Russische Kirche in Dresden
Der Grundstein zur russischen orthodoxen Kirche in Dresden wurde mit dem Segen des Höchstgeweihten Metropoliten Isidor am 25. April 1872 gelegt, als der russische Gesandte V. E. Kotzebue war; am 24. Mai 1874 wurde die Kirche mit dem Segen des gleichen Metropoliten im Namen des Hl. Simeon vom Wunderbaren Berg geweiht. Die Baupläne waren von dem Hofarchitekten Bosse vorbereitet und der Bau dem Architekten Prof. Weissbach anvertraut.
Vor Erbauung dieser Kirche gab es in Dresden über 10 Jahre lang eine Hauskirche, die dem Einzug des Herrn in Jerusalem geweiht war. Sie befand sich in der gemieteten Villa in der Beuststr. 4. Anfang der 60-er Jahre des 19. Jh. lebten in Dresden fast das ganze Jahr bis zu 300 russische Familien. 1861 eröffneten einige Mitglieder der damaligen russischen Kolonie eine Geldsammlung mit dem Ziel, eine Hauskirche für die Gemeinde einzurichten. Bald darauf wurde ein Raum gemietet, in dem die Gottesdienste durchgeführt werden konnten, und man erbat einen Priester (Vater N. P. Juchnovskij, der bis dahin als Priester in der Warschauer Alexander-Zitadelle tätig war). Die liturgischen Gefäße, Gewänder etc. wurden teilweise gekauft, teilweise aber gespendet. 1862 wurde die Kirche am Palmsonntag zu Ehren dieses Festes eingeweiht. Für die Vergrößerung der Spendensammlungen für die Bedürfnisse der Kirche wurde ein Kirchenrat eingerichtet, der im Oktober 1863 durch ein Wirtschaftskomitee ersetzt wurde. Auf der Sitzung des Rates vom 7. April 1863 wurde der Bau einer Kirche in Dresden beschlossen. Zunächst wandte sich die russische Kolonie über die örtliche russische Mission an die Dresdner Stadtverwaltung mit der Bitte, ein Grundstück für die Errichtung einer Kirche zur Verfügung zu stellen. Als die Stadtverwaltung dies ablehnte, wurde das notwendige Grundstück in Größe von 35.000 Quadrat-Ellen auf der obenerwähnten Beuststr. käuflich erworben. Am 13. Dezember desselben Jahres jedoch verkaufte die russische Gesellschaft dieses Grundstück demselben Besitzer zurück, damit er hier ein Haus erbauen könnte, welches als kirchliches Gebäude für den Klerus gemietet werden sollte. Hier befand sich die Kirche bis zum Jahr 1872, als das Haus den Besitzer wechselte. Der neue Besitzer wollte in seinem Haus keine Kirche haben. Nur mit großer Mühe überredete die russische Gesellschaft ihn zur Verlängerung des Vertrages auf zwei Jahre. Zur gleichen Zeit wandte sich der Gemeinderat an den Oberprokuror des Heiligsten Synod mit der Bitte um die Erlaubnis, in ganz Rußland eine Geldsammlung zum Bau einer Kirche in Dresden durchzuführen. Für die Abwicklung des Baues und die Aufsicht darüber wurde eine aus fünf Personen betehende Wirtschaftskommission gebildet. Wie aus dem Protokoll dieser Komission vom 5. Januar 1864 zu ersehen, hatte die Spendensammlung, die zunächst auf Mitgefühl gestoßen war, keinen Erfolg “in Folge der ungünstigen politischen Verhältnisse, der Angst vor einem Krieg und der (plötzlichen) Abreise des Großteils der Russen aus Dresden”. Das Bauvorhaben kam damit zum Erliegen. Da das Haus in der Beuststr. für Gottesdienste nicht mehr zur Verfügung stand, mußten andere Räumlichkeiten gefunden oder eine neue Kirche gebaut werden. Die Mitglieder des Kircherates beschlossen am 2. Juni 1871 die Ansetzung einer Baukomission, und der Kichenälteste wurde beauftragt, die Spedensammlung wieder zu eröffnen. Der russische Gesandte am Sächsischen Hof V. E. Kotzebue wandte sich an den Dresdner Stadtrat mit der Bitte um die Spende eines Grundstücks zum Bau einer Kirche. Diesmal willigte der Stadtrat ein, überließ jedoch nur ein Grundstück in einem sehr entlegenen Teil der Stadt (Neustadt). Deshalb fiel es den Russen schwer, dieses Geschenk anzunehmen, denn das Grundstück befand sich weit von den Straßen, in denen Russen überwiegend wohnten.
Als Wohltäter erschien in diesem Fall der in Dresden lebende russische Untertan A. F. Wollner. Er spendete das für die Errichtung einer Kirche notwendige Grundstück von 5. 500 Quadrat-Ellen in einem der besten Stadtteile, an der Reichsstraße. Ein anderer Russe, das Mitglied des Bau-Ausschußes, D. I. Obrastzov, kaufte von Wollner 1240 Quadrat-Ellen Land, das sich an das für die Kirche geschenkte Grundstück anschloß, und übergab es der künftigen Kirche als Geschenk mit der Auflage, daß darauf, sowie sich die Möglichkeit dazu ergäbe, ein Pfarrhaus gebaut würde. Der Plan für die Kirche mit allen Zeichnungen der äußeren und inneren Ornamente wurde unentgeltlich von dem damals in Dresden ansässigen Architekten des kaiserlichen Hofes G. E. Bosse erstellt. Nach Erlaubnis des Heiligsten Synod zur Errichtung der Kirche und der Benachrichtigung des Sächsischen Kultusministeriums, das “es die Freiheit des orthodoxen Gottesdienstes nicht einschränkt und das neu zu errichtende Gebäude als eine orthodoxe Kirche anerkennt”, schritt man in Kürze am 25. April 1872 zum Bau. Der bedeutendste Spender noch vor Baubeginn war Sem´on S. Vikulin, der einstimmig von allen Gemeindemitgliedern zum Kurator sowohl der eintmaligen Hauskirche wie auch der neuzubauenden Kirche gewählt wurde. Der Bau der Kirche kostete gegen 200.000,- Rubel, von denen 41.000,- aus Spenden bestanden, 6.000, - vom Heiligsten Synod zugewiesen wurden, während die übrige Summe, d. h. über 150.000, - Rubel, S. S. Vikulin (+ 29. April 1891) selbst spendete, weshalb man die Kirche selbst auch dem Hl. Simeon vom Wunderbaren Berge weihte, dessen Namen der edle Spender trug. So wurde die Kirche auch am 24. Mai eingeweiht, dem Tag des Hl. Simeon vom Wunderbaren Berge.
