Verschiedenes 1992
Bote 1992-2
Osterbotschaft
Christus ist auferstanden!
Durch Seine Auferstehung hat uns unser Herr Jesus Christus aus dem Reich der Lüge heraus in Sein ewiges Reich der Wahrheit geführt. Nachdem wir in der Heiligen Taufe mit Ihm auferstanden sind, sind wir Kinder des Lichtes. Durch unsere sündigen Gewohnheiten aber begeben wir uns immer wieder in die Gefahr der Rückkehr in die Finsternis der Gottesferne. Doch hier verleihen uns wie immer die Worte des Psalmensängers Kraft: “Gott möge erstehen und Seine Feinde zerstieben” (Ps. 67,2). Diese lichten Worte des von Gott mit Weisheit geschmückten David mögen auch uns in der jetzigen unklaren Zeit beflügeln und festigen.
Ich kann euch nicht vorenthalten, daß mich in der diesjährigen Großen Fastenzeit schwere Gedanken bewegt haben. In unserem inneren Leben hat sich etwas verändert.. Es scheint, als hätten wir den geistlichen Aufschwung verloren, den wir früher für natürlich und dieser heiligen Zeit eigen erachteten. Was ist geschehen? Wohin hat sich unser geistlicher und seelischer Friede verflüchtigt?
Einer der markantesten Gründe für diesen unseren Zustand und diese Stimmung scheint mir darin zu liegen, daß wir heute in jenes Leben aufgesogen wurden, das einstmals nur Gegenstand fast abstrakter Überlegungen war. Die Feinde Gottes, so scheint es, sind weder besiegt noch zerstreut. Früher beobachteten wir sie nur aus der Ferne. Unsere Beziehungen zu dem von ihnen versklavten Rußland beschränkten sich auf seltene Begegnungen mit Menschen von dort oder auf die Korrespondenz. In unseren Tagen sind fast alle äußeren Hindernisse der Verbindung mit gläubigen Menschen dort entfallen. Doch hat uns das letztlich wenig oder keine Freude gebracht. Wenn wir unsere lieben und lange erwarteten Gäste von dort aufnehmen, ständig unsere Korrespondenz mit lebendigen gläubigen Menschen ausdehnen, Hilfssendungen zusammenstellen und absenden, hier die Sorge für kranke Kinder oder Erwachsene übernehmen, unser Betätigungsfeld auf viele neue Gebiete ausweiten, die uns früher unzugänglich oder gar unbekannt waren, so ziehen wir gleichzeitig all jene vielseitigen geistlichen Krankheiten auf uns, mit denen die gottlosen Herrscher ihre Gefangenen im Laufe von sieben Jahrzehnten vergiftet haben - wiewohl das Gift der Entfernung von Gott selbst schon viel früher über das russische Volk ergossen wurde. So begannen wir, indem wir mit den unschuldigen Opfern der gottlosen Verstrahlung Gemeinschaft pflegten, selbst jenes Licht Christi zu verlieren, das uns bislang erleuchtete; wir werden an Geist, Seele und Leib von den unsichtbaren Strahlen der Finsternis überschattet und stehen selbst vor der Gefahr, zu ebensolchen Opfern des gottlosen Dunkels zu werden, das sich gleichsam bereits selbst überlebt hat. Wir werden so leicht zu Opfern dieser Ansteckung, weil diese Ansteckung so unerwartet und mit ungewohnter Macht auf uns kam. Wir hatten nicht mit wesentlichen äußeren Veränderungen gerechnet und uns daher nicht rechtzeitig mit dem nötigen Gegengift versorgt.
Schon messen wir die Zeit nicht mehr in Monaten, sondern bereits in Jahren, während derer die Gefangenen der dunklen Macht in ihrer mangelnden Bußfertigkeit für die Sünde der bewußten Teilhabe an deren gottwidrigen Werken verharren. Schon mögen wir nicht mehr von all jenen Verzerrungen des menschlichen entgöttlichten Verstandes und all jenen Entstellungen der Heiligen Schrift und der Heiligen Tradition aus dem Mund dieser Menschen hören oder auch nur daran denken. Und darin sehen wir die zweite Quelle unserer geistlichen Müdigkeit und Verdrossenheit.
