotz der fehlenden Scheiben. Vier Leute schaffen in drei Tagen nicht, dort auch nur aufzuräumen. Es gibt nicht nur keinen Herd, sondern es zeigte sich, daß Küche und Speisesaal in der Holzbaracke waren, die nun von der katholischen Jugend besetzt ist. Das ist kein großes Übel, eine Küche werden wir schon einrichten. Auf dem Dach ist nur hie und da ein Ziegel beschädigt, Beleuchtung und Heizung sind in einem Zustand, daß man sie reparieren kann; Rahmen und Türen kann man auch restaurieren; Grund und Boden gibt es genug um das Haus, ein ganzes Feld, was bleibt uns noch zu wünschen übrig? Etwas weit von der Straßenbahn und Eisenbahn entfernt ist es, aber das ist vielleicht gar besser so – die Stille ist dem Kloster zuträglich. Nein, etwas Besseres könnten wir nicht finden! Am nächsten Tag besichtigte Vater Nikodim mit Aljescha die auf so erstaunliche Weise gefundene Unterkunft und stimmte ihr zu. Man muß sie jedoch schnellstens in Besitz nehmen: Wie viele Institutionen suchen irgendwo unterzukommen, und solch ein geeignetes Haus wurde ganz übersehen! Einfach nicht zu glauben, nur durch ein göttliches Wunder kann man solches erklären!
Am 20. Mai inspizierte die Requisitionskommission das Haus in unserer Gegenwart, und sie bestimmte es zu unserer Nutzung. Durch diesen Akt erhielten wir das Recht, in das Haus einzuziehen. Sofort wurde Archimandrit Hiob, der sich damals in der Schweiz befand, benachrichtigt, und man ersuchte den Segen des Hochgeweihten Metropoliten Anastasij für die Übersiedlung. Wir waren nun schon sieben Brüder. Drei Tage später zogen fünf in die neue Unterkunft, zwei blieben noch beim Synod. Das erste, was anstand, war, wenigstens ein wenig die Zimmer zu säubern. Mit Hilfe von Schaufeln und Tragen, und dann Besen, Putzlumpen und Wasser, fegten, kratzten und wischten wir drei Tage lang die Böden sauber. Als aller Müll und Dreck auf den Hof hinausgeschafft war, ergab dies zwei riesige Haufen, die man mit drei Wagen abfahren mußte.
Die letzten Bewohner des Hauses machten ihr Lagerfeuerchen direkt auf dem Parkett in den Zimmern und verwendeten als Brennholz die kostbaren Eichenverkleidungen der Wände; zu solch einem hohen Grad von “Kultur” gingen wir nicht, wir mußten uns mit dem Aufbau einer Feldküche im Hof begnügen. Unser Bruder Koch improvisierte geschickt einen Herd mit zwei Platten, brachte ein Ofenrohr an, und dieser Herd funktionierte prima, fast zwei Monate lang. Wenn es regnete, ging das Kochen etwas schwieriger, aber es wurde nicht eingestellt.
Wir nahmen auch den Garten in Angriff, aber da mußte man sich die Hände schwielig schuften. Unter der Anleitung von Vater Gelasij machten sich zwei Brüder, sobald es Tag wurde zum großen Staunen der in der Nachbarschaft wohnenden Deutschen an die Arbeit. Gegraben werden konnte nur mit Hacke und Spaten. Als erstes wurden Tomaten gepflanzt. Viele kamen, um den Brüdern zuzuschauen; anfangs scheu, aber dann immer zutraulicher; sie brachten uns etwas zum Trost, einer Setzlinge, einer Brot, einer Lebensmittelkarten – und sie staunten über die russische Arbeitsliebe: Die hiesigen Bauern hielten sich sogar sommers an den Acht- oder Zehnstundentag. In dem Saal wurde ein Gebetsraum eingerichtet. Wir stellten unsere Ikonen auf, einen Tisch; Kerzen gab es keine, so behalf man sich mit Öllämpchen, das Öl dafür wurde uns gespendet, und vom ersten Tag an wurden gemeinsame Morgen- und Abendgebete gehalten. Ein Moleben wurde zelebriert, alles mit Weihwasser beträufelt.
