Predigt zum Herrentag vom verlorenen Sohn (1 Kor. 6:12-20; Lk. 15:11-32) (16.02.2025)
Liebe Brüder und Schwestern,
alle kennen das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Wenn man es dem Gleichnis vom Zöllner und Pharisäer gegenüberstellt, erkennen wir zwei Arten der Reue bzw. der Umkehr: der Zöllner bittet permanent um Verzeihung seiner Verfehlungen (s. Lk. 18:13), der verlorene Sohn erlebt seine Umkehr dagegen als einmaligen Akt des In-Sich-Hinein-Gehens (s. Lk. 15:17). In beiden Gestalten werden wir uns als orthodoxe Christen wiederfinden. Im ersten Falle ist es klar: Wir alle sündigen andauernd, auch bei frommer, sogar asketischer Lebensweise, weshalb wir ständig um Vergebung und um die rettende Gnade Gottes bitten (das Gebet des Zöllners ist der Prototyp des Herzens-Gebets). Aber hat es der fromm lebende Christ auch nötig, eine radikale Umkehr, ein totales Umgeisten bei sich hervorzurufen? Klar ist: „Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren“ (Röm. 3:23). Sind wir deshalb aber alle vergleichbar mit dem verlorenen Sohn, der das Haus seines Vaters verließ und ein Lotterleben führte (s. Lk. 15:13)? Es kommt darauf an, welche Maßstäbe man in Bezug auf sich selber anlegt. So werden die Gerechten am Ende gerechtfertigt, weil sie ihre Tugenden nicht bemerkten, während die Sünder dafür verurteilt werden, dass sie ihre Unterlassungen nicht erkannten (s. Mt. 25:37-39,44). Darüber aber ausführlich in einer Woche. Heute steht nämlich die Auseinandersetzung mit dem verlorenen Sohn in uns an.
Keiner kann von sich behaupten, er sei Gott ständig treu. Wir alle bekennen unsere Übertretungen, die wir in Wort und Werk, im Gedanken und mit Gefühlen, bewusst oder unbewusst, absichtlich oder unabsichtlich, bei Tag und bei Nacht etc. begangen haben. Wir alle sind Gefangene unterschiedlichster Leidenschaften bzw. aller möglicher Laster, nur jeder individuell in unterschiedlicher Gewichtung. Die Schwerpunkte sind bei jedem anders verteilt, auch gibt es Unterschiede in der Intensität der in uns wohnenden Sünde, aber wir alle sind elendige Sünder vor dem Herrn. Und jede Leidenschaft ist eine Krankheit der Seele, die nur durch die Gnade Gottes geheilt werden kann. Man darf sich nicht einfach damit abfinden, dass man den einen oder anderen „Fehler“ hat. All diese menschlichen Schwächen müssen und können durch die göttliche Gnade überwunden werden. Nichts anderes bedeuten die Worte, dass wir eine „neue Schöpfung“ werden, so dass „das Alte“ vergangen und „Neues“ geworden ist (s. 2 Kor. 5:17; vgl. Röm. 6:4; Gal. 6:15).
Der Begriff „verlorener Sohn“ (griech. o chaménos Yios; slaw. блудный сынъ) umschreibt einen Menschen, der vollkommen auf Abwegen geraten ist, egal ob die Anschuldigungen des älteren Bruders (s. Lk. 15:30) nun im Detail zutreffend sind oder nicht. Man muss kein Ehebrecher oder Hurenbock sein, und kann doch ein lüsterner Mensch sein (vgl. Mt. 5:28). Die Kirche bietet uns allen jedenfalls aus Anlass des heutigen Tages eine sehr aussagekräftige Lesung aus dem Apostelbuch an. Dort heißt es: „Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind? Darf ich nun die Glieder Christi nehmen und zu Gliedern einer Dirne machen? Auf keinen Fall! Oder wisst ihr nicht: Wer sich an eine Dirne bindet, ist ein Leib mit ihr? Denn es heißt: Die zwei werden ein Fleisch sein. Wer sich dagegen an den Herrn bindet, ist ein Geist mit Ihm. Hütet euch vor der Unzucht! Jede andere Sünde, die der Mensch tut, bleibt außerhalb des Leibes. Wer aber Unzucht treibt, versündigt sich gegen den eigenen Leib“ (1 Kor. 6:15-18). Klar und deutlich. Man kann äußerlich die eheliche Treue halten oder z.B. als Mönch in völliger externer Keuschheit leben, wer aber seine inneren Leidenschaften nicht durch ein Leben im Geiste (s. Röm. 8:1-17; Gal. 5:13-26) bekämpft, unterliegt der Sünde. Wer sich dagegen an den Herrn bindet, ist ein Geist mit Ihm. Wenn Militär-Seelsorger den für längerfristige Auslandseinsätze z.B. in den Irak oder nach Afghanistan (wo es gewisse Etablissements nicht gibt) abkommandierten Bundeswehr-Soldaten empfahlen, „sich selbst zu befriedigen“, sehe ich das als Kapitulation vor der Sünde an. Und das ist ein Spiegelbild einer Gesellschaft, in der Prostitution immer weiter enttabuisiert wird. Und bis 1993 wurde Homosexualität von der Weltgesundheitsbehörde (WHO) noch als Krankheit eingestuft. Frage: Was hat sich seitdem verändert? Sind neue medizinische Erkenntnisse aufgetaucht oder hat sich vielmehr die Gesellschaft in einigen wenigen aber maßgeblichen Ländern verändert? Von der Homosexualität ist es nur noch ein Schritt zur Pädophilie*), dann zum