Ja, mögen viele hier und dort bisher mit der Buße zaudern und sich der Flucht vor der Wahrheit hingeben. Vielleicht wissen sie ja gar nicht um wahre Buße und um die überragende Kraft der alles verzeihenden Liebe Gottes. Doch, lenken wir unsere eigenen Schritte und die aller geliebten Kinder unserer Heiligen Kirche auf diesen gottgefälligen Weg. Machen wir uns bewußt, daß jegliche Sünde, nicht nur die der Zusammenarbeit mit den gottlosen Machthabern, ein Vertrauensbruch an Gott ist, denn sie trennt uns vom Gottmenschen, Der all unsere Sünden auf Sich nahm, sie ans Kreuz nagelte und uns in Ewigkeit von der Macht unserer Sünden trennte. Bedenken wir jedoch, ob nicht das Zögern in der Buße bei denen, die sich durch die Zusammenarbeit mit den Gottlosen besudelten, genauso wie die Lauheit der Buße bei uns, denen jene Verhältnisse erspart wurden, auf Kleinglauben oder sogar Unglauben an die äußerste Güte und Barmherzigkeit Gottes beruht?
Unser drei-einiger christlicher Gott braucht unser Schuldbekenntnis nicht, worin es auch bestehen mag - Er erwartet unsere Gegenliebe als lebendigen Widerhall auf Seine allverzeihende Liebe. Ist es nicht an der Zeit, daß wir uns alle mit vollem Vertrauen auf Sein Erlösungswerk an Ihn wenden, Sein Kreuz in bedingungsloser und aus reinem Herzen strömender Buße umfangen und so in Seiner Nachfolge zu Teilhabern Seiner Auferstehung werden? Ja, in unserer Welt kann das Bekenntnis ihrer Schuld aus dem Mund von Männern der Kirche von politischen Profitjägern mißbraucht werden. Darf uns das jedoch dazu veranlassen, ein Sakrament der Kirche zu mißachten?
In den lichten Tagen der Auferstehung Christi wäre es besonders sündig, wenn wir uns damit begnügten, darüber nachzudenken, warum unsere Brüder dort in sich nicht die Kraft zur aufrichtigen Buße finden, und wenn wir glaubten, daß uns das Gegengift gegen diese und ähnliche geistlichen Erkrankungen fehlt. Wir glauben fest, daß unser Herr auferstanden ist. Daher können wir ebenso davon überzeugt sein, daß alle Seine Feinde zerstreut werden - sowohl diejenigen, die uns umgeben, als auch die in uns selbst.
Niemandem steht es zu, auf andere mit Steinen zu werfen - wir alle tragen die Verantwortung für die Schicksale unseres Volkes und unserer gesamten Kirche. Das bedeutet nicht, daß wir Unwahrheit und Sünde mit dem Deckmantel falscher “Nächstenliebe” überdecken dürfen. Die Aussöhnung aller Glieder unserer Kirche mit Gott und untereinander bedarf zunächst der Erkenntnis und des Eingeständnisses der Schuld derer, die in Sünde gefallen sind, denn “die Wahrheit befreit euch” (Joh. 8,32). Ohne Wahrheit gibt es also keine Freiheit! Ziel der jetzigen schwierigen Prozesse muß die Befreiung unser aller von den Fesseln der Lüge sein und die Erlangung der Wahrheit im Auferstandenen Christus, der Sich Selbst als den Weg und die Wahrheit bezeichnete.
Die Wahrheit können wir nicht in den Archiven gott- und menschenfeindlicher Einrichtungen finden (ja nicht einmal suchen), da jegliches Material, das von deren freiwilligen oder unfreiwilligen Mitarbeitern verfaßt wurde, gleichmäßig von Lüge durchtränkt ist, die einzig und allein aus dem Kampf um die Erhaltung der Macht entsprang. Ja, diese Archive - sei es in Rußland oder in unseren neuen Bundesländern - müssen analysiert werden, damit wir die Verwerflichkeit jenes Systems, das sie hervorbrachte, begreifen und nachempfinden können, damit wir alle erkennen mögen, wie leicht auch wir fallen können, wenn wir nicht vollkommen und ausschließlich auf den Auferstandenen Christus vertrauen. Aber sie dürfen nicht zu Quellen billiger Sensation werden. Zuviel Schweiß von Gethsemane ist in diesen Archiven enthalten, zuviel Blut bei ihrem Enstehen vergossen worden.
Nicht die Niedrigkeit menschlichen Versagens darf Gegenstand unserer Untersuchung sein, sondern die Offenlegung der uns allen lauernden Gefahr der Sünde des Judas. Wenn wir alle zum Gang durch Golgatha bereit sein werden, dann ersteht Gott wahrhaftig in uns auf, und alle Seine Feinde werden zerstreut, wir aber werden endlich das unvergängliche Licht der Auferstehung unser aller und aller treuen Kinder der leidgeprüften Russischen Kirche erblicken.
