Predigt zum Herrentag der heiligen Väter des I. Ökumenischen Konzils (Apg. 20:16-18, 28-36; Joh. 17:1-13) (13.06.2021)

Liebe Brüder und Schwestern, Gott ist das vollkommene Ideal der Liebe – der absoluten Einheit in drei Personen. Der Mensch ist in Seinem Abbild geschaffen worden: „Und Gott schuf den Menschen zu Seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf Er ihn; und schuf sie als Mann und Frau“ (Gen. 1:27). Die Beschaffenheit der göttlichen Einheit in Dreiheit entzieht sich jedoch dem menschlichen Verstand völlig; selbst die Vereinigung von Mann und Frau als „ein Fleisch“ (s. Gen. 1:24; vgl. Eph. 5:31) nach dem Abbild der Vereinigung von Christus und der Kirche als Glieder Seines Leibes ist ein großes Geheimnis für uns Menschen (s. Eph. 5:30-32). Und so stellt sich uns auch die Einheit aller Mitglieder im mystischen Leib Christi als großes Geheimnis dar, denn es heißt: „Ertragt einer den anderen in Liebe und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller, Der da ist über allen und durch alle und in allen“ (Eph. 4:2-6). Wehe aber denen, die diese Einheit erschüttern und zerstören wollen! Diese Einheit im Leib Christi, in göttlicher Vollkommenheit ausgedrückt durch die Abschiedsrede Christi zu Seinen Jüngern, offenbart uns das Modell der Einheit aller zum Heil Berufenen. Jegliches menschliche Miteinander soll von diesem Idealbild geprägt sein: jede christliche Ehe bzw. Familie, jede Kirchengemeinde und Diözese (im Idealfall auch das weltliche Gemeindewesen) sollen sich am Vorbild Christi und Seiner Braut – der Kirche – orientieren. Der in Seiner Ganzheit unfassbare Gott ist dank der Offenbarung in einigen Aspekten nämlich zumindest teilweise fassbar. Grundlage dafür ist die individuelle Frömmigkeit der Gläubigen. In seinem Gebetsleben wird der Gläubige ebenfalls der Gnade des Heiligen Geistes teilhaftig, allerdings unter der Bedingung, dass er sich hier in der kirchlichen Gemeinschaft befindet und in allem im Einklang mit der kirchlichen geistlichen Ordnung handelt. Alleingänge außerhalb des kirchlichen Kontextes, also nicht basierend auf den Kanones und der Lehre der Aposteln bzw. der Heiligen Väter (= Paradosis, Tradition, Überlieferung), basieren auf dämonischer Selbsttäuschung und führen unweigerlich ins Verderben. Die Freiheit des Geistes beruht aber auf der göttlichen Wahrheit, deren Hüterin die Kirche ist (s. Joh. 8:32; 16:13; 17:17-22; 18:37; Jak. 1:18; 1 Petr. 1:22; 2 Petr. 1:12; 1 Joh. 3:18-19; 5:6; 2 Joh. 1-4; 3 Joh. 3,8,12; Röm. 9:1; 15:8; 1 Kor. 13:6; 2 Kor. 4:2; 6:7; 11:10; 12:6; 13:8; Gal. 2:5; Eph. 1:13; 4:20-21,24; 5:9; 6:14; Kol. 1:5-6; 1 Thess. 2:13; 1 Tim. 2:4-7; 4:3; 2 Tim. 2:15; Tit. 1:1-4). Fernab dieser Einheit „im Geist und in der Wahrheit“ (Joh. 4:23-24) gibt es keine göttliche Wahrheit (vgl. 2 Petr. 2:1-6; Röm. 1:18-31; 2:1-13; Gal. 2:4,14; 3:1-5; 4:16; 5:7; Eph. 4:22; 5:6; 2 Thess. 2:9-12; 1 Tim. 4:3; 6:3-5; 2 Tim. 2:16-19; 3:1-9; 4:3-4; Tit. 1:13-14; Hebr. 10:26-31). Zu Zeiten des Alten Testamentes versammelten sich die frommen Juden am Sabbat in der Synagoge, um dort durch die Schriftgelehrten in der Heiligen Schrift – dem Gesetz und den Propheten – unterwiesen zu werden (s. Esr. 7:6, Neh. 8:9). Ein Abweichen von der Wahrheit brachte jedoch unweigerlich den Zorn Gottes mit sich (s. Jer. 8:4-13). In der neutestamentlichen Zeit haben wir die Heiligen Väter, welche die Heilige Schrift für uns deuten. Seit der apostolischen Epoche gilt die unverfälschte Lehre als Maßstab für die Kirche, die sie zu allen Zeiten bewahrt. Ohne die Einheit im Geist bleiben die Schriften aber „schwer zu verstehen“ (2 Petr. 3:16). Der Prophet, der das Volk vor dem drohenden Untergang warnte, sprach schon vor der Zerstörung des Tempels und ganz Jerusalems: „Wie könnt ihr sagen: ´Wir sind weise und haben das Gesetz des Herrn bei uns`? Ist es doch lauter Lüge, was die Schreiber daraus machen“ (Jer, 8:8). Folglich muss uns heute bewusst sein, dass die von Gott eingegebenen Schriften (s. 2 Tim. 3:16) nur unter Anleitung der vom Geist erfüllten Väter interpretiert werden dürfen, da sie sonst „die Unwissenden und Leichtfertigen verdrehen (…) zu ihrer eigenen Verdammnis“ (2 Petr. 3:16). Am Herrentag vor Pfingsten gedenken wir der Väter des I Ökumenischen Konzils. Wir lesen an solchen Gedenktagen im Evangelium, in denen der Bezug zu den Aposteln und ihren Nachfolgern klar erkennbar ist (s. Apg. 20:28-32) folgende Passage aus der Abschiedsrede des Herrn vor Seiner Festnahme: „Ich habe Deinen Namen den Menschen offenbart, die Du Mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren Dein, und Du hast sie Mir gegeben, und sie haben Dein Wort bewahrt. Nun wissen sie, dass alles, was Du Mir gegeben hast, von Dir kommt. Denn die Worte, die Du Mir gegeben hast, habe Ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass Ich von Dir ausgegangen bin, und sie glauben, dass Du Mich gesandt hast. Ich bitte für sie und bitte nicht für die Welt, sondern für die, die Du Mir gegeben hast; denn sie sind Dein. Und alles was Mein ist, das ist Dein, und was Dein ist, das ist Mein; und Ich bin in ihnen verherrlicht. Ich bin nicht mehr in der Welt; sie aber sind in der Welt, und Ich komme zu Dir. Heiliger Vater, erhalte sie in Deinem Namen, den Du Mir gegeben hast, dass sie eins seien wie Wir“ (Joh. 17:6-11). Nur die Kirche Christi bewahrt uns vor dem Los der Häretiker, „denn sie erkennen die Gerechtigkeit nicht, die vor Gott gilt, und suchen ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten und sind so der Gerechtigkeit Gottes nicht untertan“ (Röm. 10:3). Sie werden ein Schicksal mit dem „Sohn des Verderbens“ haben (s. Joh. 17:12). Mögen aber auf uns, die wir in der Gemeinschaft der Aposteln und ihrer Nachfolger befinden, die Worte Christi zutreffen: „Heilige sie in der Wahrheit; Dein Wort ist die Wahrheit“ (Joh. 17:17). Amen.
Jahr:
2021
Orignalsprache:
Deutsch