Über die Göttliche Liturgie

Lieber Leser, Ihnen liegt eine wunderschöne Erzählung über die Göttliche Liturgie vor.

Sie weiht Sie in die Entwicklung, das Wesen, die Mysterien und die Symbole des Hauptgottesdienstes der Orthodoxen Kirche ein.

Diese Erzählung stammt aus der Feder des Mönchsdiakons Seraphim (Tschurkin), der Ende 2005 in Gott entschlief. Sei ihm unser helles Andenken bewahrt ─ möge er würdig sein, den Heiligsten Namen Gottes auch in dem unnahbaren Lichte zu preisen und zu ehren.

Mit dem Segen des Metropoliten Ioann von St.Petersburg und Ladoga.
ISBN 5─7373─0134─6
© Mönchsdiakon Seraphim (Tschurkin), Text, 1996
© Satis Verlag, Originalvorlage, Layout 2006
Wenn man anfängt, über die Liturgie zu sprechen, erinnert man sich aus irgendeinem Grund an Tschaikowski[1], Rachmaninow und das Cherubikon[2] von Bortnjanski; Kenner erwähnen Archangelski und Tschesnokow, man spricht über Sänger und Chöre… Heutzutage ist es bereits üblich (und sogar zur Mode) geworden, Kirchenmusikkonzerte zu besuchen oder sich zu Hause, gemütlich im Sessel sitzend, den Ohrenschmaus der Aufnahme irgendeiner Liturgie oder Vigil zu gönnen. Lasst uns jetzt nicht darüber diskutieren, ob dies gut oder schlecht ist. Vor den Zeichen der Zeit kann man nicht weglaufen. Ich will nur sagen, dass diese Musik nicht für Musikschwärmer gemacht ist. Sie ist, von mir aus, eine „Arbeits-“ oder „Produktionsmusik“, eine spezielle Musik für die Adepten. Sie war früher einmal allen zugänglich, volkstümlich ─ das war, als unser Vaterland ein orthodoxes Land war und sogar „das Heilige Russland“ genannt wurde. Und wenn man weiter zurückschaut, wurden Menschen, die der Kirche Christi nicht zugehörten, in den Zeiten des jungfräulichen Glaubens, zu dieser Musik nicht zugelassen; man verwies sie einfach der Kirchen.
Lasst uns jetzt nicht darüber diskutieren, warum und wie das Heilige Russland sich in ein Heiden- und Atheistenland verwandelt hat. Uns bereitet eine andere Tatsache Sorgen. Man sagt, dass die Russische Kirche durch unsere Großmütter vor der kompletten Vernichtung errettet wurde. Und dies ist teilweise wahr. Wir erinnern uns an die Zeiten, als nur ihre kleinen weißen Kopftücher die verödeten, nur durch ein Wunder erhalten gebliebenen Gotteshäuser belebten. Aber jetzt kommen immer häufiger Großmütter ins Gotteshaus, die uns Kleriker durch den Mangel auch der geringsten Ahnung über die Kirche überraschen. Woran liegt das? Der Grund ist einfach der, dass jene Großmütter, die den Glauben bewahrt hatten, bereits verstorben sind, und die Neuen, die kommen, Kinder jener atheistischen Zeit sind, ehemalige Mitglieder des kommunistischen Jugendvereins, Erbauerinnen des gottlosen Staates
[3]. Welche Kenntnisse über die Kirche können sie haben? Und was kann man schon über die Jugend sagen?
Es ist klar, warum der Satan der Kirche so leicht die heutige Freiheit geschenkt hat. Er dachte, dass sie nach 70 Jahren Misshandlung bereits tot sei; also könne man zulassen, dass sie in Gesellschaft all der vielen losgelassenen Astrologen, Übersinnlichen und Hexenmeister unbehindert weiter verfault. Auch Wissenschaftler betonen, dass die genetische Verbindung der Generationen nach 70 Jahren durchbrochen sei; folglich sei unserer Gesellschaft die Orthodoxie abhanden gekommen.
Jedoch möchte man kaum glauben, dass die Lage unserer Kirche so dermaßen hoffnungslos sein soll, insbesondere wenn man zu Weihnachten oder Ostern die vollen Kirchenhäuser sieht. Es muss doch irgend etwas geben, was die Menschen hierher gebracht hat?.. Bevor wir also anfangen, über die größte und wichtigste Erscheinung des kirchlichen Lebens, die Göttliche Liturgie, zu sprechen, wird es, denke ich, nicht überflüssig sein, einiges über das eigentlichen Wesen der Kirche Christi zu sagen.
Fangen wir mit einem Ereignis an. Vor zweitausend Jahren nahm der Sohn Gottes, unser Herr Jesus Christus, Fleisch an und wurde auf der Erde geboren. Wozu hatte Gott es nötig, auf die Erde zu kommen und als Mensch zu leben? Der Heilige Apostel Paulus sagt, dass ER ist „in der Vollendung der Zeitalter geoffenbart worden zur Abschaffung der Sünde durch sein Opfer“ (Hebr. 9, 26
[4]). Was bedeutet nun aber „in der Vollendung der Zeitalter“?
Mögest du wissen, dass die Menschheit sich vor 2.000 Jahren der Vollendung ihrer irdischen Existenz näherte und ihr Dasein im Universum hätte beenden müssen. Die Menschheit war zur Vernichtung bestimmt.
Die Sache ist so, dass die Menschheit, indem sie sich nach dem Sündenfall im Paradies entwickelte, immer weiter degenerierte. Der Mensch, der zur Vervollkommnung der Heiligkeit, der Liebe und der Gottesähnlichkeit erschaffen wurde, versank immer mehr in Sünde: in Untugenden, Bosheit, Dämоnenähnlichkeit. Zu dem Zeitpunkt, über den wir sprechen, stellte die Menschheit solch ein hoffnungslos krankes und schädliches Organ des lebendigen Leibes des Universums dar, dass ihre Vernichtung zu einer dringlichen Notwendigkeit geworden war.
Die Menschheit hatte sich bereits schon einmal in solch einer Lage befunden. Lasst uns an die Sintflut erinnern: alles Lebendige war vernichtet worden. Und nur durch die Gnade Gottes und dank der Rechtschaffenheit eines Menschen, Noahs, wurde unser Stamm vor dem absoluten Verschwinden von der Erde bewahrt. Aber so bedauerlich es ist, Noahs Sprösslinge, zu denen wir alle gehören, entfernten nicht allzu weit von den Irrtümern der vorsintflutlichen Menschen. Im Gegenteil: die Verwesung der Gesellschaft erreichte solch ein Ausmaß, dass keine Gerechten sie mehr heilen konnten. Der Herrgott selbst sah sich bemüßigt, die Menschheit zu retten.
Glaubt mir: wenn die Lage der Menschheit nicht so hoffnungslos gewesen wäre, hätte der Schöpfer des Universums seinen Einziggeborenen Sohn nicht auf diese verdammte Erde hinuntergeschickt - und schon gar nicht zu einem so demütigenden und grausamen Leiden. Da hätte ER sich eher etwas Einfacheres ausgedacht.
Der Sohn Gottes nimmt Fleisch und wird auf die Erde geboren - dadurch bewahrt ER die irdische Welt vor der Tragödie der Vernichtung. Die Präsenz Gottes in der Menschheit ermöglichte ihre weitere Existenz auf Erden.
Lasst uns nun die Andersgläubigen fragen ─ Mohammedaner, Buddhisten und andere: Haben Eure Götter für die Menschen etwas Ähnliches getan?
Christus verlängerte die Lebensjahre der Menschheit. Lass uns IHM danken, denn wir leben in dieser Zeit, die Christus der Menschheit geschenkt hat!
Wenn wir das Werk des Gottessohnes jedoch im Lichte des ganzen Weltenbaus betrachten, stellt sich die Frage, ob die Verlängerung des Lebens der Menschheit überhaupt Sinn ergab. Ergibt es Sinn, einem von Wundbrand befallenes Organ zu belassen? Die Verlängerung des Daseins der Menschheit auf Erden behob noch lange nicht das Problem ihrer sündhaften Verderbtheit, die die Welt schädigte.
Und sehet ─ das nächste Wunder des Göttlichen Wohlwollens dem Menschen gegenüber: Christus, die Quelle der Reinheit und der Heiligkeit, selbst frei von Sünde, nimmt die Verantwortung auf sich. Er übernimmt die Vergeltung für all das Böse, das der Mensch zu allen Zeiten getan hatte. Christus opfert sich dem Menschen zuliebe ─ statt der Menschheit liefert ER sich selbst dem Tode aus. Entehrt, verprügelt, in Gemeinschaft von Räubern, unter Spott und Hohn dem Pöbel preisgegeben, in unerträglichem Leiden stirbt ER am Kreuz wegen unserer bösen Taten, Sünden und Laster.
Jedoch ist der Tod Christi nicht einfach die Ersetzung der Hinrichtung der Menschheit durch die Hinrichtung des Sohnes. Die in ihrem bösen Dasein unzähmbare Menschheit hätte bereits am ersten Tag, wenn nicht gar in der ersten Stunde, nach dem Tod Christi wieder auf dieselbe Art und Weise erlöst werden müssen. Indem ER sich der Menschheit durch seinen Tod hingab, vereinigte sich der Sohn Gottes mit dieser untrennbar; ER umfing sie mit seiner Göttlichkeit. Der Mensch begann, im direkten Sinne, in Christo wie im Leibe einer Mutter zu leben, die jegliche Entbindung der Frucht ihres Leibes mit durchlebt. „Außer mir könnt ihr nichts tun[5]“ ─ so hat es Christus den Menschen gesagt. „Darum verherrlichet nun Gott sowohl in euren Leibern als auch in euren Seelen,“ sagt der Heilige Apostel Paulus, „denn sie sind nicht von euch, sondern von Gott - ihr seid um einen Preis erkauft worden“ (1 Kor. 6, 20[6]).
Welche Götter anderer Religionen erretteten die Menschheit zu solch einem Preis vor dem Tode? Welcher der anderen Götter vermochte es, einen Übeltäter und Mörder, der es kurz vor seinem Tode und Absturz in die Hölle zu ewiger Tortur gerade eben noch schaffte, Christus darum zu bitten, sich an ihn zu erinnern, von all seinen Bösartigkeiten und Übeltaten loszusprechen zur Unschuld eines Neugeborenen und ihm so den Weg ins Paradies zu öffnen
[7]?
Jedoch war die Erhaltung der irdischen Menschheit und die ihr eröffnete Möglichkeit, durch das Feuer der Gnade Christi die eigenen Sünden zu verbrennen, noch nicht die ganze Wohltat Gottes. Getreu seinem Vorhaben über den Menschen rettete ER die Menschheit und erhielt sie, auf dass der Mensch doch noch seine ursprüngliche Bestimmung – die Vergöttlichung – erreichen könne. Als Schöpfer des Menschen, der alles über ihn weiß, weiß ER aber auch, dass einem die eigene Versklavung durch den Teufel beschwerlich ist, so wie ER ebenfalls weiß, dass andere die unglückselige Lage des gefallenen Menschen für die Lebensnorm halten und die eigene Verderbtheit nicht einmal auf dem Sterbebett bereuen werden. So traurig es ist, aber einige wenige werden mit Christus gehen, um das Himmelreich und das ewige Leben zu erben, während viele andere mit dem Teufel in die Hölle und die ewige Qual ziehen werden. Jeder hat das Recht zu wählen, mit wem er gehen will, obwohl Christus jeden zu sich ruft. Bis zum Ende der irdischen Existenz des Menschen ruft ER ihn zu sich.
Was hat also Christus denjenigen bereitet, die IHM folgen? Die Heilige Schrift teilt uns mit, dass ER auferstanden und in den Himmel aufgefahren ist und sich zur Rechten des Vaters, des Allmächtigen, gesetzt hat. Merke es dir: nachdem der Gottessohn sein Werk auf Erden erledigt hatte, hat ER sich weder von der menschlichen Natur befreit noch den Menschenleib abgeworfen. Auffahren tut Christus, der vermenschlichte und Fleisch gewordene Sohn Gottes. Und das bedeutet, dass auch der Mensch ins Himmelsreich auffahren kann. Das bedeutet, dass der Mensch die Möglichkeit bekommt, in einer Welt mit dem Himmlischen Vater zu leben - nicht einfach in der himmlischen Welt, nicht im Paradies, aber in der Göttlichen Welt. „Ich gehe hin, euch im Hause meines Himmlischen Vaters eine Stätte zu bereiten[8]sagte Christus den Jüngern vor Seiner Himmelfahrt.“,
Mit seiner Himmelfahrt hat Christus dem Menschen nicht nur eine Stätte in der Göttlichen Welt bereitet. Mit der Emporführung des Menschen zum Thron des Vaters bereitet ER auch selbst den Menschen vor. ER pfropft bzw. legt in den Menschen die Fähigkeit des Gottseins ein, die Fähigkeit, Gottheit zu sein, die Fähigkeit, mit allen Eigenschaften Gottes erfüllt zu werden.
Diese größte Gabe hat Christus eben an die Jünger, die IHM gefolgt haben, am zehnten Tag nach seiner Himmelfahrt herabgesandt. So schreibt Lukas der Evangelist: „Und als der Tag der Pfingsten erfüllt wurde, waren sie alle an einem Orte beisammen. Und plötzlich geschah aus dem Himmel ein Brausen, wie von einem daherfahrenden, gewaltigen Winde, und erfüllte das ganze Haus, wo sie saßen. Und es erschienen ihnen zerteilte Zungen wie von Feuer, und sie setzten sich auf jeden einzelnen von ihnen. Und sie wurden alle mit Heiligem Geiste erfüllt
[9]“, Und weiterhin sehen wir, wie diese - vorher schwach im Geiste, bornierte, schreckhafte Vertreter des einfachen Volkes - sich zu weisen und allmächtigen Lehrern der Menschheit wandelten.
Sagen wir noch mehr. Am Pfingsttag offenbarte Christus, durch die Herabsendung des Heiligen Geistes auf das Menschentum, sein Ebenbild auf Erden, vertreten durch seine Jünger, die zwölf Apostel und seine Mutter, die Allreine Jungfrau Maria. Am Pfingsttag wurde die Kirche Christi geboren. Diese ist die Gesellschaft der Menschen, die an Christus glauben, der Gottmenschliche Organismus, der durch Christus in Kraft gesetzt ist, die Mission des Gottessohnes in sich zu tragen.
Und die Kirche Christi besteht bereits zweitausend Jahre lang als Hüterin des Lebens auf unserem Planeten. Und solange sie, die „das Salz der Erde ist[10][11] Siluan[12].“, existiert, droht der Menschheit keine Vernichtung. Wir sind die Zeugen ─ wird die Kirche Christi schwächer, stürzen Elend und Leid über die Völker... Hört die Kirche auf zu existieren, und hört die Erde auf, heilige Leute Gottes zur Welt zu bringen, dann wird ihr auch die Kraft genommen, die die Welt vor der Katastrophe bewahrt ─ so die Vorwarnung des Heiligen Starez
Seit zweitausend Jahren nimmt die Kirche Christi menschliche Sünden auf sich und reinigt jeden, der mit Reue und Glauben an ihre Göttliche Herkunft und ihre Göttliche Kraft zu ihr kommt.
Seit zweitausend Jahren erhebt die Kirche ihre Söhne und Töchter in die Heimstatt des Himmlischen Vaters, heiligt Menschen und lässt sie als Göttliche Himmelsbewohner neu geboren werden ─ und verklärt sich selbst aus der Kirche, die auf Erden kämpft, in die Kirche, die im Himmel herrscht[13].
Alle Bedingungen für die Neugeburt erblindeter, erboster, durch Satan geplagter Menschen in Söhne und Töchter Gottes gibt es in der Heiligen Orthodoxen Kirche. Die Kirche lernt und heiligt - nach dem Gebot Christi: „Gehet [nun] hin und machet alle Nationen zu Jüngern, und taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,
[14]“,. Sie ist die Schule des Lebens und der Tempel der Heiligung. Und was die kirchlichen gemeinschaftlichen Gottesdienste betrifft, sind sie eben das, was diese Einheitlichkeit der Aufklärung und der Heiligung aufweist; denn gerade in ihnen werden die höchsten Begriffe der Wahrheiten des christlichen Lebens dargereicht, und geschehen die gnadenreichen Mysterien der Einbeziehung des Menschen in das Leben in Christo.
Der Mittelpunkt, das Herz aller Stundengebete ist die Liturgie. Umgangssprachlich wird sie „Obednja
[15]“ genannt. Dieses einfache Wort bringt uns dem Wesen des Gottesdienstes näher. In der Liturgie essen die Gottesdienstesteilnehmer zu Mittag, sie vollziehen die mystische Mahlzeit ─ in der Anwesenheit Christi selbst empfangen sie seinen Leib und sein Blut.
Dieses Mysterium ist für Uneingeweihte unbegreiflich, wild und ehrfurchterregend. Lasst uns jedoch nicht versuchen, die Geheimnisse des mystischen Lebens zu berühren, sondern nur sagen, dass Christus selbst dieses Mysterium festgelegt hat. Vor seiner Hinrichtung, beim „Heiligen Abendmahl“, im abschließenden Gespräch mit den Jüngern, brach ER das Brot, gab jedem ein Stück und sagte: „Dies ist mein Leib“. Er nahm den Kelch mit Wein: „Trinket alle daraus! Denn dies ist mein Blut[16]. Es sei denn, daß ihr das Fleisch des Sohnes des Menschen esset und sein Blut trinket, so habt ihr kein Leben in euch selbst. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, hat ewiges Leben,
[17]“
Auf diese Weise, indem Christus in Gestalt von Brot und Wein in den Menschen einzieht, vereinigt ER diesen Menschen mit seiner Gottmenschlichen Natur und befähigt ihn zum Aufstieg in die Heimstätten des Himmlischen Vaters und zum ewigen Leben dort.
Weil die Apostel und die ersten Christen diese größte Güte des Sakramentes der Kommunion, also des Empfanges von bzw. der Teilnahme an Leib und Blut Christi, verstanden und wussten, dass der Mensch nicht fähig ist, diese Heiligen Gaben länger als 24 Stunden in sich aufzubewahren, feierten sie die Liturgie von Anbeginn der Kirche an täglich. Vor dem Empfang von Leib und Blut lasen sie aus der Heiligen Schrift vor, sangen Psalmen und beteten.
Apostel Jakobus war der erste, der die Liturgieordnung zusammenfasste, also eine bestimmte Reihenfolge von Lesen und Singen festlegte. Im 4. Jahrhundert legte der Heilige Hierarch Basilius der Große die Liturgieordnung schriftlich nieder. Später im 4. Jahrhundert führte der Heilige Johannes Chrysostomus eine verkürzte Liturgieordnung ein.
Bevor wir anfangen, uns mit der Liturgie bekannt zu machen, sagen wir jedoch einiges über deren Hauptteil, über den Empfang von Leib und Blut Christi, denn die Einnahme dieses sakramentalen Mahls geht mit dem Problem dessen Aneignung einher.
Bekannt ist, dass nicht jeder Mensch die gleiche Nahrung annehmen kann. Die gleiche Speise wird einen Gesunden sättigen, einen Kranken jedoch noch mehr quälen und leiden lassen. Bei der Liturgie wird aber besondere Speise, Speise göttlicher Herkunft dargereicht. Und so wie ihr Einfluss auf gesunde Seelen belebend ist, so gefährlich ist sie für die Seelen der Kranken, die von solch dämonischen Giften wie List, Hass und Stolz infiziert sind.
Deswegen sollte man ein Gesetz des geistlichen Lebens kennen. So hat der Heiligen Isaak den Syrern erklärt: „Gott ist Liebe. Gott liebt alle bis zum letzten Sünder. Aber durch ihre Kraft wirkt die Liebe Gottes auf zweierlei Weise – sie quält die Sünder und erfreut die Gerechten. Die Güte erwärmt und reinigt Gerechte; Sünder dagegen verbrennt sie “. Deswegen warnen Priester normalerweise die zum Gottesdienst Gekommenen, dass sie keinesfalls auf die Idee kommen sollen, ohne vorherige Lossprechung ihrer Sünden zur Heiligen Kommunion zu schreiten. In der Praxis der Kirche gab es nicht wenige Fälle, die für Spaßmacher, Gotteslästerer und Anhänger von Experimenten am eigenen Körper ein trauriges Ende nahmen.
Die Kirche erklärt nur Kinder, die jünger als sieben Jahre alt sind für sündenfrei (wobei es natürlich um getaufte Kinder geht). Der Währung der Sündlosigkeit Erwachsener verabreicht die Kirche dagegen nur drei Tage und Nächte nach dem Moment der Taufe. Innerhalb dreier Tagen schafft es ein im Wasser des heiligen Taufbeckens gereinigter Mensch bereits, so viele Sünden zu begehen, dass der Empfang der Göttlichen Speise für ihn gefährlich wird.
Daher ist mit der Liturgie noch ein Mysterium verbunden ─ die Fähigkeit der Kirche als Vertreterin des Sohnes Gottes auf Erden, menschliche Sünden auf sich zu nehmen und alle davon zu bereinigen, die sie aufrichtig bereuen. Das ist das Mysterium der Buße. Vor der Liturgie müssen diejenigen, die kommunizieren wollen, ihre Sünden vor einem Priester beichten, und dabei entschlossen sein, sie nie mehr zu wiederholen. Der Priester, der durch den Heiligen Geist die apostolische Würde geerbt hat, durch die apostolische Macht und die Kraft Christi Sünden zu vergeben, vollzieht über den Büßer diesen größten Ritus der Seelenreinigung.
Zu büßen, die eigenen Sünden zu beichten – das ist keine leichte Sache. Insbesondere wenn du nur einmal im Jahr in die Kirche vorbeikommst, dann ist das schon sehr schwer. Komm, versuche mal, dich daran zu erinnern, was du alles während des letzten Jahres angestellt hast. Aber auch wenn du in die Kirche öfter vorbeikommst, ist es nicht leichter, auch wenn es keine Verbrechen gibt, sondern „nur“ verschiedene Kleinigkeiten, Bagatellen, Müll, nicht einmal des seriösen Erzählens wert. Außerdem schämt man sich, dem Priester seine Zeit zu stehlen… Es kommt auch darauf an, was für einen Priester man trifft ─ bei einem spürst du, dass er sich in deine Lage versetzt, während ein anderer dich bloß schnell mit seinem Epitrachelion
[18]bedecken will. Es ist schwer, einen Rat darüber zu geben, wie man Buße tun soll, wenn dein Gewissen schweigt. Man kann aber, Brüder und Schwestern, eines mit Sicherheit behaupten: eine Sünde, von der dich kein Priester losgesprochen hat, wird auch weiterhin eine Sünde bleiben. Daher beschwere dich nicht, dass dein Schicksaal schief laufe, dass es dich anekele, zu leben, und kein Ausweg zu erkennen sei, denn eine geheim gehaltene Sünde ist sowohl ein Einbruch in dein Schicksal als auch eine Wunde in deiner Seele. Und so wird diese Wunde schmerzen, sowohl in diesem Leben als auch im Jenseits. Und so kann von Frieden, Glück und Seligkeit keine Rede sein – weder in diesem Leben noch im zukünftigen. Eine Sünde nicht zu beichten – das ist so, wie sich mit den eigenen Händen an die Hölle zu nageln. Das Desaster liegt aber darin, dass wir bereits an die Hölle gewöhnt sind, also daran, in einer auswegslosen Misere zu existieren. Aber glaubt, dies ist eine Verblendung, erstickender Nebel, der vom Menschenfeind auf uns gesandt ist. Und es haftet auf unseren Sünden und wird nicht fortwehen, bevor wir büßen. Daher sollen wir das Wichtigste wissen: ein Priester kann Sünden lossprechen ─ also dich nicht nur bemitleiden, nicht nur an Deinem seelischen Schmerz teilnehmen, wobei du nach wie vor leiden wirst, wie du zuvor gelitten hast, sondern er ist fähig, Deine Sünde tatsächlich zunichte zu machen, so als ob du sie gar nicht begangen hättest. Das ist es, was man wissen sollte, wenn man zur Beichte kommt, damit wir nach dem Mysterium der Buße vor Gott fröhlich und freimütig stehen können, wie nur ein Sohn oder eine Tochter vor dem geliebten Vater stehen kann.
Zu Beginn der Liturgie ist ein Gemeindemitglied, das beim Priester die Beichte abgelegt hat, bereits rein. Es mag vorkommen, dass dies gerade der richtige Zeitpunkt ist, um Leib und Blut Christi zu empfangen. Und Zögern würde doch keinen Sinn haben, wenn die Gefahr besteht, erneut zu sündigen ─ wenn schon nicht in Wort oder Tat, dann gewiss in Gedanken. Es wäre aber so schön, gebeichtet zu haben, die Heiligen Sakramente empfangen zu haben, und schon ein Himmelsbewohner zu sein. Wozu dieses Zögern, die langen Gebete, das lange Stehen? Wozu diese Verzögerung zwischen der Buße und der Kommunion?
Für uns, die wir mir der Last unserer eigenen Kümmernisse und persönlichen Bedürfnisse zu Gott kommen, wird es vielleicht schwer sein, den Starez Siluan zu verstehen, der im Gespräch mit einem Mönch fragte:
- Also sage mir, wenn du ins Paradies gesetzt wirst und sehen wirst, wie jemand im Höllenfeuer brennt, wirst du friedlich?
- Was kann man tun, das ist seine eigene Schuld.
- Liebe kann es nicht ertragen… Man muss für alle beten… Man muss für die Welt beten. Und beten für die Welt ist wie Blut zu vergießen.
Die Liturgie ist nicht irgendein magisches Ritual zu Verwandlung sündiger Menschen in Anverwandte Gottes. Die Liturgie ist eine gemeinschaftliche Tat. Das ist der Sinn, der in dieses griechische Wort „Liturgie“ hineingelegt ist. Beichte und Kommunion sind Anfang und Ende der Liturgie, und dazwischen liegt die Arbeit, das Hauptwerk eines Christen, das Gebet für die Welt. Ohne Buße wäre auch das Beten nutzlos, da „Gott Sünder nicht hört“ (Joh. 9, 31). Die Krönung dieses gemeinschaftlichen Werkes ist die Kommunion, also die Verähnlichung mit Christus.
Die Liturgie ist eine bewusste Neugeburt in Christus. Derjenige, der die Göttliche Würde Christi erhalten möchte, soll seiner Weltanschauung wenigstens bis zu einem gewissen Grad gewachsen sein. Und das bedeutet: er soll Christus ähnlich sein, also gutherzig, alles vergebend, die Sünden der ganzen Welt auf sich nehmend, Hüter des Lebens auf Erden. Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist; der läßt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte; nur dann werden Ihr zu Söhnen Gottes (Mt., 5).
Christus zog sich seinerzeit in die Einsamkeit zurück und betete zum Himmlischen Vater ─ nun könnte man denken: wieso hatte gerade ER, der frei von Sünde war, es nötig zu beten? Was hatte ER von Gott zu erbitten? Er betete für unsere Erde, für die Welt, für uns alle. So zieht sich auch die Orthodoxe Kirche seit zweitausend Jahren jeden Tag in ihren Gotteshäusern in die Einsamkeit zurück und schickt sich an, die Arbeit zur Erhaltung des Lebens auf Erden, zu Wiederbelebung und Heiligung des Menschentums zu leisten.
Der Diakon kommt vom Altar auf den Ambon[19] heraus, stellt sich derKönigspforte[20]gegenüber, hebt die rechte Hand mit dem Orarion[21] auf und verkündet:
─ Segne, Gebieter[22] (Благослови, владыко).
Im Namen derjenigen, die zur Liturgie gekommen sind, bittet der Diakon den Priester um den Segen, einen Segenspruch Gottes, der ihre Teilnahme an der bevorstehenden Zelebration erlaubt. Wozu bittet man um den Segen für eine heilige Handlung? Dies scheint ja überflüssig zu sein. Oder ist es bloß ein kirchliches Ritual, nach einer Zelebration um den Segen zu bitten? Nein, Brüder und Schwestern. Das ist eine der Voraussetzungen, die das Wesen des christlichen Lebens bilden. Das ist das erste und grundlegende Gesetz der christlichen Aktivitäten, alle Handlungen nur mit Segen zu vollführen. Aber nicht unbedingt mit dem Segen eines Priesters. Für einen Orthodoxen ist auch ein elterlicher Segen heilig, so wie auch der Segen eines Älteren, oder eines Freundes, und in Ermanglung von solchen, einfach ein Segen durch eine beliebige Person. Und die Notwendigkeit des Segens stammt nicht daher, dass ein orthodoxer Christ eine unentschlossene Person oder ein Feigling und nicht fähig wäre, auf seine eigene Initiative hin etwas Sinnvolles zu unternehmen. Es ist klar, dass die Suche nach dem Segen in unserer Zeit der schnellen Geschäfte eine Bremse und große Unannehmlichkeit ist. Versuch jedoch anzufangen, dir für deine Taten einen Segen zu erbitten, und du wirst selbst den Unterschied zwischen gesegneten und ungesegneten Taten sehen.
Das Wichtigste ist aber, dass die Bitte um den Segen uns lehrt, in unserem Nächten Christus zu sehen. Sie lehrt uns, unseren blinden Eigenwillen zu bezähmen, uns dem Lichte des Willens Gottes anzuvertrauen und die Vorsehung Göttes für uns Sündenvolle nachzuvollziehen. Diese kleine Erkenntnis ─ ob du für die dir bevorstehende Tat gesegnet bist oder keinen Segen auf dir hast ─ leitet zum Gipfel aller Erkenntnisse, zur Erkenntnis Gottes, zur Kommunikation mit Gott, und, schließlich, zum Zweck des christlichen Lebens ─ der Aufnahme als Gotteskind, ein „Senfkörnchen“ in den Scheunen der Kirche Christi.
Also segnet der Priester alle Liturgieteilnehmer:
─ Gesegnet das Reich des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit (БлагословенноЦарствоОтцаиСынаиСвятогоДуха, нынеиприсноивовекивеков).
Mit diesem Aufruf teilt er mit, dass alle Teilnehmer bereits im Reiche Gottes stehen.
─ Amen! – so bestätigt der Chor majestätisch, dass es wirklich so ist.
Nun hängt es von den Gemeindemitgliedern ab, ob sie sich dem Empfang der Göttlichen Güte der Heiligen Dreifaltigkeit öffnen.
Der Diakon beginnt mit der Großen Ektenie
[23] (großen Fürbitte):
- In Frieden lasset zum Herrn uns beten.
─ Um den Frieden von oben und das Heil unserer Seelen lasset zum Herrn uns beten.
─ Um den Frieden der ganzen Welt, den Wohlbestand der heiligen Kirchen Gottes und die Einheit Aller lasset zum Herrn uns beten.
(…)
─ Für diese Stadt, für jede Stadt, alles Land und die Gläubigen, die darin leben, lasset zum Herrn uns beten.
─ Um reiches Gedeihen der Früchte der Erde und friedliche Zeiten lasset zum Herrn uns beten.
─ Für die Reisenden, die Kranken, Notleidenden und Gefangenen und um ihr Heil…
─ МиромГосподупомолимся. („Миром“ – das bedeutet alle zusammen, gemeinsam und im Frieden mit einander.)
- О Свышнем (Небесном) мире, и спасении душ наших, Господу помолимся.
- О мире всего мира, благостоянии Святых Божиих церквей, и соединении всех, Господу помо­лимся..
(…)
- О граде сем, всяком граде, стране, и (всех) ве­рою живущих в них, Госцоду помолимся.
- О изобилии плодов земных и временех мирных
О плавающих, путешествующих, недугующих (болящих), страждущих, плененных и о спасении их…
 