“Fürchte dich nicht, kleine Herde!” (Lk. 12,32) sagte der Herr zu Seinen Jüngern. Fürchten auch wir uns nicht, liebe Brüder und Schwestern, denn der Schöpfer des Alls Selbst nahm das Leiden am Kreuz auf Sich, zerschmetterte die Tore des Hades und führte uns mit Sich zum neuen Tag: “Auferstehungstag! Lasset uns licht werden, ihr Völker. Pas’cha, o Pas’cha des Herrn!” (Kanon zu Ostern, 1.Ode).
Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!
MARK, Erzbischof von Berlin und Deutschland
Auferstehung des Herrn 1992
Bote 1992-3
Aus dem Leben der Diözese
Aus dem Leben der Diözese
Am 28. und 29. Mai fand an der Hl. Prokopius-Kirche in Hamburg die Diözesanversammlung der Russischen Orthodoxen Diözese des Orthodoxen Bischofs von Berlin und Deutschland statt. An der Versammlung nahmen alle Geistlichen und Vertreter aller Gemeinden der Diözese teil. Die Vorträge betrafen das Leben unserer Diözese und unserer Kirche allgemein, und mit großem Engagement wurden verschiedene Meinungen über die heutige Lage der Russischen Orthodoxen Kirche im ganzen und ihre weiteren Entwicklungsmöglichkeiten geäußert.
Die Priester und Kirchenältesten berichteten über ihre Gemeinden. Dabei ergab sich ein wesentlich neues Bild im Gegensatz zu vergangenen Versammlungen dieser Art, das insbesondere durch den Zuwachs unserer Gemeinden durch neue Einwanderer aus Rußland geprägt ist. Am letzten Tag der Konferenz fanden Wahlen statt. Der Diözesanrat wurde unter Zuwahl eines Ersatzmitgliedes in seiner bisherigen Zusammensetzung wiedergewählt. Ihm gehören auf der Seite der Geistlichen an: Erpriester Dimitrij Ignatiew, Priester Boœidar Patrnogic, Priester Nikolai Artemoff, und als Ersatzmitglied Diakon Andrej Sikojev; auf seiten der Laien: W. v. Kutsche, W. v. Lewin, M. Gorachek, und als Ersatzmitglied Frau N. Schick. In die Revisionskommission wurden gewählt: Priester Johannes Kaßberger, Protodiakon Gorgij Kobro und Michael Schulz, und als Ersatzmitglied Frau T. Eberhardt.
Am 2. Tag der Konferenz nahmen fast alle Geistlichen an der bischöflichen Zelebration der Göttlichen Liturgie teil. Die Konferenz begann und endete mit einem Bitt- und Dankgottesdienst.
Nach der Diözesanversammlung fand eine Pastoralkonferenz statt. Neben der Besprechung von Fragen aus der pastoralen Praxis und aus dem Gebiet der Theologie, standen auch die Wahlen zum Geistlichen Gericht auf der Tagesordnung: hierzu wurden gewählt: Erzpriester Ambrosius Backhaus, Erzpriester Dimitrij Ignatiew, Priester Boœidar Patrnogic, und als Ersatzmitglied Priestermönch Agapit (Gorachek).
Bote 1992-3
Besuch der myronspendenden
wundertätigen Ikone der Gottesmutter
Obgleich vielen die Geschichte der myronspendenden wundertätigen Ikone der Gottesmutter von Iveron bereits bekannt ist, wollen wir sie kurz für diejenigen erzählen, die von diesem Wunder noch nicht gehört haben.
Der in Chile geborene Spanier José Muñoz, der in seiner Jugend orthodox wurde und in Kanada das Malen von Ikonen erlernte, besuchte bei einer Pilgerfahrt auf den Heiligen Berg Athos ein neuerbautes Skit von Ikonenmalern. Dort gefiel ihm eine Ikone der Gottesmutter besonders. Es war eine Ikone vom Typ der Gottesmutter von Iveron. Auf alle seinen Bitten, diese Ikone kaufen zu können, erhielt er abschlägige Antworten. Es stellte sich heraus, daß diese Ikone die erste war, die nach der Eröffnung dieses Skits gemalt wurde. Am nächsten Tag jedoch, als José das Skit verlassen wollte, überreichte ihm der Abt die Ikone als Geschenk unter dem Hinweis darauf, daß dies der Wille der Gottesmutter Selbst sei. Einige Monate später, am 24. November 1982, begann die Ikone in der Wohnung von José wolriechendes Myron zu spenden, und sie wurde von Erzbischof Vitalij - dem heutigen Metropoliten und Ersthierarchen der Russischen Auslandskirche - in die Kathedralkirche geholt. Bei Reisen begleitet José Muñoz die Ikone.
Anläßlich seiner Arbeit an der Ikonenwand des Lesnaer Frauenklosters bei Paris befand sich die Ikone der Allerheiligsten Gottesmutter im Frühling dieses Jahres dort und besuchte von dort aus unsere Diözese. Dies war ihr zweiter Besuch - der erste fand 1987 statt.
