Kommentare zu den Evangelien des Hl. Justin Teil 3 ab 1997

Bote 1997-1
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

Von den engen Toren
und dem schmalen Weg
Eng sind die Tore der Bergpredigt Christi. Der durch seine Sünden und Laster fettgewordene und ausgebreitete Mensch kann durch sie nicht eintreten, wenn er sich nicht zunächst einschränkt, indem er seine riesigen und schweren Sünden abwirft. Das kann der Mensch vollbringen, wenn er seine ganze Persönlichkeit in die Askese der Selbstentsagung einbringt: wenn er sich von seiner sündigen Seele lossagt, seinem sündigen Geist, seinem sündigen Willen, sündigen Leben. Durch die Übung in den selbstentsagenden gottmenschlichen Tugenden reinigt der Mensch sowohl seine Seele als auch seinen Geist und Willen von den sündigen Schichten (Überlagerungen) und Unrat, die ihm nicht gestatten, in das enge Tor einzutreten. Eng ist das Tor und schmal der Weg, der in das ewige Leben führt. So wie ein Mensch, der auf einem schmalen Pfad am Rand des Abgrundes geht, vorsichtig sein muß, um nicht von dem schmalen Pfad abzurutschen und in den Abgrund zu stürzen, so muß auch derjenige, der den schmalen Pfad christusförmiger Tugenden beschreitet, seine ganze Persönlichkeit in die auf Christus gerichteten asketischen Werke einbringen, muß seine ganze Seele in unsterbliches Streben nach Christus sammeln, muß sich verengen, muß über jedem ihrer Gedanken und jedem Wunsch und Gefühl und Handlung und ihrem ganzen Wesen wachen, damit ihn nicht irgendeine auftrumpfende Sünde fesselt und verwickelt auf dem schmalen Pfad Christi und in den ewigen Abgrund stürzt. Wenn der Mensch den schmalen Pfad der gottmenschlichen Tugenden beschreitet, besiegt er jegliche Sünde, jeden Tod, jeglichen Teufel und geht mit Hilfe der Ewigen Wahrheit, Ewigen Liebe, Ewigen Freude mit seinem ganzen Wesen in das ewige Leben ein.
“Gehet ein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und ihrer sind viele, die darauf wandeln. Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenige sind ihrer, die ihn finden” (Vers 13–14). Nach Zigaben: bezeichnet der Herr als enges Tor und schmalen Pfad die Übung in den Tugenden tªn askhsin tŽn aretŽn = asketische Übung in den Tugenden). Dieser Weg führt in das ewige Leben. Auf diesem Weg trifft man auf: Qualen, Leiden, Ärgernisse1.
Als breiten Weg und das weite Tor bezeichnet der Herr die Liebe zu Laster und Sünde, denn sie führen in den Abgrund, d.h. in ewigen Tod und ewige Qualen. Diesen breiten Weg beschreiten viele, denn auf ihm erlauben sich die Menschen alle sündigen Genüsse, ohne sich zu tugendhaften asketischen Übungen zu zwingen, zu Leiden, Dulden, nur zur Buße. Viele Menschen beschreiten ihn, weil sie nicht nur mit ihrer anderen Seele gesündigt haben, mit ihrem anderen Verstand, dem Gehalt ihrer Persönlichkeit, sondern auch  mit der Art und Weise ihres Lebens. Der schmale Weg sagt ihnen wenig zu, weil viele Menschen freiwillig bei ihrem sündeliebenden Willen bleiben und die Augen ihrer Seele nicht vom Verderben der Sünde und Leidenschaft reinigen wollen, um mit gesundgewordenen Augen den engen Pfad der gottmenschlichen Tugenden zu betreten, der zum ewigen Leben und zur ewigen Seligkeit führt.

Von  falschen Propheten
7, 15 Wenn jemand den schmalen Weg der gottmenschlichen Tugenden und der Kräfte Christi betritt, so ist er doch nicht frei von Gefahr, keine Minute ist er frei, denn er befindet sich stets in Gefahr seitens listiger Verführer, die ihn vom heilbringenden Weg abbringen können. Die Gefahr ist umso größer, als diese Verführer die Maske der Frömmigkeit tragen, sich jedoch von ihrer Kraft losgesagt haben. Dieser Gefahr muß man große Besonnenheit entgegensetzen, sich mit der Gabe des Heiligen Geistes rüsten zur Unterscheidung der Geister, zur gottmenschlichen Unterscheidung von Gut und Böse (vgl. Hebr. 5, 14). Deshalb auch die Frohbotschaft und das Gebot des Heilands: Sehet euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe (Vers 15).
7, 16 Falsche Propheten – das sind Tauf-Schein-Christen, Leute, die dem Schein nach Christen sind, dem Herzen nach jedoch weit von Gott entfernt sind.  Für sie gibt es die von Christus vorgegebene Überprüfung: “an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen” (Vers 16). Ein und dieselbe Kontrolle für die gewöhnlichen Menschen und für Propheten, für Idole und für Götter: an ihren Werken werdet ihr sie erkennen. Überprüft ihre Lehre an ihren Werken. “Kann man auch Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln?” Wird etwa das Gute vom bösen Baum genommen oder die Tugend vom Laster?
7, 17 – 18 “Also ein jeglicher guter Baum brigt gute Früchte; aber ein fauler Baum bringt arge Früchte. Ein guter Baum kann nicht arge Früchte bringen, und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen.” (Vers 17–18). Diese Worte, sagt der Heilige Chrysostomos, besitzen folgenden Sinn: die Menschen, von denen die Rede ist, haben nichts Sanftmütiges, nichts Gütiges: sie sind nur dem Fell nach Schafe, und daran kann man sie leicht erkennen. Aber damit niemand sagt, daß ein böser Baum, wenn er auch böse Früchte hervorbringt, doch auch gute tragen kann, sagt der Heiland, daß dies nicht möglich ist: er bringt nur böse Früchte hervor, niemals jedoch gute; genauso auch umgekehrt. Was! Kann etwa ein guter Mensch nicht schlecht werden, und umgekehrt? Das menschliche Leben ist voll von solchen Beispielen. Aber unser Herr Christus sagt damit nicht, daß sich ein schlechter Mensch nicht in einen guten verwandeln kann, oder daß ein guter nicht fallen kann, sondern: daß man keine gute Frucht bringen kann, solange man ein schlechtes Leben führt. Ein schlechter Mensch kann sich auf die Seite der Tugend schlagen; doch solange er schlecht bleibt, kann er keine gute Frucht hervorbringen2 – Entsprechend den Gedanken des Seligen Augustinus ist hier unter dem Baum die menschliche Seele zu verstehen, unter der Frucht aber die menschlichen Taten, denn ein schlechter Mensch kann nichts Gutes tun, und ein guter Mensch – nichts Böses. Wenn aber ein schlechter Mensch Gutes tun will, muß er zunächst gut werden.
7, 19 Obwohl der Heiland Seinen Nachfolgern gebietet, falsche Propheten nicht zu bestrafen, sondern ihnen aus dem Weg zu gehen, bestimmt Er für sie dennoch, um zuerst zu trösten, dann aber zu warnen und zur Buße aufzurufen, eine Strafe für sie, indem Er sagt: Ein jeglicher Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. Dann fügt er hinzu: Darum: an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen (Vers 20). – Es ist offensichtlich: von falschen christlichen Lehrern und Propheten kann man keine christusmäßigen Werke erwarten, obwohl die äußere Seite ihrer Werke vielleicht christlich ist. Und wie ein Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, abgehauen und ins Feuer geworfen wird, so bereiten auch falsche Propheten mit ihren Werken sich selbst für das ewige Feuer und ewige Qual vor.
 Nach dem Seligen Theophylakt  sind Stacheln und Kletten Heuchler. “Ein böser Baum” ist jeder Mensch, der ein verdorbenes und leichtsinniges Leben führt. Mit einem Baum wird der Mensch verglichen, denn er kann sich von der fruchtlosen Sünde die Tugend aufpfropfen3.
7, 21 Der Heiland frohbotschaftet: Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel (Vers 21). In das Himmelreich geht man nicht nur dadurch ein, daß man Christus durch Worte bekennt, sondern ebenso durch Werke und das Leben. Es reicht nicht, Christi Demut, Sanftmut und Liebe als Tugenden anzuerkennen, sonden man muß mit Christi Demut demütig sein, mit Christi Sanftmut sanftmütig, mit Christi Liebe lieben; mit einem Wort: sich mit jeglicher Tugend Christi vertugenden. Der Glaube ist ohne gute Werke nicht reif, rettet nicht. Der Glaube ist die Wurzel und der Baum, die Werke die Frucht: die Rechtfertigung des Glaubens liegt in den Werken ebenso wie die lebenspendende Kraft der Werke im Glauben beschlossen ist. Wie in einem so auch im anderen liegt der Wille der Dreieinigen Gottheit beschlossen. – Zigaben bemerkt: Warum sagte Christus nicht: wer Meinen Willen tut, sondern: wer Meines Vaters Willen tut? Damit man den Vater ehrt und um zu zeigen, daß der Wille des Vaters und des Sohnes einer ist. Die Gebote des Sohnes sind der Wille des Vaters4.
7, 22–23 Ein christusförmiges Leben ist der Beweis wahren gottmenschlichen Glaubens. Dasselbe Maß wie in diesem Leben, ebenso beim Letzten Gericht: an seinen Werken wird jeder Mensch erkannt. Der Heiland erklärt Sich als Letzten Richter, um Seine Hörer zu überzeugen, daß das Maß das einzige gottmenschliche Maß ist und daß damit auch beim Schrecklichen Gericht jede menschliche Persönlichkeit gemessen wird, und frohbotschaftet: Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen böse Geister ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Taten getan? Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch nie gekannt; weichet von mir, ihr Übeltäter! (Vers 22–23).
Der Heilige Chrysostomos erläutert im Geiste Christi: des Himmelreiches geht nicht nur der verlustig, der den Glauben besitzt, sich um das Leben jedoch nicht kümmert, sondern genauso wird auch derjenige von Seinen Toren verwiesen, der neben dem Glauben sogar viele Wunder vollbrachte, aber nichts Gutes getan hat. Siehst du, wie der Heiland unmerklich auch Seine Person einführt und zum Abschluß Seiner Predigt Sich zum Richter erklärt? Daß die Sünder von der Strafe ereilt werden, hat Er oben eröffnet; doch wer sie strafen wird, das eröffnet Er hier. Wenn Er in der Tat nicht der Richter wäre, wie könnte Er dann den Zuhörern sagen: Und dann werde Ich ihnen bekennen: Ich habe euch niemals gekannt  (Vers 23), – d.h. nicht nur beim Gericht, sondern auch damals, als ihr Wunder getan habt?... Diese ganze Gnade war doch nichts anderes als eine Gabe des Gabengebers, doch sie haben von sich aus nichts gegeben, weshalb sie auch gerechterweise gestraft werden. Als Beispiel dafür wollte der Heiland anführen, daß weder der Glaube noch die Werke irgendetwas bedeuten ohne ein tugendhaftes Leben. Und warum soll man sich darüber verwundern, daß Er Gnadengaben denen gab, die an Ihn glaubten, aber kein Leben im Einklang mit dem Glauben nachweisen konnten? Damals, zu Beginn der Predigt des Evangeliums, waren viele Beweise der Kraft Christi vonnöten. So hatte auch Judas, obwohl er doch böse war, die Kraft der Wundertätigkeit 5.
Der ganze Schrecken des Schrecklichen Gerichts ist in vier Worten Christi beschlossen: “Ich habe euch nie gekannt”. Ihr habt euch von Mir dem Allwissenden soweit entfernt, daß Selbst Mein Wissen euch nicht erreicht; ihr habt euch so mit der Sünde gleichgemacht, euch in solchem Maße entgöttlicht, habt die euch bei der Schöpfung verliehene Gottebenbildlichkeit so sehr verzerrt, daß selbst Ich als Gott der Liebe und allumfassenden Liebe euch nicht erkenne. – Nach dem Gedanken des Seligen Augustinus  ist “Ich habe euch nie gekannt” gleichbedeutend mit den Worten: ihr habt Mich nie gekannt.

