Lk 19,1-10_1Tim 4,9-15 (26.01.2020)

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,

in dem heutigen Evangelium (Luk 19,1-10) begegnet uns eine doppelte Suche. Von der einen Seite nähert sich der Zöllner mit Namen Zachäus, welcher eine Möglichkeit sucht, um Christus zu sehen und zu erkennen, wer Jesus sei. Von der anderen Seite nähert sich Christus auf der Suche, um selig zu machen, was verloren ist.

  1. Der Zöllner Zachäus auf der Suche, um zu erkennen, wer Jesus sei

1.1 Die Gestalt des Zachäus – kleine Gestalt = kleiner Glaube

Doch beginnen wir bei Zachäus und seiner Suche. Zachäus ist die einzige Person im Neuen Testa­ment, von der ausdrücklich die Gestalt angegeben wird. „[E]r war klein von Gestalt.“, so heißt es zu Beginn des Textes. (V.3b) Rein wörtlich lässt sich dies so verstehen, dass er ein kleiner Mann ge­wesen war, welcher aufgrund der Menge an großen Männern um Christus herum Diesen nicht sehen konnte. Allegorisch könnte man meinen, dass Zachäus aufgrund seines Reichtums infolge seiner Schlech­tigkeit klein an Tugend war und deshalb – ausgeschlossen aus der Menge – Christus nicht sehen konnte. Doch viel näher liegt, dass Zachäus aufgrund seines noch kleinen Glaubens als klein be­schrieben wird. Denn ihm steht nicht sein Reichtum im Weg zu Christus, sondern die Menge ver­sperrt ihm den Blick auf Christus. (V.3) Wie sonst hätte er am Schluss die Bereitschaft zeigen kön­nen den größten Teil seines Reichtums zu verschenken. (V.8) Und somit lasst uns davon ausgehen, dass der Zöllner Zachäus – geistlich gesprochen – aufgrund seines kleinen Glaubens als klein bezeichnet wird. Denn noch hatte er Christus noch nicht gesehen und noch hatte sein Glaube nicht die Frucht getragen, wie es nach der Begegnung mit Christus der Fall sein sollte.

1.2 Die Suche des Zachäus – ein Aufsteigen (auf den Baum)

Und so sucht der Zöllner Zachäus einen Weg, um Christus zu sehen und um zu erkennen, wer diese Jesus sei. (V. 3a) Und aufgrund der Menge, welche den Blick auf Christus versperrt, führt ihn seine Suche dazu, dass der kleine Zachäus auf einen Baum steigt. Wenn wir in dem Bilde bleiben, dass seine kleine Gestalt seinen noch kleinen Glauben bezeichnet, so stellt der Aufstieg auf den Baum eine Abkehr von dem Irdischen dar. Denn niemand, der auf der Erde haftet und mit seinem Denken und Handeln an dem Irdischen hängt, kann Jesus Christus leicht sehen. Und so steigt Zachäus auf einen Baum, um sich von dem Irdischen zu lösen und frei im Geiste Christus zu erblicken.

  1. Christus auf der Suche, um selig zu machen, was verloren ist

Doch nicht nur Zachäus ist auf der Suche. Sondern auch Christus ist in die Welt gekommen, um „zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ (V.10) Denn als Christus Zachäus im Baum sitzen sieht, lädt er sich selbst ein bei ihm Gast zu sein. So ruft Er ihm zu: „Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren.“ (V.5) Christus auf der Suche nach Zachäus er­kannte die Suche des Zachäus nach Ihm und ließ sich finden. Noch ohne ein Wort der Einladung ge­hört zu haben, erkannte er doch den Wunsch im Inneren des Zachäus. Nun war die Stunde gekom­men, dass sich der kleine Glaube beweise und im angesichts Christi wachsen konnte.

  1. Das Ergebnis, wenn sich die Wege der zwei Suchenden treffen

Und so stieg der Zöllner von dem Baum herab und ließ Christus mit Freuden in seines Herzens Haus einkehren. (V.6) Der Mann, welcher auf den Maulbeerfeigenbaum stieg, um Christus zu se­hen, trägt nun Frucht und verschenkt die Hälfte seines Reichtums und gibt vierfach zurück, was er durch Betrug erworben hatte. So suchte Christus bei dem Blick in den Baum nicht mehr die Frucht eines Feigenbaums (vgl. Mk 11,12-14), sondern die menschliche Frucht dieses Zöllners. Und als Christus diese Frucht des Zöllners sieht, gibt Christus Zeugnis von dem ihm und spricht: „Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist Abrahams Sohn.“ (V.9)

Möge sich die Suche Gottes nach uns, sich mit unserer Suche nach Ihm treffen. Und mögen die Menge an Gedanken, welche uns davon abhalten Christus zu sehen und uns hindern wollen unser ganzes Leben Christus hinzugeben, uns nicht am Boden halten. Sondern mögen wir, wie Zachäus, über diese Gedanken hinaussteigen und Christus erblicken und Ihn in unser Herz aufnehmen. Denn Ihm wollen wir leben und unser Leben geben, jetzt, immerdar und in alle Ewigkeit. Amin.

Zum Weiterdenken Gedanken des hl. Ambrosius von Mailand zu dem, dass der Maulbeerfeigen-baum nun menschliche Frucht trägt:

„den Zachäus auf der Maulbeerfeige, d.i. die neue Frucht einer neuen Zeit. Auch an ihm sollte sich jener Ausspruch erfüllen: "Der Feigenbaum setzte seine Erstlingsfrucht an" . Das bezweck­te ja Christi Ankunft, daß aus den Bäumen nicht Mehr Obst, sondern Menschen sprossen sollten. Wir Lesen auch an einer anderen Stelle: "Da du unter dem Feigenbaum lagst, habe ich dich ge­sehen" . Also Nathanael unter dem Baum, d.i. über der Wurzel, weil ein Gerechter - denn die Wurzel ist heilig - aber doch: Nathanael unter dem Baum, weil unter dem Gesetze, Zachäus auf dem Baum, weil über dem Gesetze. Jener ein heimlicher Anhänger, dieser ein öffentlicher Ver­kündiger des Herrn. Jener noch ein Christussucher aus dem Gesetze, dieser ein Jünger, der be­reits über das Gesetz erhaben das Seinige verließ und dem Herrn nachfolgte“

(Quelle: hl. Ambrosius von Mailand: Lukaskommentar. Absatz 90)