Inzest, zur Nekrophilie, zur Anthropophagie etc. Irgendwann wird man dank der „Ehe für alle“ zuerst seinen Hund und irgendwann seinen Lattenzaun „heiraten“ können. Wir sind auf dem besten Wege dahin. Vor kurzem sah ich in einen Clip eine junge Frau, die auf mich nicht den Eindruck einer Schwachsinnigen machte, die aber auf dem Kopf „Fuchsohren“ aus einer Kita-Darbietung zum Muttertag trug und (allen Ernstes!) sagte: „Ich fühle mich als Fuchs“. Ja, wir haben diese Freiheit, die uns alles erlaubt (s. 1 Kor. 6:12). Meinetwegen kann sich auch einer als Schimpanse oder Orang-Utan fühlen, aber dann gehört er in den Urwald oder zumindest in den Zoo, wo ihn seine (Ex-?)Verwandten der Spezies Homo sapiens besuchen können. Diese Menschen können von ihrer formalen Denkfähigkeit intakt sein – freundlich, intelligent, gebildet, sogar hochbegabt – und sind doch an der Seele (Psyche) krank. Ein Alkoholiker, ein Drogensüchtiger oder ein Triebtäter kann (anfangs) leiblich völlig gesund sein – sie alle sind aber krank an der Seele. Auch sind Menschenfresser oder Vampire (die gibt es tatsächlich, und zwar in „zivilisierten“ Ländern) nicht an ihrem Geschmackssinn erkrankt, sondern an der Seele. Und diese Erscheinungen werden sich noch weiter rasant ausbreiten, da die (wahre) Kirche Christi im Abendland immer weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt wird. So wird der Widersacher leichtes Spiel haben. Das hat er im Übrigen schon jetzt. Im dystopischen Roman „Der Teufel ist politisch korrekt“ beschreibt der moldawische Mönch Savatie Bastovoj die Gesellschaft seines Landes in naher Zukunft: Gemäß eines Regierungsbeschlusses werden alle Bewohner ein Jahr vor Vollendung ihres 65. Lebensjahres in Altenheime eingewiesen, wo sie bis zum Erreichen des Pensionsalters versorgt werden. Zum 65. Geburtstag gibt es dann die Spritze für alle... Unvorstellbar, utopisch? Wer den gesellschaftlichen Diskurs der letzten Jahre (nicht Jahrzehnte!) aufmerksam verfolgt hat, dem können zunehmende Tendenzen zur Reduzierung der Weltbevölkerung durch Abtreibungsbefürworter, Anti-Natalisten, Globalisten, die LGBTQ-Lobby, radikale Umweltschützer, Malthusianer und die Protagonisten einer neuen Weltordnung nicht entgangen sein. Der Teufel muss sich nur der Köpfe der Menschen bemächtigen, - schon steht die ganze Wertepyramide Kopf. Und dann überwiegen plötzlich, ganz sachlich und nüchtern betrachtet, die „Vorteile“ einer solchen Maßnahme gegen die Überbevölkerung der Erde (natürlich nur in Ländern, in denen die Bevölkerungszahlen auch so seit Jahrzehnten rapide zurückgehen). Der gewissenlosen Ausbeutung des Planeten, dem Klimawandel, der Umweltzerstörung, dem Hunger in der Welt etc. wird durch solch eine Maßnahme ein Riegel vorgeschoben und nebenbei werden die explodierenden Kosten für den Gesundheitssektor drastisch reduziert. Auch die Rentenkassen werden entlastet, sodass wieder Geld für wichtigere Sachen da ist. Und darin wird es ausarten, wenn dem nicht durch ein Umdenken auf christlichen Grundlagen entgegengesteuert wird. Christus ruft uns alle dazu auf. Je mehr wir sind, desto größer der Widerstand. Niemand kann mehr unbeteiligt am Rande stehen und zuschauen. Die Zeitbombe ist am Ticken. Wer nicht für Christus ist, ist gegen Ihn, wer nicht mit uns sammelt, der zerstreut (s. Mt. 12:30; Lk. 11:23). Das ist die spirituelle Realität dieser Welt. Das war sie im Grunde schon immer seit dem Sündenfall, aber früher mussten sich die Diener Satans noch geschickt tarnen (s. Mt. 7:15), heute können sie ungehindert auftreten und die Seelen ins Verderben ziehen. „Seid nüchtern und wachsam! Euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann. Leistet ihm Widerstand in der Kraft des Glaubens! Wisst, dass eure Brüder in der ganzen Welt die gleichen Leiden ertragen müssen!“ (1 Petr. 5:8-9). Christen sind die weltweit am meisten verfolgte Gruppe. Aber wen kümmert das schon?
Wir können uns nicht aus diesem Kampf Gut gegen Böse heraushalten. Das geht auch gar nicht! Es gibt nur Pro und Kontra. Kämpfen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln für die körperliche Reinheit, ohne die es keine Gesundung der Seele geben kann! „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, Der in euch wohnt und Den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst; denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib!“ (1 Kor. 6:19-20). Amen.
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*) Den ersten Versuchsballon seiner Art startete eine der heutigen Regierungsparteien schon in den 1980-er Jahren, dieser war aber in der damaligen Bundesrepublik noch nicht flugfähig.