Es gab allerhand Arbeit: Wasserleitung und Heizung mußten repariert werden, elektrische Leitungen waren zu legen, man mußte Holz zum Heizen und Kohle beschaffen, Bretter zum Bau der Ikonostasis, ein Teil der Fensterrahmen mußte bestellt werden, irgendwie mußten Fensterscheiben oder Ersatz aufgetrieben werden, weil das Wetter noch sehr kühl war – ständig regnete es, und auch nicht in einem Fenster Scheiben zu haben, war der Gesundheit abträglich. Das Haus, das fast ein Jahr lang unbewohnt und den ganzen Winter ohne Fensterscheiben dastand, war ziemlich feucht geworden, besonders das Kellergeschoß.
Mit der Einrichtung der Küche war etwas Eile geboten – wir erwarteten nämlich die Ankunft neuer Brüder, und unsere “Feldküche” wurde zu klein. Diese Frage war sehr ernst – unser Haus hatte nämlich nur einen großen Kamin von der Dampfheizung am Ende des Hauses, wo ein kleinerer hölzener Schuppen angebaut ist, so daß sich der einzige als Küche geeignete Raum in der Kelleretage neben den Heizkesseln befand; sonst wäre es ohne größeres Umbauen unmöglich gewesen, in einem anderen Zimmer eine Küche zu installieren. In den Keller führte nur eine Trppe aus der zukünftigen Kirche, was sehr unbequem war. So beschlossen wir, eine neue Treppe aus dem Korridor in den Keller zu bauen. Dazu mußte man eine 80 cm starke Eisenbeton-Decke durchschlagen. Die Brüder schafften dies in einer Woche, so daß wir mit eigenen Kräften eine bequeme Treppe bauen konnten.
Weiterhin wurde beschlossen, die Reparatur der Heizung einer russischen Baufirma zu übertragen, die Rahmen und Holzarbeiten einer anderen. Die erste Firma war sorgfältig, aber bei der Reparatur stieß man auf eine Reihe von Hindernissen: Es zeigte sich, daß der Kessel völlig falsch installiert war, nämlich zu hoch, und beim Bau waren einige technische Fehler unterlaufen, die man jetzt berichtigen mußte; außerdem war ein Teil der Rohre zerbrochen, man mußte sie durch neue ersetzen und die alten zusammenschweißen. All diese Arbeiten wurden erst im November, gerade vor dem Frost fertig. Die zweite Firma sandte uns erst zu Beginn des Winters die Fensterrahmen, die wir nun selber einsetzen mußten, und verglast wurden die Fenster unter Frost.
Gleich nach unserem Einzug erstatteten wir der Polizei Meldung, und nach einigen Tagen besuchte uns der Polizeiinspektor, um zu schauen, wie wir uns in dem ruinierten, unbewohnbaren Haus eingerichtet hatten. Während wir mit dem Inspektor redeten, tauchten zwei Soldaten, Neger, auf. Weshalb sie kamen, blieb uns unerklärlich. Soviel der Inspektor, der offensichlich nicht besonders gut Englisch konnte, verstand, erzählten die Neger, daß sie etwa ein Jahr zuvor in diesem Hause gewohnt hätten, daß es ihnen dort sehr gut gefallen hätte und sie wieder da einziehen möchten! Aber dieser Inspektor entgegnete ihnen: “Nein, Freunde, hier wohnen schon Mönche und ihr könnt nun deren Quartier nicht mehr beziehen, geht und sucht euch ein anderes!” Die Neger begriffen wohl, daß der Inspektor uns freundlich gesonnen war, zeigten ihre weißen Zähne, rollten die Augen und zogen sich ordnungsgemäß zurück.