Schluß der Bergpredigt  7, 24 – 27
In der Bergpredigt des Heilands trägt alles gottmenschlichen Charakter und deshalb ist es alles unsterblich, alles zeitlich-ewig, alles himmlisch-irdisch, alles unbegrenzt, alles unendlich. Alles erweitert und verlängert und erhöht den Menschen zum gnadenbegabten Gottmenschen. Mit Seinen abschließenden Worten legt der Heiland diese Wahrheit dar, diese allumfassende Wahrheit über den Menschen: der Mensch ist nicht die Grundlage für sich selbst, noch kann er dies irgendwann sein; der Gottmensch ist die ewige unzerstörbare Grundlage des Menschen, der menschlichen Persönlichkeit. Wenn der Mensch auf dieser Grundlage aufbaut, dann baut er das Haus seiner Persönlichkeit auf dem unsterblichen Stein, der niemals zerfällt. Und der Mensch baut sich auf diesem Fundament auf, wenn er nicht nur die frohbotschaftlichen Gebote der Bergpredigt hört, sondern sie auch erfüllt; wenn er sie zur Seele seiner Seele macht, zum Verstand seines Verstandes, zum Herzen seines Herzens, zum Willen seines Willens. Der Mensch baut sich auf dem Gottmenschen auf mit Hilfe gottmenschlicher Tugenden, indem er diese gottschaffenden Tugenden in die wichtigsten schöpferischen Kräfte seiner Persönlichkeit verwandelt. Der Gottmensch ist nicht nur das Ende, sondern auch der Anfang der menschlichen Persönlichkeit und alles, was zwischen Anfang und Ende liegt. Sowie der Mensch sich für den Herrn Christus entscheidet und sich Ihm im Glauben überantwortet, wird er zum Erbauer im Evangelium, der hier auf der Erde das Haus seiner Persönlichkeit auf der Ewigkeit = auf der Gottmenschlichkeit als Fundament aufbaut; mit einem Wort: auf dem Gottmenschen als Grundlage. Alles Zeitliche wird ewig, wenn es vergottmenschlicht wird, wenn es organisch mit Christus - Gott vereint wird. Der ganze Mensch wird ewig, wenn er seine Persönlichkeit vergottmenschlicht; wenn er sich gnaden- und tugendhaft mit unserem Herrn Christus vereint mit Hilfe der heiligen Mysterien und der heiligen gottmenschlichen Tugenden, und zum lebendigen Glied Seines Gottmenschlichen Leibes – der Kirche  – wird. Einen solchen Menschen können alle tosenden Wasser der lasziven Laster nicht ertränken; und vom Fundament der Gottmenschlichkeit können ihn die Wirbelstürme der irdischen und dämonischen Versuchungen nicht verwehen, denn er ist auf dem unerschütterlichen Felsen – dem Gottmenschen Christus – befestigt: dem Eckstein jeder menschlichen Persönlichkeit, jeder Gesellschaft, des Universums, aller Wesen und aller Geschöpfe.
7, 24–25 Diese Wahrheit verkündet der allmenschenliebende Herr, wenn er spricht: Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf den Felsen baute. Da nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und wehten die Winde und stießen an das Haus, fiel es doch nicht; denn es war auf den Felsen gegründet (Vers 24–25). – “Jeder”: hier kann es keine Ausnahme oder Unwahrheit geben: niemand kann sich ohne den Gottmenschen Christus ewig und gottmenschlich machen. Wer “diese Worte” erfüllt, die Worte der Bergpredigt, der vollbringt ein großes gottmenschliches Werk und wird christusförmig (vgl.Gal. 4, 19; 3, 27; Röm. 8, 29). Der Selige Theophylakt verkündet: der Stein ist Christus, und das Haus – die Seele. Wer also seine Seele auf der Erfüllung der Gebote Christi errichtet, den kann weder Regen, d.h. der Teufel, der vom Himmel fällt, noch Stürme, d.h. böse Geister, noch irgendwelche Versuchungen zusammen erschüttern6. Nach Zigaben: Unter Regen und Stürmen sind die Leidenschaften und verschiedene Versuchungen zu verstehen; unter Regen leidenschaftliche Gedanken, die die Dämonen in die Seele werfen; unter Winden – Dämonen7.
Der Heilige Chrysostomos verkündet dem Evangelium gemäß: Unter Wassern und Winden ist menschliches Unglück und Mißgeschick zu verstehen: üble Nachrede,Verleumdung, Trauer, Tod, Ableben von Verwandten, Beleidigungen und jegliches anderes Übel, das sich in diesem Leben ereignen kann. Aber die Seele eines gerechten Menschen kann durch nichts besiegt werden, denn sie ist auf Stein gebaut. Mit Stein aber bezeichnet Christus die Festigkeit Seiner Lehre. Und in der Tat sind Seine Gebote weitaus fester als Stein. Mit ihrer Hilfe erhebt sich der Gerechte über alle Wellen von Versuchungen, erfüllt eifrig die Gebote des Heilands und überwindet dadurch nicht nur Verfolgungen seitens der Menschen, sondern legt auch alle unreinen Mächte in Asche. Als Zeugen dafür haben wir Hiob, der inmitten aller teuflischen Ränke unerschütterlich bleibt. Als Zeugen dafür haben wir auch die Apostel: angesichts des Angriffs durch alle Stürme und Gewitter des Weltalls, von fremden Völkern und Tyrannen, Menschen aus dem eigenen Volk wie auch Fremden, Dämonen und Teufel, und aller Listen standen sie fester als Stein und haben all das zerstört. Sagt doch, was kann seliger sein als ein solches Leben? Und so etwas kann uns niemand versprechen: weder Reichtum, noch körperliche Kraft, weder Ruhm noch Macht, oder irgendetwas anderes, sondern ausschließlich und allein – das Erreichen der Tugend. Neben dem tugendhaften Leben ist es unmöglich, eine andere Lebensart zu finden, die von allem Bösen frei wäre. Die Apostel wurden von allen Seiten angegriffen; viele Gewitter gingen über sie nieder, und dennoch konnte all das ihren Mut nicht im geringsten zum Wanken bringen oder sie traurig machen; im Gegenteil, indem sie ohne jedwede äußere Hilfe kämpften, besiegten und überwanden sie alles. In ähnlicher Weise kann das jeder von uns erleben, wenn er nur eifrig die Gebote Christi erfüllt. Das wichtigste ist: sich mit diesen göttlichen Belehrungen umgeben, dann kann uns nichts den Mut nehmen. Welchen Schaden kann z.B. derjenige zufügen, der dir deinen Besitz fortnehmen will? Ist dir doch noch vor seiner Drohung angeordnet, den Reichtum zu verachten und niemals von Gott zu fordern. Hat man dich ins Gefängnis geworfen? Ist dir doch noch vor dem Gefängnis geboten zu leben, als seiest du für die Welt gekreuzigt. Wird dir übel nachgeredet? Doch auch hier hat dich der Herr von aller Trauer befreit und dir für die Sanftmut selbst die Belohnung versprochen und dich auf diese Weise weit über die Bitterkeit erhoben, da Er gebot, selbst für die Feinde zu beten. Wirst du verfolgt und von einer Unzahl von Übeln umzingelt? Dadurch wird dir doch ein glänzender Kranz geflochten. Tötet man dich und schlägt dir das Haupt ab? Oh, dadurch fügt man dir doch den größten Nutzen zu, bereitet dir die Belohnung von Märtyrern8.
7, 26–27 Der Mensch ist ein himmlisch-irdisches Wesen. Er braucht immer sowohl Himmel als auch Erde, sowohl Gott auch Mensch. Deshalb ist auch sein Leben, alles was er tut, gottmenschlichen Charakters. An allem, was ihn betrifft, hat Himmel und Erde teil, Gott und Mensch. Der sicherste Zeuge dafür ist der Gottmensch Christus. Er, der Gottmensch, offenbart uns das ganze Geheimnis des Menschen: von seinem Anfang bis zu seinem gottmenschlichen Ende. Wenn der Mensch sich nicht auf dem Gottmenschen Christus aufbaut, so hört er auf, normal zu sein, vernünftig, und wird anormal, verrückt: als sich und in sich schafft er die Hölle und ewige Qualen. Deshalb verkündet der Einzige Menschenliebende: Jeder, der hört… (Vers 26–27).
Der Mensch, der sich nicht mit Hilfe gottmenschlicher Tugenden auf dem Gottmenschen Christus als Fundament aufbaut baut das Haus seiner Persönlichkeit auf Treibsand und baut es niemals zu Ende; wenn er es jedoch vollendet, so wird es unter dem Ansturm der Versuchungen und des Bösen zerstört werden, das darauf seitens böser Menschen und widriger Dämonen einstürmt. In dieser Welt ist für das gottähnliche Wesen, das da Mensch heißt, alles außer dem Gottmenschen Christus Treibsand. Zweifellos baut auf lebendigem Sand der Mensch, der auf sich selbst baut: sei es auf sich, sei es auf dem Menschen überhaupt, oder auf den Dingen dieser Welt, oder auf dem Reichtum; oder auf seinen Gedanken, Gefühlen, Wünschen, oder auf seinen Sünden, Leidenschaften, Lastern, oder auf seinen Geschöpfen: Kultur, Zivilisation, Philosophie, Kunst, Wissenschaft; oder auf irgendetwas Menschlichem; oder auf irgendeinem Menschen, nicht aber auf dem Gottmenschen. Unter dem Druck der Versuchungen zerfällt eine solche Persönlichkeit in Staub, fällt und zerfällt furchtbar; er fällt aus der Gottmenschlichkeit heraus und verfällt in ewiges Weinen und Knirschen, in selbstgewählte Hölle. Aber auf Sand baut das Haus seiner Seele nicht nur der Mensch, der sich auf Nicht-Christus und Antichrist aufbaut, sondern ebenso auch derjenige, der die Worte Christi hört, die Worte Christi kennt, an Christi Worte glaubt, aber sie nicht vollbringt; der Mensch, der dem Namen nach Christ ist, der Kleidung nach, aber nicht dem Herzen und der Seele nach; der an Christus glaubt, aber nicht Christi Werke tut.
In Seiner Bergpredigt eröffnet uns Christus die Mittel und Wege, durch die aus einem Menschen durch den Gottmenschen ein Gottmensch der Gnade nach aufgebaut wird, und aus der Menschheit die gnadenmäßige Gottmenschheit. Durch persönliche Aneignung und persönliches Erleben der gottmenschlichen Tugenden = Gebote Christi als Inhalt der Methode der Persönlickeit, wird aus dem Menschen ein Gottmensch der Gnade nach aufgebaut, aus der Menschheit die Gottmenschheit der Gnade nach. Der Gottmensch ist das Ziel des Menschen, die Gottmenschheit das Ziel der Menschheit. Das ist die christliche Philosophie der Persönlichkeit und Gesellschaftsphilosophie. Ohne gnadenvolle Gottmenschen ist die gnadenvolle Gottmenschheit unmöglich; ohne vollkommene Persönlichkeiten ist die vollkommene Gesellschaft unmöglich. Das zweite ist lediglich Resultat des ersten; das erste ist immer das erste, das zweite immer das zweite. Von der Eigenart der Persönlichkeit hängt die Eigenart der Gesellschaft ab. Um zur vollkommenen Gesellschaft zu gelangen, zur gnadenvollen Gottmenschheit, muß jede Persönlichkeit, die dazu zählt, durch persönliche Askese die gottmenschlichen Gebote Christi = die gottmenschlichen Tugenden Christi erleben. Das ist der Weg, der durch den Gottmenschen Christus in der Bergpredigt für die unsterbliche Lösung aller persönlichen und gesellschaftlichen Probleme aufgezeigt ist. Dieser Christusweg, dieser gottmenschliche Weg ist der einzige Weg auf diesem Planeten Gottes, der zur vollkommenen Lösung sowohl der Probleme der menschlichen Persönlichkeit als auch der Probleme der menschlichen Gesellschaft führt.     Forsetzung folgt