Siehst du? Für alle, die in Gefahr, in Not oder krank sind. Daher glaub es nicht, wenn man dir sagt, dass in der Kirche nur unausgebildete Greisinnen und Nichtstuer herumstehen. Die Nichtstuer sitzen vor den Fernsehern. Und in der Kirche steht man wie eine Säule, stundenlang, und pumpt die Gnade vom Himmel auf die Erde hinunter, ohne die wir einander schon längst die Messer an die Kehle gesetzt hätten. Das ist der auf der menschlichen Eitelkeit spielende Satan, der uns das Motto ins Bewusstsein geprägt hat: „Die Orthodoxie ist die Religion von Sklaven und Herren“. Damit hat er uns wirklich Angst eingejagt. Wie denn sonst! Wenn du ein Christ bist, könne man auf dir herumtanzen, denn Christus hat das Gebot erlassen, auch die andere Wange hinzuhalten. Was sehr beängstigend und erniedrigend ist. Aber wozu hat der allererste Sklave und Herr in der Kirche nicht nur seine Wangen dargeboten, sondern auch seinen Kopf unter die Rutenschläge und seine Hände und Füße unter die Nägel? Um alle zu retten, die ganze Menschheit. Deswegen ist der allerletzte Christ der allererste Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, im direktesten Sinne dieses Begriffs. Die unausgebildeteste Omi, die in einer Kirche beim Gottesdienst steht, ist eine Arbeiterin der allmenschheitlichen Bedeutung. Wären orthodoxe Gemeindemitglieder unausgebildete und kraftlose Sklaven, und wäre ihr Stehen in den Kirchen ein nutzloses Vergeuden der Zeit, hätte der Antichrist sie nicht so lange mit seiner ideologischen Maschine erpresst.
Das Gebet um Frieden ist beendet, und der Diakon tritt zur Ikone des Heilands zurück. Ein Diakon ist ein Kirchendiener, auf dem die durch die apostolische Sukzession weitergegebene Gnade des Heiligen Geistes liegt, öffentliche Gottesdienste zu leiten. Er ist der Anweiser und der Dirigent der Liturgie, dieses heiligen Mysteriums. Für die Gemeindemitglieder personifiziert der Diakon einen Engel, der sie zum Beten anregt, der anweist, worum man beten sollte, der zeigt, wie man sich bekreuzigen und wann man sich verbeugen sollte. „Macht es wie ich“, sagt er durch seine ganze Erscheinung.
Also kommt der Diakon zur Ikone Christi des Heilandes und bleibt mit dem Orarion in der erhobenen Hand stehen. Durch sein Aussehen zeigt er, dass man die Konzentration nicht verlieren und die eigene Aufmerksamkeit nicht zerstreuen, sich nicht entspannen und sich nicht miteinander unterhalten, sondern, wie er selbst auch, vor Christus stehen, der unsichtbar in der Kirche anwesend ist, und sich zusammen mit dem Chor an die größten Gnaden Gottes an uns Sündenvolle erinnern und ihn mit ganzem Herzen danken soll. Währenddessen singt der Chor die erste Antiphon, den Psalm
[24] des Propheten David:
 
Preise Jahwe, meine Seele, und all mein Inneres seinen heiligen Namen!
 
 
Preise Jahwe, meine Seele, und vergiß nicht alle seine Wohltaten!
 
 
Der da vergibt alle deine Ungerechtigkeit, der da heilt alle deine Krankheiten;
 
der dein Leben erlöst von der Grube,
 
der dich krönt mit Güte und Erbarmungen;
 
 
der mit Gutem sättigt dein Alter;
 
deine Jugend erneuert wie die des Adlers.
 
 
Jahwe übt Gerechtigkeit und schafft Recht allen, die bedrückt werden.
 
 
Er tat seine Wege kund dem Mose, den Kindern Israel seine Taten.
 
 
Barmherzig und gnädig ist Jahwe, langsam am Zorn und groß an Güte;
 
Er wird nicht immerdar rechten und nicht ewiglich nachtragen.
 
 
Er hat uns nicht getan nach unseren Sünden,
 
und nach unseren Ungerechtigkeiten uns nicht vergolten.
 
 
Denn so hoch die Himmel über der Erde sind, ist gewaltig seine Güte über die, welche ihn fürchten;
 
so weit der Osten ist vom Westen, hat er von uns entfernt unsere Übertretungen.
 
 
Wie ein Vater sich über die Kinder erbarmt, so erbarmt sich Jahwe über die, welche ihn fürchten.
 
 
Denn er kennt unser Gebilde, ist eingedenk, daß wir Staub sind.
 
 
Der Mensch, wie Gras sind seine Tage;
 
wie die Blume des Feldes, also blüht er.
 