Besucher kamen täglich, unerwartet und mit verschiedenen Anliegen. Eines morgens erschien ein junger Deutscher, gut gekleidet, hielt uns irgend einen Ausweis mit einem Paßfoto (Deutsche pflegen immer ihre Legitimation vorzuweisen) unter die Nase und stellte sich als Leiter der sozialistischen Jugend vor. Auf meine Frage, womit wir ihm dienen können, antwortete er, daß er sich aus humanen Gründen an uns wende und um uns nicht in unnötige Ausgaben zu stürzen, rate er uns, die Unterkunft zu räumen, da sie für die sozialistische Jugend bestimmt sei. Wir dankten ihm für solche Fürsorge und baten ihn, seine Worte durch irgendein Dokument zu bestätigen. Ein solches besaß der junge Mann nicht, und so entfernte er sich mit den Worten, diese Sache werde noch geklärt werden. Am nächsten Tag kam auf dem Fahrrad ein etwas älterer Herr angeradelt und ohne unsere Frage zu erwarten, fuhr er uns in barschem Ton an: “Was tut ihr hier? Und wer seid ihr überhaupt?” – “Wir sind bescheidene Mönche, – antworteten wir ihm, – mit Erlaubnis der Besatzungsmacht und der Stadtverwaltung Münchens erhielten wir dieses Haus zur vorübergehenden Benutzung”. Darauf erklärte er uns in recht ärgerlichem Tone, daß das nicht sein könne, daß er ein Schreiben der Stadtverwaltung hätte, demzufolge der örtliche Jugendleiter der rechtmäßige Besitzer der Hauses sei. Nach Prüfung des von ihm vorgewiesenen Schreibens zeigte sich, daß er nur eine Anforderung von Baumaterial einer Abteilung der Stadtverwaltung in Händen hält. Die Bewohner des Hauses setzten eine wichtige Miene auf und zogen ihr Dokument mit den amerikanischen und deutschen Unterschriften aus der Tasche. Der brave Deutsche geriet in Verwirrung, begann sich zu entschuldigen, es handle sich um ein Mißverständnis und “beschämt ging er von dannen”. Das war aber noch nicht das Ende der Geschichte. Zwei Tage später kam der Sekretär des Schulamtes der Stadtverwaltung München. Seine ersten Worte waren, daß er niemand aus dem Hause vertreiben wolle, sondern daß er nur zur Regulierung der Sache gekommen sei, weil die Requisitionskommission nicht gewußt hätte, daß das Wohnungsamt das Haus bereits dem Schulamt übergeben hätte! Er sei ja nur gesandt, um zu überprüfen, in welchem Zustand das Gebäude sich befinde.
Seine Erklärungen waren ziemlich verworren, und erst in der Folge erfuhren wir, daß man in der Stadtverwaltung dieses Gebäude völlig vergessen hatte, man erinnerte sich seiner erst, als die Mönche sich bereits dort niedergelassen hatten; da wollte das Schulamt das Haus für seine Zwecke wegnehmen, aber der Vorstand der Stadtverwaltung entschied die Angelegenheit zu Gunsten des Klosters, um so mehr, als das Gebäude auf einem fremdem Grundstück, welches der Verwaltung des ehemaligen königlichen Schloßbesitzes gehört, von der Stadt gebaut worden war.
Fortsetzung folgt
Bote 1995-6
Aus der Geschichte unserer Diözese
Das Kloster in Obermenzing bei München
II.Teil Es kamen amerikanische Offiziere, um das Kloster zu besichtigen, sie interessierten sich sehr dafür, wer wir seien und was für eine Religion und Nationalität wir hätten. Mit einem der Amerikaner kam ein russisches Fräulein, aber sie konnte nicht mehr richtig ihre Muttersprache sprechen und stand der Kirche völlig fern, sie sagte, sie sei in der Kindheit getauft worden, hätte aber die Elten verloren und sei als Waisenkind zurückgeblieben.
