Predigt zum 5. Herrentag nach Pfingsten (Röm. 10:1-10; Mt. 8:28-9:1) (28.07.2024)
Liebe Brüder und Schwestern,
heute begleiten wir unseren Herrn und Dessen Jünger auf ihrer Bootsfahrt an das Ostufer des Sees Genezareth in das Land der Gadarener, wo der Herr eine ganze Legion von Dämonen aus zwei Besessenen, welche in Grabhöhlen hausten, austreibt und anschließend in eine in der Nähe weidende Schweineherde schickt, worauf die Tiere vom Abhang in den See hinunterstürzen und verenden. Der Evangelist Matthäus, einer aus der Zahl der Zwölf, war von den drei Evangelisten, die dieses Ereignis schriftlich festhielten, wohl der einzige, der selbst mit dabei war. Auch Johannes war einer der zwölf Jünger Christi, doch er erwähnt diese Begebenheit überhaupt nicht in seinem Evangelium. Markus und Lukas hingegen schließen das besagte Ereignis in ihre Evangelien mit ein, die zwei gehörten aber nicht dem engsten Kreis der Jünger an, weshalb sie mutmaßlich nicht direkt beteiligt waren und ihre Berichte auf den Erzählungen der damals anwesenden zwölf Aposteln gründen. Der wahrscheinlich einzige Augenzeuge unter den drei Synoptikern, Matthäus, spricht von zwei Besessenen, während bei den anderen beiden nur von einem die Rede ist. Wir können also davon ausgehen, dass der Herr zwei Besessene heilte, wobei einer von beiden gefährlicher als der andere war und er allein eine solch große Bedrohung für alle Bewohner dieser Gegend dargestellt hatte. Matthäus, dessen Bericht hier übrigens am kürzesten ist, erwähnt auch nicht, dass sich der Herr nach dem Namen des Dämons („Legion“) erkundigt. In wesentlichen Dingen stimmen die drei Überlieferungen jedoch überein. Und darauf kommt es uns an.
Der Herr kommt zu den Menschen, um ihnen das Heil zu verkünden. Er zeigt Seine Liebe zu ihnen, indem Er sie vor einer großen Gefahr befreit. Und Er zeigt Seine göttliche Macht, indem Er die Dämonen in eine Schweineherde schickt, wodurch Er den Anwohnern zu verstehen gibt, dass irdisches Wohlergehen nur möglich ist, wenn man die Gebote Gottes einhält (s. Lev. 11:7) Der Prophet Jesaja scheint diesen Zusammenhang fast buchstäblich im Voraus in Anwendung auf den vorliegenden Fall verkündigt zu haben: „Den ganzen Tag streckte Ich Meine Hände aus nach einem abtrünnigen Volk, das in seinem Trotz Mich ständig ärgert. (…) Sie sitzen in Grabkammern und verbringen die Nächte in Höhlen; sie essen das Fleisch von Schweinen und haben Brühe von verdorbenem Fleisch in ihren Töpfen“ (Jes. 65:2-4; vgl. 66:17).
Wie nicht schwer zu erkennen ist, haben diese Worte nichts an Aktualität eingebüßt. Zu allen Zeiten streckt Gott, der Herr, Seine Hände nach Seinem abtrünnigen Volk aus, das Ihn in seinem Trotz ständig ärgert. Und das geschieht nicht aus Unwissenheit. Wie die geistliche Oberschicht vor zweitausend Jahren wusste, dass Jesus der Messias ist (s. Joh. 6:15; 10:24) und Ihn trotzdem am Ende ablehnte und ans Kreuz schlagen ließ, so ist der wahre Glaube an Christus heute Zielscheibe der Angriffe seitens derjenigen, die nach irdischer Macht, Gewinn und unbegrenzter Freizügigkeit streben. Ein Christentum, das offen den Willen Gottes verkündet, welcher niemals mit dem Willen der Massen übereinstimmen kann, wird stets bekämpft werden und am Ende doch triumphieren.
Es läuft ja praktisch alles immer nach dem gleichen Schema ab. Zuerst lässt Gott großes Leid zu, damit sich die Menschen Ihm wieder zuwenden, doch die Mehrheit lässt sich nicht überzeugen, so dass sich das Leid immer weiter verschlimmert. Es wird dann stets irgendein Schuldiger gesucht und gefunden, und am Ende bleibt die Frage: „Warum hat Gott das zugelassen?“ Aber Gott wurde vorher nicht um Rat gefragt, Er wurde außen vor gelassen; und wenn es dann schiefläuft, kommt üblicherweise der Vorwurf: „Gott, wo warst Du?!“ So lautete auch der Aufmacher der „Bild-Zeitung“ am 12. September 2001.
Unsere liberalen gottlosen Gesellschaften bitten Gott wie einst die Gadarener, ihr Wohngebiet, dass Er seinerzeit heimgesucht hatte, wieder zu verlassen. Noch geschieht dies auf sanfte Weise, aber wie lange noch?! Im vorliegenden Fall sehen wir, dass Christus Sich zurückzieht, dafür aber den vormals Besessenen als mahnenden Zeugen dalässt, damit dieser den Leuten ins Gewissen redet. Gott schreibt Sein Volk nicht ab, wartet weiter geduldig auf dessen Umkehr.
Jeder von uns hat ungläubige, abtrünnige oder der Kirche fernstehende Angehörige. Ein jeder von uns kennt diese blutende Wunde in seinem Herzen. Für solche Menschen spendet Christus heute Trost. Er Selbst ist geduldig, also werden wir es mit Ihm sein. Abraham empfing als Hundertjähriger die Erfüllung des ersehnten Wunsches nach einem Erben. Doch er und alle anderen Heiligen im Alten Bund „haben das Verheißene nicht erlangt“ (Hebr. 11:39; vgl. Mt. 13:17). So will es der Herr um unseres Heiles willen. Deshalb möchte ich mit einem Zitat von (Ex-)Archimandrit Andreas Konanos abschließen: „Wie sollen wir an Christus herantreten, wie können wir Ihn geneigt stimmen, wie sich Ihm nähern, damit das geschieht, worum wir Ihn anflehen, damit das Wunder geschieht? Wo reißt unsere Verbindung zu Gott ab, wo machen wir etwas falsch? Ich möchte, dass wir heute unsere Aufmerksamkeit darauf richten.
Ich denke, die erste Bedingung dafür, dass dein Gebet für dein Kind, den Mann oder die Frau erhört wird, - ist die Hoffnungslosigkeit. Sobald du damit aufhörst, dich auf dein Geld, deinen Verstand, deine Schönheit, deine sonstigen Möglichkeiten und auf deine Rechte zu verlassen, und an all diesen Dingen ´verzweifelst`, dann, denke ich, beginnt dein Gebet zu Gott auf richtige Weise verrichtet zu werden und, so glaube ich, werden die Menschen, welche diese Hoffnung verloren haben, über das bestmögliche Gebet verfügen“. Amen.