 
Denn ein Wind fährt darüber, und sie ist nicht mehr, und ihre Stätte kennt sie nicht mehr.
 
 
Die Güte Jahwes aber ist von Ewigkeit zu Ewigkeit über die, welche ihn fürchten, und seine Gerechtigkeit auf Kindeskinder hin;
 
für die, welche seinen Bund halten, und seiner Vorschriften gedenken, um sie zu tun.
 
 
Jahwe hat in den Himmeln festgestellt seinen Thron, und sein Reich herrscht über alles.
 
 
Preiset Jahwe, ihr seine Engel,
 
ihr Gewaltigen an Kraft, Täter seines Wortes, gehorsam der Stimme seines Wortes!
 
 
Preiset Jahwe, alle seine Heerscharen,
 
ihr seine Diener, Täter seines Wohlgefallens!
 
 
Preiset Jahwe, alle seine Werke, an allen Orten seiner Herrschaft!
 
Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste.
 
Jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen.
 
 
Preise Jahwe, meine Seele!
 
 
An allen Orten seiner Herrschaft, preise Jahwe, meine Seele!
 
 
Sei gepriesen, Herr!
Благослови, душе моя, Господа, и вся внутренняя моя Имя святое Его.
 
Благослови, душе моя, Господа, и не забывай всех воздаяний Его.
 
Очищающаго вся беззакония твоя, исцеляющаго вся недуги твоя.
Избавляющаго от истления живот твой, венчающаго тя милостию и щедротами.
Исполняющаго во благих желание твое: обновится, яко орля, юность твоя.
Творяй милостыни Господь, и судьбу всем обидимым.
 
Сказа пути Своя Моисеови, сыновом Израилевым хотения Своя.
 
Щедр и милостив Господь,
долготерпелив и многомилостив.
Не до конца прогневается, ниже в век враждует.
 
Не по беззаконием нашим сотворил есть нам,
ниже по грехом нашим воздал есть нам.
 
Яко по высоте небесней от земли, утвердил есть Господь милость Свою на боящихся Его.
Елико отстоят востоцы от запад, удалил есть от нас беззакония наша.
 
Якоже щедрит отец сыны, ущедри Господь боящихся Его.
 
 
Яко Той позна создание наше, помяну, яко персть есмы.
 
Человек, яко трава дние его, яко цвет сельный, тако оцветет.
 
Яко дух пройде в нем, и не будет, и не познает ктому места своего.
 
Милость же Господня от века и до века на боящихся Его.
И правда Его на сынех сынов, хранящих завет Его, и помнящих заповеди Его творити я.
 
Господь на небеси уготова Престол Свой, и Царство Его всеми обладает.
 
 
Благословите Господа, ангели Его, сильнии крепостию, творящии слово Его, услышати глас словес Его.
 
Благословите Господа, вся силы Его, слуги Его, творящии волю Его.
 
Благословите Господа, вся дела Его,на всяком месте владычества Его.
 
Слава Отцу и Сыну и Святом Духу.
 
 
И ныне и присно и во веки веков. Аминь.
 
Благослови, душе моя, Господа!
 
На всяком месте владычества Его, благослови, душе моя, Господа
 
Благословен еси, Господи.
Der Diakon stellt sich wieder vor die Königspforte und lädt erneut alle zum Beten ein. Jetzt wird die „kleine Ektenie“ („kleine Fürbitte“) vollzogen:
─ Wieder und wieder in Frieden lasset zum Herrn uns beten.
─ Stehe uns bei, errette, erbarme dich und bewahre uns, o Gott, durch deine Gnade.
─ Unserer allheiligen, allreinen, über alles gesegneten und hehren Gebieterin, der Gottesgebärerin und Immer-Jungfrau Maria, mit allen Heiligen eingedenk, lasset uns uns selbst und einander und unser ganzes Leben Christus, Gott, anbefehlen.
 
- Паки и паки миром Господу помолимся.
 
 
- Заступи, спаси, помилуй и сохрани нас, Бо­же, Твоею благодатию.
 
- Пресвятую, Пречистую, Преблагословенную, Славную Владычицу нашу Богородицу и Присно-деву Марию, со всеми святыми помянувше, сами себе, и друг друга, и весь живот наш (жизнь нашу) Христу Богу предадим.
 
Dieses dreiteilige Beten schaltet sich immer wieder in die Ordnung des gesamten Gottesdienstes ein. Wozu? Die Verfasser des Gottesdienstes, die selbst die größten Beter waren, wussten, dass ein langes, im Stehen verbrachtes Gebet eine Minute zum Begreifen des eigentlichen Wesens des Kirchenlebens, der Mitbeteiligung an der lebenden Wahrheit des Seins benötigt - eine Minute zu begreifen, dass „ich, gemeinsam mit meinen Nächsten, mit allen Heiligen, mit der Gottesgebärerin selbst, lebe dank der Gnade, die durch Christus Gott ─ herniedergesandt wird“. Die kleine Ektenie gewährleistet die richtige Gebetsstimmung. Sie ist wie ein Schluck Wein beim spirituellen Mahl, wie die Berührung im Gespräch mit dem Geliebten. Schließlich ist sie für diejenigen, die unkonzentriert und zerstreut sind, gleichsam ein Rippenstoß, der daran erinnert, wofür sie ins Gotteshaus gekommen sind.
Erneut schreitet der Diakon zur Ikone des Heilands zurück. Der Chorus singt die zweite Antiphon
[25].
Lobe Jahwe, meine Seele!
Loben will ich Jahwe mein Leben lang,
will Psalmen singen meinem Gott, solange ich bin.
Vertrauet nicht auf Fürsten, auf einen Menschensohn,
bei welchem keine Rettung ist!
Sein Geist geht aus,
er kehrt wieder zu seiner Erde:
an selbigem Tage gehen seine Pläne zu Grunde.
Glückselig der, dessen Hilfe der Gott Jakobs,
dessen Hoffnung auf Jahwe, seinen Gott, ist!
Der Himmel und Erde gemacht hat,
das Meer und alles, was in ihnen ist;
der Wahrheit hält auf ewig;
der Recht schafft den Bedrückten,
der Brot gibt den Hungrigen.
Jahwe löst die Gebundenen.
Jahwe öffnet die Augen der Blinden,
Jahwe richtet auf die Niedergebeugten,
Jahwe liebt die Gerechten;
Jahwe bewahrt die Fremdlinge,
die Waise und die Witwe hält er aufrecht;
aber er krümmt den Weg der Gesetzlosen.
Jahwe wird regieren in Ewigkeit, dein Gott, Zion, von Geschlecht zu Geschlecht.
Хвали, душе моя, Господа.

Восхвалю Господа в животе моем,
пою Богу моему , дондеже есмь.

Не надейтеся на князи, на сыны человеческия,
в них же несть спасения.
Изыдет дух его,
и возвратится в землю свою:
и той день погибнут вся помышления его.

Блажен, емуже Бог Иаковль помошник его,
упование его на Господа Бога своего,

сотворшаго небо и землю,
море и вся, яже в них;
хранящаго истину в век,
творящего суд обидимым,
дающаго пищу алчущим.

Господь решит окованныя;
Господь умудряет слепцы;
Господь возводит низверженныя;
Господь любит праведники;
Господь хранит пришельцы,
сира и вдову приимет,
и путь грешных погубит.
Воцарится Господь во вeк, Бог твой, Сионе, в род и род.
 
Wenn wir in der ersten Antiphon Gott für die Gnade, die ER uns erweist, gedankt haben, loben und preissingen wir IHN, den Schöpfer des Himmels und der Erde, in der zweiten für seine Güte und Liebe zu den Gerechten, unter denen wir auch uns sehen wollen, und gedenken des unmittelbaren Urhebers unseres Strebens nach Gerechtheit, des Beginns und Hauptes der Kirche ─ des Gottessohns, der den menschlichen Leib angenommen hatte.
Der Chorus singt: „Du Einziggeborener Sohn...“
Du Einziggeborener Sohn
und Wort Gottes, Unsterblicher,
der Du freiwillig um unseres Heiles Willen wolltest Fleisch annehmen
aus der heiligen Gottesgebärerin und Immer-Jungfrau Maria,
ohne dich zu verändern wurdest Du Mensch
und für uns gekreuzigt, Christus, unser Gott,
hast Du im Tod den Tod bezwungen,
Du, einer der Heiligsten Dreifaltigkeit,
gleichverherrlicht mit dem Vater und dem Heiligen Geist:
errette uns.
Единородный Сыне,
и Слове Божий, безсмертен Сый,
и изволивый спасения нашего ради воплотитися
-от святыя Богородицы и Приснодевы Марии,
непреложно вочеловечивыйся,
распныйся же за ны, Христе Боже,
смертию смерть поправ,
Един сый Святыя Троицы,
спрославляемый Отцу и Святому Духу,
спаси нас.
Und wieder die kleine Ektenie. Der Diakon ruft zur Fürbitte auf, der Chor betet ihm nach: “Herr, erbarme dich. dir, O Herr“.
Natürlich: wenn alle Teilnehmer der Liturgie die Ordnung des Gottesdienstes genau kennen würden, hätten vielleicht alle auf die Aufrufe des Diakons korrekt geantwortet. Vielleicht hätte man auch die Psalmen gemeinsam gesungen, wie es in den frühen Jahren der Kirche üblich war. Allerdings gibt es für das Schweigen der Gemeinde noch eine andere Ursache: einem Menschen, der aus tiefster Seele betet, fällt es schwer, die Worte laut auszusprechen ─ das Herz würde ihm abkühlen.
Durch die Einrichtung des Chors im öffentlichen Gottesdienst hatten die Kirchenväter den Gemeindemitgliedern eine Hilfe erwiesen. Auf den Chor wurde die Mission der ganzen Versammlung der Gemeindemitglieder gelegt, d.h.: mit den Geistlichen offen zu kommunizieren und, natürlich, durch seine Choräle dem ganzen Ablauf des Gottesdienstes zu entsprechen. Das erklärt, warum die Kirchenväter so eine strenge Haltung bezüglich der musikalischen Seite der von den Komponisten für den Gottesdienst vorgeschlagenen Werke haben. Viele haben für die Kirche komponiert, aber nicht viele werden von ihr auch akzeptiert. Bei einem guten Chor (leider gibt es auch solche, die es besser gar nicht gäbe) bleibt dem Gemeindemitglied nur zu tun, die Handlungen des Geistlichen zu beobachten und den Chorsängern sein Gehör zu schenken. Und wenn dein Verstand und dein Herz dem Chor nachbeten, wenn du dich seelisch in der Harmonie des gemeinsamen Gottesdienstes auflöst, dann wisse, dass du auf dem richtigen Wege zum würdigen Empfang der Sakramente bist. Daher vergleicht die Kirche den Chor mit Engeln, die für dich bitten und Gott lobpreisen.
Und so öffnet sich die Königspforte. Der Chor singt die Seligpreisungen: “Herr, gedenke unser, wenn du in Dein Reich kommst“ („ВоЦарствииТвоемпомянинас, Господи, егдаприидешивоЦарствиеТвое“). Nach dem Aufruf des besonnenen Räubers
[26] singt der Chor nicht etwa Prophezeiungen aus dem Alten Testament, sondern die Worte der Predigt Jesu Christi selbst. Die erste Begegnung der Menschen mit Christus wird auch durch den Austritt der Geistlichen aus dem Altarraum symbolisiert; dabei hebt der Diakon das Evangelium, die Wahrheit Christi, feierlich in die Höhe.
Glückselig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Reich der Himmel.
Glückselig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.
Glückselig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land ererben.
Glückselig die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden gesättigt werden.
Glückselig die Barmherzigen, denn ihnen wird Barmherzigkeit widerfahren.
Glückselig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.
Glückselig die Friedensstifter, denn sie werden Söhne Gottes heißen.
Glückselig die um Gerechtigkeit willen Verfolgten,
denn ihrer ist das Reich der Himmel.
Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen
und verfolgen und jedes böse Wort
lügnerisch wider euch reden werden um meinetwillen.
Freuet euch und frohlocket,
denn euer Lohn ist groß in den Himmeln.
Блажени нищии духом, яко тех есть царство небесное.

Блажени плачущии, яко тии утешатся.

Блажени кротции, яко тии наследят землю.

Блажени алчущии и жаждущии правды, яко тии насытятся.

Блажени милостивии, яко тии помиловани будут.

Блажени чистии сердцем, яко тии Бога узрят.

Блажени миротворцы, яко тии сынове Божии нарекутся.

Блажени изгнани правды ради,
яко тех есть Царство небесное.

Блажени есте, егда поносят вам,
и ижденут и рекут всяк зол глагол,
на вы лжуще Мене ради.