Eines schönen Morgens kamen zwei Geistliche, begleitet von einer Dame zu uns, sie stellten sich als unierte Priester vor, einer mit Ehefrau. Wir kamen ins Gespräch und sie erzählten, sie seien Flüchtlinge aus Wien. Die unierte “Matuschka” erklärte uns auf unsere Absicht, daß wir hier einen Altar und eine Kirche einrichten wollten, ganz kategorisch, daß uns das nie gelingen würde! Acht Monate später kamen sie wieder – in der Kirche waren sowohl die erhöhte Altarstufe als auch die Ikonostasis fertig ...
Von den ersten Tagen unserer Anwesenheit in Obermenzing an pflegte uns ein sehr nettes älteres deutsches Ehepaar zu besuchen. Er weilte früher des öfteren in St. Petersburg, wo sein Bruder mit Familie wohnte. Sie stammte aus einer bekannten österreichischen Adelsfamilie. Von ihnen erhielt das Kloster einige kostbare Geschenke: zwei alte Kupferstiche, bestickte Deckchen für das Analogion, eine vernickelte Heizvorrichtung u.a. Sie wohnten zusammen mit ihren erwachsenen Kindern in einer Villa unweit des Klosters: Sohn und Tochter, beide verheiratet, die während des Krieges durch Bombenangriffe schwer geschädigt worden waren, so daß sich nun alle in einer Villa drängten. Noch viel wertvoller als die Geschenke waren die Ratschläge und Hinweise, etwa für unseren Gemüsegarten, ebenso wie in anderen wichtigen Fragen – wie man am besten mit den Behörden umgeht, wo man am besten was einkauft. In der Nachkriegszeit, als es so schwer war, selbst auf Lebensmittelkarten oder auf die von verschiedenen Behörden ausgestellten Erlaubnisscheine einzukaufen, konnte man so gute Ratschläge nur von Verwandten oder sehr nahestehenden Personen bekommen, von Freunden sozusagen: Im allgemeinen waren die Menschen egoistisch und standen fremder Not völlig teilnahmslos gegenüber.
In dieser Zeit erwies sich die Freundschaft des jungen M. (20), der bald sein Ingenieurdiplom machte, eines Spezialisten für landwirtschaftliche Rationalisierung, als besonders kostbar. Vor Weihnachen war das Oberhaupt seiner Familie auf tragische Weise ums Leben gekommen: Der Vater überquerte einen Platz, und gerade in diesem Augenblick schoß ein Lastwagen unter dem Triumphbogen hervor, dessen Fahrer, ein Neger, nicht auswich; mit voller Wucht warf das Fahrzeug den Mann mit seinem Kotflügel auf das Trottoir, und er war sofort tot. Die Trauer der Familie war unbeschreiblich, und dieser Schmerz brachte uns dem jungen Münchner noch näher. M. half uns in allem, angefangen von der Aufstellung des Herdes bis zum Einkauf von Bäumen, Setzlingen und Sonstigem für den Garten. Als Landwirt und Gartenbesitzer kennt er hervorragend die lokalen Umstände und weiß, welche Pflanzen am besten hier gedeihen.
War es nicht ein Wunder des Herrn, daß Er uns im notwendigem Augenblick solch einen Menschen sandte, welcher inmitten einer, wenn uns nicht gerade feindlich, so doch auf jeden Fall äußerst zurückhaltend gesinnten Bevölkerung wie ein leiblicher Bruder für das Kloster alles tut, was in seinen Kräften und Möglichkeiten steht. Man kann, ohne zu übertreiben sagen, daß die Bruderschaft in jenem Winter dank M. keinen Hunger litt, es warm hatte und schließlich das Gebäude mit einem großen Grundstück auf Langzeitpacht erhielt.