Noch von dem ersten Besuch war im Kloster des Hl. Hiob in München (wie wahrscheinlich auch an anderen Stellen) Wohlgeruch und Feuchtigkeit der Watte erhalten, die vor 5 Jahren von dem Myron getränkt wurde. Und in vielen Seelen war der unvergessliche wunderbare Eindruck erhalten, von dem viele sagten, daß sie ein so lebendiges Gefühl bewahrten, als hätte uns die Gottesmutter selbst besucht.
“In unserem trockenen und ungläubigen Zeitalter hat uns Sündern die Allerheiligste Gottesmutter eine solche Barmherzigkeit durch Ihre heilige Ikone erwiesen, die so auf alle unsere Gefühle wirkt, daß selbst die verrohtesten Seelen wohl nicht umhin können, die Anwesenheit der Allerheiligsten Jungfrau selbst zu verspüren” - schreibt man uns. “Durch Ihr so feines und strahlendes Antlitz dringt Sie durch das Auge in uns; das hervorquellende Myron erfüllt den gesamten Raum und läßt uns einen paradiesischen Wohlgeruch empfinden, der in die Tiefe des Herzens eindringt; durch die Berührung dringt das Myron, mit dem wir gesalbt werden, in uns ein und tränkt uns mit dieser Barmherzigkeit”...
Es ist wahr, der Wohlgeruch dringt ins Herz ein mit einer besondern Freude, von der ein Bischof bemerkte: die Seele erkennt den Wohlgeruch ihrer himmlischen Heimat. Diese Ikone wirkt nicht nur durch den Anblick, sondern bei der Begegnung im Gottesdienst umfängt sie alle Sinne.
Das Myron tritt in kleinen Tropfen aus der Ikone. In München und Berlin hatten die Gläubigen die Möglichkeit, dieses eigenartige Schwitzen auf dem Antlitz des Kindes zu beobachten und zu sehen, wie über das Antlitz der Gottesmutter ein kleines neues Rinnsal von Myron wie eine Träne herabfloß. Doch auch auf der Kleidung erscheint das wohlduftende Myron wie Tau und bildet an verschiedenen Stellen einen ganzen Strom. Das über die Ikone herabfließende Myron wird unter der Ikone in Watte gesammelt, welche die Geistlichen in eine besondere Aussparung im Rahmen einlegen. Das Myron kann auch auf dem Glas der Ikone erscheinen, und gelegentlich fließt es so reichlich, daß sich selbst auf dem Stoff der Bekleidung des Analogions ein Fleck bildet. Verschiedene Geistliche unserer Diözese, die den Gläubigen nach den Gottesdiensten Wattestückchen austeilten, bemerkten, daß selbst bei scheinbar trockener Watte, bei ihrem Trennen und Verteilen Myron über die Hände zu fließen begann, sodaß es so schien als vermehre sich das Myron in ihren Händen. Den Versuchen, die Hände mit trockener Watte abzureiben, war für geraume Zeit kein Erfolg bestimmt.
Eine unsere Gläubigen, die der Ikone bei uns zum ersten Mal begegnete, beschrieb ihre Eindrücke folgendermaßen:
“Die Tage der Großen Fastenzeit sind nicht so sehr durch die physische Enthaltsamkeit, als vielmehr durch die geistliche Anspannung beschwerlich, durch die Hinwendung des Blickes nach innen, in die eigene kranke und hilflose Seele. Daher erwarteten wir die myronspendende wundertätige Ikone der Gottesmutter von Iveron in München in der zweiten Hälfte der Großen Fastenzeit mit besonderer innerer Spannung.
Sie traf in der Kathedralkirche am 10. April ein, dem Vorabend des Lobpreises der Allerheiligsten Gottesmutter, um allen Leidenden Trost zu spenden. Was fühlten wir in jenen Tagen? Was fühlte ich, die ich mich für eine orthodoxe Christin halte, tatsächlich aber eine dauernd zweifelnde Sünderin bin? Es verschwanden die Fragen, die man schwer oder überhaupt nicht beantworten kann. Es wurde still und ruhig in der Seele, weil man in dieser Zeit nicht an sich selbst dachte.