Радуйтеся и веселитеся,
яко мзда ваша многа на Небеси.
“Der kleine Einzug“: Die vorausgetragene Kerze symbolisiert das Licht der Aufklärung der Menschen. Der Priester schreitet dahinter und symbolisiert den sich zum ersten Mal der Welt offenbarenden Christus, der durch die Menschheit noch nicht erkannt ist.
Das jüdische Volk hatte im zur Predigt gekommenen Jesus den Sohn Gottes nicht erkannt. Anders ist es mit der Kirche. Der allererste Einzug des Priesters, der Christus symbolisiert, wird in voller Gotteshuldigung erlebt. Der Diakon hebt das Evangelium kreuzweise vor sich hin und befiehlt mit hoch klingender und feierlicher Stimme: „Weisheit! Aufrecht!“ («Премудрость, прости!»), d.h.: „vor euch ist die Wahrheit selbst, achtet ehrfurchtsvoll“. Der Diakon kommt in den Altarraum hinein, richtet also die Aufmerksamkeit der Betenden über die Königspforte auf den Altar, zum Sitz des Ruhmes Gottes. Auch der Priester tritt zum Altar. Beide verbeugen sich vor dem Altar. Der Priester küsst das Evangelium, der Diakon die Kante des Altars.
Alles, was man bei der Begegnung mit Gott tun kann, ist, die eigene Nichtigkeit, Schwäche und Unfähigkeit zu erkennen und sich vor Ehrfurcht erschauernd niederzuwerfen. Der Chor ruft: „Kommt, lasset uns anbeten und niederfallen vor Christus; errette uns, Sohn Gottes, Der Du von den Toten auferstanden bist, die wir dir singen: Halleluja“. („Приидите, поклонимся и припадем ко Христу. Спаси нас, Сыне Божий… Аллилуйя! “) ─ so lobpreist er Gott.
Aber die Kirche, die Gott erblickt, ist nicht nur voll Ehrfurcht und Schauern (wie Saulus, der auf die Erde fiel und blind wurde). Sie lebt auch durch die Freude ihrer Teilhabe am Herrn. Und der Chor singt die Troparien[27] und Kontakien[28] des Tages. Das sind Lieder, die der Nähe zu Christus gewidmet sind, in denen seiner irdischen Ruhmestaten um der Menschen willen gedacht wird, so wie auch jener Heiligen Menschen, die Gottesähnlichkeit erreicht haben, oder auch an den Gipfel menschlicher Nähe zu Gott, an die Allheiligste Gottesgebärerin, die Fürsprecherin der Menschheit vor Christus.
Schließlich preisen die in ihren Gedanken zum Reich des Himmels sich emporhebenden Betenden Gott die Dreifaltigkeit, indem sie als Vertreter der einen Göttlichen Familie von irdischen und himmlischen Geschöpfen die Worte der Engel selbst nutzen: „Heiliger Gott, heiliger Starker, heiliger Unsterblicher, erbarme dich unser“ («СвятыйБоже, СвятыйКрепкий, СвятыйБессмертный, помилуйнас»). Während das Trisagion[29] gesungen wird, gehen die Geistlichen zum Erhöhten Ort
[30], womit sie darauf hinweisen, dass Christus jetzt zur Rechten des Vater verbleibt.
So wie in den „Seligpreisungen" geweissagt wurde, schauen jene Gott, die reinen Herzens sind.
Die Anschauung Gottes reinigt das Herz und erhellt den Verstand. Und den Armen im Geiste, nachdem Sie Gott lobgepriesen und dabei um die Herabsendung der Gnade auf sich gebeten haben, wird diese Gnade gewährt. Gott antwortet immer auf den Ruf eines Menschen, so wie ein Vater auf den Ruf seines Sohnes. Erinnern wir uns daran, was ER sagte: „Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisset, wieviel mehr wird euer Vater, der in den Himmeln ist, Gutes geben denen, die ihn bitten!“ (Mt. 7, 11). Auf Worte derer, die zu Gott rufen, antwortet auch Gott mit einem Wort, zuerst mit einem heiligen Wort der Apostel, danach auch mit einem Göttlichen Wort von Christus selbst. Die Liturgie ist, wie wir bereits gesagt haben, nicht nur ein mystischer Akt des Betens, sondern hat auch aufklärende Funktion. Das ganze Jahr hindurch gibt die Kirche ihren Kindern wörtliche Speise durch Texte aus dem Apostolos
[31] und aus dem Evangelium. Diejenigen Gottesdienstteilnehmer, die den Lesungen aus dem Apostolos und dem Evangelium aufmerksam folgen und die Worte des Textes als eine Botschaft an sich persönlich annehmen, wissen, dass sie sich den ganzen Tag durch das Wesen ihrer Handlungen vor dem Antlitz Gottes geöffnet haben.
Nach dem Lesen des Evangeliums organisiert der Diakon die Sammlung zur Verstärkung des Betens für alle Menschen, angefangen von den höchsten Stufen des kirchlich-sozialen Dienstes, wo man es viel schwerer hat und die Hilfe Gottes um so mehr benötigt. Alle beten auch fleißig für die Priester und alle Mitglieder der Kirche, für alle, die leben, wobei sie Gott um Gesundheit und Erlösung für diese bitten; sie beten auch für die Entschlafenen und bitten Gott, ihnen alle absichtlich und unabsichtlich begangenen Sünden zu vergeben, und ihre Seelen dorthin zu führen, wo die Gerechten ihre Ruhe finden. Der Diakon und der Priester tragen nun die Kommemorationszettel[32] vor, die die Betenden zur „Ektenie“ abgegeben haben und lesen dabei die Namen laut vor.
Es gibt zwei Arten von Kommemorationszetteln. Die einen werden zur Liturgie eingereicht, die anderen zur „Ektenie“[33]. Die Zettel bzw. Kommemorationsbüchlein werden zusammen mit den Prosphorae
[34] zum Altartisch gebracht, wo die Geistlichen der darauf geschriebenen Namen gedenken (diese vorlesen), und dabei aus den Prosphorae Brotpartikel herausnehmen, die sie später in den Kelch eintunken und sie so mit dem Leib und dem Blut Christi vereinen. Die Kommemorationszettel, die zum Vorlesen während der „Ektenie“ eingereicht sind, werden, abweichend von den „liturgischen Zetteln“, von den Geistlichen sowohl während der „inbrünstigen Ektenie“ als auch beim Gottesdienst am Ende der Liturgie vorgelesen als Fürbitten für Menschen, die eines besonders eifrigen Gebets bedürfen.
Normalerweise ruft die Verlesung der Kommemorationszettel bei den Gemeindemitgliedern nicht unbedingt fromme Gefühle hervor. Jeder, der die Namen seiner Verwandten und Freunde niedergeschrieben und einen Zettel zur Ektenie mitgebracht hat, will hören, wie der Diakon sie alle ohne Ausnahme am Ambon nennt, also ihre Namen direkt in die Ohren Gottes emporbringt. Und hier beginnen die Missverständnisse. Mal ist es klar, dass der Diakon nicht alle vorgetragen hat, mal hat der Gemeindemitglied die Liste seiner Nächsten gar nicht gehört, mal spricht der Diakon die Namen so aus, dass man gar nichts mehr verstehen kann. Mal donnert der Chor das dreimalige „Gott, erbarme dich!“ so laut, dass man den Diakon überhaupt nicht hören kann. Was soll man tun? Hat der Zettel vielleicht den Diakon gar nicht erreicht? Und wenn das Gemeindemitglied sich an das Schicksal von Bittbriefen an unsere irdischen Behörden erinnert, wird sein Herz traurig, und so kann durch den gemeinschaftlichen Gottesdienst anstatt des erwünschten fleißigen Betens ein kaltes Wölkchen der Beleidigung auf die Kirche und auf den Priester fließen.
Mein liebes Gemeindemitglied - natürlich sind die irdischen Kirchendiener nicht perfekt; es gibt auch solche, die nachlässig sind, oder solche, die stammeln ─ das kann man nur bedauern und sich wünschen, dass jeder ein Vorbild seines Dienstes wäre. Und wehe dem, der nachlässig diesen heiligen und furchtbaren Akt des Gottesdienstes durchführt.
Urteilt jedoch selbst. Wenn du auf jeden Zettel nur jeweils zehn Namen geschrieben und jeweils einen Zettel zur Fürbitte um das Wohl der Lebenden und die Seelenruhe der Entschlafenen abgegeben hast, sind das schon zwanzig Namen. Und die meisten Gemeindemitglieder, insbesondere die Älteren, ziehen es vor, nicht jedes mal einen neuen Zettel zu schreiben, sondern ein Kommemorationsbüchlein dabei zu haben, in das meist nicht nur zwanzig, sondern sehr viel mehr Menschen hineingeschrieben werden. Und wenn von euch Gemeindemitgliedern etwa fünfzig Menschen zum Gottesdienst kommen, bedeutet das für den Diakon etwa 15 Minuten Vorlesen. Bedenke auch, dass jeder Zettel mit einer jeweils eigenen Handschrift geschrieben ist. Ich spreche aus eigener Erfahrung ─ bei einigen geht es so weit, dass man „Iwan“ kaum von „Maria“ unterscheiden kann, und manchmal kommt es auch vor, dass irgendein „Wladlen“ oder irgendein „Malwinchen“
[35] aufgeschrieben wurde. So steht der Diakon da und denkt: „Wie heißen diese lieben Damen und Herren wohl auf Orthodox?“ Und die Zeit läuft, die Menschen warten. Man will sich zur Versammlung umdrehen und fragen: „Wer hat denn diesen Zettel geschrieben; lesen Sie bitte vor, was Sie hier geschrieben haben?“ Kurz gesagt, wenn einhundert Menschen ihre Zettel einreichen, bedeutet das 30 Minuten Vorlesen. Wenn zweihundert Menschen im Gotteshaus stehen, braucht man eine Stunde nur fürs Zettelverlesen. Würdest du das schaffen? Der Diakon hat es nicht eilig ─ das ist seine Arbeit. Braucht man fürs Vorlesen eine Stunde? Dann wird eine Stunde lang vorgelesen. Braucht man zwei Stunden? Dann werden es zwei sein. Werden aber diejenigen, die sehnsüchtig auf die baldige Kommunion wartet, das erdulden können?
Das Problem liegt aber nicht an der Zeit. Das wichtigste ist, dass du zu Gott gekommen bist. Ein Gotteshaus mit all seinen Zetteln, Geldern, Dienern und Dienerinnen mit ihrer Behändigkeit oder Tölpelei, mit Priestern mit ihren unterschiedlichen Charakteren, mit Diakonen und Lektoren, darf dir wirklich einmal wie ein Amt vorkommen; das ganze ist jedoch ein Instrument Gottes, eine Vorrichtung für deine Gemeinschaft mit Gott, wie auch immer sie von außen aussehen kann: knarrig, schmucklos, enervierend ─ all das sollte dich nicht aufregen, denn es funktioniert perfekt, denn im Sichtbaren wirkt die unsichtbare Göttliche Gnade, die all das vollbringt, was im Idealfall ein menschlicher Diener Gottes vollbringen sollte.
Deine Aufgabe ist es also, einen Zettel zu schreiben, die Prosphora zu bezahlen, den Zettel der Dienerin auszuhändigen ─ und das war es; nun geht ruhig beten, du kannst absolut sicher sein, dass alle, deren du gedacht hast und alle, die du niedergeschrieben hast, sowohl die Lebenden als auch die Entschlafenen, Gott selbst vorgestellt worden sind. Er sieht deine Fürbitte und nimmt diese an. Und was uns betrifft, werden wir uns Mühe geben, unseren Kräften gemäß alle Namen vorzulesen, die du uns gegeben hast. Und du solltest während der „inbrünstigen Ektenie“ nicht darauf warten, bis die Namen deiner Nächsten beim Diakon an der Reihe sind, sondern sofort ihrer gedenken und darum beten, was du für sie von Gott erbittest.
Nach dem Gebet für die Entschlafenen wird die Königspforte geschlossen, und die Kirche betet für die Katechumenen. An dieser Stelle endete bei der Alten Kirche der Teil des Gottesdienstes, bei dem die Taufanwärter (Katechumenen) sowie auch diejenigen Christen, die für die von ihnen begangenen Sünden einen Bann für die Kommunion bekommen hatten (Büßer) anwesend sein durften; sie alle mussten nach diesem Gebet den Gottesdienst verlassen. Sie hatten kein Recht, beim weiteren Gottesdienst anwesend zu sein – die einen, bis sie das Mysterium der Taufe erlebt hatten, und die anderen, bis die Zeit ihres Kommunionsbanns vorbei gewesen war.
Heutzutage gibt es keine Katechumenen mehr, denn alle werden getauft, die dies wollen, ohne großartige Prüfung und ohne besondere Vorbereitung, in der Hoffnung, dass der Heilige Geist ihnen alles beibringen werde (wir werden dieses Vorfahren hier aber nicht bewerten, denn dies ist eine schwierige Frage); und einen Bann für die Kommunion wird nur noch in den seltensten Fällen ausgesprochen. Außerdem trifft man in den Gotteshäusern unter den Betenden auch viele, die einfach nur neugierig sind ─ heute ist es offenbar so, dass die Ektenie für die Katechumenen aus der Liturgie herausgenommen werden könnte oder sogar sollte. In der Tat: wozu braucht der Diakon noch zu rufen: „Ihr Katechumenen, gehet hinweg!“ („Оглашенные изыдите!“), wenn alle wissen, dass sowieso keiner herausgehen wird?
Allerdings hielten die Kirchenväter es für nötig, die Katechumenenektenie beizubehalten. Mit unserer Glaubensschwäche gehören wir eher zu den Katechumenen als zu den Gläubigen; insofern hätten nach dem Aufruf des Diakons alle Anwesenden das Gotteshaus verlassen müssen. Und wenn wir schon starrsinnig darinnen bleiben, dann möge zumindest der Aufruf des Diakons für uns eine Mahnung sein. Und die Einsicht in die eigene unbesiegbare Sündhaftigkeit, die eigene Unwürdigkeit ist für diejenigen, die an Gott herantreten, eine nützliche Sache.
Auf dem Altartisch breitet der Priester das Antimension
[36] (das geweihte Tuch) aus, das dazu bestimmt ist, dass auf ihm das Mysterium der Transsubstantion von Brot und Wein in Leib und Blut Christi geschieht. Die Liturgie der Gläubigen beginnt.
Sobald der katechumenische Stolz und das für unsere Herzen so süße Gefühl der eigenen Frömmigkeit vertrieben sind, nachdem wir nun treu und gläubig in geistlicher Armut und Kraftlosigkeit verbleiben, erbittet der Diakon von Gott die rettende Gnade ─ denn allen steht die Begegnung mit der Wahrheit des Opfers bevor. Der Diakon ruft: „Weisheit“ (Премудрость“).
Die Liturgie der Gläubigen, wie auch die Liturgie der Katechumenen, beginnt mit der Friedensektenie. Jedoch wird in ihr Patriarchen, Regierungen, Schützern, gemeinsamer Wohlfahrt, Kranken und Leidenden außerhalb des Gotteshaus keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt. Der Kreis der Aufmerksamkeit der Betenden beschränkt sich auf die eigene Versammlung. Wir treten an zur Begegnung mit Christus dem Opfer.
So wie vor dem ersten Treffen mit Christus der Weisheit[37] (vor dem Vorlesen des Wortes Gottes, des Evangeliums), öffnet sich die Königspforte. Durch die Beweihräucherung des Altartisches, der Ikonostase
[38] und der Versammlung der Betenden verkündet der Diakon, dass der Heilige Geist nun im Gotteshaus anwesend ist. Der Priester betet: „Keiner der von fleischlichen Begierden und Lüsten Gefesselten ist würdig, vor dich hinzutreten, sich dir zu nahen oder dir zu dienen, König der Herrlichkeit …“ Der Chor singt, und die Geistlichen sprechen das Cherubikon:
Die wir die Cherubim im Mysterium abbilden, und die wir der lebenschaffenden Dreiheit den Hymnus des Dreimalheilig singen, lasset uns nun ablegen alle irdische Sorge.
Иже херувимы тайно образующе и Животворящей Троице Трисвятую песнь припевающе, всякое ныне житейское отложим попечение
In einer langsamen Prozession tragen die Geistlichen die Abendmahlkelche auf die Solea [39] hinaus.
„Der Große Einzug“: Vor der Versammlung der Betenden erscheint Christus selbst, der willentlich Leid und Tod für die Sünden der Welt auf sich nimmt.
Genau so. In dem Kelch mit Wein und auf dem Diskos
[40] mit Brot sehen wir etwas, das mit der Vernunft nicht zu begreifen ist. Und man sollte lieber nicht versuchen, sich damit auseinanderzusetzen, wie Gott sich in Wein und Brot manifestiert. Glaubt ihr, dass die Jünger Christi es gründlich verstanden hätten, als ER das Brot gebrochen und jedem jeweils ein Stückchen gegeben habe: „Esset, dies ist Mein Leib“ - und danach den Kelch gereicht habe: „Trinket alle, dies ist Mein Blut“? Die Jünger haben nicht gefragt: „Wie soll das gehen?“. Sie haben gegessen und getrunken und dabei gewusst, dass es so richtig war. Sie wussten, dass für Gott nichts unmöglich ist.
Die Prozession hält auf der Solea. Und die Versammlung, wie der besonnene gekreuzigte Räuber, nutzt diese Minute, um aller Christen vor Gott zu gedenken. Der Chor singt das unterbrochene Cherubikon weiter. „Halleluja! Halleluja“ – so loben die Engel Gott. Die Geistlichen gehen in den Altarraum hinein. Die Königspforte wird geschlossen, wie die Türen des Heiligen Grabes.
Das Evangelium erzählt, dass Christus die Jünger vor dem Abendmahl mehrmals an den ihm bevorstehenden Tod am Kreuz erinnert hat. Vor dem „Großen Einzug“, dem Hauptakt der Liturgie, sollen wir, den Jüngern Christi ähnlich, uns in seine Offenbarung einfühlen: „Das Brot aber, daß ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt..“ (Joh. 6,51).
Der Diakon kommt auf den Ambon hinaus und bringt in einer Ektenie, die „Bitt-Ektenie“ heißt, eine Reihe von Bitten hervor, die sich von den vorhergehenden unterscheiden. Ausgehend mit dem Aufruf zum Beten um die auf den Altartisch übertragenen Heiligen Gaben, kommt er zu den Fürbitten, die nur die treuen Gläubigen, die in Christo leben, an Gott den Herrn emporbringen dürfen.
─ Dass der ganze Tag vollkommen sei, heilig, friedvoll und sündlos, lasset vom Herrn uns erflehen.
─ Einen Engel des Friedens, einen treuen Geleiter, einen Beschützer unserer Seelen und Leiber lasset vom Herrn uns erflehen.
(…)
─ Das Gute und Heilsame für unsere Seelen und Frieden für die Welt lasset vom Herrn uns erflehen.
─ Die übrige Zeit unseres Lebens in Frieden und Umkehr zu vollenden, lasset vom Herrn uns erflehen.
Ein christliches Ende unseres Lebens, ohne Schmerz, ohne Schande, in Frieden und eine gute Rechenschaft vor dem furchtbaren Richterstuhle Christi lasset uns erflehen.
─ Unserer allheiligen, allreinen, über alles gesegneten und hehren Gebieterin, der Gottesgebärerin und Immerwährenden Jungfrau Maria, mit allen Heiligen eingedenk, lasset uns uns selbst und einander und unser ganzes Leben Christus, Gott, anbefehlen.
- Дне всего совершенна, свята, мирна и без­грешна у Господа просим.
- Ангела мирна, верна наставника, хранителя душ и телес наших у Господа просим.
(…)
- Добрых и полезных душам нашим и мира мирови у Господа просим.
- Прочее время жизни нашей в мире и покая­нии скончати у Господа просим.
- Христианския кончины жизни нашей, безбо­лезненны, непостыдны, мирны и доброго ответа на страшном суде Христовом просим.
- Пресвятую Богородицу со всеми святыми по-мянувше, сами себя, и друг друга, и всю жизнь на­шу Христу Богу предадим.
Der Priester ruft: „Friede allen!“ („Мирвсем!“) – die Begrüßung, mit der Christus seine Jünger üblicherweise empfangen habe. Indem sie nun an die ganze Versammlung der Betenden gesendet wird, verwandelt sie diese in Jünger Christi, die zum erhabenen Abendmahl gekommen waren.
Was stellen also die Jünger Christi dar, die von seinem Frieden behaucht werden? Wie hatte Christus gesagt? „Meinen Frieden gebe ich euch; nicht wie die Welt gibt“[41] (d.h., die menschliche Gesellschaft). Wie ist er denn, der Frieden Christi? „Daß ihr einander liebet, auf daß, gleichwie ich euch geliebt habe“[42]. Der Frieden Christi – das ist die Einstimmigkeit in Glaube, Liebe und Hoffnung .
Der Diakon: „Lasset uns einander lieben, damit wir eines Sinnes bekennen“ („Возлюбимдругдруга, даединомыслиемисповемы»). Der Chor: „Vater und Sohn und Heiliger Geist, die wesenseine und untrennbare Dreiheit.“ („Отца и Сына и ,Святого Духа, Троицу Единосущную и Нераздельную»). Und während in der Bitt-Ektenie, die gerade vollbracht worden ist, hat die Versammlung ihre Hoffnung geäußert (denn ein Gebet ist ja auch Ausdruck der Hoffnung; der Mensch betet in der Hoffnung, dass Gott seine Bitte erfüllen werde), sollten wir jedoch bei der Wahrnehmung des Aufrufes des Diakons „lasset uns einander lieben“ dessen bewusst sein, dass wir alle eins sind. Wir sollen dabei unsere Bruderschaft bei dem einem Himmlischen Vater erspüren; ansonsten würden wir für die ganze weitere Zelebration tot sein.
Im Altertum hatten alle im Gotteshaus Anwesenden nach dem Aufruf des Diakons „lasset uns einander lieben“ einander geküsst (Männer die Männer und Frauen die Frauen). Einige riefen: „Christus ist in unserer Mitte“ («Христоспосрединас»), und die Anderen antworteten: „Er ist und wird sein“ («Иестьибудет»). Bedauerlicherweise ist dieses kleine Detail des Gottesdienstes mit der allgemeinen Abkühlung der Herzen verschwunden ─ obwohl dieser Augenblick bemerkenswert und wertvoll war. Mit dem Verlust dessen ist der fröhliche Schauer der Seele verschwunden, die verstanden hat, dass Christus hier, im Gotteshaus, neben dir ist. Und wenn Christus nah ist, ist Nicht-Lieben unmöglich, denn Gott ist die Liebe, die alle Krankheiten der Seele verbrennt.
Heutzutage ist dieser Aufruf des Diakons aber wie „die Stimme eines Rufenden in der Wüste“
[43]; er geht an den Ohren der Gemeindemitglieder, die fest voreinander verschlossen sind, vorbei. Und danach staunen wir, warum im Altertum nach dem Empfang der Heiligen Sakramente Christi alle möglichen Wunder geschehen waren, viele Menschen von Krankheiten geheilt wurden, prophezeit oder fremde Sprachen gesprochen hatten ─ und heute empfindet man weder Erleuchtung noch Seligkeit… Wo soll aber auch die Seligkeit herkommen, wenn man Christus mit dem Körper empfangen hat, die Seele jedoch weit von ihm entfernt ist? Die Ursache ist einfach – die Liebe ist nicht da.
Weiterhin ruft der Diakon auf: „Die Türen, die Türen! In Weisheit lasset uns aufmerken.“ («Двери, двери, премудростиювонмем».) Das ist ebenfalls ein Erbe der altertümlichen kirchlichen Unbescholtenheit, als der Diakon wissen ließ, dass gleich das Heiligste anfange und niemand, der unrein sei, bei dem Mysterium anwesend sein dürfe, und der Pförtner an den Kirchentüren das Gotteshaus sorgsam behüten sollte und keine Fremden hineinlassen durfte. Heutzutage ist der Aufruf des Diakons ein Befehl an unseren Verstand, die Türen unserer Seele zu behüten, damit nichts Unreines ins Herz eindringe. Und das ist nur möglich, wenn man „die Weisheit annimmt“, das Bekenntnis des orthodoxen Glaubens annimmt, das durch die Heiligen Kirchenväter zusammengestellt worden war. Zu einer guten Sitte ist es geworden, das Glaubenbekenntnis durch gemeinsames Singen zu bekennen. Sogar wenn es jemanden gibt, der es nicht kennt, wird er es dann mit den Anderen zusammen auswendig lernen.
Ich glaube an den einen Gott, den Vater, den Allherrscher, den Schöpfer des Himmels und der Erde, alles Sichtbaren und Unsichtbaren.
 
