Predigt zum Herrentag nach Theophanien (Eph. 4: 7-13; Mt. 4: 12-17) (24.01.2016)

Liebe Brüder und Schwestern, 

 

in der Sonntagslesung nach dem Fest der Taufe Christi erfahren wir, wie der Herr, nachdem Er von der Gefangennahme des Johannes erfahren hatte, Sich in Erfüllung der Prophezeiung Jesajas in das Gebiet von Sebulon und Naftali begibt. Nicht von ungefähr bemüht der Evangelist Matthäus, der als einziger in hebräischer Sprache schrieb, hier und anderswo bewusst die Prophezeiungen des Alten Bundes (s. Mt. 4: 14-16, vgl. 1: 22-23;  2: 5-6, 17-18;  3: 2-3;  11: 10;  12: 17-21;  13: 14-15, 35;  15: 7-9;  21: 4-5, 9, 42;  27: 9-10), um seine Landsleute von der Wahrhaftigkeit des Messias in Person Jesu aus Nazareth zu überzeugen. Heute lesen wir also: „Das Land Sebulon und das Land Naftali, die Straße am Meer, das Gebiet jenseits des Jordan, das heidnische Galiläa: das Volk, das im Dunkel lebte, hat ein helles Licht gesehen; denen, die im Schattenreich des Todes wohnten, ist ein Licht erschienen“ (Mt. 4: 15-16, vgl. Jes. 8: 23 – 9: 1). Das Fest der Taufe Christi wird im Typikon auch als „Erleuchtung“ bezeichnet.  „Ich bin das Licht der Welt“ (Joh. 8: 12; vgl. 9: 5), sagt der Herr von Sich. Ebenso wird Christus in unserem Glaubensbekenntnis ja als „Licht vom Lichte“ gerühmt (vgl. Apg. 26: 23; Jak. 1: 17; 1. Joh. 1: 5). Er erschien also der Welt, wobei Er zu uns sprach: „Ihr seid das Licht der Welt“ (Mt. 5: 15), auf dass auch wir durch die Taufe „aus Wasser und Geist“ (Joh. 3: 5) zu Teilhabern des Lichts werden (s. 1. Petr. 2: 9;  1. Joh. 1:7; 2: 8-10;  Röm. 13: 12;  2. Kor. 4: 6;  Eph. 5: 8;  Kol. 1: 12;  1. Thess. 5: 5;  Offb. 21: 24). So gesehen ist die heutige Bezugnahme auf die Prophezeiung des Jesaja Ausdruck der Erfüllung dessen, was im Alten Testament angekündigt wurde, denn die Errettung des Menschen in der Taufe hatte seine heilsgeschichtlichen Schatten weit voraus geworfen. Dies kommt in den Paramoien (der alttestamentlichen Lesungen) zum Fest zur Geltung. Auf einige von ihnen wollen wir heute kurz eingehen und ihre Vorbedeutung für die Taufe Christi und somit für unsere eigene Taufe erleuchten.

- In der Sintflut zerstörte Gott die Sünde in Gestalt des „alten“ Menschen, bewahrte Noah und dessen Familie für ein neues Leben mit Gott (s. Gen. 7: 17-23) – in der Taufe sollen auch wir „für die Sünde tot“ sein, „aber für Gott leben in Christus Jesus“ (Röm. 6: 11) bzw. „als neue Menschen leben“ (Röm. 6: 4, vgl. Eph. 4: 22-24). Gleichzeitig ist die Arche Sinnbild der Kirche, welche den Menschen inmitten der Stürme des Lebens Geborgenheit gibt und vor dem sonst unvermeidlichen Untergang bewahrt.

- Beim Übergang durch das Schilfmeer befreite Gott Sein Volk von der Knechtschaft in Ägypten (s. Ex. 14: 15-31) – in der Taufe werden wir – das Neue Israel – von der Knechtschaft des Teufels befreit, da wir nicht einen Geist empfangen haben, der uns zu Sklaven macht, sondern einen Geist, der uns zu Kindern Gottes macht, „den Geist, in Dem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm. 8: 15). 

- Als das Volk in der Wüste Sur dürstete, weil es das bittere Wasser zu Mara nicht trinken konnte, wies Gott auf ein Stück Holz, das Moses in das Wasser warf, so dass es süß wurde (s. Ex. ex. 15: 23-25) – so wurden durch die Taufe des Herrn nicht nur die Fluten des Jordans gereinigt, sondern das Wasser und die gesamte Materie wurden geheiligt als Grundstock unseres irdischen Lebens, das der Erlangung des Seelenheils dienen soll. Die zuvor verfluchte Erde (s. Gen. 3: 17-19) wurde durch die Erscheinung des Herrn für alle, die umkehren und an Ihn glauben, wieder zum Vorgarten des Paradieses (vgl. Jes. 1: 19; 35: 1-2). Das am Festtag der Taufe des Herrn gesegnete Wasser wird von uns ehrfürchtig getrunken, wir besprengen damit unsere Häuser, segnen Haustiere, Gärten und Felder, dazu Fahrzeuge und alle sonstigen wichtigen Gegenstände des täglichen Lebens, welches ja nur eine Überleitung zum ewigen Leben ist. Wahrlich, „auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden, zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes“ (Röm. 8: 21). Das Kreuz Christi – angedeutet durch ein Stück Holz – ist der Schlüssel dafür, dass wir wieder das süße Wasser der göttlichen Gnade empfangen dürfen (vgl. Joh. 4: 14;  7: 37-38).