Die Ikone brachte eine schwer erreichbare Einheit, Gemeinschaftlichkeit in die Gemeinde: alle waren durch die Gottesmutter vereint. Täglich fanden Gottesdienste statt, alle Anwesenden fühlten eine ungewöhnliche Freude, der Chor sang besonders feierlich. Trotz der großen Ansammlung von Menschen bot unsere Kirche allen Platz: es war weder eng noch drückend. Die Gottesmutter ließ alle zu Sich kommen: Leidende und Kranke, Gläubige und einfach Schaulustige. Besonders empfänglich reagierten auf die Gegenwart der wundertätigen Ikone unsere Kinder: immer wieder gingen sie, die Ikone zu verehren, standen lange vor ihr und flüsterten leise Gebete oder vertieften sich mit den Augen in das Antlitz des Kindes und der Gottesmutter, aus dem lebendige Liebe hervorstrahlte. Viele legten ihre Taufkreuze auf die Ikone oder Papier-Ikonen mit der photographischen Wiedergabe der wundertätigen Ikone.
Vollkommen still wurde es in der Kathedrale zu Ende der Gottesdienste, als Erzbischof Mark aus dem Rahmen der Ikone die Watte entnahm, die sich während der Gottesdienste mit dem aus der Ikone fließenden Myron getränkt hatte. Unsere gemeinsamen Gebete waren erhört worden: jeden Tag zeigte die Ikone uns dieses Wunder, es gab erstaunlich viel Myron. Der Erzbischof salbte alle in der Kirche Anwesenden mit dem Myron und gab ihnen Wattebäusche, die mit Ehrfurcht nach Hause getragen wurden. In diesen Tagen waren auch viele Gäste aus Rußland unter uns, die neben einem Tropfen des Myrons und gedruckten Wiedergaben der Ikone auch gestärkte und erneuerte Seelen mit sich in die Heimat nahmen.
Wir verabschiedeten uns von der Ikone mit einem Abendgottesdienst mit der Liturgie der Vorgeweihten Gaben am Mittwoch, den 15. April. Viele Gläubige enthielten sich an diesem Tag von jeglicher Speise und Trank, um am Abend die Möglichkeit zu erhalten, in der Gegenwart der wundertätigen Ikone die Heiligen Gaben des Leibes und Blutes Christi zu empfangen.
Als die Ikone der Gottesmutter an diesem Abend in andere Städte weiterfuhr, hinterließ sie in unserer Kirche und unseren Häusern ihren unbeschreiblichen Wohlgeruch. Werden wir ihn lange in unseren Seelen bewahren können?
Allerheiligste Gottesgebärerin, errette uns!
Geistliche unserer Diözese besuchten mit der Ikone innerhalb der einen Woche ihres Aufenthaltes in Deutschland die Gemeinden in Berlin, Ludwigsfeld, Regensburg, Erlangen, Darmstadt, Bad Homburg, Wiesbaden, Frankfurt, Stuttgart und Baden-Baden. Außerdem brachte die Ikone vielen Kranken und Alten in verschiedenen Städten Trost (darunter auch Kindern aus Rußland, die sich in hiesigen Krankenhäusern zur Behandlung aufhalten). Ein Bittgottesdienst wurde auch in dem Gebäude abgehalten, das die Münchener Gemeinde in ein orthodoxes Gotteshaus umwandeln will. Der die Ikone begleitende José drückte nicht nur seine Überzeugung aus, daß die Allerheiligste Gottesmutter uns segnet, diese Kirche zu bauen, sondern versprach auch, mit der Ikone zur Weihe der Kirche zu kommen. Die kurz darauf geführten Gespräche über die Möglichkeit des Erwerbs dieser Kirche verliefen für unsere Gemeinde durchaus zufriedenstellend.
Bote 1992-3
Heiliger Berg Athos
Skit des Hl. Propheten Elias - Berg Athos
Am 28. und 29. Mai 1992 tagte in Hamburg die Diözesanversammlung der Russischen Orthodoxen Diözese des Orthodoxen Bischofs von Berlin und Deutschland. Die Geistlichen und Vertreter aller Gemeinden dieser Diözese verfaßten aus aktuellem Anlaß folgende Resolution:
“Am 21. Mai erfuhren wir aus einer Mitteilung von dpa, daß am Vortag Vertreter des Patriarchats von Konstantinopel in Begleitung der griechischen Polizei im Skit des Hl. Propheten Elias auf dem Athos erschienen, den dort lebenden russischen Mönchen eine halbe Stunde zum Packen ihrer persönlichen Gegenstände ließen und sie vom Hl. Berg Athos abtransportierten.
Das Skit des Hl. Propheten Elias ist das älteste der russischen Skiten auf dem Hl. Berg. Es wurde im Jahr 1757 von dem berühmten Starzen Paissij Veli¡ckovskij gegründet, der hier 1982 heiliggesprochen wurde.
Als Vorwand für die gewaltsame Entfernung der Mönche, die alle der Russischen Orthodoxen Kir-che im Ausland verbunden sind, gaben die Vertreter des Patriarchats sowie der Polizei an, daß diese Mönche es ablehnten, bei den Gottesdiensten des Patriarchen von Konstantinopel fürbittend im Gebet zu gedenken. In einer namentlichen Fürbitte für den Patriarchen wird eine Zustimmung zu seinen Handlungen und seiner Kirchenpolitik gesehen.