Und an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes einziggezeugten Sohn, den aus dem Vater Gezeugten vor aller Zeit, Licht vom Lichte, wahren Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, den dem Vater Wesenseinen, durch den alles geworden ist,
 
 
Den um uns Menschen und unserer Errettung willen von den Himmeln Herabgestiegenen, der Fleisch geworden ist aus dem heiligen Geist und der Jungfrau Maria, und Mensch geworden ist.
 
Den für uns unter Pontius Pilatus Gekreuzigten, der gelitten hat und begraben worden ist,
 
 
Den am dritten Tage Auferstandenen gemäß den Schriften,
 
Den in die Himmel Aufgestiegenen, der zur Rechten des Vaters sitzt,
 
Den mit Herrlichkeit Wiederkommenden, zu richten die Lebenden und die Toten, dessen Reich ohne Ende sein wird.
 
Und an den Heiligen Geist, den Herrn, den Lebensschaffenden, der aus dem Vater hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird, der gesprochen hat durch die Propheten.
 
An die eine heilige, katholische und apostolische Kirche. Ich bekenne die eine Taufe zur Vergebung der Sünden.
 
 
Ich erwarte die Auferstehung der Toten, und das Leben der künftigen Welt. Amen.
Верую во единаго Бога Отца, Вседержителя, Творца небу и земли, видимым же всем и невидимым.
 
И во единаго Господа Иисуса Христа, Сына Божия, Единороднаго, Иже от Отца рожденнаго прежде всех век; Света от Света, Бога истинна от Бога истинна, рожденна, несотворенна, единосущна Отцу, Имже вся быша.
 
Нас ради человек и нашего ради спасения сшедшаго с небес и воплотившагося от Духа Свята и Марии Девы, и вочеловечшася.
 
 
Распятаго же за ны при Понтийстем Пилате, и страдавша, и погребенна.
 
 
И воскресшаго в третий день по Писанием.
 
И возшедшаго на небеса, и седяща одесную Отца.
 
И паки грядущаго со славою судити живым и мертвым, Егоже Царствию не будет конца.
 
И в Духа Святаго, Господа животворящаго, Иже от Отца исходящаго, Иже со Отцем и Сыном спокланяема и сславима, глаголавшаго пророки.
 
Во едину Святую, Соборную и Апостольскую Церковь. Исповедую едино крещение во оставление грехов.
 
Чаю воскресения мертвых, и жизни будущаго века. Аминь.
 
Und so beginnt das Größte und das Furcheinflößendste: der „Eucharistische Kanon“ setzt ein. Das ist eben das, wovor der Diakon die Versammlung warnt:
- Lasset uns schön stehen, lasset uns stehen mit Ehrfurcht, lasset uns aufmerken, das heilige Opfer in Frieden darzubringen.
─ Станем добре, станем со страхом, вонмем, Святое Возношение в мире приносити.
Hier empfiehlt er vor allem, den Lob Gottes aufmerksam und friedlich darzubringen, dabei aber ruhig zu stehen. So sollte sich ein Christ benehmen, wenn ein Wunder Gottes geschieht. Nicht so wie Heiden oder Sektierer, die beim Aufrufen der Dämonen, die ihre Götter sind, sich im rituellen Tanz erregen, sich durch Geschrei und Gewinsel in Ekstase und Ohnmacht begeben. Hier herrschen Friede und ehrfürchtige Gemächlichkeit.
Manchmal scheint es jedoch, dass der Aufruf des Diakons zu Friede und Gemächlichkeit überflüssig ist. Die im Gotteshaus Stehenden sind ja ohnehin gemächlich. Man steht wie in der Bäckerei und wartet, bis frisches Brot ausgeladen wird[44]. Ach, wenn wir wenigstens ein bisschen verstanden hätten, was in diesen Augenblicken im Altarraum geschieht, dann stünden wir wahrscheinlich nicht so gleichgültig herum!!! Wenn man nur daran denkt, bekommt man Furcht. Selbst der Schöpfer des Universums, der Allmächtige, vor dessen Antlitz Himmel und Erde erschauern, kommt in das kleine Gebäude zu uns Sündern hinunter!
Und diese größte Gnade Gottes wird uns dank Jesus Christus erwiesen, der uns mit IHM versöhnt hat. Und wir verdienen uns diese Gnade Gottes weder durch irgendwelche unerträglich schwere Bemühungen, noch durch die Darbringung blutiger alttestamentarischer Opfer, sondern nur durch ein einfaches, dankbares Lob, durch wörtliches Preisen Gottes, also durch die Darbringung des Blutlosen Opfers.
„Erbarmen des Friedens, Opfer des Lobes“ („Милостьмира, Жертвухваления“) singt der Chor. Der Diakon kommt in den Altarraum hinein und hilft dem Priester, das Mysterium zu vollziehen. Die Versammlung betet vor der Königspforte, denn dort, im Altarraum, können nur die begnadeten Vertreter der Apostel Christi, - also Menschen, die mit ihrem Rang wie mit Schutzanzügen gekleidet sind, - mit der Gottesaktivität gefahrlos umgehen.
Der Heilige Germanus sagt: „der Priester tritt mit den Engelskräften in Verbindung, er steht quasi nicht auf Erden, sondern im vorhimmlischen Opferaltar, vor dem furchtbaren Opferaltar des Thrones Gottes, betrachtet das größte, unerklärbare und unbegreifbare Mysterium Christi und wird mit unbedecktem Angesicht (anders als Moses
[45]) in die Mysterien der Heiligen Dreifaltigkeit eingeweiht“:
- Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes des Vaters und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.
─ Благодать Господа нашего Иисуса Христа, и люб Бога и Отца, и причастие Святаго Духа, буди со всеми вами.
Seinerseits wünscht ihm auch die Versammlung, das Mysterium gesegnet zu vollziehen; sie lässt ihn nicht allein, sondern betet für ihn:
- „Und mit deinem Geiste..“ („Исодухомтвоим“).
Wie ein Steuermann, der das Schiff im tiefen Nebel führt, oder wie ein Schutzengel, der den zu Rettenden kurze und genaue Befehle gibt, leitet der Priester die Gemeinde der Betenden:
- „Erheben wir die Herzen.“ („Гореимеемсердца!“; d.h.: „Wenden wir unsere Herzen an das Himmlische.“)
Die Gemeinde folgt gerne:
- „Wir haben sie beim Herrn.“ („ИмамыкоГосподу“; „Unser Verstand und unser Herz sind an Gott gerichtet.“)
Der Priester: „Lasset uns Dank sagen dem Herrn.“. („БлагодаримГоспода“).
Der Chor: „Es ist würdig und recht, anzubeten den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist, die wesenseine und untrennbare Dreiheit..“ („Достойно и праведно есть поклоняться Отцу и Сыну и Святому Духу, Троице Единосущней и Нераздельней.“)
DerPriester: „(…) die den Siegeshymnus singen, rufen, jauchzen und sagen“ („Победную песнь поюще, вопиюще, взывающе и глаголюще “.)
Die Kirche kennt zwei Lieder: jenes, das die Engel sangen: „Heilig, Heilig, Heilig, Herr Sabaoth“ („Свят, Свят, Свят Господь Сафаоф“), und jenes, womit die Jerusalemer Knaben den in den Tod gehenden Jesus gepriesen hatten: „Hosianna (Rettung) in der Höhe“ („Осанна в вышних“). Mit diesen zwei Liedern begrüßt die Gemeinde Christus den Gott, der unsichtbar vom Himmel ins Gotteshaus kommt, so wie ins sakramentale Jerusalem, um sich selbst als Opfer darzubringen.
Und nun hört die Gemeinde Christus selbst, der durch den Mund des Priesters spricht; sie hört die Worte Christi, die beim Heiligen Abendmahl vor zweitausend Jahren gesagt worden sind und zweitausend Jahre lang nicht zu klingen aufhören:
─ Nehmet, esset: dies ist mein Leib, der für euch gebrochen wird zur Vergebung der Sünden.Trinket alle daraus: dies ist mein Blut …
─ Приимите, ядите, Сие есть Тело Мое, еже за вы ломимое во оставление грехов. Пиите от нея вси, Сия есть Кровь Моя…
 