Bereits im vergangenen Sommer gelang es, einen kleineren Herd mit drei Kochplatten zu bekommen, der sich aber schon im Herbst als zu klein erwies. Er wurde vorübergehend auf einem Holzgestell montiert. Den ganzen Sommer über hielten wir Ausschau nach einem etwas größeren Herd, aber nirgends konnten wir etwas Passendes finden. Einmal brachte der deutsche Monteur, den wir für die Reparatur der Heizung engagiert hatten, eine Zeitung mit einer Anzeige mit, daß ein Zugereister einen großen Gasthausherd für einen kleinen Familienherd eintauschen möchte. Wir schrieben an die genannte Adresse eine Postkarte und binnen einer Woche hatten wir bereits einen Herd, dazu noch hergestellt in einer Fabrik ganz in der Nähe unseres Klosters. Mit M. fuhren wir zu dieser Fabrik und von dort sandten sie uns einen Monteur zur Installierung des Herdes, sie brachten auch die Ofenrohre und die Abzugsrohre an, welche wir sonst nirgends hätten bekommen können; ebendort kauften wir auch mit Erlaubnis der Behörde für Heizungswesen praktische kleine Öfen ein, wovon wir einen in den Altarraum stellten; im Winter zur Frostzeit leistete er uns gute Deinste. Eine Reihe von günstigen Zufällen – würde der Weltling sagen –, aber wir danken dem Herrn für Seine Milde.
Als wir einzogen, fanden wir in dem ganzen Haus nur zwei breite Bänke von der Kleiderablage der Dusche. Diese Bänke dienten lange Zeit als Bettstellen für zwei Brüder – die übrigen schliefen schlicht auf dem Boden. Die erste Sorge bestand darin, Möbel und Geschirr zu bekommen. Hölzerne Betten gab man uns durch Vermittlung von Bekannten aus der amerikanischen Verwaltung; Tische, Stühle und Hocker konnten wir auf Erlaubnisschein kaufen, aber Schränke hatten wir immer noch nicht, man bekam sie nirgends, weder auf Empfehlung noch um Geld. Wir beschlossen, sie mit eigenen Kräften herzustellen, aber dafür reichte das Holz nicht aus.
Das wichtigste Moment im Leben des jungen Klosters war die Einrichtung der Kirche. Aus dem Synod wurden auf einer Holztafel aufgezogene Ikonen gebracht, welche die Bruderschaft vom ersten Tage des Gemeinschaftsgebetes an bei sich hatte, sowie ein Analogion, das damals Vater Gelasij angefertigt hatte. Man legte die Ikonen darauf und betete vor ihnen. Zu dieser Zeit war es sehr schwer, Holzmaterial zu finden – im Juli suchten wir überall danach, um den Altar und die Ikonostasis, welche wir noch nicht besaßen, anzufertigen, aber unsere Bemühungen waren vergebens. Als letzte Chance beschlossen wir, uns nochmal an einen uns bekannten Deutschen zu wenden, der sich mit dem Vorwand, er hätte die versprochene Quote aus dem Sägewerk nicht bekommen, noch vor einigen Tagen geweigert hatte, uns Bretter zu verkaufen. Unser Vorsteher begab sich also mit dem stellvertretenden Abt zu den Holzwerk. Sie kommen zu der Straße, wo sich das Holzlager befindet und sehen, wie gerade ein großer voll mit Brettern beladener LKW anfährt. Der Vorsteher meint: “Falls dieser Lastwagen wirklich zu unserem Bekannten fährt, dann muß er uns das Holz verkaufen – da ist ja ein ganzer Wagen voller Bretter!”
