Predigt zum Samstag der 7. Woche nach Pfingsten (Röm 12,1-3, Mt 10,37-11,1) (10.08.2024)
Lieber Vater, liebe Gläubigen,
im heutigen Brief an die Römer ermahnt uns der Heilige Apostel Paulus „durch die Erbarmungen Gottes“, unsere „Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer“. Was sind zunächst einmal die „Erbarmungen Gottes“? Wir alle kennen das Gleichnis vom verlorenen Sohn, oder vom verirrten Schaf, oder vom Barmherzigen Samariter. Wir unbarmherzigen Gläubigen symbolisieren dabei den Betrogenen und Niedergeschlagenen, der blutend auf dem Boden liegt und es alleine nicht mehr auf die Beine schafft. Er ist quasi seelisch tot. Der allbarmherzige Gott aber kommt und sieht und hilft. Christus, der Arzt der Ärzte, desinfiziert unsere Wunden und verbindet sie, so dass sie, dass wir heilen können.
Wo findet dies statt? Im täglichen Gebet, wenn wir fasten und in den Sakramenten der Kirche. Hier können wir uns „von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes“ (2Kor 7,1) waschen und reinigen, so dass wir rein werden, denn „Der Reine schätzt nichts so hoch als Reinheit und Reinigung.“ (Hl. Johannes Chrysostomos). Dadurch machen wir unseren Leib zu einem „lebendigen, heiligen, Gott wohlgefälligen Opfer“. Dann leben wir wahrhaftig und sind seelisch lebendig und erwerben den Heiligen Geist, indem wir dem einzig Heiligen näher kommen und das ist der Sinn des Lebens (vgl. Hl. Seraphim von Sarov). Wenn wir uns jedoch keine Mühe geben, in diesem Leben heilig zu werden, schaffen wir es am Ende nicht durch „die enge Pforte“ (Mt 7,13) und sind gescheitert, eine gescheiterte Existenz.
Stellen wir uns vor, wir verlören unsere Arbeitsstelle. Das Arbeitsamt bezahlt nicht genug Arbeitslosengeld, also müssen wir in eine kleinere, bescheidenere Wohnung am Stadtrand ziehen. Wir finden auch keine neue Arbeitsstelle und so rutschen wir allmählich ab, fangen vielleicht an, Alkohol zu trinken und ich erspare mir den Rest. Am Ende wir auch noch unsere Sozialwohnung und leben auf der Straße, in der Gosse, unter der Brücke, haben nichts mehr zu essen, müssen betteln und sind auf die Barmherzigkeit der Leute angewiesen. Und, nun, was merken wir jetzt vor allem? Wir merken, dass wir Gott brauchen. Und jetzt stellen wir uns diesen irdischen Abstieg als geistig-seelischen Abstieg vor. Denn wie man irdisch-sozial absteigen kann, so kann man auch geistig-seelisch absteigen, d. h. in seiner spirituellen Existenz scheitern. Deshalb sagt Paulus auch an anderer Stelle: „Seid nüchtern und wachet! Denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann.“ (1Petr 5,8).
Deshalb dürfen wir Gott nicht vergessen. Nicht nur am Sonntag (oder am Samstag) sollen wir an Gott denken, sondern immer, oder wenigstens so oft es geht. Wir sollen an das Ziel denken, das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Genauso machen es die Sportler bei der aktuellen Olympiade. Denn sie wissen, was sie wollen (die Goldmedaille) und dieses Ziel verlieren sie nicht aus den Augen, jahrzehntelang. Und sie wollen es so sehr, sie wollen die besten sein, um am Ende den Siegeskranz zu empfangen. Dafür trainieren sie hart und geben Tag für Tag ihr Bestes.
Das muss man sich einmal vorstellen. Geben wir jeden Tag unser Bestes beim Fasten? Im Gebet? Während des Gottesdienstes? Bei den guten Taten? Denn dasselbe ist es bei uns: Wir benötigen den unbedingten Willen, denn wir haben ein Ziel vor Augen, den Himmel, oder etwa nicht? Und hierfür benötigen wir auch eine gute Ausdauer, z. B. in den Krisen des Lebens; und wir brauchen die nötige Disziplin: zwingen müssen wir uns zu guten Taten und auch die Heilige Eucharistie empfangen – das muss sein, wenn wir geistig wachsen wollen, wenn wir von Gott Kraft, Mut und Stärke für unseren schmalen Weg empfangen wollen.
Ein Olympionike scheut keine harte Trainingseinheit. Er kämpft gegen das typisch menschliche bequem sein wollen, es angenehm haben zu wollen. Aber im Spitzensport ist das nicht drin, es geht nicht, und so geht es auch nicht im Glaubensleben, da sollte es eigentlich eher unbequem sein, ansonsten machen wir eventuell etwas falsch, denn an den Herausforderungen wachsen wir. „Der Mensch wächst am Widerstand“, sagte einst ein Philosoph und erfolgreicher Unternehmensgründer (Werner Kieser).
Und bei alledem dürfen wir die Hoffnung nicht verlieren. Wenn sich ein Sportler einmal verletzt, so darf er die Hoffnung nicht verlieren, ansonsten kommt er nicht wieder auf die Beine. Dann ist die Karriere beendet. Und auch wir verletzten uns, seelisch und das wohl täglich. Aber wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren: Dum spiro spero – solange ich atme, hoffe ich.
Was wäre, wenn noch heute Nacht Gott unsere Seele von uns zurückverlangen würde, wenn noch heute Nacht Gericht wäre, das Gericht Gottes, was wäre dann? Was würde der Herr zu uns sagen? Wie würde er uns richten? Uns beurteilen? Ich weiß es nicht, aber diese Frage beschäftigt mich, weil Paulus schreibt: „Wisst ihr nicht, dass die Läufer im Stadion zwar alle laufen, aber dass nur einer den Siegespreis gewinnt? Lauft so, dass ihr ihn gewinnt!“ (1Kor 9,24). Daher lasst uns unser täglich Kreuz auf uns nehmen, uns selbst verleugnen und Christus nachfolgen, wenn sein muss bis auf den Berg Golgotha und sprechen: Dum spiro spero – solange ich atme, hoffe ich!
Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste. Amen.