Und all das was der Mensch als Dankbarkeit für diese unschätzbare Gabe Gottes machen kann, flutet aus dem Münde des Chors:
─ Preisen wir dich, segnen wir dich, danken wir dir, o Herr, und beten zu dir, unser Gott.
─ Тебе поем, Тебе благословим, Тебе благодарим, Господи, и молим Ти ся, Боже наш.
Der Chor singt, der Priester ruft den Heiligen Geist an, auf Brot und Wein herabzusteigen. Das größte Wunder Gottes geschieht ─ Brot und Wein werden in Leib und Blut Christi dem Gott umgeschaffen. Von diesem Moment an sind das Brot auf dem Diskos und der Wein im Kelch nur die sichtbare äußerliche Realität; ihre sakramentale wahre Realität sind jedoch Leib und Blut Christi. Das Mysterium ist vollbracht.
Freude, Feier, Fest der Kirche... Und wenn es um ein Fest geht, dann ist es üblich, aller Gefeierten zu gedenken, also all jener, die zum Eintritt des fröhlichen Ereignisses mitgewirkt und beigetragen haben. Und natürlich ist die erste Gefeierte die Allerheiligste Mutter Christi . Wenn Sie nicht gesagt hätte: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; es geschehe mir nach deinem Worte“
[46], hätten wir im Dunkeln gesessen ─ genauer gesagt, hätten wir weder irgendwo gesessen noch gestanden. Darum hier, sofort… preist sie der Chor hoch:
Würdig ist in Wahrheit, dich selig zu preisen, die Gottesgebärerin,
die immer Seliggepriesene und Allmakellose und Mutter unseres Gottes.
Die Du geehrter bist als die Cherubim und unvergleichlich herrlicher als die Seraphim, die Du unversehrt Gott, das Wort geboren hast, dich, die wahrhafte Gottesgebärerin, hochpreisen wir.
Достойно есть яко воистину блажити Тя Богородицу,
Присноблаженную и Пренепорочную и Матерь Бога нашего.
Честнейшую Херувим и Славнейшую без сравнения Серафим,
без истления Бога Слова рождшую, Сущую Богородицу Тя величаем.
Der Priester gedenkt Johannes des Täufers, der Apostel, aller Heiligen and aller lebenden und entschlafenen Christen und preist Gott.
Der Chor bestätigt das gute Gedenken aller Menschen durch die Gottesdienstgemeinde ─ das Gedenken der Nächsten und der Weiten, der Geliebten und der Feinde ─ und ruft auf: „Und eines jeden und einer jeden!“ („Ивсехився“),
Der Priester schickt den Anwesenden die Gnade Christi des Heilandes.
Gleichfalls der Chor dem Priester: „Und mit deinem Geiste“ („Исодухомтвоим“).
Der Diakon kommt auf den Ambon heraus, um die Fürbitte-Ektenie zu vollziehen.
„Schon wieder bieten! Um was denn noch?!“ – wird ein Ungeduldiger sagen. – „Alles ist doch schon fertig. Wozu weiter zögern? Warum spenden die Priester immer noch nicht die Kommunion? Anderthalb Stunden lang sind wir zum Beten gezwungen worden, und immer noch ist ihnen das zu wenig! Oder sind sie nicht in der Lage, den Ritus selbst, ohne die Gemeindemitglieder, durchzuführen?“
Das ist es eben ─ sie könnten es wohl und problemlos. Sie können sowohl Brot und Wein in Leib und Blut Christi umschaffen, als auch die Kommunion empfangen, sogar wenn die Gemeindemitglieder absolut gleichgültig gegenüber dem im Altar Geschehen sind; für sie kann es auch ganz ohne Gemeindemitglieder gehen. Jedoch ist es leider so, dass es für die Gemeindemitglieder ohne die Geistlichen gar nicht geht. Denn nur ein Priester kann sie von ihren Sünden lossprechen, und nur ein Priester kann die Liturgieabfolge vollziehen und ihnen Leib und Blut Christi spenden, weil er sein Vertreter auf Erden ist. Der Gemeindemitglied kann eine liturgische Einigung mit Gott nur wollen, nur den Wunsch dazu empfinden. Nicht nur macht der Priester diese Einigung möglich, indem er die seelische Wohnung des Gemeindemitglieds durch das Mysterium des Lossprechung der Sünden für den Einzug Gottes reinigt, sondern er führt ihn durch das Rinnsal der liturgischen Abfolge; indem der Priester unablässig um den Gemeindemitglied zu Gott betet, organisiert und öffnet er ihn und macht ihn fähig, das Wunder der Einigung mit Christus selbst zu erfahren. Nicht nur rettet der Priester das Gemeindemitglied vor der Tragödie des Aufeinanderprallens seiner sündhaften Dunkelheit mit dem Lichte der wohlwollenden Energie Gottes, sondern auch heilt er die Blindheit seiner Seele. Nicht nur öffnet der Priester dem Gemeindemitglied die Tür zum Reich Gottes, sondern er führt ihn auch dort hinein. Darum heißt der Priester auch Hirte, und die Gemeindemitglied Herde.
Also ist die Transsubstantion von Brot und Wein in den lebendigen Leib und das Blut Christi bereits vollgebracht. Das wichtigste ist jetzt: wie soll man sich diesem furchterregenden Mahl nähern, wie soll man es in sich empfangen? Bist du dir sicher, dass du alle Sünden gebüßt, dass du vor dem Priester nichts verheimlicht hast? Bist du dir sicher, dass während des Gottesdienstes kein einziger dunkler Gedanke dein Bewusstsein berührt hat? Bist du dir sicher, dass das Feuer, zu dem du kommst, dich reinigen wird, anstatt in dich ein Brandmal des unwürdigen Lästerers für immer hineinzubrennen? Wer kann sich darin schon sicher sein?!!
Daher gibt es hier nur eine Lösung: ohne sich mit der eigenen Heiligkeit abzuschirmen und der eigenen Reinheit zu vertrauern, sollte man den Mut in sich finden, sich dem Willen der Hirten der Kirche hinzugeben.
Hören wir dem Diakon zu:
Aller Heiligen eingedenk, wieder und wieder in Frieden lasset zum Herrn uns beten.
Все святые помянувше, паки и паки миром Господу помолимся.
Um was schlägt der Diakon vor zu beten? „Darum, dass Gott der Menschenlieber uns die Gabe des Heiligen Geistes herabsenden möge“.
Und die weiter folgenden Fürbitten um die Hilfe Gottes beim Beschreiten unserer irdischen Wege enden noch nicht einmal mit einer Bitte, sondern mit der Überzeugung, dass wir durch den uns bevorstehenden Empfang des Leibes und des Blutes Christi der Gemeinschaft des Heiligen Geistes würdig sein werden. Und in diesem Augenblick schlägt der Priester der ganzen Versammlung vor, um die Würdigung der Anwesenheit beim Mahl Gottes, des Himmlischen Vaters selbst, mit Freimut zu bitten.
Unser Verstand wird stumm, wenn man anfängt zu begreifen, was im Innersten dieses wahrhaft Göttlichen Zelebration liegt, und was der Mensch durch die erlangen kann. Und dies ganz kostenlos, nicht für irgendwelche Leistungen, sondern als geschenkte Gabe, für ein kurzes Stündchen des Stehens und Betens!!! Überlege es dir! Nicht nur, dass die Liturgie die Seele und den Leib reinigt, heiligt und weiht. Die Liturgie bereitet für uns die Adoption durch Gott vor und macht uns teilhaftig am Leben der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Das ist es ja, das von Christus versprochene ewige Leben. Und diese GABE, an die alle schönen Sachen der irdischen Welt nicht an Wert heranreichen, bietet uns die Kirche bei einer normalen täglichen Liturgie an.
Deshalb, Brüder und Schwester, lasset uns in diesem höchsten und verantwortlichsten Augenblick des Gottesdienstes nicht gelangweilt warten, bis die Pforte sich öffnet und der Priester endlich den Kelch herausbringt, sondern werfen wir alle Zweifel von uns und öffnen wir unsere Seelen, damit Christus, der mit dem Vater und dem Heiligen Geist verbleibt, in uns hineinkommt. Lasset uns, indem wir treuherzig das „Vater unser“ singen, uns nicht nur zu Gläubigen, nicht mal zu Jüngern, sondern zu wahren Söhnen und Töchtern des Himmlischen Vaters bekennen.
Nachdem der Priester die Betenden darüber aufmuntert, dass ihr Appell an Gott erhört und angenommen ist, begrüßt er sie so, wie Christus seine Jünger begrüßte: „Friede allen“ („Мир всем“).
Der Diakon; „Beuget eure Häupter vor dem Herrn.“ („ГлавыВашиГосподупреклоните“)
Der Priester betet eifrig und segnet die Versammlung.
Der Diakon ruft: „Lasset uns aufmerken!“ („Вонмем!“ – „Achtung!“). Der Priester: „Das Heilige den Heiligen!“ („Святаясвятым“)
Dieser Aufruf des Priesters beinhaltet auch eine Mitteilung darüber, was gleich geschehen soll, und zwar dass Christus, den du gleich in dich empfangen wirst, der Heilige Gott ist, der im Heiligen ruht. Es ist also die letzte Warnung, dass alle Kommunikanten ihr Gewissen betrachten sollen ─ ist es rein? Der Chor hilft den Betenden, darauf richtig zu antworten;
„Einer ist heilig, einer der Herr, Jesus Christus, zur Verherrlichung Gottes des Vaters. Amen.“ („Един Свят, един Господь Иисус Христос, во славу Бога Отца. Аминь“).
Also zählt sich die Versammlung in rettender Demut den unnützen Sklaven zu.
Im Altarraum empfangen die Geistlichen die Heiligen Sakramente.
Der Chor singt den dem Feiertag entsprechenden Hymnus.
Es werden Gebete zur Heiligen Kommunion verlesen.
Die Königspforte öffnet sich,
Der Diakon ruft: „Mit Gottesfurcht und Glauben tretet herzu.“ („Со страхом Божиим и верою приступите!“
Die Geistlichen treten auf die Solea heraus, der Diakon trägt den Kelch mit den Heiligen Sakramenten in der Hand, der Priester spricht das Bekenntnis des Glaubens an das Mysterium der Kommunion, die Versammlung spricht ihm nach:
„Ich glaube, Herr, und ich bekenne, dass Du in Wahrheit der Christus bist…“ (Верую, Господи, иисповедую, якоТыесивоистинуХристос…“)
Die Geistlichen treten von der Solea zum Volk herab, und die heilige Kommunion beginnt. Außer Gottesfurcht und Glauben ist jetzt gefragt, nur einfachste Disziplin und Ordnung zu halten. Es gibt Tage, an denen es viele Kommunikanten gibt. Und man braucht gar nicht versuchen ─ obwohl es uns schon so sehr im Blut liegt ─ den Nebenstehenden zuvorzukommen; denn dabei liefen wir Gefahr, uns im Kampf um die ersten Plätze am Kelch zu echauffieren und sowohl die Gottesfurcht als auch den Glauben zu verschütten und gar zu vergessen, wofür wir gekommen sind. Kurzum, im letzten Moment kann man alles verderben und den seelischen Frieden und all unsere Gebetstaten einbüßen. Der Teufel mag die Kommunikanten nicht. Sei wach, stehe ruhig und bete langsam – die Liturgie wird nach der Kommunion ohnehin weiter gehen, und du solltest auch noch vom Priesters zum Verlassen des Gotteshauses gesegnet werden.
Manchmal werden die Heiligen Sakramente angesichts der großen Anzahl der Kommunikanten aus zwei oder drei Kelchen gespendet. Und da wollen einige die Kommunion unbedingt vom Oberpriester empfangen, insbesondere wenn er ein Bischof oder ein Metropolit ist. Wenn man sieht, wie sich die Menschenmenge um den Metropolit drängt und gar nicht merkt, dass ein anderer Priester, auch mit einem Kelch, allein an einem freien Platz steht, und wie ein armer Verwandter die Leute zu überreden versucht: „Kommt hierher!“, dann denkt man: „Mensch, wo ist hier der Glaube?“ Wahrhaft wissen die Menschen nicht, was sie tun. Indem wir denken, dass es im Kelch des Metropoliten mehr Gnade als bei einem einfachen Priester gibt, lästern wir der Heiligen Sakramente. Diese Sünde ist grausam. Das ist eine Lästerung des Heiligen Geistes, und sie wird nicht vergeben werden, weder in diesem Zeitalter noch in dem zukünftigen
[47]. Es ist verständlich, dass die Gemeindemitglieder ihren Bischof lieben, und durch diese Liebe zu ihm besonders angezogen werden. Es ist auch klar, dass sein höher Rang uns wegen seiner Nähe zum Himmlischen Reich besonders anzieht. All das hat jedoch mit dem Kelch mit den Heiligen Sakramenten nichts zu tun. Christus ist gleich, in allen Kelchen bei allen Priestern. Blamiere Christus nicht durch deine ruppige Knechthaftigkeit vor den Prominenten dieser Welt, auch wenn sie große Kirchenhierarchen sind. Glaube, dass ein demütiges Gefühl der Unwürdigkeit, die Gabe Gottes aus der Hand der Höchsten anzunehmen, und eine friedliche Kommunion bei einem einfachen Priester, der nach dem Willen Gottes dir näher steht als der Metropolit mit dem Kelch, dir dieses wahre Wohl, für welches du ins Gotteshaus gekommen bist, nicht wegnehmen werden.
Und lasse zuerst die Kinder an den Kelch, denn Christus sagte: „Wehret den Kindern nicht, zu mir zu kommen“
[48]. Und wenn du schon nah zum Kelch bist, leg deine Hände an deine Brust im Form eines Kreuzes, so dass die rechte Hand über der linken ist, und wenn du so zum Kelch kommst, sage laut deinen Namen, so wie er im Heiligenkalender steht (nicht Micha, sondern Michael; nicht Katja, sondern Katharina usw.) ─ damit rufst du deinen Schutzpatron an.
Am Kelch wird dir der Diakon ein Tuch unter das Kinn legen, damit ─ Gott bewahre ─ kein Partikel auf den Boden fällt. Öffne deinen Mund etwas weiter, so dass der Priester dir die Heiligen Sakramente auf dem Kommunionslöffel frei spenden kann. Nach dem Empfang der Kommunion küsse den unteren Kelchrand wie die durchstochene Rippe Christi und gehe zu dem Tisch mit Zeon
[49]. Nach dem Empfang der Kommunion sollte ein Schluck Zeon getrunken und ein Stückchen Prosphora gegessen werden. All das werde dir von einer Bediensteten an einem speziellen Tisch angerichtet.
Als nächstes sollte man natürlich Gott für seine unsägliche Gabe danken, also nochmals zum Ambon kommen.
Der Priester wird dich mit dem Kelch segnen; damit symbolisiert er Christus, der in seiner Himmelfahrt die Jünger segnet.
Danach singt der Chor:
Erfüllt sei unser Mund von deinem Lob, o Herr, auf dass wir besingen deine Herrlichkeit, denn gewürdigt hast Du uns, teilzunehmen an deinen heiligen, göttlichen, unsterblichen und lebensspendenden Mysterien. Bewahre uns in deiner Heiligung, dass wir den ganzen Tag uns üben in deiner Gerechtigkeit…
Да исполнятся уста наша хва­ления Твоего, Господи, яко да поем славу Твою, яко сподобил нас причаститися Святым Твоим Тайнам; соблюди нас во Твоей святыни, весь день поучатися правде Твоей…
Der Diakon erbittet, indem er die Kleine Ektenie sprich, einen friedvollen und sündlosen Tag für die Kommunikanten. Der Priester ruft auf: „Lasset uns gehen in Frieden“ („Смиромизыдем“)…
Hast du in dir vielleicht folgende Besonderheit bemerkt – kaum spricht der Priester „Lasset uns hinweggehen in Frieden“, dreht sich etwas in dir um, und du möchtest das Gotteshaus unheimlich gerne verlassen. du hörst den nächsten Diakonsvorschlag zu beten nicht mehr, du verstehst nicht, um was der vom Ambon zu den Leuten herunterkommende Priester Gott noch bittet. Seine Einsegnung, der Schlusssegen, das fröhliche„Viele Jahre“-Lied[50] ─ alles ist wie vernebelt und du stehst wie auf Nägeln und hast nur einen einzigen Gedanken – schnell, weg, los. Sogar wenn du draußen, außerhalb des Gotteshauses nichts Dringendes zu tun hast.
Nein, das ist keine Folge der körperlichen Müdigkeit, auch nicht der Verlust des Gefühls der Dankbarkeit, der bereits unsere Volkseigenschaft geworden zu sein scheint. Das ist dein persönliches Kennenlernen der Tätigkeit des teuflischen Geistes. Ihm juckt das Fell, dir des Gutes Christi zu berauben. Ertrage dieses Fieber, dieses dämonische Jucken. Bleibe ruhig stehen, höre auf den Hauch der anderen Welt, die sicherlich in deinem Herz atmet, wenn auch unspürbar.
Der Lektor spricht die Dankgebete. Der Priester hält eine Predigt vor, kommt vom Ambon zum Volk herunter and bietet das Kreuz zum Kusse dar.
Sowohl die Predigt als auch das Kreuz sind für dich ein guter Abschiedssegen, denn du gehst aus dem Haus des Vaters in die gefährliche Außenwelt. Das Kreuz, das der Priester dir darreicht, trägt eine Abbildung des gekreuzigten Christus. Das ist die apostolische Erinnerung daran, dass die Welt gekreuzigt ist für dich, der Christus in sich empfangen hat. Und dein Küssen des Kreuzes bedeutet, dass du einverstanden bist, dich mit Christus zusammen der Welt gegenüber kreuzigen zu lassen. Höre auch der Predigt des Priesters zu, sei geduldig ─ auch wenn sie für dich nichts Neues öffnet, wird in ihr dennoch etwas für dich gesagt…
Ich erinnere mich an eine Geschichte aus meiner eigenen Erfahrung. Als ich mein religiöses Leben gerade erst begann, zeichnete sich mein Glaube, wegen der Frische und Neuerworbenheit meiner Kenntnisse, durch besondere Heftigkeit aus, wie es normalerweise der Fall ist. Damals war es für junge Leute so: wenn du beim Gottesdienst bleibst, wo du allein unter alten Frauen bist, und dich dabei wie sie bekreuzigst und beugst, dann ist das schon eine Heldentat. Und wenn du die Kommunion hast, dann bist du bereits ein Glaubensbekenner, nicht weit weg vom Märtyrer… Dieses eine Mal hatte ich auch die Kommunion empfangen. Der Priester sprach die Predigt, er sprach lange und irgendwie uninteressant – „seid nachsichtig zueinander… seid geduldig... verzeiht, wenn ihr beleidigt worden seid… duldet die Schwächen der Anderen… werdet nicht beleidigt… macht keinen Streit wegen Bagatellen“. Es ist immer dasselbe, was er wiederholt, - dachte ich., - so viel Mühe gibt er sich wegen den alten Frauen, die sich gerne wegen Bagatellen aufregen. Endlich war der Priester die Predigt fertig. Und ich lief nach Hause. Meine Seele fühlte sich froh und leicht. Die Sonne schien, es war ein Frühlingssonntag. Zu Hause saßen meine Eltern am Tisch. Es war auch ein Kollege meines Vaters zu Gast. Ich hatte gerade noch gemerkt, wie meine Mutter eine Flasche vom Tisch weggeräumte. Meine Stimmung war sofort verblasst. Ich wollte in mein Zimmer.
„Magst du etwas essen?“ – fragte mich meine Mutter.
„Ach nein, später“ ─ irgendwie wurde ich plötzlich beleidigt.
„Er ist angeekelt!“ ─ sagte mein Vater.
„Ich bin nicht angeekelt, sondern ich finde es bedauerlich“ ─ antwortete ich.
Also, ein Wort gab das andere. – und schon kochte der Familienstreit. Meine Eltern warfen mir vor, ich würde meine jungen Jahre in Kirchen vergeuden. Ich stellte sie mit der Argumentation bloß, dass sie geistlich ignorant seien und sich nicht um ihre Seelen kümmerten. Am Ende war es so, dass ich einen kleinen Koffer zusammenpackte, ein Paar Bücher, eine Zahnbürste und Stück Seife mitnahm und fest entschlossen zum Hauptbahnhof fuhr. Weder die Verzweiflung meiner Mutter noch die Zurufe meines Vaters „Mach kein Quatsch“ machte mir etwas aus. Am Bahnhof wartete auf den Zug und versuchte mich davon zu überzeugen, dass es für mich sinnvoller sein würde, in irgendeinem ruhigen Kloster zu leben und um das Heil meiner Eltern zu beten, als mich nach der Kommunion so heftig zu streiten. Und dann erinnerte ich mich sowohl an die Kommunion als auch an die Predigt des Priesters, wie er die alten Frauen gebetet hatte, geduldig und nachsichtig zueinander zu sein… Aber warum denn nur die alten Frauen? Plötzlich fing ich an zu begreifen. Ich war ja derjenige, den er erbetet hatte. Ich erinnerte mich daran, dass er mich sogar häufig angeschaut hatte, ich aber hatte mir eingebildet, dass ich ihm gefallen hätte, wie ein großer Beter. Natürlich ist unser „großer“ Beter dann zurück nach Hause gefahren. Diese kleine Lehre forderte mich eben an, die Realität des kirchlichen Lebens aufmerksamer zu betrachten.
Und die Realität ist, dass wir in der Tat „nicht wissen, was wir tun“ (Lk. 23,34.). Ich rede von dem Mysterium der Eucharistie, vom Empfang des Leibes und des Blutes Christi, darüber, dass wir in diesem Mysterium des Ewigen Lebens teilhaftig werden. Eigentlich sollte jedes Gemeindemitglied wissen, dass die bei der Liturgie empfangenen Brot und Wein der wahre Leib und das wahre Blut Jesu Christi sind; er hat wahrscheinlich über die Fälle der wunderbaren Wirkung der Heiligen Sakramente Christi auf Kommunikanten gehört oder gelesen; sicherlich versteht er, dass die „heilsame Macht der Hl. Sakramente Christi über den menschlichen Körper“ ─ (ich zitiere aus der letzten modernen Ausgabe der „Lehre über die Heilige Kommunion“
[51]) ─ „nicht der Selbstzweck der Kommunion ist. Der Hauptzweck besteht ja darin, dass der Gläubige seine Seele verlebendigt, sich engstens mit Christi vereinigt, geheiligt wird und die Gewähr des ewigen Lebens erhält“.
Aber wenn derjenige, der gerade die Kommunion empfangen hat, sich fragt, ob er fühlt, wie seine Seele verlebendigt ist bzw. ob er gespürt hat, dass er bereits ein Teilnehmer des ewigen Lebens ist ─ dann, glaube ich, wird er kaum sagen: „Ja, ich spüre, dass ich und Christus eins sind.“ Und hier solltest du dich nicht täuschen, dich selbst belügen und phantasieren, dass du in der Tat etwas Außergewöhnliches gefühlt hast. Auch sollte man nicht sich selbst geißeln, dass die Kommunion auf einen wegen seiner Sünden nicht gewirkt habe. Noch sollte man die Kirche verurteilen in dem Sinne, dass die Priester heutzutage anders und wegen ihrer Gemütlosigkeit unfähig seien, die Gnade Gottes zu vermitteln, und dass keine Transsubstantion von Brot und Wein in Leib und Blut Christi mehr stattfindet. Hier kannst du beruhigt sein – du hast den WAHREN CHRISTUS empfangen.
Das ist bloß so, dass du weder fähig bist zu spüren, dass du in die Gemeinschaft des Ewigen Lebens hineingetreten bist, noch die Verlebendigung deiner Seele fühlen wirst ─ deine Seele ist den Leidenschaften und dem Leben des Fleisches so unterworfen, dass du in der Kommunion keine Spuren ihrer Wallungen finden wirst. Deine Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht ererben, auch die Verwesung nicht die Unverweslichkeit ererbt, ─ so sagte es Apostel Paulus[52]. Die Kommunion wird dir weder Zuwachs der Körperkräfte, noch Erleuchtung des Bewusstseins, noch Seligkeit noch Ekstase schenken. Und hier gibt es für alle möglichen Sektanten, Dämonisten und belehrten Materialisten einen breiten Spielraum, um die Kirche zu verspotten. Für Gemeindemitglieder ist es auch eine wackelige Stelle im Reichtum seines Glaubens, wo sich die religiöse Flamme häufig bis zu einem kaum wahrnehmbaren Glimmen abschwächt. Und so viel Beharrlichkeit und Mühe muss er investieren, bis er versteht, dass die Kommunion an seinen Körper gekoppelt ist. Nur ist dieser Körper feiner als die Seele und nah an der Göttlichkeit Christi; das ist nämlich der geistliche Körper, denn „Gott ist Geist“ (Joh. 4,24). Es sei denn, daß jemand aus Geist geboren werde, so kann er nicht das ewige Leben, das Reich Gottes sehen (Joh.3,5
[53]). Und solche Lebenserfahrung erreichen Gemeindemitglieder nur nach langen Bemühungen.
Ein anderes Problem ist, dass man sich bei uns immer noch darüber streitet, wie häufig man die Kommunion empfangen kann. Obwohl alle dafür zu sein scheinen, dass man Leib und Blut Christi so oft wie möglich empfangen soll, hat die Diskussion in Wirklichkeit längst mit dem Sieg der Befürworter der Minimallösung geendet. In Wirklichkeit ist es allgemeingültig, dass man die Kommunion am Namenstag empfängt, während des Großen Fastens, am Grünen Donnerstag, und, nun ja, noch ein Paar Mal während des Jahres, und das reiche. Die Kommunion ist ein furchterregendes Sakrament, sie erfordere seriöse Vorbereitung, und man sollte sie nicht in einen gewöhnlichen Ritus verwandeln. Durch die häufige Kommunion könne man seine Ehrfurcht zu ihr verlieren. Liest man aber die Kirchengeschichte, sieht man, dass die ersten Christen „täglich einmütig (…) zu Hause das Brot brachen [die Kommunion empfingen], mit Einfalt des Herzens“ (Apg. 2,46), also in der Kommunion eine dringende Notwendigkeit erblickten. Schauen wir in die Tagebücher des Johannes von Kronstadt
[54], der uns von allen Heiligen zeitlich am Nächsten steht, sehen wir, dass dieser keine Ruhe fand, bis er seinen Traum verwirklichte – jeden Tag die Kommunion zu empfangen.
Offenbar lag der Grund des Sieges der Befürworter der Minimallösung nicht nur daran, dass die heutigen Menschen geistlich schwächer sind als die Menschen der ersten Jahrhunderte nach Christus. Das prophezeiten schon die Heiligen Väter des Altertums, damit haben sich auch die heutigen Väter versöhnt. Die Abschwächung des Geistes und die Verarmung des Glaubens haben die Orthodoxie seit alters zermürbelt. Die Heiligen Väter des 19., des 18. und sogar des 17. Jahrhunderts trauerten über dieses Unheil. Und in Russland entwickelte sich diese Krankheit nicht von selbst. Wenn die Heiligen Väter über die Abschwächung des christlichen Lebens der Russen sprachen, wiesen sie auf die Krankheitsquelle hin, also auf den Feind der Kirche – den Antichrist und sein Haupt, den Satan, den Hasser der Menschheit. Dabei wendeten sie die Aufmerksamkeit der Christen auf die Hauptwaffe des Satans ─ die Verseuchung der Gesellschaft mit Ideen, die die Autorität der Kirche im Leben der Gesellschaft unterwühlen, sowie auch mit Lehren, die den Umbau des Staates und der Gesellschaft ohne Kirche erzielen.
Warum sehnt sich der Satan so stark danach, auf Erden „den Greuel der Verwüstung an heiligem Orte“
[55] zu festigen und in Gotteshäusern, in denen keine Göttliche Liturgie gefeiert wird, zu regieren? Darum, weil er weiß und mehr als wir dem Wort Christi glaubt, dass dann „das Ende kommen wird“; eine Katastrophe, der Niedergang der ganzen irdischen Menschheit (Mt., 24, 14).
Warum hat aber Russland seinen orthodoxen Geist verloren? Warum ist es so schnell und leicht in die Sklaverei einer Horde von Antichristen verfallen? Die Antwort darauf ist einfach und eindeutig. Es ist das geschehen, was die Kirchenväter befürchtet und wovor sie die Orthodoxen gewarnt hatten. Der Rausch der satanischen Ideen, der das Bewusstsein der russischen Menschen gefangen genommen hatte, hatte sie dazu gebracht, zu vergessen, dass sie orthodoxe Christen waren, und damit die liturgische Gemeinschaft mit Gott beendet.
du sagst vielleicht, dieses „Vergessen“ sei ein unseriöser Grund. Die Einwohner Russlands haben die Kirche ja gar nicht vergessen, sie haben an sie gedacht. Na und?.. Dämonen denken auch daran, dass es GOTT gibt, und zittern, wenn sie sich an IHM erinnern[56], dabei hassen sie IHN aber abgrundtief, denn sie haben komplett vergessen, dass Gott sie als Engel des Lichtes erschaffen hatte. Seit der Zeit Adams verführen sie den Menschen durch falsche Ziele ─ vom „wie Gott zu sein“
[57] und der Errichtung des Turms zu Babel bis zur Weltrevolution und dem Aufbau des Kommunismus ─ sie verseuchen den Menschen mit ihrem Virus des Vergessens seiner göttlichen Herkunft, indem sie seine Seele in Abgestorbenheit gegenüber dem Schöpfer halten.
Eben daher sollten die Christen wissen: wenn du den Leib und das Blut Christi in sich empfangen hast, bist du bereits eine Elementarkirche mit allen daraus folgenden Konsequenzen. Und zwar: du bist das Salz der Erde
[58], der Hüter der irdischen Menschheit. Allein deine Anwesenheit auf dem Planeten ist die Garantie seines Erhaltenbleibens. Und deine größte Pflicht ist es, dieses Heiligtum in dir zu pflegen.
Was sagt der Priester zum Schluss der Liturgie? Er wendet sich an Gott mit der Bitte, diejenigen, die die Heilige Kommunion empfangen haben, durch die Anwesenheit der Göttlichen Kraft in ihnen zu verherrlichen. Er dankt Gott für diese von IHM dargebrachte Gabe. Dabei bestätigt der Chor, dass es wirklich so, also wahr ist. Amen. Darum ist derjenige, der die Kommunion empfangen hat, nicht nur ein Tropfen der Heiligkeit im Meer der geistlichen Dunkelheit dieser Welt. Er ist nicht nur ein Mensch, der von seinen Sünden befreit ist. Mit der Göttlichen Kraft erfüllt, ist er fähig, die Heiligkeit auszustrahlen, indem er sie auf die ihn umstehenden irdischen Schöpfungen verbreitet. Er ist fähig, mit dieser Heiligkeit die Sünden seiner Nächsten zu überwinden und sie auf diese Weise am ewigen Leben teilhaftig zu machen.
Wer profitiert von deinem Unwissen dieser Wahrheit? Nur der Menschheitsfeind, also der Satan. Also hält er dich in Blindheit, im Unglauben sowohl gegenüber dir selbst als auch der Kirche und Christus gegenüber; da du, nachdem du die Kommunion empfangen hast, für ihn der größte Feind, ein Gift, eine Bombe bist. Der Fürst dieser Welt, wie Christus ihn nennt
[59], erträgt keine solche Personen in seinem Reich, zu welchem er die menschliche Gesellschaft zählt, und gibt sich umgehend Mühe, dich kaltzustellen, zu entleeren, in irgendeinen Sündenfall, - freiwilligen oder unfreiwilligen, bewussten oder unbewusstenin Wort oder Werk, - zu verwickeln. Beobachte dich nach der Kommunion eine Weile lang. Und aufgrund dessen, wie schnell du wieder zum Opfer einer geschickten Versuchung wirst, wirst du vielleicht glauben, dass unser Wort ungelogen ist. Über meine traurige Erfahrung habe ich bereits berichtet. Sie war weder die erste noch die letzte. Meine Mutter hat mehrmals versucht, mich zur Vernunft zu bringen: „du bist doch aus der Kirche gekommen. Warum bist du denn so böse? So ist eben unsere Heiligkeit ─ es langt nur für den Weg von der Kirche bis zu Hause, und schon kommst du leer, ausgeweidet, tot.“
Und daher, auch wenn man von der Kommunion wie von einer Freude, einem Fest spricht ─ verfalle nach dem Empfang nicht in Rührseligkeit, entspannt dich nicht, als ob du ein großes Werk vollgebracht und nun das Recht hättest, dich ruhig und sorglos zu erholen. Ja, die Kommunion ist eine Freude, aber es ist die Freude von einem, der sich in die Reihen der Kämpfer gestellt hat. Die Kommunion ist ein Fest, aber nicht des Siegers, sondern desjenigen, der erst die Waffe in die Hand bekommen hat. Ein Christ ist ein Krieger, ein Soldat, und die irdische Kirche ist die kämpferische Kirche. Und der unsichtbare Feind, der Geist des Bösen, ist schlau und stark. Wie der Hl. Johannes von Kronstadt uns sagte, „kämpft er gegen die Menschen ─ erfahren, klug und gezielt“. Aber mit uns ist Christus und sein heiliges Heer. Habe Mut und sei wachsam ─ so lehren es uns die Apostel (2.Tim.4,5.; Joh.16,33
[60]).

