Predigt zum 15. Herrentag nach Pfingsten / Herrentag vor Kreuzerhöhung (Gal. 6:11-18; 2 Kor. 4:6-15; Joh. 3:13-17; Mt. 22:35-46) (25.09.2022)

Liebe Brüder und Schwestern,

 

im Schlusswort seines Briefes an die Galater (das der Apostel im Original mit eigener Hand geschrieben hat – s. Gal. 6:11) verwendet der heilige Paulus diese einprägsamen Worte über das Kreuz Christi, dessen Erhöhung wir in wenigen Tagen feierlich begehen werden: „Ich aber will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt. Denn es kommt nicht darauf an, ob einer beschnitten oder unbeschnitten ist, sondern darauf, dass er eine neue Schöpfung ist. Friede und erbarmen komme über alle, die sich von diesem Grundsatz leiten lassen, und über das Israel Gottes“ (Gal. 6:14-16).

Geradezu unfassbar, jedes Mal erstaunlich, wie sich der gesamte Glaube an unseren Herrn Jesus Christus in ganz wenigen Worten zusammenfassen lässt! In zwei Tagen, zum Fest selbst der Erhöhung des Kostbaren und Lebenspendenden Kreuzes, werden wir das „Wort vom Kreuz“ hören, das „denen die verlorengehen, Torheit; uns aber, die gerettet werden, (...) Gottes Kraft“ ist (1 Kor. 1:18). Schon der Prophet Jesajas, auf dessen Prophezeiung sich der Apostel Paulus beruft, sah es voraus: „Ich lasse die Weisheit der Weisen vergehen und die Klugheit der Klugen verschwinden“ (Jes 29:14; vgl. 1 Kor. 1:19).  

Würden die anfangs zitierten Worte nicht aus der Heiligen Schrift stammen, würde sich doch jeder von uns fragen, wie sich einer des Kreuzes Jesu Christi rühmen kann! Und noch dazu einer, der sich durchaus seines kundig Seins in der Schrift, seiner außerordentlichen Bildung, seiner tiefen Frömmigkeit und seiner enormen Errungenschaften in der Verkündigung rühmen könnte. Aber nein, worauf er in seiner Argumentation verweist, ist sein Leiden für den Herrn: „In Zukunft soll mir niemand mehr solche Schwierigkeiten bereiten. Denn ich trage die Zeichen Jesu an meinem Leib“ (Gal. 6:18). Nur im Leiden werden wir zu wahren Nachfolgern Christi! Ob einer im Palast oder in der Wüste die Heiligkeit erlangt hat, er musste so oder so das Kreuz Christi auf sich nehmen. Christliche Herrscher haben das schwerste Kreuz von allen – so unvorstellbar groß ist die Bürde der Verantwortung, die sie vor Gott tragen. Deshalb beten wir in jedem Gottesdienst und in unseren häuslichen Gebeten für unsere geistlichen Oberhäupter (vgl. Hebr. 13:7) und für die weltliche Obrigkeit (s. 1 Tim. 2:1-2).  

Dieses „Rühmen“, wir ahnen es, steht symbolhaft dafür, dass alle Christen als Nachfolger des Herrn „nicht von der Welt“ (Joh. 17:16) sein sollen. Der Kreuztod Christi – „für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit“ (1 Kor. 1:23b) – erschließt sich auch aus den folgenden Worten des heute verlesenen Abschnitts aus dem Evangelium: „Denn Gott hat Seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit Er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch Ihn gerettet wird“ (Joh. 3:17). Wie kann man dann aus romantischer Verzückung über „Gemeinsamkeiten“ des Christentums mit dem Judentum und dem Islam räsonieren?!.. Jesus Christus ist der von Gott verheißene und von den Propheten verkündete Erretter der Welt, basta! „Wer an Ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat“ (3:18). Was gibt es daran zu deuteln? Also pfeife ich in dieser Frage auf konjunkturelle political correctness.

Das alles soll uns, die wir „nicht von dieser Welt“ sind, darin bestärken, auf alle Fragen des Lebens eine geistliche Antwort zu finden. Gott hat die Menschen vernunftbegabt geschaffen, und das ist sehr gut so (vgl. Gen. 1:31; Ps. 103:24). Wenn wir uns aber ausschließlich auf unseren „gesunden Menschenverstand“ verlassen, folgen wir dem „Trachten des Fleisches“, das „Feindschaft gegen Gott“ ist (Röm. 8:7). Es „führt zum Tod, das Trachten des Geistes aber zu Leben und Frieden“ (8:6). Beispiel gefällig? - Pilatus hört vom Mensch gewordenen Gott des Himmels: „Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass Ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf Meine Stimme“ (Joh. 18:37). Die Antwort des weltlichen Machthabers: „Was ist Wahrheit?“ (18:38). Sie stand zwei Meter von ihm entfernt, doch er bemerkte es nicht… Etwas später spricht Pilatus zum Schöpfer und Gebieter des Universums: „Weißt Du nicht, dass ich Macht habe, Dich freizulassen, und Macht, Dich zu kreuzigen?“ (Joh. 19:10). Das ist eindeutig weltliches Denken (in der Sprache der heiligen Väter: плотское мудрование = fleischliche Gesinnung). Im Gegensatz dazu die Antwort des Herrn: „Du hättest keinerlei Macht über Mich, wenn es dir nicht von oben gegeben wäre“ (19:11). Das ist die geistliche Sicht auf die Dinge – die  absolut vollkommene, schiere Realität, die hinter dem Sichtbaren verborgen ist. Die müssen wir anstreben, d.h. uns mit ganzer Kraft bemühen, diese zu erkennen! Dazu brauchen wir ein Leben nach dem Geist Christi (s. 1 Kor. 2:16b). „Der irdisch gesinnte Mensch aber lässt sich nicht auf das ein, was vom Geist Gottes kommt, Torheit ist es für ihn, und er kann es nicht verstehen, weil es nur mit Hilfe des Geistes beurteilt werden kann. Der geisterfüllte Mensch urteilt über alles, ihn aber vermag niemand zu beurteilen“ (1 Kor. 2:14-15). Das sollten alle bedenken (auch aus unseren Reihen), die unseren Patriarchen beurteilen.  Der „gesunde Menschenverstand“ bewahrt uns nicht vor Gender-Wahnsinn, Homo-“Ehen“, Abtreibungen nach Lust und Laune, Geschlechtsumwandlungen mit 14 Jahren – kurzum, vor einem Leben, das zum Tode führt (vgl. Gen. 6:5-7; 19:23-25; Jer. 7:14-15; 26:4-5; Mi. 3:12). Wir müssen dankbar dafür sein, dass unsere Kirche mit den Lippen ihres Oberhirten die Wahrheit ausspricht, die aber denen, die nach dem Fleisch leben, nicht gefällt. Denn „denen, die verloren gehen, ist es Torheit, uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft“. Amen.

Jahr:
2023
Orignalsprache:
Deutsch