- Josua führte das Volk Israel trockenen Fußes über den Jordan in das gelobte Land (s. Jos. 3: 14-17) – durch die Taufe sind wir „Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ (Eph. 2: 19). Unsere angestrebte Heimat ist nun aber geistlicher Natur, „denn: das Reich Gottes ist (schon) mitten unter euch“ (Lk. 17: 21), spricht der Herr. Durch die Erscheinung des Herrn wurde der Grundstein dafür gelegt, dass die Verkündigung des Heils in Israel zum Ausgangspunkt der Rettung aller Völker wurde (s. Mt. 28: 19;  Mk. 16: 16;  Lk. 24: 27;  Apg. 1: 8;  vgl. Jes. 12: 5-6).  Statt des gelobten Landes Kanaan können wir mit Christus nun das Himmelreich erben (s. Röm. 8: 16-17). Der Stab aus totem Holz, mit dem Moses das Meer spaltete (s. Ex. 14: 16), war somit ebenfalls prototypisches Sinnbild für das Kreuz Christi, unseres Herrn, mit Welchem wir in der Taufe vereint werden (s. Röm. 6: 3). 

- Das Wasser des Jordans teilte sich nach beiden Seiten, nachdem der Prophet Elischa darauf  mit dem Mantel des Propheten Elias geschlagen hatte (s. 4. Kön. 2: 14) und ihm hierdurch zwei Teile des Geistes Elias´ zufielen (s. 2: 9-10) – auch wir sind berufen, nach Wiederherstellung des vor dem Sündenfall gültigen Urzustandes mittels Taufe „in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus“ zu wachsen (2. Petr. 3: 18). Der Mantel des Elias kann somit auch als Urbild des unsichtbaren Gewandes Christi gedeutet werden, das „alle, die (...) auf Christus getauft“ sind, angelegt bekommen haben (s. Gal. 3: 27). Dieses „Gewand“ ist zudem in uns fortan für die Vermehrung der göttlichen Gnade zur Vergebung der Sünden (s. Lk. 24: 47; vgl. Jes. 1: 19) ursächlich.

- Geleitet von der im Jordan erhaltenen Gnade machte der Prophet Elischa durch eine Schüssel Salz das ungesunde Wasser in der Stadt wieder gesund, so dass es von da an keinen Tod und keine Fehlgeburten mehr gab (s. 4. Kön. 2: 21) – die Taufe ist die Geburt für ein endloses Leben in Christus, Der gesagt hat: „Jeder wird mit Feuer gesalzen werden“ (Mk. 9: 49), d.h. einem jeden von uns werden auf seinem Lebensweg schwere Prüfungen zuteil, die jedoch, im demütigen Glauben ertragen, zu maßloser Herrlichkeit führen werden (s. 2. Kor. 4: 17). 

Abschließend können wir sagen, dass zwar die Taufe an sich schon ein unvorstellbarer Gnadenakt für uns Menschen ist, doch gibt es in Gottes Heilsplan keine Automatismen. So wie viele meinen, das eimerweise nach Hause getragene Weihwasser der Theophanie werde sie vor Krankheit, Unglück und den Anfeindungen böser Menschen schützen, ohne dass sie sich selbst in ihren Herzen durch aufrichtige Umkehr ändern, so denken sie auch über die Taufe: Hauptsache man ist getauft und dadurch vor den Anschlägen des Bösen geschützt. Dass eine Kausalität zwischen ihrem konkreten Handeln und den sie bedrängenden Nöten besteht, scheint sich völlig ihrer Kenntnis zu entziehen: „Wascht euch, reinigt euch! Lasst ab von eurem üblen Treiben! Hört auf, vor Meinen Augen Böses zu tun! Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den unterdrückten! Schafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen!“ (Jes. 1: 16-17). Gott ist treu in Seinem Wort, Er schenkt uns Seine Gnade: „Kommt her, wir wollen sehen, wer von euch recht hat, spricht der Herr. Wären eure Sünden auch rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Schnee. Wären sie rot wie Purpur, sie sollen weiß werden wie Wolle. Wenn ihr bereit seid zu hören, werdet ihr den Ertrag des Landes genießen“ (Jes. 1: 18-19). Doch letztlich ist es dem freien Willen des Menschen überlassen, in welcher Beziehung er zu Gott sein will. Mehr als warnen kann Gott den Menschen nicht. „Wenn ihr aber trotzig seid und euch weigert, werdet ihr vom Schwert gefressen. Ja, der Mund des Herrn hat gesprochen“ (Jes. 1: 20). 

Vor allem darf niemals außer acht gelassen werden, dass wir durch die Taufe zu Gliedern am Leibe Christi werden. Eine Taufe ohne nachfolgende lebendige Mitgliedschaft in der Kirche ist wie eine Hochzeit, bei der nach der ersten Nacht schon wieder alles vorbei ist. Sie hat praktisch nie stattgefunden. Doch  entbindet das Ja-Wort den untreu Gewordenen trotzdem nicht vor der von ihm eingegangenen Verpflichtung und Verantwortung!..

 

Es gibt folglich kein Heil außerhalb der Kirche – darin sind sich ausnahmslos alle heiligen Väter einig. Wo die Kirche ist, da ist Christus (s. Joh. 15: 4). In der heutigen Epistellesung hörten wir: „Wir wollen uns, von der Liebe geleitet, an die Wahrheit halten und in allem wachsen, bis wir Ihn erreicht haben. Er, Christus, ist das Haupt. Durch Ihn wird der ganze Leib zusammengefügt und gefestigt in jedem einzelnen Gelenk. Jedes trägt mit der Kraft, die ihm zugemessen ist. So wächst der Leib und und wird in Liebe aufgebaut“ (Eph. 4: 15-16). Amen.

Jahr:
2016
Orignalsprache:
Deutsch