Über den Autor

Mönchsdiakon Seraphim (Tschurkin, 1937 – 2006) wurde 1937 in St.Petersburg (damals Leningrad) geboren. Als Kind erlebte er die harte Zeit des Krieges und der Stadtbelagerung, als Liebe, Freundschaft, Sorge und Selbstopferung besonders wichtig waren und viele Menschen ihr Leben durch Gebete zu Gott erhalten haben. Der zukünftige Mönch wuchs als fleißiger und gewissenhafter Junge auf, dem seine Mutter die Fähigkeit beibrachte, die schönen Seiten des Lebens zu sehen, Menschen zu lieben und Schönheit und
Kultur zu schätzen. Noch im frühen Alter zeigten sich seine künstlerischen Talente. Nach dem er das Institut für Theaterkunst absolviert hatte, wurde er Theater- und Filmschauspieler. Kurz danach erlebte er eine große Tragödie: seine Eltern, die er zutiefst liebte, kamen in einem Autounfall ums Leben. Was half ihm, diesen Gram zu überstehen? Wahrscheinlich sein Glaube an Gott, da es nichts anderes gibt, was den Menschen in so einem Ungemach rettet. Weder zog sich Vater Seraphim zurück, noch verbitterte er. Statt dessen traf er eine wichtige Entscheidung: um täglich in der Nähe seines Vaters und seiner Mutter sein zu können, fing er an, als Wärter auf dem Friedhof der Stadt Selenogorsk zu arbeiten, wo sie begraben waren. In diesem Dienst konnte er auch andere Menschen unterstützen und trösten.
1990 wurde in Selenogorsk die wiedererrichtete Kirche zur Kasaner Ikone der Mutter Gottes geweiht, und Vater Seraphim fing an, in ihr zu dienen: zunähst als Ostiarier, dann als Lektor und Kantor im Chor. 1992 wurde er zum Diakon geweiht. 2005 empfang er die Mönchsweihe. Von vielen Menschen wurde seine gutherzige Seelsorge hoch geschätzt, die vielen Menschen half, von ihren Sünden frei zu werden, ihre Seelen zu reinigen und ihre Schwermut zu heilen. Vater Seraphim betonte, dass es die Aufgabe des Menschen ist, nicht nur sich selbst retten zu lassen, sondern das ganze Universum zu heiligen und zu Gott zu bringen.

Anmerkungen


[1]Tschaikowski, Rachmaninow, Bortnjanski, Archangelski, Tschesnokow sind bekannte russische Komponisten (Anm.d.Ü.)
[2] Das Cherubikon (auch: Cherubimgesang; Cherubimhymnus) wird auf der Göttlichen Liturgie während der Übertragung der Heiligen Sakramente von der Prothesis zum Altar (dem sog.“Großen Einzug“) gesungen. Es bedeutet, dass sich alle Liturgie-Teilnehmer um den Thron Gottes und der sich um ihn sammelnden Engel zusammengeschlossen haben. (Anm.d.Ü)
[3] Die Verfolgung der Kirche in der Sowjetunion begann 1917 direkt nach der sog. Oktoberrevolution. Erzpriester Ioann Kotschurow war der erste Geistliche, der durch die Bolschewiki vor den Augen seines Sohnes wegen einer Predigt für den Frieden brutal gefoltert und ermordet wurde. Wenige Wochen später wurde Erzbischof Wladimir Bogojawlenski, Metropolit von Kiew und Galizien, in Kiew ebenfalls wie ein Märtyrer gefoltert und umgebracht. Im Jahre 1923 betrug die Anzahl der ermordeten Geistlichen um die 18.000 Menschen.
Basis der massenhaften und skrupellosen Verfolgung war das sog. Dekret über die Trennung von Kirche und Staat (20.01.1918). So verbat dieses Dekret religiösen Vereinigungen den Besitz von Eigentum und verweigerte ihnen die Rechte von juristischen Subjekten. Jeglicher religiöser Unterricht und die Publikation religiöser Literatur wurden verboten. Bis zum Sommer 1920 wurde das wichtigste Eigentum der Kirche verstaatlicht; enteignet wurden Wohnhäuser, Geschäftshäuser, Schulen, Altenheime, Kinderheime und Krankenhäuser sowie Kapital und Landbesitz. Bis zum Jahre 1921 wurden ca. 1.500 teilweise Jahrhunderte alte Klöster vernichtet. Im Laufe einer speziellen Kampagne zur Vernichtung Heiliger Reliquien wurden Heilige Gebeine geschändet und zerstört. Bis zum Jahre 1935 wurden ca. 25.000 Kirchenhäuser geschlossen oder zerstört.
Laut Verfassung besaßen weder Geistliche noch ihre Familienmitglieder das Wahlrecht; ihre Kinder durften an den Hochschulen nicht studieren. In den 1920er Jahren traten Gesetze in Kraft, die es wesentlich erleichterten, Geistliche der Konterrevolution zu bezichtigen. So konnte ein Priester bereits für eine traditionelle Predigt oder einen Gottesdienst an einem Sonntag, an dem die Menschen zur Arbeit gezwungen waren, im Gulag [Straflager] landen. Besonders intensive Repressionen fanden im Zeitraum von 1929 bis 1933 statt, als ca. 40.000 Kirchendiener verhaftet bzw. liquidiert, sowie im Zeitraum von 1937 bis 1940, als ca. 175.000 Orthodoxe Geistliche verhaftet (und davon ca. 100.000 ermordet) wurden. Bis zum Jahre 1935 wurden ca. 25.000 Kirchenhäuser geschlossen oder zerstört (im Jahre 1914 gab es in Russland ca. 50.000 Kirchenhäuser). Nach der Verfolgung der Jahre 1938 und 1939 blieben in Russland nur 1.277 Kirchenhäuser übrig. Nach dem Beginn des Angriffs Hitlers auf die Sowjetunion und der Neueröffnung der Kirchenhäuser auf dem durch die Deutschen okkupierten Territorium (insgesamt ca. 9.000 Kirchen) und der Notwendigkeit der geistlichen Unterstützung des Volkes wurde die Sowjetische Verfolgung etwas milder. Allerdings wurden weiterhin Gotteshäuser und Klöster geschlossen und Geistliche verhaftet und die Jugend daran gehindert, eine Ausbildung zum Priester zu absolvieren. Falls gläubige Eltern ihre Kinder in die Kirche mitnahmen, wurde damit gedroht, ihnen die Kinder wegzunehmen. Diese Verfolgung dauerte bis zur Auflösung der Sowjetunion im Jahre 1991 an.
[4] Hier und im Folgenden, wenn nicht anders angegeben, folgt der Text der unrevidierten Elberfelder-Bibelübersetzung (Anm.d.Ü.)
[5] Vgl. Joh.15,5. (Anm.d.Ü)
[6] Übersetzt aus der Synodalen Übersetzung auf Russisch. (Anm.d.Ü.)
[7] Vgl. Lk. 23, 29-43 (Anm.d.Ü.)
[8] Vgl. Joh.14,2-3. (Anm.d.Ü)
[9] Apg.2,1-4.(Anm.d.Ü.)
[10] Mt.5,13 (Anm.d.Ü)
[11] Der Starez (russ.: "ehrwürdiger Greis") ist ein erfahrener geistlicher Vorkämpfer und Asket, der über die geistliche Weisheit und die gottgegebene Kraft verfügt, anderen durch seine Gebete und Ratschläge zu helfen. Ein Starez hat, oft unter der Leitung eines erfahrenen Meisters, viele Jahrzehnte im geistigen Kampf verbracht, die Stufen des Mönchtums durchlaufen und durch unablässiges Gebet und asketische Übungen, die auch das Leben in einer Einsiedelei oder Klause einschließen können, ein besonderes Verhältnis zu Gott entwickelt, welches ihn nicht nur mit der tiefsten und vielseitigsten geistlichen Erfahrung, sondern auch mit Gaben bereicht hat, mit denen er anderen auf dem Weg zum Heil dienen kann (Tröstungs- und Seelsorgefähigkeit, Einsichtsfähigkeit, ggf. Heilungs- und Hellseherkraft). (Anm.d.Ü., nach http://www.orthpedia.de/index.php/Starez)
[12]HeiligerEhrwürdigerSiluan von Athos (geb. 1866 im Distrikt Tambow, Russland, † 24. 9. 1938 im Panteleimon Kloster auf dem Berg Athos. Einer der bedeutendsten Mönche der Neuzeit auf dem Athos, „ein Mann der großen Liebe“, den viele Mönche als ihren geistlichen Vater und Ratgeber ansahen, der sie mit seiner Liebe zu einem neuen Leben erweckte. (Anm.d.Ü.)
[13] Die Kirche Christi besteht aus zwei Teilen: die kämpferische Kirche auf Erden und die triumphierende Kirche im Himmel. Die Heilige Kirche auf Erden wird die „kämpferische Kirche“ genannt, denn sie kämpft, mit Gottes Hilfe, gegen dessen Feinde: Teufel, Leib, Welt und Sünde. Derjenige, der diese Feinde besiegt (oder zumindest sein Bestes getan hat, um sie zu besiegen) und ständig bestrebt ist, in Reinheit und Heiligkeit zu verbleiben, bleibt nach der Trennung von Seele und Körper in der triumphierenden (herrschenden) himmlischen Kirche, wo ihm der Heiland ewige Freude gibt. (Anm.d.Ü)
[14] Mt.28,19. (Anm.d.Ü)
[15]
Von russ. „Obed“: „Mittagessen“ (Anm.d.Ü.)
[16] Vgl. Mt.26,27-28. (Anm.d.Ü)
[17] Vgl. Joh.6,54-55. (Anm.d.Ü)
[18]Das Epitrachelion ist ein Kleidungsstück des Priesters, ein breites Band, welches den Hals umschließt und mit beiden Enden über die Brust etwa bis zum Fußknöchel nach unten hängt. Es ist das Symbol der Priesterschaft. Die symbolische Bedeutung des Epitrachelions liegt darin, dass der Priester eine große Gnade erhält, die ihm das Recht gibt, die Sakramente der Kirche zu spenden. Diese Gnade ist auch ein schwereres Joch, eine große Verantwortung; deshalb wird das Orarion auch wie ein Joch um den Hals des Priesters gelegt. Bei der Lossprechung der Sünden im Sakrament der Buße wird der Kopf der Bußenden mit dem Epitrachelion bedeckt und das Lossprechungsgebet gelesen. (Anm.d.Ü)
[19] Der Ambon (von griech. anabainein „hinaufsteigen“) ist der erhöhte, sich nach vorn erstreckende Ort vor dem Altarraum, von dem aus die biblischenLesungen, darunter das Evangelium, und Predigten verkündet werden. (Anm.d.Ü)
[20] Die Königspforte ist die zweiflügelige Haupttür inmitten der Ikonenwand, die sich gegenüber des Altars befindet und in den Altarraum führt. Sie wird so genannt, weil durch sie die Heiligen Sakramente während der Liturgie herausgebracht werden, also selbst der Herr, der König der Ehre (Ps.24,7-10) zu den Gläubigen herauskommt. Die Königspforte symbolisiert die Pforte des Himmelreiches. (Anm.d.Ü)
[21] Das Orarion ist ein langer Streifen, den der Diakon während des Gottesdienstes auf der linken Schulter trägt. Es ist ein Zeichen der Diakonswürde, mit dem dieser den Beginn jedes kirchlichen Aktes durch ein Zeichen verkündet und damit die Gemeinde zum Beten, die Sänger zum Singen, den Priester zur Durchführung der heiligen Zeremonie und sich selbst zu engelsgleicher Schnelligkeit und Dienstbereitschaft aufruft. (Anm.d.Ü)
[22] Die deutsche Übersetzung der liturgischen Texte, außer dem „„du einziggeborener Sohn...“ und den Antiphone, erfolgt nach http://www.orthodoxia.de/Chrysostomus.htm (Anm.d.Ü)
.
[23] Die Ektenie (von griech. ekténeia „Fleiß, Ausdauer“) ist ein gemeinsames Fürbittegebet in kirchlichen Gottesdiensten, wenn der Priester (oder der Diakon, wenn es keinen Priester gibt) Fürbittengebete aufruft, wobei der Chor auf jede Fürbitte „Herr, erbarme dich“ („Господи, помилуй“) oder „Gib, o Herr!“ („Подай, Господи!“) singt. Es gibt etliche Arten der Ektenie. Die GroßeEktenie beginnt mit den Worten „In Frieden lasset uns beten zum Herrn“ („МиромГосподупомолимся“); die Inbrünstige (d.h. verstärkte) Ektenie beginnt mit „Lasset uns alle sagen von ganzer Seele, und von ganzem Verstand lasset uns sagen“ („Рцемвсе, отвсеядушиипомышлениянашегорцем“), bei ihr wird „Господи, помилуй“ auf jede Fürbitte ab der dritten gesungen. „In der Bitt-Ektenie enden die Fürbitten mit „Подай, Господи!“. Die KleineEktenie besteht nur aus drei Fürbitten und beginnt mit den Wörtern „Wieder und wieder lasset uns beten zum Herrn“ („ПакиипакиГосподупомолимся“). Außerdem, gibt es auch die Ektenie für die Katechumenen (d.h. für diejenigen, die sich auf die Taufe vorbereiten), die Ektenie für die Gestorbenen und die Ektenie der besonderen Fürbitten, die während der Spendung der Sakramente und anderer Ritenanordnungen vorgetragen werden. Jede Fürbitte geht mit einer Bekreuzigung und einer Verbeugung einher. (Anm.d.Ü)
[24] Psalm 103. (Anm.d.Ü)
[25]Psalm 147. (Anm.d.Ü)
[26] Der Heilige Lukas (Lk.23,39-43) berichtet uns über das Verhalten von zwei Verbrechern, die zusammen mit Jesus gekreuzigt wurden (s. auch Mt.27,44; Mk.15,32): Einer aber der gehenkten Übeltäter lästerte ihm und sagte: „Bist du nicht der Christus? Rette dich selbst und uns!“ Der andere aber antwortete und strafte ihn und sprach: „Auch du fürchtest Gott nicht, da du in demselben Gericht bist? Und wir zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind; dieser aber hat nichts Ungeziemendes getan.“ Und er sprach zu Jesu: „Gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst!“ Und Jesus sprach zu ihm: „Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein.“
Bedenkenswert ist, dass der erste Mensch, der ins Paradies kam, also nicht einer war, der alles nach dem Gesetz tat und als gerecht und makellos hätte bezeichnet werden können, sondern eben ein Räuber, der durch seine Worte „wir empfangen, was unsere Taten wert sind" die wahre Demut eines Menschen zeigte, der seine Sündhaftigkeit anerkennt und Leiden als deren Folge ansieht und annimmt, anstatt zu murren. Daher wird er als „Besonnener (Wohlverstehender) Räuber" bezeichnet, der richtig handelt (also das tut, was zum Wohle führt). Das Gedenken bedeutet: das Ansprechen des liebenden, zu sich rufenden Gottes, das Gegenliebe voraussetzt oder erweckt. (Anm.d.Ü.)
[27] Das Troparion (griech.) ist ein uraltes (seit dem 4 Jh. belegtes) christliches Gebetslied, das über das Wesen des gefeierten Heilsereignisses oder über das Leben und die Taten eines Heiligen, dem der jeweilige Tag gewidmet ist, kurz berichtet. (Anm.d.Ü.)
[28] Das Kontakion (griech.) ist eine christliche Hymne, die in vielen Strophen das gefeierte Heilsereignis oder einen Heiligen emporpreist; es wurde durch den Hl. Roman Melodos im 6 Jh. eingeführt. Der Hl. Roman diente in der Kathedrale der Hl. Sophia in Konstantinopel. Trotz seines großen Fleißes konnte er bei Messen nicht besonders gut singen. Einmal musste er vor Weihnachten in der Kirche von dem Patriarchen und dem Kaiser singen und blamierte sich sehr. Zu Hause weinte er darüber und betete zur Mutter Gottes darum, besser singen zu können, um Gott und seine Heiligen besser lobzupreisen. Danach erschien vor ihm die Mutter Gottes und gab ihm eine Papierrolle, die er verschluckte. Somit bekam er nicht nur eine wunderbare melodische Stimme, sondern auch eine ausgezeichnete poetische Gabe. Sofort schrieb er das erste Kontakion zur Weihnacht, welches er dann später in der Kirche den erstaunten Zuhörern vorführte: „Die Jungfrau gebiert heute den, der über allen Wesen ist. Die Erde bietet eine Höhle dar dem Unnahbaren. Die Engel lobpreisen mit den Hirten, und die Weisen wandern dem Sterne nach, denn für uns ist geboren das kleine Kind, der urewige Gott.“. Der Hl. Roman Melodos dichtete über 1.000 Kontakien. Heute werden nur kurze Teile der ursprünglichen Hymne als Kontakien verwendet, die damit nun den Troparien ähneln. (Anm.d.Ü.)
[29] Das Trisagion oder Trishagion (von griechisch tris „dreimal“ und hagion „heilig“) ist ein Lobhymnus an Gott als die Allheilige Dreifaltigkeit, eine der ältesten christlichen Hymnen, die auch heute noch fester Bestandteil vor allem der byzantinischen Liturgie der orthodoxen Kirche ist. Die Tradition besagt, dass es als Lied der Engel von einem Jungen gehört wurde, der während eines gemeinsamen Bußbetens wegen eines Erdbebens in Konstantinopel (438-439) hoch in die Luft gehoben wurde. Danach wurde verordnet, es in den Gottesdienst einzufügen. Das gewöhnlich dreimal wiederholte Gebet lautet auf Griechisch: „Agios o Theos, agios ischyros, agios athanatos, eleison imas.“ Auf Latein: «Sanctus Deus, sanctus fortis, sanctus immortalis, miserere nobis ».
[30] Der Erhöhte Ort (russ.¨ГорнееМесто) ist eine Stelle an der östlichen Altarraumwand, an der während eines Pontifikalgottesdienstes ein Stuhl aufgestellt wird, auf dem nur der Bischof sitzen darf. Auf den Stühlen oder Bänken seitlich davon – hinter dem Altartisch – sitzen an einigen besonderen Stellen des Gottesdienstes die zelebrierenden Priester. Der Bischof stellt den Herrn selbst dar, die Priester die Apostel, und die daneben stehenden Diakone in ihren leuchtenden Gewändern die Engel. Über dem “erhöhten Ort” hängt immer eine Ikone des Erlösers. (Anm.d.Ü., nach http://www.orthpedia.de/index.php/Erh%C3%B6hter_Ort)
[31] Der Apostolos, in dem die Briefe der Apostel gesammelt sind, ist neben dem Evangelium eins der wichtigsten liturgischen Bücher für die Feier der byzantinischen Liturgie. (Anm.d.Ü)
[32] Die Kommemorationszettel sind Listen mit Namen von lebenden und entschlafenen Christen, derer gedacht werden soll. Während der Priester Brot und Wein für die Eucharistie vorbereitet, nimmt er für jeden Genannten eine Partikel des geweihten Brotes (Prosphora) heraus und legt es nach der Eucharistie in den Kelch mit dem Blut Christi. So wie das Blut Christi die Partikel anfüllt, wird die Gnade Gottes den Gedachten anfüllen und seine Sünden bereinigen. (Anm.d.Ü.)
Für die Christen, deren Namen auf den Kommemorationszetteln stehen, die zur Ektenie angebracht sind, betet nicht nur der Priester im Altarraum, sondern auch die ganze Gemeinde, denn sie werden an der Liturgie und ggf. am daraufkommenden Fürbittegottesdienst laut vorgelesen. (Anm.d.Ü)
[34] Die Prosphora ist geweihtes Brot, das speziell für die Zwecke der Eucharistie gebacken wird. (Anm.d.Ü)
[35] In Russland sehr selten vorkommende Namen, die nicht von Namen der Heiligen herstammen. In der Russischen Orthodoxen Kirche bekommt der Täufling seinen Namen zu Ehren eines Heiligen, und es ist üblich, dass bei Fürbitten die Taufnamen (nicht die säkularen) vorgelesen werden. (Anm.d.Ü.)
[36] Das Antimension ist ein viereckiges Tuch aus Seide oder Leinen mit einer Darstellung der Grablegung Jesu Christi und seiner Leidenswerkzeuge. An den Ecken des Antimensions sind die Symbole der vier Evangelisten dargestellt: der Stier, der Löwe, der Mensch und der Adler. Das Antimension ist immer vom Bischof, der es geweiht hat, unterschrieben, wobei auch angegeben ist, wo und wann diese Weihe stattfand und für welche Kirche es geweiht wurde. Das Wort “Antimension” selbst bedeutet in der Übersetzung aus dem Griechischen “an Stelle des Altares”. Das Antimension hat dieselbe Bedeutung wie der Altartisch. Ohne Antimension kann keine Liturgie zelebriert werden. Bei der Kirchweihe durch den Bischof wird das Antimension auf den Altartisch gelegt und mit ihm geweiht. Im mittleren oberen Teil des Antimensions werden in einem Säckchen Reliquien von Heiligen eingenäht. Das Antimension liegt gewöhnlich zusammengefaltet auf dem Altartisch. Es wird nur an einem bestimmten Moment während der Liturgie auseinandergefaltet. (Anm.d.Ü., nach http://www.orthpedia.de/index.php/Antimension)
 
