Predigt zum 3. Herrentag der Großen Fastenzeit / Kreuzverehrung (Hebr. 4: 14 – 5: 6; Mk. 8: 34 – 9:1) (03.04.2016)

Liebe Brüder und Schwestern, 

 

mit dem Herrentag der Kreuzverehrung beginnt die mittlere Woche der Großen Fastenzeit. Damit wir in unserem Tun der Selbstläuterung nicht nachlassen, ergehen heute folgende Worte des Herrn an uns: „Wer Mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um Meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten. Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis könnte ein Mensch sein Leben zurückkaufen? Denn wer sich vor dieser treulosen und sündigen Generation Meiner und Meiner Worte schämt, dessen wird Sich auch der Menschensohn schämen, wenn Er mit den heiligen Engeln in der Hoheit Seines Vaters kommt“ (Mk. 8: 34-38).

Zugegebenermaßen lassen diese Worte einen breiten Raum für Interpretationen offen. Damit wir aber mit dem unergründlichen Tiefgang dieser Verkündigung nicht alleingelassen werden, hat uns die Kirche gerade während der Wochen der Fastenzeit solche Heilige zur Seite gestellt, die uns zeigen, wie der Aufruf des Herrn zur selbstverleugnenden Nachfolge Christi in die Tat umgesetzt werden  kann. Der hl. Theodoros von Tyron (sein Gedächtnis begehen wir am Samstag der ersten Woche der Fastenzeit) verlor sein zeitliches Leben, um das ewige zu gewinnen; der hl. Gregorios Palamas (zweiter Herrentag) zeigte uns, dass durch beharrliche Reinigung des Verstandes und des Herzens Christen auch heute noch „den Tod nicht erleiden, bis sie gesehen haben, dass das Reich Gottes in seiner ganzen Macht gekommen ist“ (Mk. 9: 1; vgl. Mt. 5: 8); der hl. Johannes Klimakos (vierter Herrentag) dient als anschauliches Beispiel dafür, dass wir in der Nachfolge Christi dafür in dieser Welt leben sollen, um kontinuierlich im Kampf gegen die sündhaften Leidenschaften den Aufgang vom zeitlichen Diesseits ins zeitlose Jenseits vollbringen zu können; der hl. Andreas von Kreta (Donnerstag der fünften Fastenwoche) hinterließ uns den Großen Bußkanon, mithilfe dessen wir uns in den heilbringenden und gnadenvollen Zustand bußfertiger Sünder versetzen können; die hl. Maria von Ägypten (fünfter Herrentag) steht für die unerschöpfliche Quelle göttlichen Gnadenreichtums, die sich einem aufrichtig Büßenden über die Gesetzte der menschlichen Natur hinweg erschließt. All das sind lebendige Belege für das Tragen des von Gott auferlegten Kreuzes in der Nachfolge Christi. Dieser hat ja für uns „die Himmel durchschritten“ (Hebr. 4: 14), d.h. uns durch Seine Auffahrt in die Himmel den Weg in das Himmelreich aufgetan, nachdem Er Selbst „in allem wie wir in Versuchung geführt worden ist, aber nicht gesündigt hat“ (4: 15). Er ruft uns zu Seinem „Thron der Gnade,, damit wir Erbarmen und Gnade finden und so Hilfe erlangen zur rechten Zeit“ (4: 16). Achten wir hier auf die Symbolik der Sprache: ein Priester steht ja üblicherweise mit erhobenen Händen vor dem Opferaltar; aber „da wir nun einen erhabenen Hohepriester haben“ (4: 14), der in Gnaden thront, „lasst uns an dem Bekenntnis festhalten“ (4: 14), dass Dieser für uns das Heilige Opfer dargebracht hat bzw. Selbst für uns zum Opferlamm geworden ist. Auch wenn wir uns vielleicht nicht in demselben Maße, wie die eben erwähnten Heiligen durch bedingungslose Opferbereitschaft in der Nachfolge Christi hervortun, können wir alle als ein „auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das Sein besonderes Eigentum wurde“ (1. Petr. 2: 9) trotzdem als Gottes Volk Erbarmen finden (s. 2: 10). Der „Opferaltar“ des allgemeinen Priestertums der in Christus Getauften ist das Kreuz, das jeder von uns bereitwillig für Christus auf sich nimmt. Alle angeführten Kriterien des aaronitischen Priestertums treffen doch in gewisser Weise auf uns alle zu: „Denn jeder Hohepriester wird aus den Menschen ausgewählt und für die Menschen eingesetzt zum Dienst vor Gott, um Gaben und Opfer für die Sünden darzubringen. Er ist fähig, für die Unwissenden und Irrenden Verständnis aufzubringen, da auch er der Schwäche unterworfen ist; deshalb muss er für sich selbst ebenso wie für das Volk Sündopfer darbringen“  (Hebr. 5: 1-3). In der Göttlichen Liturgie des hl. Basilios des Großen wird für die gebetet, „welche (Gott) diese Gaben dargebracht haben, für die, durch die und um deren willen sie dargebracht wurden“ - alles Belege dafür, dass die Katholizität der Kirche auch und gerade im Allerheiligsten ihren Ausdruck findet. 

 

Christus ist Der, Welcher gekommen ist, um das Gesetz zu erfüllen (s. Mt. 5: 17). „Und keiner nimmt sich eigenmächtig diese Würde, sondern er wird von Gott berufen, so wie Aaron. So hat auch Christus nicht Sich Selbst die Würde eines Hohepriesters verliehen, sondern Der, Der zu Ihm gesprochen hat: ´Mein Sohn bist Du. Heute habe Ich Dich gezeugt`, wie Er auch an anderer Stelle sagt: ´Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung Melchisedeks`“ (Hebr. 5: 4-6). All die Heiligen, die uns alljährlich während der Großen Fastenzeit „begleiten“, haben sich auch nicht eigenmächtig die Würde angeeignet, mit der wir sie heute verehren. Sie verleugneten vielmehr sich selbst, nahmen ihr Kreuz auf sich und folgten Christus nach. Sie haben gezeigt, dass das zeitliche Leben für sie keinen absoluten Wert besaß, dafür aber eine umso höhere Bedeutung für die Erlangung der Seligkeit in Ewigkeit. Sie erkannten, dass es besser ist, das zeitliche Leben zu verlieren, um das ewige zu gewinnen. Sie waren tot für die Sünde und lebten dafür für Gott in Christus Jesus (s. Röm. 6: 11). Wollen auch wir mit ihnen an unserem Bekenntnis festhalten (s. Hebr. 4: 14) und uns vor dem Angesicht dieser treulosen und sündigen Welt jederzeit furchtlos zu unserem Herrn und zu Seinen Worten bekennen. Amen.

Jahr:
2016
Orignalsprache:
Deutsch