Predigt zum Herrentag nach Christi Geburt / Gedächtnis der hll. Josef des Bräutigams, David des Königs und Jakobus des Herrenbruders (Gal. 1:11-19; Mt. 2:13-23) (09.01.2022)

Liebe Brüder und Schwestern, der auf die Geburt Christi folgende Herrentag ist den drei Heiligen gewidmet, die auf unterschiedliche Weise dienstbar für die Erscheinung Gottes in der Welt waren. König David, Verfasser des Buchs der Psalmen, war der Prophet, der die Geburt Christi auf mystische Weise tausend Jahre vorher verkündigt hatte (s. Ps. 2:7; 86:5; 109:3); Jakobus, Sohn Josefs aus erster Ehe, Apostel von den siebzig, begleitete in jungen Jahren die heilige Familie bei ihrer Flucht nach Ägypten, wurde später erster Bischof von Jerusalem und führte in dieser Eigenschaft den Vorsitz beim Apostelkonzil (s. Apg. 15), Autor des nach ihm benannten katholischen Briefes im Neuen Testament. Er galt zusammen mit den Aposteln Petrus und Johannes in der Urkirche als „Säule“ (Gal. 2:9) des Glaubens. Diese beiden – König David und Jakobus der Herrenbruder – nahmen beide eine auch „öffentlichkeitswirksame“ Stellung in der Kirchenstruktur des Alten bzw. Neuen Testamentes ein. Von Josef, dem Zimmermann, dem nur beim Evangelisten Matthäus eine aktive Rolle zukommt, beim Evangelisten Lukas hingegen nur eine passive, erfahren wir sehr wenig: dass ihm viermal ein Engel des Herrn im Traum erschienen war, nämlich nach der Empfängnis des Herrn im Leib der ihm angetrauten Jungfrau Maria in Nazareth (s. Mt. 1:20), vor der nächtlichen Flucht nach Ägypten in Bethlehem (s. 2:13) sowie unmittelbar vor der Rückkehr aus Ägypten (s. 2:19) und noch einmal auf dem Weg zurück nach Palästina (s. 2:22). Obwohl Josef hier in einer sehr wichtigen handelnden Funktion auftritt, wird uns kein Wort übermittelt, das über seine Lippen gekommen wäre. Josef ist der große Schweiger unter diesen Dreien. Ein unbedeutendes Detail? Aber nichts in der Heiligen Schrift ist überflüssig oder unnötig. Das Schweigen Josefs hat durchaus eine vielsagende Bedeutung für dessen Handlung als Werkzeug der göttlichen Vorsehung. Wie wir wissen, hatte seine Braut ein Gelübde der Jungfräulichkeit gegeben (s. Lk. 1:34). Aber Ehelosigkeit seit dem Mädchenalter kannten die Juden nicht, da jede junge Frau zur potentiellen Mutter des Messias werden konnte. Und doch gab es die Möglichkeit nach dem Gesetz, Gelübde abzulegen. Allerdings hatte der gesetzmäßige Mann, den die Frau davon in Kenntnis setzten musste, bei der Eheschließung die Macht, das Gelübde durch sein Wort wieder rückgängig zu machen, wodurch die Frau von ihrem Gott gegenüber gemachten Versprechen entbunden war. Oder aber er schwieg… Die Jungfrau Maria gab durch Ihr Wort die Zustimmung zur Empfängnis des Heilands in Ihrem Leib (s. Lk. 1:38); Ihr gesetzmäßiger Bräutigam, der Hüter Ihrer Jungfräulichkeit, hatte zuvor durch sein Schweigen Ihrem Gelübde die Zustimmung erteilt (s. Num. 30:14-15). Er hätte nur ein Wort sagen müssen… So aber konnte nach Gottes Ratschluss der Retter der Menschheit aus einer unbefleckten Jungfrau geboren werden. Also hat auch der betagte Bräutigam neben seiner aktiven Rolle bei der Flucht nach Ägypten seinen Anteil an der Erlösung der Welt. Die Flucht nach Ägypten als direkte Folge des grausamen Kindermords trübt die „große Freude“ (Lk. 2:10) der gesamten Weihnachtsgeschichte ganz erheblich. Aber diese schrecklichen Begleitumstände der Geburt des Heilands zeigen uns, dass Christus der Erlöser gekommen ist, den Tod zu überwinden. Dass sich Ihm allerdings die Mächte der Finsternis mit aller Gewalt entgegenstellen werden, wird uns vom Tag Seiner Geburt an verdeutlicht. Der Evangelist Matthäus, der vornehmlich seine Landsleute adressieren wollte, führt die Worte des Propheten Jeremias an: „Ein Geschrei war in Rama zu hören, lautes Weinen und Klagen: Rahel weint um ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn sie sind dahin“ (Mt. 2:18; vgl. Jer. 31:15). Worauf bezieht sich diese Prophezeiung?.. Rama ist der Ort in der Nähe Bethlehems, an dem die geliebte Frau Jakobs ihren zweiten Sohn Benjamin zur Welt brachte, bei dessen Geburt sie selbst verstarb und dort begraben wurde. Zur Zeit der babylonischen Eroberung Judäas wurden hier die Menschen für den Abtransport in die Gefangenschaft gesammelt. Rahel „hörte“ das Weinen und Klagen ihrer Nachkommen aus dem Hause Benjamin und „fühlte“ mit ihnen. Doch die Worte des Propheten sind so gewählt, also ob sie sich direkt auf die Schrecken des Kindermords in Bethlehem bezögen. Und doch spenden die Worte des Propheten den in die Gefangenschaft gehenden Juden Trost. Wir lesen weiter im Buch Jeremias: „So spricht der Herr: Verwehre deiner Stimme die Klage und deinen Augen die Tränen! Denn es gibt einen Lohn für deine Mühe – Spruch des Herrn. Sie werden zurückkehren aus dem Feindesland. Es gibt eine Hoffnung für deine Nachkommen – Spruch des Herrn. Die Söhne werden zurückkehren in ihre Heimat“ (Jer. 31:16-17). Und so ist alles, was nach Gottes Ratschluss mit uns passiert immer ein Quell der Freude und des Trostes für uns, wenn wir standhaft im Glauben bleiben. Wir alle sprechen voller Liebe von der „heiligen Familie“, was sie ja dem Gesetze nach war. Sie ist in gewisser Weise der Prototyp der christlichen Familie, die in unserer Zeit durch eine beispiellose Anbiederung an die Sünde schrittweise zunichte gemacht werden soll. Man leugnet die Existenz Jesu Christi zwar nicht, stellt Ihn aber auf eine Stufe mit anderen „Lehrern“, die der Welt auch etwas verkündet haben. Und so ist die christliche Familie der Ort, wo der Glaube empfangen und gestärkt wird – der Glaube, der uns stark macht, auch den furchtbarsten Verfolgungen zu widerstehen, denn alles vermögen wir durch unseren Herrn Jesus Christus, Der uns Kraft gibt (s. Phil 4:13). Amen.
Jahr:
2022
Orignalsprache:
Deutsch