Der stellvertretende Abt hatte jedoch Zweifel, ob das Holz wohl gerade dorthin fährt, wo wir es brauchen ... Sie biegen um die Ecke, und siehe da, der Wagen steht direkt vor dem Lager und wird entladen. Der Eingentümer kommt uns lächelnd entgegen und sagt: “Sie haben Glück! Ich bekam zwei Wagenladungen Ware, und Sie können damit zufrieden sein”. Die Bruderschaft stellte dann unter Gebeten aus dem uns so zugefallenen Holz einen Altar, einen Opfertisch und eine provisorische Ikonostasis her und meinte dazu: Dies ist nicht einfach ein “glücklicher Zufall”, sondern Göttliche Vorsehung. Wir zelebrierten ein Moleben mit Wasserweihe, gingen durch alle Räume und besprengten sie mit heiligem Wasser. Die Nachwache an jenem Abend zog sich lange hin, die Brüder legten sich um drei Uhr nachts nach einem arbeitsreichen Tag schlafen und standen um 6 Uhr morgens bereits wieder auf. Es war das Fest der Apostel Petrus und Paulus, und an diesem Tag wurde in dem Kloster die erste Liturgie gefeiert.
Zum Fest des Hl. Großmärtyrers und Arztes Panteleimon zelebrierte der Hochgeweihte Bischof Serafim, der am Tag zuvor überraschend aus der Schweiz angereist kam, die Liturgie. Er kleidete einen Novizen als Rjasofor Mönch ein und gab ihm den Namen Panteleimon. Vladyka wurde von unserem Klostervorsteher, Archimandrit Hiob, begleitet. Die Fahrten von Archimandrit Hiob in die Schweiz halfen der jungen Bruderschaft auf die Beine zu kommen. Wie viele Gegenstände, hauptsächlich Bücher hat er aus dem Ausland mitgebracht! Aus dem Verkauf dieser Bücher lebt die Bruderschaft bis auf den heutigen Tag. In der ersten Zeit wurde nämlich aus der Schweiz das Unerläßlichste gebracht, all das, was in Deutschland völlig unmöglich zu bekommen war: schwarzer Stoff für die Priesterröcke, Werkzeug für die Schuster-, Tischler- und Schlosser-Werkstätten, elektrotechnisches Zubehör, Nahrungsmittel, Küchengeschirr usw. Ein Teil dieser Gegenstände wurde von orthodoxen Gemeinden der Schweiz gespendet, ein Teil wurde auf Mittel der ursprünglichen Bruderschaft, die dann nach Amerika übersiedelte, gekauft, sowie aus den anläßlich der Vorträge, die Archimandrit Hiob in vielen schweizerischen Städten hielt, durchgeführten Sammlungen.
Das Dach über der Kirche war höher als über dem übrigen Haus, vom Boden bis zum Dachfirst etwa 15 m. Wir beschlossen, eine nicht allzu große Zwiebelkuppel über der Eingangstür anzubringen. Es wurde berechnet, daß die Kuppel ohne Kreuz zwei Meter hoch sein würde, und bis zur Spize des Kreuzes nochmals eineinhalb Meter messen würde. Das Holzgerüst machten die Brüder selber, aber sie hatten kein Material, um die Kuppel zu verkleiden, so mußten wir uns an einen deutschen Handwerksmeister wenden, der die Kuppel sehr säuberlich mit verzinktem Blech bedeckte. Am 27. August, dem Vorabend des Festes der Überführung der Reliquien des Ehrw. Hiob von Po¡caev, wollten wir unbedingt noch Kreuz und Kuppel aufrichten und waren in Eile. Es war keine Zeit mehr, ein Moleben zu zelebrieren, die Leute versammelten sich bereits in der Kirche, man mußte die Ve¡cernja beginnen, – so wurden Kreuz und Kuppel nur mit Weihwasser besprengt und man begann, sie in die Höhe zu heben: Sie wurde bis zum Dach hinaufgezogen, wo sie plötzlich hängenblieb, die Seile rissen und sie fiel aus fünf Metern Höhe herab. Wir meinten schon, sie sei nun völlig zerbrochen, es zeigte sich aber nur eine Seite leicht eingedrückt. Der deutsche Handwerker reparierte sie auf der Stelle, und nachdem wir gebetet hatten, gelang es diesmal, die Kuppel glücklich an ihrem Platz aufzurichten. Dank sei Dir, Herr!