DER EINDRUCK DER BERGPREDIGT AUF DIE ZUHÖRER
(7, 28–29) Der Ungewöhnliche Lehrer weckte durch Seine Bergpredigt einfache Menschenherzen auf. Seine schweren und erhabenen Gebote fielen nicht auf das Volk wie schwere Mühlsteine, sie bedrückten und verzauberten das Volk nicht, erschreckten nicht, sondern beschäftigten das Volk, verwunderten es. Das Heiige Evangelium verkündet: Und es begab sich, da Jesus diese Rede vollendet hatte, entsetzte sich das Volk über seine Lehre (Vers 28). Warum? Denn er lehrte mit Vollmacht und nicht wie ihre Schriftgelehrten (Vers 29). Das Volk staunte über den Inhalt und die Art der Lehre des Heilands: niemals hatte jemand Das gesagt, und niemand hatte jemals So gesprochen wie Er. Die Schriftgelehrten und Pharisäer sagten gewöhnlich: so gebietet das Gesetz und die Propheten. Der Herr Christus aber spricht mit ungekannter Kühnheit; so spricht Der, Der Macht hat, ewige Macht – zu retten und zu vernichten, zu begnadigen und zu verurteilen: “Ich aber sage euch”.  Seine Lehre ist voll von Ewigkeit und Gottmenschlichkeit; voll von Himmel und himmlischen unvergänglichen Werten und Schätzen, denn Er spricht als Gottmensch, der nie etwas entleiht, sondern alles, was Ihm gehört, ist voll ewigen göttlichen Gehalts und Kraft. Er hat Macht über die menschlichen Seelen, über ihr Leben und ihren Tod, über Paradies und Hölle; durch die nicht dagewesene Süße und Lebenskraft und Unsterblichkeit und Gottmenschlichkeit Seiner Worte weckt Er  Liebe zu Seiner Lehre. “Das Volk wunderte sich über seine Lehre”,  denn sie strömt aus Seiner außergewöhnlich wunderbaren und wundertätigen Gottmenschlichen Persönlichkeit hervor, einer Persönlichkeit, derengleichen die Welt nicht gesehen hat.
Der gottweise Chrysostomos kündet: Angesichts der Schwere und Erhabenheit der vom Heiland dargelegten Gebote müßte das Volk bekümmert und ängstlich werden; aber die Macht des Lehrers war so groß, daß Er viele begeisterte und sehr erstaunte, und durch die Süße Seiner Lehre davon überzeugte, sich selbst dann, als Er aufhörte zu sprechen, nicht von Ihm zu entfernen. Darüberhinaus, als Er vom Berg herabstieg, verliefen sich die Hörer nicht, sondern begleiteten Ihn weiter, – so große Liebe erweckte Er gegenüber Seinen Worten. Doch über alles verwunderte sich das Volk über Seine Macht, da Er Seine Worte nicht im Namen von jemand anderem sprach, wie das der Prophet Moses getan hatte, sondern überall zeigt, daß Er Selbst Macht besitzt. Indem Er also die Gesetze vorschrieb, fügte er stets hinzu: “Ich aber sage euch”; und bei der Erwähnung des Letzten Tages erklärt Er Sich zum Richter, der sowohl die Strafen als auch die Belohnungen festsetzen wird.


Bote 1997-6
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

12, 30 Es gibt zwei Reiche: Gottes und des Teufels; zwei Welten, zwei Leben, zwei Sinne, zwei Ewigkeiten – die Christi und die Satans. Der Mensch ist entweder mit Christus oder mit Satan, etwas drittes gibt es nicht. Der Herr verkündet: Wer nicht mit Mir ist, der ist wider Mich (Vers 30). Denn nicht mit Mir sein heißt, außerhalb Meiner sein, in Meinem Gegner sein. Wer nicht mit Mir ist, ist in der Tat nicht mit sich, mit seiner christusebenbildlichen Seele, hat sich verirrt von ihr, hat sich verloren, denn wer nicht mit Mir sammelt, der zerstreut (Vers 30): Wer seine Seele nicht sammelt, seine Gedanken, sein Gewissen, seine Persönlichkeit in Mir und durch Mich, der verschwendet seine Seele im Bösen, und seine Gedanken und seine Persönlichkeit. Der Gottmensch Christus – das ist die Synthese der menschlichen Seele und Persönlichkeit; der Teufel aber der Zerschmetterer, der Verstreuer der menschlichen Seele und Persönlichkeit. Der Heiland verkündet uns: “Mein Wunsch ist es, die Menschen zu Gott zu führen, sie die Tugend zu lehren, ihnen das Gottesreich zu verkünden. Und was will Satan und die Teufel? Das Gegenteil.”1.