Dieser Grund verliert seine Überzeugungskraft, wenn wir erfahren, daß gegen die griechischen Mönche des Klosters Esphigmenou oder zahlloser Einsiedeleien nicht so vorgegangen wurde, obwohl sie in ihren Gottesdiensten nicht des Patriarchen gedenken.
Wir mögen in der Frage der namentlichen Fürbitte für den Patriarchen im Gottesdienst unterschiedlicher Meinung sein. Ich selbst und Geistliche meiner Diözese haben auf dem Berg Athos für den Patriarchen von Konstantinopel gebetet. Man mag die persönlichen Qualitäten der betroffenen Mönche unterschiedlich bewerten.
Unbeschadet aller unterschiedlichen Auffassungen muß das Vorgehen der Vertreter des Patriarchen von Konstantinopel und der griechischen Polizei ausschließlich gegen wehrlose russische Mönche, von denen der älteste seit 30 Jahren auf dem Athos lebt, wie es hier berichtet wird, als ein Verstoß gegen die Menschenrechte angesehen werden, und dieses Ereignis läßt den Gedanken an eine Fremdenfeindlichkeit aufkommen, insbesondere weil in entsprechender Lage gegen griechische Mönche keine gewaltsame Ausweisung erfolgte. “
Bote 1992-3
Großbritanien
Am Sonntag den 5. April nach der Liturgie fand in London auf dem neuen Grundstück, das im vorigen Jahr von der Gemeinde gekauft wurde, eine Sitzung des Gemeinderates unter Leitung von S. E. Mark, des Erzbischofs von Berlin und Deutschland und Großbritannien statt.
Bei der Versammlung wurde berichtet, daß die Gemeinde von der Stadtverwaltung die Baugenehmigung für eine neue Kirche auf diesem Gelände erhalten hat. Der Gemeinderat beschloß, zunächst die Bauarbeiten an dem Haus, das bereits auf dem Grundstück steht, fortzusetzen. Hier wurde in den letzten Monaten ein neues Heizungssystem und elektrisches Leitungsnetz installiert und im ersten Geschoß die Wohnung für den Priester vollkommen instandgesetzt. Es wurde ferner beschlossen, an dem Haus einen Saal anzubauen, in dem bis zum Neubau der Kirche die Gottesdienste durchgeführt werden können. Dies ist nötig, da in dem Gemeindehaus in St. Dunstan’s Road der Platz für die Gläubigen nicht reicht. Durch den Beginn der Gottesdienste auf dem neuen Grundstück hofft die Gemeinde, ein geordneteres und festes Gemeindeleben beginnen zu können und gleichzeitig die Aufmerksamkeit einer größeren Zahl von Gläubigen auf den Kirchenneubau zu lenken. Für die Instandsetzungsarbeiten im Haus stehen vorläufig nicht genügend Mittel zur Verfügung, weshalb sich der Gemeinderat an alle Gläubigen und Freunde mit der Bitte um Unterstützung wendet.
Fernerhin wurde eine Kommission für Spendenaktionen gegründet, da der Kirchenneubau ein sehr wichtiger Schritt zur Festigung des Gemeindelebens in London und darüber hinaus in ganz England ist.
Nach Ostern besuchte Erzbischof Mark wiederum vom 7. bis 17. Mai die Diözese von Großbritannien. In dieser Zeit kam auch die wundertätige Myronspendende Ikone der Gottesmutter von Iveron nach England. Die Ikone war bei den Gottesdiensten in der Kathedralgemeinde in London und in dem Frauenkloster anwesend. Weiter fuhr Erzbischof Mark mit ihr in das Männerkloster in Brookwood und in die St. Nikolaus Gemeinde in Bradford. In London besuchte die Ikone auch die Häuser von Kranken und Gebrechlichen.
Am Sonntag den 17. Mai fand in London die Gemeindeversammlung statt. Wichtigstes Thema aller Berichte und Projekte war der Kirchenneubau.
Erklärung S.E. des Metropoliten Vitaly,
des Ersthierarchen der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Geliebte Brüder und Schwestern, und alle russischen Menschen!
