Predigt zum 32. Herrentag nach Pfingsten (1 Tim. 1:15-17; Lk. 18:35-43) (30.01.2022)

Liebe Brüder und Schwestern, irgendwie stehen wir noch unter dem Eindruck der beiden Hochfeste, welche uns gerade die Erscheinung Gottes in der Welt verkündeten: „Das Wort ist glaubwürdig und wert, dass man es beherzigt: Christus Jesus ist in die Welt gekommen, um die Sünder zu retten. Von ihnen bin ich der erste. Aber ich habe Erbarmen gefunden, damit Christus Jesus an mir als erstem Seine ganze Langmut beweisen konnte, zum Vorbild für alle, die in Zukunft an Ihn glauben, um das ewige Leben zu erlangen. Dem König der Ewigkeit, dem unvergänglichen, unsichtbaren, einzigen Gott, sei Ehre und Herrlichkeit in alle Ewigkeit. Amen“ (1 Tim. 1:15-17). Wie viel Theologie, wie viele Glaubenswahrheiten sind in diesem Passus enthalten! Er ist wieder mal eine komprimierte Zusammenfassung des Weges zum Heil. Der Reihe nach: Am Anfang steht Gottes Wort (vgl. Joh. 1:1). Und Gottes Wort ist glaubwürdig, denn es ist „voll Gnade und Wahrheit“ (1:14) in menschlicher Gestalt in die Welt gekommen, um die Sünder zu erretten. - Bis hierher werden uns alle christlichen Konfessionen, zumindest die, welche sich vom Kern des Glaubens noch nicht endgültig losgesagt haben, noch folgen können. Aber sich selbst als ersten Sünder zu sehen, das erscheint den meisten schon unverständlich. Ja, „Jesus hat ein für allemal unsere Sünden auf Sich genommen, uns dadurch erlöst und uns das Paradies geschenkt; wen jucken da noch unsere Sünden?“, - so denken die meisten Denominationen. Aber dass sich der Schlüssel zum Paradies aus der Betrachtung seiner selbst als größter Sünder von allen ergibt, das kennen sie nicht. Sie übersehen, dass nur diese Einsicht der eigenen Unwürdigkeit das Erbarmen unseres Herrn hervorrufen kann, denn nur den Demütigen gegenüber wird der Herr Seine ganze Langmut beweisen wollen (vgl. Jak. 4:6; 1 Petr. 5:5). Wären wir also nur harmlose Mini-Sünder, als die wir uns gerne sehen, würde demzufolge ein Mini-Erbarmen des Herrn wohl schon genügen. Der ganzen Langmut des Herrn bedürften demnach nur solche XXXL-Sünder wie Saulus aus Tarsus oder der Verfasser dieser Zeilen und vielleicht noch ein paar andere mehr. Besagter Obersünder sah sich ja als Vorbild für alle Gläubigen, indem er seine eigenen Schwächen betonte (s. 2 Kor. 12:9-10). Wer so an Christus glaubt, wird das ewige Leben erlangen. Und wenn wir nach diesem Glauben leben, dann werden wir dem König der Ewigkeit und einzigen Gott die Ihm gebührende Ehre und Herrlichkeit erweisen; dann sind wir wirklich orthodox. Amen.
Jahr:
2022
Orignalsprache:
Deutsch