12, 31–32 Der Herr frohbotschaftet: Deshalb sage Ich euch: Alle Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben; aber die Lästerung wider den Geist wird den Menschen nicht vergeben. Und wer etwas redet wider des Menschen Sohn, dem wird es vergeben; aber wer etwas redet wider den Heiligen Geist, dem wird es nicht vergeben, weder in dieser noch in jener Welt. (Vers 31-32). 
“Deshalb”, d.h. für alles, was ihr von Mir gesagt habt (Vers 24), und was Ich anläßlich eurer Worte gesagt habe (Vers 25-30). Die Lästerung des Heiligen Geistes ist keine gewöhnliche Sünde, sondern eine Sünde, die mit teuflischer Verbissenheit, Boshaftigkeit und Bewußtsein begangen wird. Das ist eine Sünde, in der sich der Mensch in böser Absicht mit dem Teufel identifiziert: bösartig Gott verleumdet, seinen Widerstand gegen Gott und seinen Kampf gegen den Geist mit dem Siegel satanischer Boshaftigkeit besiegelt. Das ist eine Sünde, in der der Mensch sich freiwillig vom Teufel gebären läßt und den Vater der Lüge zu seinem Erzeuger macht (vgl. Jh. 8, 44). Die Lästerung des Heiligen Geistes liegt vor, wenn man die Austreibung des unreinen Geistes Beelzebul zuschreibt (Vers 23), wenn die Pharisäer auch wissen, daß eine solche Sache nur der Heilige Geist vollbringen kann. Es unterliegt keinem Zweifel, der Heilige Geist wirkt durch Christus genauso wie Er durch die Propheten wirkte; und Seine Werke nicht anzuerkennen, in ihnen nicht die Offenbarung der Gottheit zu erblicken, Seinen Werken keinen Glauben zu schenken, sondern sie mit böser Absicht zu leugnen und dem teuflischen oder dem menschlichen Geist zuzuschreiben – das bedeutet: den Heiligen Geist lästern, sich absichtlich dem Teufel zu überliefern und vom Teufel besessen zu sein, und sich bewußt stets dem Heiligen Geist zu widersetzen (vgl. Apg. 7, 51), Welcher durch die Werke so deutlich spricht. Deshalb wird die Lästerung des Heiligen Geistes niemals verziehen, weder in dieser Welt noch in jener. Die Sünde und Lästerung gegen den Menschensohn dagegen wird verziehen werden, sagt der Herr. Warum? Weil die Lästerung des Menschensohnes aus Unwissenheit entsteht und aus Unverständnis dessen, wie der Gottessohn zum Menschensohn wird, wie er sich mit dem sterblichen Leib bekleidet und Mensch wird. Auf dem Weg durch die Geschichte wurde der menschliche Körper furchtbar von Schmach und Unreinheit bedeckt. Wie kann sich dann der Sohn Gottes in ihn kleiden, ohne Sich zu besudeln?
Die Menschheit Christi stellte für die Juden eine Versuchung dar, führte sie zur Verlästerung Seiner Person; sie wurden durch Seine Herkunft aus Nazareth verleitet (Jo. 1, 46), dadurch, daß Er arm war, demütig, daß Er mit Sündern ißt und trinkt. Und sie wurden wankelmütig über der Frage, ob man Ihn als den Messias anerkennen sollte. Aber der Herr sagt ihnen, daß die Sünde und die Lästerung Seiner Person den Menschen vergeben wird, denn das ist eine Sünde, die aus Unwissenheit entsteht, aus Verwirrung, aus Unverständnis: Unkenntnis kann durch Wissen ersetzt werden, es kann Glauben mit Buße enststehen, und Sünde und Lästerung können verziehen werden. Der Heilige Geist – das ist Gott, und Gott ist Heiliger Geist: den Heiligen Geist in Christus leugnen, bedeutet Gott in Ihm leugnen. “Wenn auch andere Taten und Werke barmherzig verziehen werden, so gibt es doch kein Erbarmen, wenn Gott in Christus geleugnet wird”2.
Der Heiland sagt den Juden gleichsam: ihr habt viel von Mir gesagt, daß Ich ein Betrüger bin, daß Ich gottwidrig bin. Ich verzeihe euch das und werde keine Strafe für euch verlangen, wenn ihr Buße tut; aber die Lästerung des Heiligen Geistes wird selbst den Reumütigen nicht verziehen… Und warum? Weil sie nicht wußten, wer Christus ist, wogegen sie über den Geist ausreichende Kenntnisse erhielten. Alles, was die Propheten sagten, sprachen sie durch die Inspiration des Heiligen Geistes, von Dem man im Alten Testament eine sehr klare Vorstellung besaß. Wenn ihr schon sagt, daß ihr Mich nicht kennt, so wißt ihr zweifellos, daß es die Sache des Heiligen Geistes ist, Teufel auszutreiben und zu heilen. Folglich beleidigt ihr nicht nur Mich, sondern den Heiligen Geist. Daher ist auch die Strafe unausweichlich, wie hier so auch dort3. 
12, 33 Die Austreibung der Teufel ist ein gutes Werk; wie kann das der Teufel vollbringen, da er doch böse ist? Ein gutes Werk ist die Frucht des Guten, ein böses dagegen – des Bösen. Das Werk ist lediglich eine sichtbare Offenbarung der unsichtbaren Substanz. Der Heiland frohbotschaftet: Setzet entweder einen guten Baum, so wird die Frucht gut; oder setzet einen faulen Baum, so wird die Frucht faul. Denn an der Frucht erkennt man den Baum (Vers 33). – Diese Worte des Heilands haben folgenden Sinn: “Niemand von euch hat die Geheilten beschuldigt, daß sie nicht geheilt sind und daß es schlecht ist, sie vom Teufel zu befreien. Wenn ihr Meine Werke leugnen wollt, so sei es so; nur laßt in euren Beschwerden keine Unstimmigkeiten und Widersprüche bestehen. Denn vom Baum richtet man nach der Frucht, nicht aber von der Frucht nach dem Baum; ihr aber geht entgegengesetzt vor. Tatsächlich wird die Frucht aus dem Baum hervorgebracht, aber erkennen muß man den Baum nach der Frucht. Demnach müßtet ihr beweisen, daß Meine Werke schlecht sind, wenn ihr Mich anschuldigen wollt; oder, wenn ihr Meine Werke lobt, müßt ihr Mich, der Ich diese Werke vollbracht habe, gleichzeitig von der Beschuldigung befreien. Ihr aber verfahrt entgegengesetzt: während ihr in Meinen Werken, die die Frucht darstellen, nichts der Verurteilung Würdiges findet, verurteilt ihr den Baum – nennt Mich einen Besessenen”4. 
Wegen der unverzeihlichen Lästerung des Heiligen Geistes willen bezichtigt der Heiland die Pharisäer genauso wie der Hl. Johannes der Täufer (Mt. 3, 7): Schlangenbrut, wie könnt ihr Gutes reden, da ihr doch selber schlecht seid? Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über (Vers 34). Mit diesen Worten offenbart der Herr die Herkunft und Quelle ihrer Lästerung: böse Worte und Lästerungen sind selbst die Frucht eines bösen Herzens und einer gotteslästerlichen Seele. “Ihr, sagt der Herr, seid ein schlechter Baum und könnt keine gute Frucht hervorbringen. Deshalb wundere Ich Mich auch nicht, daß ihr solche Worte sprecht. Ihr stammt aus einem bösen Geschlecht, ihr seid auch schlecht erzogen und habt böse Gedanken angenommen5. 
12, 35–37 Das Herz ist die Schatzkammer von Gut oder Böse. Der wichtigste Reichtum des Menschen befindet sich in seinem Herzen, der Reichtum an Gut oder Böse. Wenn jemand den Menschen sucht, so findet er ihn im Herzen, und zum Teil auch in den Gedanken, in den Worten, den Gefühlen. Der Herr verkündet: Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus dem guten Schatz seines Herzens; und ein böser Mensch bringt Böses hervor aus seinem bösen Schatz (Vers 35). Aus ihrem bösen Herzen tragen die Pharisäer Böses heraus: ihre bösen Worte vom Heiligen Geist offenbaren nicht nur ihre Bosheit, sondern auch ihr böses Herz. Alles im Menschen besitzt ewige Bedeutung: sowohl das Böse als auch das Gute. Das Gute im Menschen hat seine Ewigkeit: das Paradies; und das Schlechte im Menschen hat seine Ewigkeit: die Hölle. Deswegen sagt der Heiland auch: Ich sage euch aber, daß die Menschen müssen Rechenschaft geben am Tage des Gerichts von einem jeglichen nichtsnutzigen Wort, das sie geredet haben. Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden. (Vers 36–37). “Ein leeres Wort ist ein Wort, das mit der Tat nicht übereinstimmt, ein falsches, das Verleumdung atmet; ein leeres Wort ist all das, was zu unziemlichem Gelächter reizt, was schimpflich, unanständig und gemein ist”6. Ein leeres Wort – das ist jegliches Wort, das der Mund Christi nicht aussprechen würde. Der in allem gerechte Herr hat dem Menschen die Macht gegeben, sich selbst ewiger Richter zu sein. Beim Letzten Gericht in der Gegenwart des sündlosen Richters Christus wird jeder Mensch sich rechtfertigen oder sich mit seinen Worten verurteilen, die er im Laufe seines irdischen Lebens gesprochen hat.

DIE ANTWORT DES HEILANDS 
AUF DIE FORDERUNG NACH EINEM WUNDER 
12, 38–40 Die Bosheit der Pharisäer grenzt an Wahnsinn, denn nach so vielen Wundern, nach der offensichtlichen Heilung des taubstummen Besessenen verlangen sie von Jesus wiederum ein Zeichen, ein Zeichen Seines Messianismus und Seiner Gottheit. Der Evangelist frohbotschaftet: Da hoben an etliche unter den Schriftgelehrten und Pharisäern und sprachen: Meister, wir wollten gerne ein Zeichen von dir sehen (Vers 38). Dann – “als sie das Haupt hätten neigen müssen; als sie von Erstaunen hätten erfüllt werden müssen; als ihnen nichts mehr übrigblieb als zu erschrecken und nachzugeben, selbst in diesem Moment lassen sie nicht in ihrer List nach”7.
Der Herr sieht bis auf den Grund ihrer Seele, die von der Unzucht mit Heuchelei und Bosheit verdorben ist, und antwortet als Richter: Dieses böse und ehebrecherische Geschlecht fordert Zeichen. “Das böse Geschlecht”, denn auf gute Werke antwortet es mit Bosheit und Lästerung; ein ehebrecherisches Geschlecht, denn in seiner Seele begeht es Ehebruch mit dem Teufel und seinen schwarzen Teufeln. Und es wird ihm kein Zeichen gegeben werden denn das Zeichen des Propheten Jona (Vers 39); d.h. außer dem allergrößten Zeichen, das in der Person des Propheten Jonas typologisch gegeben ist. Dieses typologische Zeichen ist der Kreuzestod, das dreitägige Verweilen im Grab und die Auferstehung, denn gleichwie Jona drei Tage und drei Nächte in des Fisches Bauch war, so wird des Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein (Vers 40). Der Kreuzestod ist das größte Zeichen der allumfassenden Liebe und Barmherzigkeit Christi; und die Auferstehung ist das größte Zeichen Seiner Gottheit und Allmacht. Und dieses allergrößte Zeichen wird den Pharisäern gegeben, aber sie werden auch dann nicht an die Gottheit Jesu Christi glauben. “Der Heiland sagte nicht offen, daß Er auferstehen wird, denn die Pharisäer und Schriftgelehrten hätten Ihn verlacht, sondern Er deutete es verborgen an, damit sie glauben konnten, daß Er das alles vorher wußte. Und sie konnten den Sinn Seiner Voraussagen genau verstehen, wie dies aus den Worten Pilatus zu sehen ist: Dieser Betrüger, da er noch lebte, sprach: Ich will nach drei Tagen auferstehen (Mt 27, 63). Beachte, mit welcher Genauigkeit der Heiland sogar Seine verborgene Prophezeiung ausdrückt. Er sagt nicht: in der Erde, sondern im Schoß der Erde, um so klar Sein Verbleiben im Grab zu bezeichnen, und damit niemand dachte, daß Sein Tod nur eine Erscheinung der Phantasie sei”8. 
Jonas bewegte die heidnischen Nineviten zur Buße an, und der Untergang der Stadt wurde um zwei Jahrhunderte aufgeschoben; der Gottmensch Christus ist um soviel größer als Jonas, um wieviel Gott größer ist als der Mensch. Aber die hartköpfigen Juden nehmen dennoch weder Christus noch Seine Lehre an. Deswegen werden am Tag des Allgemeinen Gerichts die Nineviten die Juden richten und verurteilen, die keine Buße getan haben. Die Nineviten werden auftreten beim Gericht mit diesem Geschlecht und werden es verdammen; denn sie taten Buße nach der Predigt des Jona. Und siehe, hier ist mehr als Jona. (Vers 41). “Jonas ist ein Knecht, Ich aber der Herr; er ist aus dem Bauch des Walfisches gekommen, Ich aber werde von den Toten auferstehen; er hat den Untergang gepredigt, Ich aber bin gekommen, um das Reich zu verkünden. Und die Nineviten haben ihm ohne jedes Zeichen geglaubt, Ich aber habe viele Zeichen gezeigt; sie haben nichts als seine drohenden Worte gehört, Ich aber habe die ganze Schatzkammer der Weisheit geöffnet – pasan filosof³aV ³d™an. Jonas erschien in Ninive als Diener Gottes, Ich aber bin Gebieter und Herr über alles, Ich bin nicht mit Drohungen gekommen, nicht mit der Forderung nach Abrechnung, sondern mit Vergebung. Die Nineviten waren Heiden, mit euch aber haben so viele Propheten verkehrt. Von Jonas hat niemand vorausgesagt, von Mir aber – alle, und Meine Werke stimmen vollkommen mit den Prophezeiungen überein. Er floh vor dem Angesicht des Herrn, im Glauben der Schande zu entkommen, Ich aber bin in die Welt gekommen, wohl wissend, daß Ich gekreuzigt und verhöhnt werde. Er wollte nicht einmal diese Erniedrigung auf sich nehmen, um die Nineviten gerettet zu sehen, Ich aber werde den Tod auf Mich nehmen, und zwar den schändlichsten Tod, und danach werde Ich noch andere zur Predigt aussenden. Er war fremd unter den Nineviten ein Zugereister und Unbekannter, Ich aber bin euer Verwandter dem Leibe nach und stamme von denselben Vorfahren ab”9.

