Predigt zum 3. Herrentag der Großen Fastenzeit / Kreuzverehrung (Hebr. 4:14-5:6; Mk. 8:34-9:1) (18.03.2023

Liebe Brüder und Schwestern,

 

inmitten der Großen Fastenzeit fallen wir vor dem Kreuze Christi nieder und preisen (quasi vorab) die Auferstehung Christi. Das Kreuz steht ja zu Beginn unseres Weges der Wiedererlangung des Paradieses genauso wie es am Ende steht. Das Kreuz Christi ist die Auferstehung, weshalb wir das Zeichen unserer Erlösung am Ende jeder Göttlichen Liturgie küssen – am heutigen Tag sogar nach dreimaligem Niederfallen und dreimaligem Aufstehen als Ausdruck unseres Glaubens an unsere Auferstehung, die uns der Herr durch Seinen Tod am Kreuze und durch Seine Auferstehung am dritten Tag geschenkt hat.

Gottes Weisheit ist unergründlich: das aus totem Holz gezimmerte, dem äußeren Anschein nach furchterregende Kreuz brachte und das Leben, nachdem der lebendige, vom äußeren Aussehen her verlockende Baum im Garten Eden (s. Gen. 3:6) todbringend für uns geworden war (s. 3:22-23). Adam lebte physisch zwar noch bis zu einem Alter von 930 Jahren (s. Gen. 5:3-5), doch der Tod der Seele trat bei ihm ein, als er Gottes Gebot missachtete und dadurch vom Quell des Lebens ausgeschlossen war. Durch die Auferstehung Christi jedoch wurden die an Ihn Glaubenden zu Erben der neuen Verheißungen: „Wer Mein Wort hält, der wird den Tod nicht sehen in Ewigkeit“ (Joh. 8:51; vgl. 5:24; 11:26). Die (vorübergehende) Trennung von Leib und Seele bedeuten ja nicht den Tod der Seele, sondern das Leben in Christus, Der gesagt hat: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an Mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt“ (Joh. 11:25). Und deshalb ist das Kreuz für uns das Zeichen der Auferstehung, der neue „Baum des Lebens“. Und so singen wir: „Vor Deinem Kreuze, fallen wir nieder, o Gebieter, und Deine heilige Auferstehung preisen wir“.

Das Zeichen unserer Erlösung tragen wir am Leibe, es hängt in unseren Wohnungen, Autos etc.. Im Kondakion zum Kostbaren und Lebensspendenden Kreuz besingen wir dieses als „Waffe des Friedens“ und „unüberwindlichen Sieg“ (am anderen großen Feiertag des Kreuzes gedenken wir ja des Triumphs des heiligen Kaisers Konstantin „unter dem Zeichen des Kreuzes“). Aber mit Aberglauben hat dies nichts zu tun. Es ist geradezu töricht, das Kreuzzeichen als Amulett anzusehen, das uns jederzeit Schutz vor Gefahren, körperliches und materielles Wohlergehen sowie Erfolg in allen Unternehmungen garantieren soll. Der Herr ruft uns ja heute nicht zum (buchstäblichen) Tragen einer selbstgebastelten Imitation Seines Kreuzes auf, sondern zur Selbstverleugnung um Seiner Nachfolge willen (s. Mk. 8:34). Der Herr erwartet also, dass wir Seinem Beispiel folgen und selbst die Bereitschaft mitbringen, für Ihn und unseren Nächsten Opfer zu bringen. Nur dieser ist der wahre Glaube, wie es der Apostel Johannes folgendermaßen ausdrückt: „Daran sollt ihr den Geist Gottes erkennen: Ein jeder Geist, der bekennt, dass Jesus Christus im Fleisch erschienen ist. Der ist von Gott, und ein jeder Geist, der Jesus nicht bekennt, der ist nicht von Gott. Und das ist der Geist des Antichristen, von dem ihr gehört habt, dass er kommen wird, und er ist jetzt schon in der Welt“ (1 Joh. 4:2-3). Und der Apostel wird konkreter in Bezug auf die Feinde des Kreuzes: „Kinder, ihr seid von Gott und habt jene überwunden; denn Der in euch ist, ist größer, als der, der in der Welt ist. Sie sind von der Welt; darum reden sie, wie die Welt redet, und die Welt hört sie. Wir sind von Gott, und wer Gott erkennt, der hört uns; wer nicht von Gott ist, der hört uns nicht. Daran erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Lüge“ (4:4-6; vgl. 2 Joh. 6-11).

Den Geist Gottes hat nicht der, welcher bloß mit den Lippen bekennt, dass Christus Sich für uns hingegeben hat, sondern durch konkrete Taten und ein Leben in der Nachfolge Christi zeigt, dass er zu Ihm gehört. Christus ist im Fleisch erschienen, um Selbst für uns den Tod zu kosten. Seine menschliche Seele wurde ja niemals von der göttlichen Natur geschieden, sehr wohl aber vom menschlichen Leib. Kraft Seiner Gottheit vereinigte sich die Seele wieder mit dem Leibe, damit wir Ihm nachfolgen konnten: „Er ist das Haupt des Leibes, nämlich der Kirche. Er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten, damit Er in allem der Erste sei. Denn es hat Gott gefallen, dass in Ihm alle Fülle wohnen sollte“ (Kol. 1:18-19). Gott wollte, dass wir alle „gleich sein sollten dem Bild Seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern“ (Röm. 8:29; vgl. Hebr. 1:6). Und das bedeutet nichts anderes, als dass auch wir, dem heute an uns gerichteten Aufruf des Herrn entsprechend, um Seinetwillen „unser Leben verlieren“, also nichts in dieser Welt über die Liebe zu  unserem Herrn stellen sollen (s. Mk. 8:35). Der Apostel Paulus war ja Diener Christi nicht bloß der schönen Worte wegen, sondern durch die Nachahmung Seiner Leiden, denn nur so hatte seine Verkündigung Gewicht: „Hinfort mache mir niemand Mühe; denn ich trage die Malzeichen Jesu an meinem Leibe“ (Gal. 6:17; vgl. 1 Kor. 4:16; Phil. 3:17).

Jeder soll seinen persönlichen Weg der Anteilnahme am Leidensweg Christi gehen, den er jedoch nur in der Kirche finden kann (vor allem jetzt, in der Fastenzeit). Denn „Christus Jesus ist hier, Der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, Der zur Rechten Gottes sitzt und uns vertritt“ (Röm. 8:34). 

Verspricht uns Christus also nur Leiden – und sonst nichts?.. Er gibt uns, nach den Worten des Apostels, auch die Kraft, Seine Werke zu erfüllen, denn „in allem überwinden wir weit durch Den, Der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Röm. 8:38). Bestätigt besonders in der Fastenzeit. Amen.

Jahr:
2023
Orignalsprache:
Deutsch