Am 28. August 1946 wurde in der Klosterkirche zum ersten Mal die Liturgie von S.E. dem Hochgeweihten Metropolit Anastasij zelebriert, wobei die von Priestermönch Kyprian, dem Ikonenmaler der ursprünglichen Bruderschaft, gemalten und aus der Schweiz herbeigebrachten Ikonen geweiht und auf der Ikonostasis befestigt wurden. Von dem örtlichen katholischen Priester wurde die Glocke spendiert. Ein Deutscher brachte einen großen Nelkenstrauß. Das Kirchengerät, so wie Weihrauchschwenker, Fahnen, zwei Kerzenständer, ein Teil der Ikonen, Panichida Tischchen, Analogia u.ä. wurden von dem Kriegsgefangenenlager Plattling gespendet, wo sie aus Gelegenheitsmaterial, wie Konservendosen, Aluminium von zerborstenen Flugzeugen u.ä. meisterhaft angefertigt wurden. Die Mehrzahl dieser Russen (2400) wurden in der Folge den Sowjets ausgeliefert.
Die Kirche ist dem Ehrw. Hiob, dem Igumen und Wundertäter von Po¡caev geweiht, und das Patronatsfest findet am 28. August (a.St.) statt. Von der ursprünglichen Bruderschaft (die nach Amerika ausgewandert war) wurden dem Kloster die Reliquien des Großmärtyrers und Arztes Panteleimon, die sich in Vladimirova in den Karpaten befanden, übergeben.
Die zweite Liturgie feierte der Ersthierarch am 23. Dezember, einem Sonntag. Zu diesem Tag wurde die endgültige Ikonostasis aufgestellt, die der Metropolit vor der Liturgie weihte. Es wurde eine Altarstufe für den Altarraum gebaut, so daß der ganze Altar mit dem Chor um 17 cm erhöht wurde.
Die dritte Liturgie vollzog der Ersthierarch am dritten Tag des Heiligen Pascha, am 2. April 1947; anläßlich dieses Tages wurden drei Kivote (Ikonenrahmen) in der Kirche aufgestellt: für den Hl. Hiob, den Hl. Nikolaus den Wundertäter und den Hl. Feodosij von @Cernigov (letzterer auf Wunsch eines uns nahestehenden Gemeindegliedes), weiterhin wurden die Gewölbebögen mit Ornamenten verziert. Der Hochgeweihte Metropolit Serafim von Berlin zelebrierte die Liturgie in der Woche der Myronträgerinnen (27.4). Im vergangenen Jahr hatten in der Kirche zwei Mönche, Nifont und Gelasij, das kleine Schema bekommen, während der Mönch Panteleimon zum Priestermönch geweiht wurde.
Jeden Tag wird die Göttliche Liturgie zelebriert sowie der ganze Zyklus der täglichen Gottesdienste. An Samstagen und Sonntagen besuchen bis zu 50 Gemeindeglieder die Kirche, die in der Nähe des Klosters wohnen, aber oft kommen auch einzelne Personen und ganze Gruppen aus München. Viele kommen auch zur Vorbereitung auf die heilige Kommunion, Geistliche wie auch Laien, sie wohnen dann einige Tage im Kloster. Der Vorsteher des Klosters ist Archimandrit Hiob; im Kloster wohnen 32 Brüder, darunter sind zwei Priestermönche und zwei Priester, die auf Zeit im Kloster weilen. Es gibt viele, die gerne ins Kloster eintreten würden, aber durch die räumlich begrenzten Unterkunftsmöglichkeiten ist die Bruderschaft auf etwa 30 Personen beschränkt.