12, 42 Nach Weisheit lechzend kam die Königin vom Süden vom Ende der Erde, Salomos Weisheit zu hören (3. Kön. 10), und Christus ist Gottes Kraft und Gottes Weisheit (1. Kor. 1, 24), und die Juden wollen nicht auf Ihn hören; doch siehe, hier ist mehr als Salomo (Vers 42). Deswegen wird die Königin auftreten beim Gericht mit diesem Geschlecht und wird es verdammen (Vers 42). “Ohne seinen Palast zu verlassen, empfing Salomon die zu ihm gekommene Königin, Ich aber bin persönlich Selbst gekommen. Salomon empfing eine Frau, die vom Ende der Welt kam, Ich aber durchlaufe Selbst Städte und Dörfer. Salomo sprach mit ihr über Bäume und Pflanzen, und sie konnte aus diesen Gesprächen keinen großen Nutzen ziehen, Ich aber spreche zu euch über unaussprechliche Dinge und die schrecklichsten Geheimnisse”10.
12, 43–45 Einen über Jonas und Salomo Erhabenen nehmen die Juden nicht an, weil ihnen der Herr von Schrecknissen und furchtbaren Dingen spricht, die sie ereilen werden, weil Er zu ihnen in einem geheimnisvollen Gleichnis spricht: Wenn aber der unreine Geist von dem Menschen ausgefahren ist, so durchwandelt er dürre Stätten, sucht Ruhe und findet sie nicht. Da spricht er denn: Ich will wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin. Und wenn er kommt, so findet er es leer, gekehrt und geschmückt. Dann geht er hin und nimmt zu sich sieben andere Geister, die ärger sind als er selbst; und wenn sie hineinkommmen, wohnen sie allda; und es wird mit demselben Menschen hernach ärger, als es zuvor war. So wird’s auch diesem argen Geschlecht gehen. (Vers 43–45). Diese Worte des Heilands besitzen einen engeren Sinn, der die Pharisäer betrifft, und einen weiteren, jeden Menschen betreffenden. Der Herr konnte das geforderte Zeichen geben, so wie Er auch davor viele Zeichen gegeben hatte, doch tat Er dies nicht, da Er wußte, daß die Pharisäer Ihm nur für kurze Zeit glauben würden: Sie würden den unreinen Geist des Unglaubens aus sich vertreiben, um ihn bald wieder einzulassen, damit er in sie zurückkehre.
Der weitere Sinn der Worte des Heilands liegt in folgendem: der unreine Geist hat sich etwas vom Menschen angeeignet; er ist im Menschen ein Gast, ein Fremder, ein Wanderer. Der Mensch kann ihn freiwillig, entweder durch seine Liebe zur Sünde behalten, oder durch die Liebe zu Christus austreiben. Doch die schlimmste Sache geschieht dann, wenn der Mensch zu seinem Haus wird, wenn der unreine Geist von ihm als von seinem Hause spricht. Der Mensch wird nämlich zu seinem Haus, wenn böse Leidenschaften in ihm Wurzel fassen. Denn schließlich ist jede Leidenschaft eine Ausgeburt eines unreinen Geistes. Darüber hinaus ist jede Leidenschaft ein unreiner Geist: etwas Selbständiges, Individuelles, etwas, das unter Zustimmung des Menschen im Menschen Wurzeln faßte, aber nicht vom Menschen und nicht der Mensch ist. Durch verschiedene heilige Sakramente und verschiedene heilige Tugenden kann der Mensch jedoch alle Leidenschaften, alle unreinen Geister aus sich vertreiben. Wird er aber danach träge und sorgt sich nicht mehr um seine Rettung, dann kommt die vertriebene Leidenschaft allmählich wieder zurück, sieht daß der Mensch sich der Faulheit und Sündenliebe anvertraut hat, und siedelt dann in ihm andere Leidenschaften an, schlimmer als sie selbst. Und dann ergeht es dem Menschen von der Menge der Leidenschaften schlimmer, als früher von der einen. Was aber das allerschlimmste bei all dem ist, daß sich die Leidenschaften = unreinen Geister außerhalb des Menschen wie Obdachlose fühlen, die in der Wüste in der Suche nach Ruhe und Nahrung umherirren, diese aber nicht finden, solange sie nicht in den Menschen zurückkehren. 
Der selige Theophylakt verkündet: “durch die Taufe wird der unreine Geist ausgetrieben und geht in wasserlosen und ungetauften Seelen umher, findet in ihnen jedoch keine Ruhe. Die Teufel finden Ruhe, wenn sie getaufte Menschen auf böse Gedanken bringen, auf böse Gefühle, böse Taten. Ein unreiner Geist kehrt in einen Getauften mit sieben Geistern zurück, denn so wie es sieben Gaben des Heiligen Geistes gibt, so gibt es auch sieben Gaben des Bösen. Wenn der unreine Geist in den Getauften zurückkehrt, ergeht es dem Menchen schlechter, denn er wurde früher durch die Taufe gereinigt, jetzt aber kann er sich nur durch die Buße reinigen, aber die Buße ist ein sehr qualvoller und schwerer Kampf11. Nach Zigaben ist der unreine Geist, der sieben andere Geister mitbringt, die Praßsucht; die sieben Geister aber sind die sieben Leidenschaften: Unzucht, Geldgier, Zorn, Verzagtheit, Unachtsamkeit, Stolz, Neid12. 
DIE MUTTER UND BRÜDER CHRISTI

12, 46–50 Während Er noch sprach, siehe, da standen seine Mutter und seine Brüder draußen, die wollten mit ihm reden. Da sprach einer zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen mit dir reden. Er antwortete aber und sprach zu dem, der es ihm ansagte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? und reckte die Hand aus über seine Jünger und sprach: Siehe da, das ist meine Mutter und meine Brüder! Denn wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter (Vers 46–50). Während der Herr zum Volk über die unaussprechlichen Geheimnisse der Dreieinigen Gottheit spricht und über das finstere und seelenverderbende Geheimnis des Bösen und der unreinen Geister, verlangt Seine leibliche Mutter und die Brüder – die Söhne Josephs (dazu s. Mt. 1, 25) mit Ihm zu sprechen, wollen Seine Predigt unterbrechen. Daher rühren die Vorwürfe in der Antwort des Heilands. Mit Seiner Frage: Wer ist Meine Mutter? sagt Sich der Herr nicht von Seiner Mutter los, schämt Sich ihrer nicht (denn, wenn Er Sich schämte, so wäre Er nicht durch ihren Leib gegangen), sondern Er will damit zeigen, daß sie davon wenig Nutzen hat, wenn sie nicht den Willen des himmlischen Vaters vollbringt. Der heilige Chrysostomus verkündet: Ohne Tugend bringt das Tragen in ihrem Leibe und Gebären dieser wunderbaren Frucht keinerlei Nutzen. Mit Seiner Anwort gab der Herr allen eine große Belehrung: niemand darf sich auf seine Herkunft verlassen und dabei die Tugend vernachlässigen. Ohne geistliche Verwandtschaft bringt die leibliche keinerlei Nutzen und rettet nicht (vgl. Mt. 3, 7–9; Jo 7, 5). Aber der Herr verwirft nicht die natürliche Verwandtschaft, sondern unterstreicht die Verwandtschaft der Tugend nach13. Der selige Theophylakt sagt: “der Heiland sagte nicht: sie ist nicht Meine Mutter, sondern: wenn sie nicht Gottes Willen tut, so hilft es ihr nicht, daß sie Mich geboren hat”14. 
Mit einer solchen Antwort und solcher Haltung zeigte der Heiland Seinen Jüngern in Wort und Tat, wie man den Willen des himmlischen Vaters dem Willen irdischer Verwandter vorziehen muß. Als der Heiland Seine Apostel zur Predigt aussandte, legte Er ihr Verhältnis zu den leiblichen Verwandten eindeutig fest: Wer Vater oder Mutter mehr liebt als Mich, der ist Mein nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als Mich, der ist Mein nicht wert (Mt. 10, 37). Das, was der Herr festlegte und gebot, zeigte Er Selbst. Selbstverständlich wäre es falsch, in der Antwort des Herrn, von der die Rede ist, eine Verleugnung Seiner Mutter oder Gleichgültigkeit Ihr gegenüber zu erblicken. Seine Liebe zu Ihr bewies Er sogar am Kreuz, als Er Sie der Sorge Seines Lieblingsschülers anvertraute (Jo. 19, 26–27).
Fortsetzung folgt