Noch vor der Weihe der Kirche, nämlich im Februar 1874 überließ die Sächsische Regierung auf Antrag S. S. Vikulins über die russische Mission der russischen Orthodoxen Kirche die Rechte und Vorzüge, die allgemein den ortsansässigen Kirchen zuerkannt wurden, und erkannte sie als eine Einrichtung pia causa an, d. h. eine solche auf welche Herr Vikulin trotz seines Anrechts auf Besitzansprüche diese ausschließlich und für ewige Zeiten an die hier ansässigen Russen orthodoxen Bekenntnisses abtrat, ohne irgend welche Ansprüche auf diesen Besitz von wessen Seiten auch immer. (Erlaß des Königlich Sächsischen Kultusministeriums vom 23. Februar 1874). In dieser Situation verblieb die Kirche übrigens nur bis zum Januar 1876. Zum 1. Januar 1876 wurde die Kirche der Mission zugeschrieben.
Große Spender waren noch vor der Anteilnahme S. S. Vikulins an der Sache der Errichtung einer Kirche die Großfürstinnen: Helena Pavlovna, Maria Nikolaevna, Alexandra Josifovna, die Württembergische Königin Olga Nikolaevna, die Herzogin von Edinburgh (spätere Großherzogin von Coburg-Gotha) Maria Alexandrovna, die Großfürsten: Vladimir, Alexej, Sergij und Pavel Alexandrovi¡c; der damalige Thronfolger, und spätere Friedensstifter Zar Alexander III, schenkte ein wunderbares Arthophorion für den Altar aus massivem Silber auf einem Marmorsockel, mit einem Gewicht von 50 Pfund. Unter den Sehenswürdigkeiten der Kirche ist außer der Ikonostase noch ein Kreuz und die Darstellung der Auferstehung Christi zu nennen,die aus Jerusalem stammen und ein Geschenk des Patriarchen Nikodemos darstellen; die Ikone ist auf einem Holz aus dem eichenen Kubuklion über dem Grab des Herrn mit einem Teil des lebenspendenden Grabes hergestellt. An den Wänden der Kirche befinden sich zwei Gedenktafeln. Die eine erinnert an den Bau der Kirche, die andere an den Besuch der Kirche durch den Zaren Alexander II. am 16. (28.) Juni 1875.
In Hinsicht auf die Architektur stellt die Dresdener Kirche ein glänzendes Beispiel des byzantinischen Stils dar. Den Grundriß der Kirche bildet eine verlängertes Viereck, das von einer Gallerie durchschnitten wird, welche den Querbalken eines gleicharmigen griechischen Kreuzes darstellt. Über der Mitte dieses Kreuzes erhebt sich das Hauptgebäude, das von fünf Kuppeln gekrönt wird. Über dem westlichen Teil der Kirche erhebt sich der Glockenturm, der in einer pyramidenförmigen achteckigen Spitze endet. Das Geläute der sieben Glocken ist hervorragend ausgesucht. Die Kirche ist mit verschiedenartigen ausgesuchten Verziehrungen geschmückt - z. B. mit vielen kleinen Säulen - und stellt ein ungewöhnlich harmonisches Ganzes dar. Die Wände der Kirche sind mit behaunem Sandstein ausgelegt. Die Ikonostase ist aus carrarischem Marmor und ebenso auch das Gitter, das die Erhöhung vor der Altarwand von dem mittleren Teil des Kirchenschiffes trennt.
Besondere Aufmerksamkeit zieht die Ikone der Himmelfahrt Christi hinter dem Altar an, die in menschlicher Größe auf Glas gemalt ist.
In den Jahren 1897-98 wurde die Kirche sowohl von innen als auch von außen vollkommen renoviert.
Von 1921 bis 1940 war Erzpriester Ioann Mo¡zarovskij an der Dresdener Kirche tätig. 1941 ernannte Metropolit Seraphim den Priester Dimitrij Truchmanov zu dessen Nachfolger.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Kirche durch die sowjetische Besatzungsmacht dem Moskauer Patriarchat zwangsunterstellt. Der Sohn des Erzpriesters Ioann Mo¡zarovskij, Nikolaj, der damals als Psalmist an der Kirche tätig war, wurde in die Sowjetunion verschleppt und darbte 25 Jahre in sowjetischen Konzentrationslagern. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde er von Erzbischof Philotheos zum Priester geweiht und betreute die Gemeinde in Düsseldorf; später war er bis zu seinem Tode in München als Erzpriester tätig. Im Jahr 1990 versuchte das Moskauer Patriarchat durch Täuschung der Behörden seinen Besitz an der Kirche zu festigen. Inzwischen wurde sie jedoch als Eigentum der Russischen Orthodoxen Diözese des Russischen Orthodoxen Bischofs von Berlin und Deutschland gerichtlich bestätigt.