Ich war äußerst bestürzt durch die letzten Ereignisse, als angeblich in meinem Namen, im Namen des Bischofssynods und Konzils der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland, am 23. Oktober d.J. im Martha-Maria-Kloster in Moskau eine Presse-Konferenz der Unabhängigen Nationalen Bewegung “Pamjat'” abgehalten wurde. Weder das Konzil noch der Synod oder ich persönlich haben jemals mündlich oder schriftlich den Segen für diese Versammlung und dafür, daß man in meinem Namen oder dem des Synods oder Konzils auftrat, gegeben. Unsere Kirche hat den Überfall einer Abteilung der “PamjatÝ” unter Beteiligung des Priesters Oleg Stenjaev auf die Redaktion der Zeitung “Moskauer Komsomolec” nicht sanktioniert; dieses Unternehmen wurde ohne unser Wissen durchgeführt.Wir verurteilen kategorisch derartige Handlungen und die Teilnahme unserer Geistlichen daran.
Unser Standpunkt ist ausschließlich geistlicher Natur. Wir senden zehntausende von Büchern geistlichen Inhalts nach Rußland. In den von uns versandten Büchern gibt es nicht einmal die Andeutung irgendwelcher Politik. Wir senden in unsere Heimat die Werke des Hl. Antonios d. Gr. und Makarios des Ägypters, Katechismen der Orthodoxen Kirche, Lehrbücher für den Religionsunterricht, Bibeln, Gebetbücher, was von unserem Bestreben zeugt, einen Beitrag zur geistlichen Wiedergeburt des russischen Volkes zu leisten. Über nichts anderes sorgen wir uns.
Wir haben nichts gemein mit irgendeiner politischen Partei, Front oder Bewegung. Unsere Aufgabe ist es, das russische Volk aufzurichten; wir beten tagtäglich darum, daß der Herr unser Volk von dem furchtbaren gefallenen Zustand, in dem es sich bis heute befindet, aufrichten möge. Wir wünschen, daß der Herr den Verstand des russischen Volkes öffnet und erleuchtet, um ihm zu helfen, sich aus seinem verderblichen Zustand zu befreien. Das russische Volk hat soviele Schrecknisse erlebt, unzählige unschuldige Menschen wurden umgebracht. Ich glaube, daß ein Volk, das auf Golgatha war, fähig ist, aufzuerstehen.
Auf keinen Fall wünschen wir, daß unsere kirchlichen Kleider mit Politik besudelt werden. Und als der Fehler eines unserer Geistlichen stattfand, der am 22. Mai d.J. in Moskau an einer politischen Demonstration in Automobilen teilnahm, äußerten wir unsere Unzufriedenheit und verbaten derartige Unternehmungen, damit sich solche Dinge in Zukunft nicht wiederholen.
Als Ersthierarch der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland wende ich mich an Sie: wenn einzelne Geistliche unserer Kirche, oder insbesondere mein Gespräch in der Zeitung “Den'”, das ohne mein Wissen und Korrektur zu veröffentlichen unwürdig war, Sie in irgendeiner Weise unwillentlich betrübt oder gekränkt haben, so bitte ich Sie, uns zu verzeihen.
Metropolit Vitaly
19. Oktober / 2. Noveber 1992
Wundertätige Ikone von der Wurzel von Kursk besucht Deutschland
Ende Januar oder Anfang Februar 1993 erwarten wir den Besuch der Odigitria der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland, der Wundertätigen Ikone von der Wurzel von Kursk. Höchstwahrscheinlich wird die Ikone zum 31. Januar 1993 aus New York in München eintreffen. Von hier aus wird sie die Gemeinden unserer Diözese besuchen. Die Ikone bleibt bis zum Ende der Großen Fastenzeit in Europa. Der genaue Plan der Reisen der Ikone durch verschiedene Städte wird in der Diözesanverwaltung ausgearbeitet und den Gemeinden rechtzeitig bekanntgegeben.
Aus dem Leben der Diözese
p Am 5./18. Oktober zelebrierte S.E. Erzbischof Mark die Göttliche Liturgie in der Christi-Verklärungs-Kirche in Baden-Baden. Ihm konzelebrierten Erzpriester Miodrag Glisic und Priester Evgenij Skopinzew sowie Protodiakon Georgij Kobro. Nach dem Gottesdienst hatte Vladyka Gelegenheit zum Gedankenaustausch mit den Gläubigen der Gemeinde und nach dem Mittagessen leitete er eine Sitzung des Gemeinderates.
p Am 30. Oktober wurde in Stuttgart das 100. Jubiläum des Todestages der Russischen Großfürstin und Königin von Württemberg Olga feierlich begangen.
Am Nachmittag zelebrierte Erzbischof Mark mit den Priestern Ilija Limberger und Johannes Kaßberger in der St. Nikolauskirche an der Seidenstraße eine Panichida, zu der der Kathedralchor aus München unter der Leitung von Vladimir Ciolkovitch sang. Anwesend war auch der jetzige Chef des Hauses Württemberg Herzog Carl. Die russische Kirche war aus diesem Anlaß von einer großen Zahl von Gästen gefüllt, worunter sich insbesondere viele Olga-Schwestern befanden.