Bote 1998-3
Vater Justin
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

Natürlich fragt man sich: welchen Trost hatten die Apostel in all diesen Gefahren und Anfechtungen? – Die Allmacht, die gottmenschliche Allmacht Dessen, Der sie aussendet. Deshalb sagt Er vor allem zu ihnen: “Siehe, ich sende euch” . – das reicht, damit sie weder vor sichtbaren noch vor unsichtbaren Feinden Angst haben. Damit jedoch niemand sagt, das alles sei eine Sache der Gnade, und damit man nicht denkt, daß sie die Kränze des ewigen Lebens umsonst erhalten, verlangt der Herr Christus auch ihren persönlichen Einsatz: “Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben” (Vers 16). Klug wie eine Schlange ist derjenige, der rücksichtsvoll und umsichtig eine Lehre empfiehlt, um möglichst erfolgreich seine Zuhörer zur Aufnahme dieser Lehre zu bewegen. Ohne Boshaftigkeit aber wie die Tauben ist derjenige, der auch nicht in Gedanken gegen den auf Rache sinnt, der Böses gegen ihn denkt”1. Wie eine Schlange nichts bewahrt, selbst wenn man ihren Körper in Stücke schneidet, sich nicht verteidigt, sondern versucht nur ihren Kopf zu schützen, so gib auch du alles: Besitz und Körper und sogar deine Seele – alles außer dem Glauben. Der Glauben ist der Kopf und die Wurzel. Wenn du ihn bewahrst, magst du dabei auch alles verlieren, so erlangst du doch alles von neuem, mit noch größerem Ruhm. Schlangenartige Klugheit mit Gutherzigkeit zu verbinden, das ist eine neue Tugend, eine gottmenschliche, apostolische Tugend des Evangeliums. Schlangenartige Klugheit ist um der Vorsicht in Gefahren willen notwendig, taubenartige Gutmütigkeit aber um der Nichterwiederung von Bösen mit Bösem willen, der Verletzung durch Verletzung; denn der Mensch hat keinerlei Nutzen von seiner Klugheit, wenn sie nicht mit Gutherzigkeit verbunden ist2. 
10, 17–18 Der Heiland verkündet Seinen Aposteln: “Hütet euch aber vor den Menschen; denn sie werden euch den Gerichten überantworten und werden euch geißeln in ihren Synagogen. Und man wird euch vor Statthalter und Könige führen um meinetwillen, ihnen und den Heiden zum Zeugnis” (Vers 17–18). Hütet euch vor den Menschen. Wodurch? Durch die Sanftmut der Schafe, die Klugheit der Schlangen, die Nichtboshaftigkeit der Tauben. Warum? Damit ihr nicht in Wölfe verwandelt werdet, damit eure Seelen nicht mit wölfischen Leidenschaften und Wildheit und Hartherzigkeit angefüllt werden. “Siehst du, bemerkt der Selige Theophylakt, das bedeutet, klug und vorsichtig zu sein und keinen Vorwand zur Verfolgung denen zu geben, die verfolgen wollen, sondern seine Sache weise zu vollbringen. Will der Verfolger Geld oder Ehre – gib sie ihm, damit er keinen Vorwand zur Verfolgung besitzt; wenn er aber den Glauben nehmen will, so bewahre deinen Kopf”3. Durch diese Seine Worte ermutigt der Herr Seine Jünger zum mutigen Ertragen von Leiden und zeigt, daß der Sieg durch das Erdulden von Leiden erzielt wird. “Der Herr sagte nicht: kämpft auch ihr und widersetzt euch denen, die euch Gewalt antun, sondern nur: ihr werdet äußerste Not leiden. Wie groß ist die Kraft Dessen, Der so sprach! Welche erhabene Philosophie derer, die dies hörten. Es ist höchst bemerkenswert, wie die Apostel, diese furchtsamen Menschen, die sich niemals weit von dem See, in dem sie fischten, entfernt hatten, angesichts solcher Worte nicht sofort wegliefen. Wie dachten sie nicht: gegen uns sind Könige und Herrscher, jüdische Synagogen, heidnische Völker, Vorgesetzte und Untergebene, – denn Christus hatte ihnen nicht nur die Verfolgungen vorhergesagt, die sie allein in Palästina erwarteten, sondern Er sagte ihnen den Kampf der ganzen Welt gegen sie voraus, indem Er sprach: vor Statthalter und Könige wird man euch führen, womit Er ihnen zeigte, daß Er sie später auch zu den Heiden schicken wird”:4. “Ihnen und den Heiden zum Zeugnis”, ihnen und gegen sie, d.h. die Apostel werden ausgesandt, um durch ihr Leben und ihre Predigt vor Königen und Statthaltern Zeugnis abzulegen von Christus als dem Messias, dem Gottmenschen und Heiland. Wenn sie jedoch dieses Zeugnis ablehnen, wenn sie Christus nicht als Retter annehmen, dann sind die Apostel dazu verpflichtet, gegen sie Zeugnis abzulegen, sie bloßzustellen, damit sie keine Entschuldigung haben5. 
10, 19-20 Wenn sie euch nun überantworten werden, so sorget nicht, wie oder was ihr reden sollt; denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr sprechen sollt. Denn nicht ihr seid es, die das reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet (Vers 19–20). Natürlich führen die Weisen dieser Welt die ungebildeten und einfachen Fischer und Zöllner in Verwirrung, indem sie behaupten, der Herr würde ihnen keine übernatürliche Kraft zur Hilfe herabsenden – den Heiligen Geist, die Dritte Person der Allerheiligsten Dreiheit. Sie müssen sich in Demut üben, demütig denken, demütig anerkennen, daß ihr menschlicher Geist nicht fähig ist, Christus würdig und überzeugend zu predigen, und stets wird ihnen der Heilige Geist gegeben werden, der durch sie die apologetische Arbeit in Hinsicht auf Christus und auch sie führen wird. Allein für sich sind die Apostel ohnmächtig; mit dem Heiligen Geist sind sie allmächtig. “Unser Werk ist es, zu bezeugen, doch weise die Apologetik zu betreiben – das ist das Werk Gottes. Damit du jedoch nicht meinst, daß die Apologie eine natürliche Fähigkeit ist, sprach der Herr: Nicht ihr werdet sprechen, sondern der Heilige Geist”6. 
10, 21 Der Glaube an Christus ist wahrhaftig und recht nur dann, wenn er zum Wesenskern der menschlichen Persönlichkeit wird, zum Maß aller Wesen, aller Beziehungen, aller Dinge, zum Maß auch aller Werte in der Familie. Wer aufrichtig an den Herrn Christus glaubt und Ihn bekennt, der bleibt Ihm treu bis in den Tod, wenn sich auch alle seine Verwandten gegen ihn wenden. Christus der Gottmensch, der einzige wahre Gott und der einzige wahre Mensch, muß für den Gläubigen über allem und vor allem stehen: vor den Eltern und dem Haus, vor dem Vaterland und der Menschheit, und vor allen sichtbaren und unsichtbaren Welten. Der Heiland frohbotschaftet: Es wird aber ein Bruder den andern dem Tod preisgeben und der Vater den Sohn, und die Kinder werden sich empören gegen ihre Eltern und werden sie töten (Vers 21). “Preisgeben”: ja sie gaben preis zur Zeit der Verfolgungen; sie überantworten auch heute: Ungläubige geben die Gläubigen preis; es empören sich ungläubige Kinder gegen die gläubigen Eltern und töten sie, und umgekehrt. Geduldiges und freudiges Sterben für den Herrn Christus – das ist die Methode des Kampfes nach dem Evangelium, welche die Christen gegen die teuflische Kampfmethode anwenden, deren sich die Christusfeinde bedienen. Dieses Nichtwiderstehen dem Bösen durch Böses feuert die Asketen des Bösen besonders zum Haß an, und sie unterminieren die ganze Welt durch den Haß gegen die Christen. 
10, 22 Die Rede des Heilands ist ganz aus historischen Fakten gewoben: Und ihr werdet gehaßt werden von jedermann um meines Namens willen. Wer aber bis ans Ende beharret, der wird gerettet werden (Vers 22). – Der Christ ist verpflichtet, sich bis zum Ende seines Lebens ununterbrochen in den Tugenden des Evangeliums zu üben. Wenn er von ihnen abweicht, dann weicht er vom Pfad der Rettung ab. Der Herr Christus zwingt niemanden zur Rettung; gerettet wird der, der den Retter durch seine persönlichen asketischen Taten in den Tugenden nach dem Evangelium zur Seele seiner Seele, zum Leben seines Lebens macht. Auf allen Stufen seiner Entwicklung ist der Christ ein asketischer Kämpfer in den Tugenden des Evangeliums. Dies zeigt der Heiland, indem Er den Aposteln Seine Gottmenschliche Satzung einflößt. Er verlangt von ihnen, daß sie sich nicht nur auf Seine Allmacht und Kraft stützen, sondern daß sie auch selbst ihrerseits asketische Werke an den Tag legen: “Wer aber bis ans Ende beharret, der wird gerettet werden “. – Der Heilige Chrysostomus verkündet: Achte darauf, wie der Herr von Anfang an die einen Dinge Selbst tut, die anderen aber die Jünger. Wunder zu vollbringen ist Seines; nichts zu haben – ihres. Wiederum: alle Häuser zu öffnen – ist Sache der höchsten Gnade; nichts außer dem Allernötigsten zu fordern – ist Sache ihrer Weisheit – tªV a¨tŽn filosof³aV; “der Arbeiter ist seines Lohnes würdig” (Mt. 10, 10). Frieden zu schenken – ist Sache der Gabe Gottes; die Würdigen zu finden und nicht zu allen ohne Unterschied zu gehen, ist Sache ihrer Enthaltsamkeit. Und wiederum: diejenigen, die sie nicht annehmen, zu strafen, ist Sache Gottes; sich aber von solchen ohne Streit, ohne Vorwürfe und Beleidigungen zurückzuziehen, ist Sache der Sanftmut der Apostel. Den Heiligen Geist zu geben und von der Sorge zu befreien, wie und was zu sprechen, ist Sache Dessen, Der sie aussendet; so zu sein wie Schafe und Tauben und alles großmütig zu ertragen, ist Sache ihrer Standhaftigkeit und Unterscheidungsgabe. Haß zu ertragen und den Mut nicht verlieren, sondern auszuharren – das ist ihre Sache; aber diejenigen zu retten, die dulden, ist Sache Dessen, Der sie sendet. Deshalb sprach Er auch: “Wer aber bis ans Ende beharret, der wird gerettet werden “7. 
10, 23 In ihren vielfältigen Werken der Askese müssen die Apostel immer eine unsterbliche Tugend besitzen: klug zu sein wie die Schlangen und ohne Bosheit wie die Tauben. Diese Tugend verkündet der Heiland, wenn Er sagt: Wenn sie euch in einer Stadt verfolgen, so fliehet in eine andere (Vers 23); opfert nicht sinnlos euer Leben; begebt euch nicht unnötig in Gefahr. Der Herr gebietet Seinen Jüngern nicht, mit den Verfolgern den Kampf aufzunehmen, sondern vor ihnen zu fliehen. Er spricht hier nicht von den späteren Verfolgungen, sondern von den Verfolgungen vor Seinen Leiden und der Kreuzigung, was auch Seine Worte zeigen: “Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt” (Vers 23). “Damit die Jünger also nicht sagen: und was, wenn wir irgendwohin vor unseren Verfolgern fliehen, und sie finden uns auch dort und verfolgen uns von neuem, vertreibt der Heiland solche Angst, indem Er sagt: ihr werdet nicht einmal ganz Palästina durchwandern, da werde Ich schon zu euch kommen. Achte wiederum darauf, daß der Herr auch in diesem Fall das Übel nicht abwendet, sondern lediglich als Helfer in der Not erscheint. Er sagte nicht: Ich werde euch erlösen und die Verfolgungen beenden, sondern was? – “Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt”8. 
10, 24 In den Qualen sind die Jünger nur Schüler ihres Göttlichen Lehrers: selbst darin können sie Ihn nicht übertreffen: Der Jünger steht nicht über dem Meister und der Knecht nicht über seinem Herrn (Vers 24). Wenn der Lehrer wegen seiner Lehre verfolgt wird, dann werden auch seine Schüler verfolgt werden, die seine Lehre verbreiten. Wenn man den Gebieter des Himmelreiches verfolgt, dann wird man auch die Knechte verfolgen, die diesem Herrn dienen. Der Selige Theophylakt verkündet: Wenn du jedoch fragst, wie ist dies, daß es keinen Schüler gibt, der seinen Lehrer übertrifft, wenn wir doch sehen, daß es viele Schüler gibt, die ihre Lehrer übertreffen? Wisse nun, daß sie, solange sie Schüler sind, geringer als ihr Lehrer sind; doch wenn sie darüber hinauswachsen, dann sind sie schon nicht mehr Schüler; so kann auch der Knecht, solange er Knecht ist, nicht seinen Herrn übertreffen9.
Ein Schüler kann seinen Lehrer übertreffen und ein Knecht seinen Herrn. Das gibt es bei einfachen Menschen. Doch dies hat keine Bedeutung, wenn die Rede von einem solchen Lehrer ist wie Christus. Er ist Gottmensch – Lehrer; und um wieviel Gott höher steht als der Mensch, umso viel höher steht Er auch als Lehrer über einem menschlichen Lehrer. Daher können sich Seine Jünger niemals mit Ihm vergleichen. “Es ist für den Jünger genug, daß er sei wie sein Meister und der Knecht wie sein Herr.” (Vers 25). Und die Schüler des Heilands sind “wie Er”, wenn sie durch Ihn mit Hilfe der heiligen Mysterien des Evangeliums und der heiligen Tugenden nach dem Evangelium leben (1.Jo. 3, 1-9; 2, 6; 1.Petr. 1, 1-5; 1.Kor. 11, 1; Gal. 2, 20; Röm. 14, 8; Eph. 3, 17-19; 6, 10-18; Phil. 1, 27; Kol. 1, 10; 3, 1-4; 2, 6-10; 3, 9-11; 1.Thess. 2, 12). “Es ist für den Jünger genug, daß er sei wie sein Meister und der Knecht wie sein Herr. Haben sie den Hausherrn Beelzebul genannt, wieviel mehr werden sie seine Hausgenossen so nennen!” (Vers 25).
Das Wort Beelzebul leiten die einen vom Wort Belzebul ab, die anderen vom Wort Beelzebul. Beelzebul bedeutet: Gott der Fliegen. Das war eine philistimische Gottheit (4. Kön. 1, 2–3). Die Philister erfanden sie, als Schwärme giftiger Fliegen über sie herfielen. Er war für sie ein Beschützer. Wahrscheinlicher jedoch stammt dieses Wort von beel xeboul, was bedeutet: Hausgott. Der Herr Christus ist der Hausherr im Hause des Reiches Gottes, im Hause des Lichtes; doch die Christusfeindlichen Juden bezeichnen Ihn als Beelzebul, was Teufel bedeutet, Herr im Hause der Finsternis, der Gottlosigkeit, der Sünde. 
10, 26-27 Auf die Gute Nachricht der Apostel antworten die Christusfeinde mit bitteren Beleidigungen; aus den Aposteln aber wird der Heilige Geist sprechen; die Christusfeinde werden gegen sie schreien: aus euch spricht der unreine Geist – Beelzebul; die Apostel werden Kranke heilen, Tote auferwecken, während sie die Christusfeinde mit jedem beliebigen Schrecknis dieser Welt angreifen werden. Doch fürchtet euch nicht vor ihnen, ermutigt der Herr Seine Schüler, denn es gibt nichts Verborgenes, was nicht offenbar werden wird, nichts Geheimes, was nicht bekannt werden wird (Vers 26). Offenbar werden wird eure Unschuld, die die Verfechter des Bösen mit ihrem höllischen Geschrei verdecken; die Welt wird eure rettungbringende Kunde vernehmen, die sie mit ihrem Lärm übertönen will. “Wartet nur etwas, und alle werden euch Retter nennen und Wohltäter der Welt. Alles Verborgene wird von der Zeit offenbart; sie wird die üble Nachrede der Feinde offenbaren und eure Tugend an den Tag bringen”10. 
Die Gottesfeinde und Christusfeinde nicht zu fürchten, ist die Hälfte der Tugend, zu der der Herr Seine furchtlosen Nachfolger aufruft: Was ich euch sage in der Finsternis, das redet im Licht; und was euch gesagt wird in das Ohr, das predigt auf den Dächern (Vers 27). “Selbstverständlich gab es keine Finsternis, als der Herr dies sprach, und Er sprach den Jüngern nicht ins Ohr; hier werden nur deutlichere Ausdrücke gebraucht. Da Er mit ihnen allein und in einer kleinen Ecke Palästinas sprach, sagte Er: in der Finsternis und in das Ohr, da er die jetzige Art der Rede jenem Mut in der Predigt gegenüberstellen wollte, den Er ihnen verleihen sollte”11.