Der Winter war überaus streng und lange, aber mit Gottes Hilfe überstand ihn die Bruderschaft. Besonders hart war es im Februar, es gab nicht genügend Heizmaterial und wir konnten nur die Zentralheizung ein wenig anstellen, um nicht zu erfrieren. Den ganzen Winter über wurde regelmäßig Unterricht in Religion, Kirchengesetz, und mit einer kleineren Gruppe in russischer Geschichte und Geographie erteilt.
Mit dem Kommen des Frühlings begann auch die besonders schwere Arbeit im Garten; wir mußten Neuland umgraben, und der Boden hier war steinig. Gegen Ende Mai brachten wir den Garten in Ordnung, und dort, wo Unkraut und Gras wuchsen, wird der Garten nun von bis zu 60 großen Beeten geschmückt. Ungünstige klimatische Bedingungen erschweren die Arbeit, besonders setzt den Brüdern der aus Süden kommende Fallwind, der über die Ausläufer der Alpen aus der Sahara zu uns weht, und hier “Föhn” genannt wird, zu.
In diesem Jahr gelang es, nicht ohne besondere Mühe und wieder deutlich durch die Vorsehung des Herrn, einen Vertrag auf Haus und Boden abzuschließen. Das Kloster bekam 12.000 m2 Grund und Boden, wovon 540 m2 von dem Haus eingenommen werden. Vorläufig bis Dezember wurde ein Vertrag mit der Stadt abgeschlossen, und dann wird noch ein Vertrag für einen längeren Zeitraum mit dem Grundbesitzer, der Verwaltung der Ländereien, die früher dem Königshaus Wittelsbach gehörten und nun in staatlichen Besitz übergegangen sind, geschlossen. Im Frühjahr und Herbst setzten die Brüder ungefähr 40 Obstbäume und bis zu 200 Birken, Tannen und Fichten. Im vergangenen Jahr noch stand das Haus inmitten eines kahlen Feldes, jämmerlich verlassen und demoliert; nun wird es von Bäumen umgeben, zwar noch kleinen, aber bereits grünen. Von der Straße bis zu dem Haus wurde mit den aus dem Boden entnommenen Steinen eine Einfahrt gebaut. Als nächstes wollen wir das ganze Grundstück mit einem provisorischen Drahtzaun umgeben. Die künstlerische Gestaltung der Wände in der Kirche wird im Laufe des Sommers fertig sein. Drei Künstler malen zwei große Ikonen an den Wänden, Medaillone mit Heiligenköpfen und Ornamentik rund um Fenster und Türen. Um die Ausmalung der Kirche bemühte sich besonders der junge und begabte Künstler und Ikonenmaler Konstantin Ivanovi¡c Gusev.
Nun bleibt noch übrig, die großen Zimmer in kleine Zellen zu unterteilen, aber dies kann erst nach Auftreiben des entsprechenden Baumaterials in Angriff genommen werden. Ein uns bekannter Architekt zeichnete den Plan und berechnete die Menge an Brettern: Aufgrund dieses Voranschlags wurde beim Ministerium, welches die Erlaubnis zum Einkauf von Bauholz ausstellt, ein Antrag gestellt.
So gedeiht allmählich durch die beharrliche Mühe der Brüder das Kloster immer mehr. Das weltliche Leben brodelt rings um uns mit seinen Leidenschaften, und inmitten dieses lebensfreudigen, von Stürmen aufgewühlten Meeres, gibt es eine Insel: Wie ein stille Zufluchtstätte für Menschen, die ihr Seelenheil suchen, steht dort ein Kloster.
Das Haus ist voll besetzt. Das Vögelchen, ein Rotschwänzchen, baute sein Nest in diesem Jahr wieder in der Nische für den Lautsprecher an dem Treppenaufgang am Eingang zur Kirche. Es zwitschert und trillert, fliegt aus und ein, und füttert drei Nestlinge. Ein Segen des Herrn!