Predigt zum Hochfest der Taufe des Herrn (Theophanie) (Tit. 2:11-14; Mt. 3:13-17) (19.01.2025)
Liebe Brüder und Schwestern,
das Hochfest der Taufe Christi zählt zu den herrlichsten Ereignissen im Kirchenjahr. Wie sonst nur zu Ostern kommen die Menschen scharenweise, um nämlich Weihwasser nach Hause zu nehmen, welches dann das ganze Jahr über unverdorben in einer Flasche auf dem Küchenschrank steht und von dem jeden Morgen mit einem Stück Prosphore andachtsvoll gekostet wird. Nach dem Fall des Kommunismus ist in der ehemaligen Sowjetunion wieder der Brauch aufgelebt, „an den Jordan zu gehen“, also zum Ufer eines Flusses, Sees oder Meeres bzw. zum Dorfanger. Das symbolische Eintauchen in die Fluten des Jordans zusammen mit dem Herrn (bei eisigen Temperaturen) bietet jedes Jahr ein unvergessliches Erlebnis für jeden Teilnehmer. Doch bei all der Freude über das Wiederaufleben des nationalen Brauchtums darf der folkloristische Aspekt nicht im Vordergrund stehen (wie es beim Bemalen und Segnen der Ostereier der Fall ist). Die Theophanie ist ein Fest mit unermesslicher geistlicher Tiefe und zeugt überdies von urchristlicher Tradition. Wollen wir also immer diese kirchliche Betrachtungsweise in den Vordergrund stellen.
Die Taufe Christi wird in der Kirchensprache auch Theophanie (Erscheinung Gottes) genannt. Wenn man es nach dem Julianischen Kalender feiert, fällt es mit dem abendländischen Epiphanias, dem „Dreikönigsfest“ zusammen, das ebenfalls in seinem Ursprung die Erscheinung Gottes in der Welt in den Mittelpunkt stellt. Gott erschien den Menschen in Bethlehem und am Jordan, wobei beide Feste zu frühchristlichen Zeiten an einem Tag zusammen gefeiert wurden. Im orthodoxen Typikon (Regelbuch der Kirche) wird der Begriff „Erleuchtung“ (slaw. Просвещение) verwendet. Nicht von ungefähr sprechen wir in der kirchenhistorischen Perspektive von der Erleuchtung eines Volkes durch die Taufe, weil durch sie das Licht Christi für die ehemaligen Heiden aufgestrahlt ist. Die apostelgleichen Glaubensboten nennen wir deshalb auch Erleuchter ihrer Völker und Länder (z.B. die hll. Nina von Georgien, Kyrill & Method als Apostel der Slawen, Zar Boris-Michail von Bulgarien, Wladimir-Vasilij der Rus´ u.v.a.). Auf diese erleuchteten Völker treffen die Worte der Schrift zu: „Denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr durch den Herrn Licht geworden. Lebt als Kinder des Lichts! Das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor“ (Eph. 5:8-9). Wir sehen das an den Völkern, die christianisiert wurden, und an ihren Erleuchtern, den ehemaligen Heiden, und darüber hinaus bei jedem Menschen, der durch das Licht Christi erleuchtet wurde. Doch leider sehen wir auch den Umkehrprozess, wenn Völker oder Einzelpersonen vom Glauben abfallen. So wiederholt sich die Historie des alten Israel in den Annalen der christlichen Völker ein ums andere Mal.
Natürlich muss der Taufe zuerst die Unterweisung vorausgehen. In der untergehenden UdSSR sprach man in den Jahren der massenhaften Sofort-Taufen davon, dass das Volk zwar getauft, aber nicht erleuchtet (unterwiesen) wurde. Das Resultat sehen wir heute: Millionen von getauften Heiden, die außer der Segnung der Osterspeisen und dem obligatorischen Schöpfen des Weihwassers zur Theophanie keinerlei Beziehung zum Glauben, zur Kirche, zu Christus haben. Aber was ist ein Christentum ohne Christus?! Eine „Kirche“, in der Christus als Randfigur vorkommt, aber längst nichts mehr zu sagen hat?..
Johannes war der größte Prophet des Alten Testaments und zugleich der größte Glaubensverkünder des Neuen, war von Gott gesandt (s. Joh. 1:6). „Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt, und die Welt ist durch Ihn geworden, aber die Welt erkannte Ihn nicht“ (Joh. 1:7-10).
Interessant ist, dass Johannes der Täufer oder Vorläufer Christi, als den wir ihn oft bezeichnen, nicht nur bei uns als Prophet gilt, sondern auch im Islam (s. Koran 6:85). Allerdings wird im Koran zwar mehr oder weniger ausführlich über die Geburt Yahyaas berichtet (s. 3:33-41; 19:2-15; 21:89-90), nicht aber darüber, dass er Christus getauft hat (sowie Scharen von Menschen aus der ganzen Umgebung) und von Jesus Zeugnis als dem Sohn Gottes ablegte. Welcher Funktion ihm als Propheten zukam, wird hierbei nicht deutlich. Das Evangelium benennt dagegen Johannes als wichtigsten Zeugen (s.o. Joh. 1:7-10), was bei der Taufe im Jordan zum Vorschein kommt. „Und Johannes bezeugte: Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam und wie eine Taube auf Ihm (Christus) blieb. Auch ich kannte Ihn nicht; aber Er, Der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, Er hat mir gesagt: ´Auf Wen du den Geist herabkommen siehst und auf Wem Er bleibt, Der ist es, Der mit dem Heiligen Geist tauft`. Das habe ich gesehen, und ich bezeuge: Er ist der Sohn Gottes“ (Joh. 1:32-34).
Wenn wir Johannes als Propheten anerkennen, müssen wir auch sein Zeugnis vorbehaltlos annehmen. Sein Zeugnis wird von vier Evangelisten bekräftigt, zudem verehrte das ganze Volk Johannes schon zu Lebzeiten als Propheten, was sogar die Widersacher Christi nicht leugneten (s. Mt. 21:26; Mk. 11:32; Lk. 20:6). Es sei hier folglich jedem selbst überlassen, ob er die Darstellung des Koran, der räumlich, zeitlich und kulturell weit entfernt vom Ort des Geschehens war (wie übrigens auch beim Opfer Ismails durch Ibrahim auf dem Berg Arafat in Arabien – s. Sure 37:99-113; vgl. Gen. 22:1-19), Glauben schenkt oder dem Evangelium. Beide Darstellungen können aber nicht wahr sein. Für uns Christen steht jedenfalls fest: „In keinem anderen Namen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen“ (Apg. 4:12). Amen.