Anmerkungen:
9 ibid. cap. 10, vers. 24; PG t. 123, col. 241 B
10 Hl. Chrysostomus, ibid., S. 399
11 Hl. Chrysostomus, sermo 34, 2; S. 399

 

Bote 1998-4
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

10, 28 Den menschlichen Körper kann jeder töten, aber die Seele – niemand außer der Sünde. Die Sünde ist der einzige Mörder der Seele. Dem Menschen selbst ist die oberste Macht über seine Seele gegeben: er hat die Macht, sie ins Verderben zu führen und die Macht, sie zum ewigen Leben zu bewahren. Hier entscheidet der Mensch, Gott nimmt die Entscheidung an. Damit sie mit Freude nicht nur Qualen und Beschwernisse ertragen, sondern sogar den leiblichen Tod, weist der Herr Seine Schüler auf die Unsterblichkeit der Seele hin. Nicht nur auf die Unsterblichkeit, sondern auch auf die Übersterblichkeit der Seele. Die Unsterblichkeit der Seele ist eine wunderbare und furchtbare Sache: wunderbar, wenn wir durch ein christusmäßiges Leben zu ewiger Seligkeit gelangen; furchtbar, wenn wir durch ein teuflisches Leben ewige Qualen in der Hölle erlangen. Fürchtet euch nicht vor jenen, die den Leib töten und die Seele nicht können töten; fürchtet euch aber viel mehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle (Vers 28). Fürchtet die Sünde, die Seele wie auch Körper in die Hölle herabführen kann; der Mensch selbst entscheidet, welches Los er für das ewige Leben auswählt: das Paradies oder die Hölle. Gott nimmt seine Entscheidung an, denn Er rettet niemand mit Zwang und Er verurteilt niemand zwangsmäßig. Wenn Er gewaltsam retten würde, dann wäre Gott ein Tyrann; wenn Er gewaltsam verurteilen würde, erwiese Er sich als Zerstörer des freien Willens des Menschen. Im ersten Fall wäre Er nicht die Liebe, im zweiten wäre Er nicht die Gerechtigkeit. Die Berufung der Apostel ist es: sich vor Menschen nicht zu fürchten, die selbst wenn sie es wollten, die Seele nicht töten können, sondern Gott zu fürchten, Der um Seiner gerechten Liebe willen nicht verwehren kann, daß geistliche Selbstmörder in die schwarze Ewigkeit geschickt werden, die sie sich selbst asugesucht haben – die Hölle. “Furcht besiegt mit Furcht, – die Furcht vor den Menschen besiegt mit der Furcht vor Gott”1.
10, 29–31 Gefahr und Leiden verengen gewöhnlich das Gefühl für Gott und das Gottesbewußtsein. Der Mensch ergibt sich in Momenten der Gefahr und des Leidens häufig einem aufrührerischen Gefühl und Bewußtsein: weit ist Gott, Er hört mein Schreien nicht, sieht meine Leiden nicht, kennt meine Gefahr nicht. Doch der Mensch Christi fühlt und weiß immer, daß Gott alles sieht und alles weiß. Deshalb ermutigt der Herr Seine Nachfolger mit göttlich weisen Worten: Kauft man nicht zwei Sperlinge für einen Groschen? Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren Vater. Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupt alle gezählt. Darum fürchtet euch nicht, denn ihr seid besser als viele Sperlinge (Vers 29-31). “Die allumfassende Sorge Gottes und das Allwissen Gottes erstrecken sich auch auf die bedeutungsloseste Bewegung wenig wertvoller Vögel. Es ist gesagt, daß Gott gleichsam auch die Haare zählt! Damit die Vollkommenheit des Wissens Gottes und Seine große Mühewaltung um alles offenbar werde”. Die Menschen sind derart wertvoll, daß selbst alle Haare auf ihren Köpfen gezählt sind, und Gott weiß alles bis ins Detail, was sie betrifft3 Der Heiland sagt gleichsam Seinen Jüngern: Ihr seid wertvoller als viele Sperlinge, denn ihr werdet den Retter der Welt predigen, und in Ihm die Rettung der Menschheit. Und wird Gott etwa euch, die Gottesprediger, vergessen, wenn Er nicht einmal wertlose Sperlinge vergißt? Fürchtet euch also nicht: Ihr seid wertvoller als viele Sperlinge. 
10, 32–33 Wer nun Mich bekennet vor den Menschen, den will auch Ich bekennen vor Meinem himmlischen Vater. Wer Mich aber verleugnet vor den Menschen, den will auch Ich verleugnen vor Meinem himmlischen Vater (Vers 32-33). Der Herr normiert und bewertet den Glauben Seiner Nachfolger durch die Ewigkeit. Mit der Seele an die Ewigkeit angekettet, geht der Nachfolger Christi durch das Feuer der Leiden und bezeugt dabei Christus als Gott und Retter. Wer vor den Menschen furchtlos seinen Glauben an Christus als den Gottmenschen und Messias bekennt, erhält den Herrn Christus als Bekenner seines Glaubens vor dem himmlischen Vater, d.h. der Herr erklärt ihn zu Seinem treuen Diener, belohnt ihn mit ewiger Seligkeit. “Warum gibt Sich der Herr nicht mit dem Glauben zufrieden, der in der Seele ist, sondern fordert das Bekenntnis mit dem Mund? Um uns zu Tapferkeit, zu ewiger Liebe und Eifer anzustacheln und um uns zu erhöhen”4. Wer Christus als Gott verleugnet, wer sich vor Leiden fürchtet und von Christus als Retter lossagt, wird die schlimmsten Qualen erleiden. Von ihm wird Sich der Herr am Tag des Letzten Gerichts lossagen mit den schrecklichen Worten: Ich kenne dich nicht. Und dieser geht in die ewigen Qualen ein, in ewige Leiden (vgl. Mt. 25, 46). 
10, 34–36 Die Persönlichkeit des Herr Christus läßt keine Kompromisse mit dem Bösen und Frieden mit der Sünde zu. Sie wirkt wie ein zweischneidiges Schwert: zerschneidet, trennt das Böse vom Guten bis zum letzten Teilchen. Das Böse ist in die Natur des Menschen eingewachsen und mit ihr verwachsen. Und jedes Wort Christi schneidet diese Knospe ab und trennt sie von der Seele. Deshalb ist die Persönlichkeit Christi und das Wort Christi ein Schwert. Die Begegnung des Menschen mit dem Herrn Christus ruft in der Seele des sündigen Menschen Verwirrung hervor, Verwirrung und Krieg zwischen allem, was in der Seele Christus zustrebt und was Christus widerstrebt. Die Begegnung mit der Person des Gottmenschen Christus ruft in der menschlichen Seele seelische Erschütterungen und Erdbeben hervor. Allein das Eintreten unseres Herrn Jesus Christus in die irdische Welt ruft Unfrieden hervor, Umbrüche, Zusammenstöße: die unreinen Geister, unreinen Menschen, unreinen Seelen, unreinen Herzen, unreinen Gewissen stehen auf und schreien: Sohn Gottes, was bist du gekommen uns zu quälen? (vgl. Mt. 8, 28–32).
Der Herr Christus ist “unser Friede”, Friede, zu dem man durch Krieg und den Sieg über die Sünde, den Tod und den Teufel gelangt (vgl. Eph. 2, 14–16). Der Heiland frohbotschaftet: Ihr sollt nicht meinen, daß Ich gekommen bin, um Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert (Vers 34). Das sagt der Heiland zu den Aposteln, denen Er vor kurzem gebot, in jedes Haus zu gehen mit dem Gruß: “Friede diesem Hause” (Mt. 10, 12). Das sagt Der, Dessen Ankunft in der Welt die Engel als die Ankunft des Friedens begrüßten: “Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden” (Lk. 2, 14). Auch die Propheten prophezeiten vom Messias als dem Frieden und Friedensstifter. Wie sind dann diese beiden Frohbotschaften zu vereinen: die Verkündigung vom Messias als Frieden und Friedensstifter und die Verkündigung vom Messias als Schwert? Der hl. Chrysostomus sagt: Friede tritt ein, wenn das abgetrennt wird, was durch Krankheit angesteckt ist. Nur auf solche Weise kann der Himmel mit der Erde vereint werden. So rettet auch der Arzt die übrigen Körperteile, wenn er den unheilbaren Teil von ihnen abtrennt5. Unser Herr Jesus Christus ist das Schwert für alles Böse im Menschen, Er erfüllt mit göttlichem Frieden alles Gute in ihm. Durch Seine Persönlichkeit und Lehre und Werke treibt Er die Menschen zur entschiedenen und klaren Wahl: ob sie für Ihn oder gegen Ihn sind. Er kam als Gottmensch in die Welt, um zum Maß und zum höchsten Wert für jeden zu werden, der an Ihn glaubt in jeder Hinsicht: familiär, gesellschaftlich, national, international, himmlisch-irdisch. Denn Ich bin gekommen, spricht der Heiland, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit der Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter (Vers 35): zu entzweien den an Mich glaubenden Sohn mit dem Vater, der nicht an Mich glaubt, um dem Sohn näher zu sein als seinem Vater und der Tochter als ihrer Mutter: Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein (Vers 36). Wer christusfeindlich sein Haus Mir vorzieht, der ist Mein Feind; Feinde des Menschen sind seine Hausgenossen, wenn sie ihn von Mir abwenden. Wer Mein Freund ist, ist auch sich selbst Freund. Aber der Mensch kann nie zu seinem eigenen Freund werden, wenn er nicht zuerst Mein Freund wird. Wer Vater oder Mutter mehr liebt als Mich, der ist Meiner nicht wert (Vers 37). 