[37] Unter Weisheit bzw. Sophia wird in der orthodoxen Theologie traditionell der Sohn Gottes verstanden, über den u.a. im Buch der Sprüche Salomos geschrieben steht: „Die Weisheit hat ihr Haus gebaut, hat ihre sieben Säulen ausgehauen“ (Spr.9,1, nach der unrevidierten Elberfelder-Bibelübersetzung). Diese Worte weisen auf Christus den Sohn Gottes hin, der in den apostolischen Schriften „Weisheit von Gott“ genannt wird (1.Kor.1,30), während das Wort „Haus“ auf die All-Heilige Jungfrau Maria hinweist, aus der der Sohn Gottes Fleisch angenommen hat. Die Darstellung der Ikone bezeugt die Erfüllung der Prophezeiung. Bekannt sind die Kiewer und die Nowgoroder Fassungen der Ikone. (Anm.d.Ü.)
[38]
Die Ikonostase ist eine Wand, die den Altarraum und den mittleren Teil des Gotteshauses voneinander trennt. Sie besteht aus drei bis fünf Ikonenreihen. In der Mitte der ersten Reihe befindet sich die Heilige Pforte (die Hauptpforte, die nur bei erhebenden Anlässen geöffnet wird); rechts von der Pforte befindet sich eine Ikone von Jesus Christus und eine Ikone des Heiligen oder des Feiertages, dem dieses Gotteshaus gewidmet ist. In der unteren Reihe, auf beiden Seiten, befinden sich die Diakonspforten. Über der Heiligen Pforte befindet sich eine Ikone des Abendmahles. Die zweite Reihe besteht aus Ikonen von den zwölf Feiertagen des kirchlichen Jahres (Geburt der Allerheiligsten Mutter Gottes, Kreuzerhöhung, Marias Einführung in den Tempel, Weihnachten, Epiphanias, Christi Darstellung im Tempel, Mariä Verkündigung, Einzug Gottes in Jerusalem, Himmelfahrt Christi, Pfingsten, Verklärung Christi, Mariä Himmelfahrt). Die dritte Reihe enthält eine Deismus-Ikone (eine Ikone oder Ikonengruppe mit Darstellungen Christi, der Mutter Gottes und Johannes des Täufers). Die vierte Reihe enthält die Ikone der Gottesgebärerin „Omen“ und die Ikonen der Propheten, die vor Gott stehen. Die oberste fünfte Reihe enthält eine Ikone der Dreifaltigkeit und Ikonen der alttestamentarischen Gerechten (Abraham, Isaak, Jakob u.a.). Eine Ikonostase wird mit einer Kreuzigung gekrönt.
[39] Die Solea (griech. – “Erhebung”) ist eine ein- oder zweistufige Erhebung vor der Ikonostase, deren Breite gleich der Breite des zentralen Raums des Gotteshauses ist. (Anm.d.Ü,)
[40] Der Diskos ist eine Platte mit einer Darstellung Jesu als Kind. Bei der Vorbereitung auf die Eucharistie werden darauf Agnus (geweihtes Brot, das während des Eucharistischen Kanons zum Leib Christi wird) und Teile aus den Prosphorae abgelegt. Symbolisch stellt der Diskos die Bethlehem-Krippe dar, sowie auch den Sarg, in dem der Leib Jesu Christi begraben wurde. (Anm.d.Ü)
[41] s. Joh.14,27. (Anm.d.Ü.)
[42] s. Joh.13,34. (Anm.d.Ü.)
[43] S. Mt.3,3, Mk.1,3, Joh.1,23. (Anm.d.Ü.)
[44] Bis vor kurzem war die Bäckereiversorgung in Russland folgendermaßen organisiert: Brot wurde nicht in der Bäckerei, sondern in einer Brotfabrik gebacken und mit einem LKW in die Bäckereien geliefert. Häufig war es so, dass die Brotregale bis zu Lieferung leer waren, und so mussten die Menschen warten, bis der LKW ausgeladen wurde. (Anm.d.Ü.)
[45] Vgl. Ex.34,29-35: „Und es geschah, als Mose von dem Berge Sinai herabstieg, - und die zwei Tafeln des Zeugnisses waren in der Hand Moses, als er von dem Berge herabstieg, da wußte Mose nicht, daß die Haut seines Angesichts strahlte, weil er mit ihm geredet hatte. Und Aaron und alle Kinder Israel sahen Mose an, und siehe, die Haut seines Angesichts strahlte; und sie fürchteten sich, ihm zu nahen. Und Mose rief ihnen zu, und sie wandten sich zu ihm, Aaron und alle Fürsten in der Gemeinde; und Mose redete zu ihnen. Und danach nahten sich alle Kinder Israel; und er gebot ihnen alles, was Jahwe auf dem Berge Sinai zu ihm geredet hatte. Und Mose hörte auf, mit ihnen zu reden. Und er hatte eine Decke auf sein Angesicht gelegt. Und wenn Mose vor Jahwe hineinging, um mit ihm zu reden, tat er die Decke ab, bis er hinausging; und er ging hinaus und redete zu den Kindern Israel, was ihm geboten war; 35 und die Kinder Israel sahen das Angesicht Moses, daß die Haut des Angesichts Moses strahlte; und Mose tat die Decke wieder auf sein Angesicht, bis er hineinging, um mit ihm zu reden. (Anm.d.Ü.)
[46] S. Lk.1,38. (Anm.d.Ü.)
[47] Vgl. Mt.12,32-32. (Anm.d.Ü.)
[48] Vgl. Mk.10,14 (Anm.d.Ü.)
[49] Das Zeon („Wärme“) ist mit Kochwasser verdünnter Kagor-Wein, welcher zusammen mit Antidoron (geweihtes Brot) den Kommunikanten nach dem Empfang der Kommunion dargereicht wird. (Anm.d.Ü.)
[50] Das „Viele Jahre“-Lied (russ.: „МногаяЛета“) wird am Ende der Liturgie bei besonderen Anlässen gesungen, um den Hierarchen, dem Klerus, allen Gläubigen, evtl. einem besonders zu ehrenden Gemeindemitglied u. ä., Gesundheit, Heil und gesegneten Erfolg zu wünschen. (Anm.d.Ü.)
[51]
Russ.: „Поучение о Св. Причащении“. (Anm.d.Ü.)
[52] 1.Kor.15,50. (Anm.d.Ü.)
[53] Vgl.: Es sei denn, daß jemand aus Wasser und Geist geboren werde, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen. (Joh.3,5, Anm.d.Ü.)
[54]HeiligerGerechter Ioann (Johannes) von Kronstadt, Wundertäter, († 1908) wurde am 18. Oktober 1829 im Dorf Sura im Gouvernement Archangelsk in der Familie eines armen Kirchendieners geboren. Im Alter von neun Jahren wurde er Schüler am Geistlichen Seminar in Archangelsk. seiner guten Leistungen wegen konnte er das Studium an der Geistlichen Akademie in St. Petersburg auf Staatskosten weiterführen. Nach der Geistlichen Akademie und seiner Eheschließung empfing der Gerechte Ioann die Diakons- und Priesterweihe (1855). Im selben Jahr wurde er zum Vorsteher der Kathedrale von Kronstadt (im Gouvernement St. Petersburg) ernannt. Gleich nach Antritt seines Dienstes in Kronstadt begann er mit dem Besuchsdienst in den Elendsvierteln der Stadt. 1882 konnte der Gerechte Ioann sein "Haus der Arbeitsliebe" eröffnen, das Arbeitsplätze und Versorgung vermittelte. 1888 wurde ein Nachtasyl erbaut und 1891 eine Pilgerherberge. Mit der Zeit wurde das "Haus der Arbeitsliebe" durch ein Waisenhaus, eine Kindertagesstätte, ein Armenhaus für Frauen, einen Volksspeiseraum und eine Ausgabestelle für Bekleidung ergänzt. Er wurde zum Erzpriester und zum Mitglied des Heiligsten Synods (der Kirchenführung Russlands) ernannt und als "Hirte aller Russen" verehrt. Da die von ihm geführten Gottesdienste und Predigten täglich mehrere Tausende Menschen erreichten, führte der Hl.Ioann die gemeinsame Allgemeinbeichte (vgl. Individualbeichte) ein. Die zahlreichen finanziellen Spenden, die der Hl.Ioann sammelte, gab er sofort weiter an die Hilfsbedürftigen bzw. setzte sie zum Bau neuer Gotteshäuser und sozialer Wallfahrtseinrichtungen ein. (Anm.d.Ü.)
[55] Mt.24,15 (Anm.d.Ü.)
[56] Vg. Jak.19-20: du glaubst, daß Gott einer ist, du tust wohl; auch die Dämonen glauben und zittern. Willst du aber wissen, o eitler Mensch, daß der Glaube ohne die Werke tot ist?“ (Anm.d.Ü.)
[57] 1.Mose 3,5. (Anm.d.Ü.)
[58] Vg. Mt.5,13 (Anm.d.Ü)
[59] S. Joh.14,30. (Anm.d.Ü)
[60] S. auch 1.Petr.5,6 (Anm.d.Ü)
Jahr:
1996
Orignalsprache:
Russisch
Übersetzer:
Movtchaniouk, Alexandra Olessia
Herausgegeben:
Сатисъ, 2006, ISBN 5─7373─0134─6