Olga Nikolajevna war am 30. August 1822 als Tochter des Zaren Nikolaus und der Preußen-Prinzessin Alexandra in St. Petersburg geboren. 1846 heiratete sie den Württembergischen Kronprinzen und späteren König Carl. Sie zeichnete sich vor allem durch ihre caritative Tätigkeit aus. 1848 übernahm sie die Schutzherrschaft über die “Olga-Heilanstalt”, das älteste Kinderkrankenhaus Württembergs. Noch heute bestehende Einrichtungen wie das Olga-Hospital, das Karl-Olga-Krankenhaus oder der Diakonissen-Orden der Olga-Schwestern erinnern an das Wirken der Königin. Sie starb am 30. Oktober 1892 in Friedrichshafen und wurde in der Fürstengruft unter der Kirche im Alten Schloß in Stuttgart beigesetzt.
Nach der Panichida gab die russische Gemeinde einen Empfang für die Gäste. Am Abend des 30. Oktober fand eine Gedenkveranstaltung mit einem Vortrag über Wesen und Wirken der Königin Olga im Diakonissen-Mutterhaus der Olga-Schwestern in Stuttgart statt. In seinem Grußwort erklärte Herzog Carl, daß es jetzt an der Zeit sei, die Hilfe die Württemberg seinerzeit aus Rußland erhalten habe, zu erwidern. Herzog Carl hat deshalb die Schirmherrschaft über ein Kinderkrankenhaus in St. Petersburg übernommen, das den Namen der Hl. Olga tragen wird, und er bat hierfür um Spenden. Priester Johannes Kaßberger überreichte dem Herzog im Namen der russischen orthodoxen Gemeinde in Stuttgart eine Ikone der Hl.Olga für das genannte Kinderkrankenhaus. Im Anschluß daran wurde eine Ausstellung zu diesem Anlaß eröffnet.
p Am 25. und 26. Oktober /7. und 8. November feierte Erzbischof Mark die Gottesdienste zum Fest des Hl. Großm. Demetrios in der diesem Heiligen geweihten Kirche in Köln. Ihm konzelebrierte Priester Bo¡zidar Patrnogic und Diakon Andre Sikojev. Der Abendgottesdienst und die Liturgie wurden nach dem Brauch dieser Gemeinde vollständig in deutscher Sprache zelebriert. Die kleine Kirche war übervoll von Gläubigen, die sich zum Patronatsfest versammelt hatten.
p Am 9. November flog Erzbischof Mark nach London, um dort den neuen Geistlichen in seine Aufgaben einzuführen. Vater Vadim Zakrevskij war wenige Tage zuvor mit seiner Frau und zwei Söhnen in London eingetroffen und hatte die Wohnung in dem von der Gemeinde kürzlich gekauften Haus in Chiswick bezogen. Am Sonnabend den 1./14. November zelebrierte Erzbischof Mark die Liturgie im Frauenkloster zur Verkündigung der Allerheiligsten Gottesmutter in London mit Archimandrit Alexej aus Brookwood und Vater Vadim Zakrevskij. Da auf diesen Tag das Jubiläum der Einsetzung von Matuschka Elisabeth als Äbtissin fiel, predigte Erzbischof Mark über die Bedeutung der geistlichen Führung und des Gehorsams. Am folgenden Tag, Sonntag den 15. November, zelebrierte Erzbischof Mark die Liturgie im Allerheiligen- Podvorije in St. Dunstan´s Road und stellte dabei der Gemeinde ihren neuen Priester vor. Bei einem von der Schwesternschaft gegebenen Empfang in dem Haus in Chiswick hatte die Gemeinde reichlich Gelegenheit zum Gedankenaustausch mit ihrem Bischof und dem neuen Priester.
In Zukunft wird Abt Seraphim das Frauenkloster in London, sowie die Gemeinden in Manchester und Nottingham betreuen und einmal monatlich in der Londoner Gemeinde zelebrieren. Vater Vadim Zakrevskij dagegen wird die Gemeinde in London betreuen und einmal monatlich in der St. Nikolaus Gemeinde in Bradford zelebrieren.
p Während des Aufenthaltes in England flog Erzbischof Mark am 12. November für einen Tag nach Irland, um dort den Standort für eine geplante Kirche in Stradbally zu besichtigen. Von Dublin aus liegt Stradbally ungefähr zwei Autostunden nach Westen. Hier soll auf einem großen Grundbesitz eine orthodoxe Kirche entstehen und zum Zentrum der wenigen und weit verstreuten Angehörigen unserer Kirche in Irland werden.