Solche und so große Liebe hat niemand von den Menschen für sich gefordert, aber der Herr Christus fordert sie. Und zu Recht. Denn Er – Gott – wurde Mensch, um als Gottmensch dem Menschen das zu geben, was ihm keiner von den Menschen jemals geben kann. Und das sind alles Seine gottmenschlichen Reichtümer, gottmenschlichen Frohbotschaften: Ewiges Leben, Ewige Wahrheit, Ewige Gerechtigkeit, Ewige Liebe, Ewige Güte, Ewige Freude, Ewige Seligkeit. Mit einem Wort: all das, was nur Allein der Wahre Gott besitzt und dem menschlichen Wesen und dem gesamten Menschengeschlecht geben kann. Mit Seiner Fleischwerdung und der Erfüllung des Gottmenschlichen Heilsplanes zeigte der Gottmensch Christus, daß Er den Menschen mehr liebt, als ihn Vater oder Mutter lieben können. Deswegen fordert Er auch vom Menschen, daß er Ihn mehr liebt als Vater oder Mutter. Er ist der Heiland, Er ist der Einziggeborene Sohn Gottes, er ist das ewige Leben und ewige Seligkeit, daher fordert Er, daß die Liebe zu Ihm jegliche andere Liebe übertrifft. Diese Liebe schließt die Liebe zu den Eltern oder Nächsten nicht aus und widerspricht ihr nicht. Das heilige Evangelium befiehlt in Gehorsam gegenüber den Eltern zu leben. Aber dieser Gehorsam kann sich nur soweit erstrecken, wie er im Einklang mit dem Gehorsam gegenüber dem Herrn Jesus Christus steht. Die Liebe zu Christus muß unvergleichlich größer sein als die Liebe zu Eltern, Kindern, Frau, Geschwistern, Menschheit, überhaupt zur ganzen Schöpfung. Sie muß andere Formen der Liebe soweit übertreffen, daß diese im Vergleich zu ihr, eher Haß ähneln als Liebe. So jemand zu Mir kommt, sagt der Heiland, und hasset nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger sein (Lk. 14, 26). Damit gebietet der Herr nicht einfach zu hassen, denn das würde dem Gesetz widersprechen, sondern wenn jemand wünscht, daß du ihn mehr als den Herrn Christus liebst, so hasse ihn deshalb, denn das zerstört den Liebenden und den Geliebten6. “Dann muß man Eltern und Kinder hassen, wenn sie wollen, daß wir sie mehr lieben als Christus”7. 
10, 38 Derjenige ist Christi unwürdig, gehört nicht Christus, der jemanden oder etwas mehr liebt als den Herrn Christus. Christi würdig ist derjenige, der alle Leiden, alle Qualen, alle Verfolgungen um Christi willen, Verfolgungen bis zum Leiden am Kreuz, bis zum Kreuzestod mit Gebet und mutig erträgt. Der Heiland verkündet: Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt Mir nach, ist Meiner nicht wert (Vers 38). Für sich genommen machen die Leiden den Menschen nicht Christi würdig, sondern Leiden, mit denen der Mensch Christus nachfolgt. Der Nachfolger Christi muß zum Tod für Christus bereit sein, und zwar zu einem schrecklichen Tod, dem Kreuzestod. Er muß sich der Welt kreuzigen und die Welt für sich, muß sich gegenüber den Annehmlichkeiten und Leidenschaften der Welt kreuzigen und alles in sich töten, was ihn an die Welt bindet und von Christus trennt. Ds Wort Kreuz bedeutet eben Leiden und Kreuzigung um Christi willen, es bedeutet auch noch: die eigene Seele zu hassen, alles Sündige und Sündenliebende in ihr zu hassen, sie zu hassen und zu kreuzigen, damit sie mit Christus zu den Tugenden Christi aufersteht. Nach dem Heiligen Makarius dem Großen erzieht der Mensch durch seine Sündenliebe in seiner gottebenbildlichen Seele einfach eine andere Seele, eine Seele der Sünde. Und wenn der Heiland von Seinen Nachfolgern verlangt, daß sie selbst ihre Seele hassen, dann fordert Er, daß wir jene andere Seele in uns hassen, die Seele der Sünde (Lk. 14, 26)8. Ohne dies ist es unmöglich, ein Nachfolger Christi zu sein. 
10, 39 Nur durch Christus Gott kann die menschliche Seele von der Sünde, von Tod und Teufel bewahrt werden und das Ewige Leben und die Ewige Wahrheit erlangen. Wer egoistisch sich selbst gehört, wer seine Seele nur mit dem Körper umgibt, wer mit sich selbst und für sich selbst lebt, um sich selbst zu erhalten, der bringt sich um, tötet sich, denn es gibt kein Geschöpf, das durch sich selbst leben könnte, in sich selbst und nur von sich, sondern jede Seele lebt mit Christus Gott durch andere Geschöpfe Gottes. Nur im Gottmenschen und Herrn Jesus Christus findet der Mensch seinen ewigen Sinn und sein ewiges Leben und seine ewige Seligkeit. Außerhalb Seiner und ohne Ihn droht dem Menschen stets das ewige Verderben, ewige Hölle. Deshalb verkündet der Heiland auch: Wer sein Leben findet, wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um Meinetwilen, der wird’s finden (Vers 39); nämlich: ein geheiligtes, verchristlichtes, vergöttlichtes, bewahrtes Leben – für das ewige Leben und die ewige Seligkeit. 
10, 40–42 Der Herr Christus hinterläßt Seinen Jüngern nicht nur Seine Lehre, sondern Sich Selbst, Seine Persönlichkeit. Dadurch unterscheidet Er Sich von anderen Lehrern, dadurch unterscheiden sich Seine Jünger von anderen Schülern. Durch die heiligen Mysterien und heiligen Tugenden siedelt Sich der Herr Christus in Seinen Schülern an, und sie werden zu Christusträgern. Daher sagt der Heiland auch zu Seinen Jüngern: Wer euch aufnimmt, der nimmt Mich auf; und wer Mich aufnimmt, der nimmt den auf, der Mich gesandt hat. Wer einen Propheten aufnimmt darum, daß er ein Prophet ist, der wird eines Propheten Lohn empfangen. Wer einen Gerechten aufnimmt darum, daß er ein Gerechter ist, der wird eines Geerechten Lohn empfangen (Vers 40-41). Wer einen Propheten deshalb aufnimmt, weil er ein Prophet ist, weil er wahre Prophezeiungen offenbart, und nicht aus eigennützigen Gründen – der empfängt die Belohnung des Propheten von Gott; und wer einen Gerechten aufnimmt, weil er ein Gerechter ist, weil er die Gerechtigkeit verkündet, nicht aber aus heuchlerischen und selbstsüchtigen Gründen, der empfängt den Lohn des Gerechten. Selbst der geringste Dienst, der an den Jüngern geleistet wird, wird belohnt werden, denn dadurch wird Sein gottmenschliches Werk unendlich unterstützt. Der Heiland verkündet: Und wer einem dieser Geringen auch nur mit einem Becher kalten Wassers tränkt darum, daß er Mein Jünger ist, wahrlich Ich sage euch: es wird ihm nicht unbelohnt bleiben. (Vers 42). Warum? Weil er ein Jünger des Herrn und Heilands ist, Der die Welt von den schlimmsten Feinden des Menschen rettet: der Sünde, dem Tod und dem Teufel, indem Er ihm den Einzigen Wahren Gott gibt, und mit Ihm – Ewige Wahrheit, Ewiges Leben, Ewige Gerechtigkeit, Ewige Liebe. 
11, 1 All diese Hinweise, die der Herr Seinen Jüngern gibt, da Er sie zur Predigt aussendet, das sind nicht nur Ratschläge, sondern das sind gleichzeitig auch Verkündigungen und Gebote. 6
6 Der Herr definierte damit den Aposteldienst; verkündet wird die gottmenschliche Methode der apostolischen Tätigkeit. Die geringste Abweichung von diesen Geboten stellt eine Absage an den Herrn Jesus Christus dar. Im Wirken der Apostel läßt der Herr keine anderen Methoden zu als die Seinen, auch keine Komrpomisse mit den Methoden dieser Welt. Jedes Wort des Heilands, vom fünften bis zum zweiundvierzigsten Vers des zehnten Kapitels, ist ein Gebot für die Jünger Christi aller Zeiten. Ja, ja, ja: stets derselbe Heiland, immer ein und dieselbe Rettung, immer dasselbe Aposteltum, stets dieselben Methoden, gottmenschliche und unveränderliche Methoden.

Bote 1999-1
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

Kapitel 12
Der Herr Jesus und der Sabbat 12, 1–14
Das Problem der Persönlichkeit des heiligen Johannes des Täufers ist gelöst; Christus zeigte seinen Platz in der christlichen und menschlichen Gesellschaft. Die Mehrzahl der Juden nahm die Erklärung Christi über Johannes Persönlichkeit nicht an. Mit der Deutung des Johannes deutete der Herr Sich Selbst, Seinen Platz in der Welt und in der Gottheit. Die Juden akzeptierten das nicht. 
12, 1–2 Jetzt löst der Herr das Problem des Sabbats und damit das Problem der Zeit. Was ist der Sabbat, was ist die Zeit vom Standpunkt des Gottmenschen? Welchen Sinn hat die Zeit und ein Zeitausschnitt – der Sabbat? Der Sinn der Zeit liegt in der gottmenschlichen Ewigkeit beschlossen; der Sinn des Sabbats – im gottmenschlichen Sinn der Zeit. Der Gottmensch Christus verleiht der Zeit wie dem Sabbat ihren Sinn. Ohne Ihn ist sowohl die Zeit als auch der Sabbat ein qualvolles und sinnloses Rätsel. Die Zeit und der Sabbat in ihr besitzt ihren unsterblichen Sinn nur aus der Perspektive der Einführung in die Ewigkeit Christi, in das Gottmenschtum Christi. Die Juden entstellten den gottgegebenen Sinn des Sabbats. Gott untersagte ihnen, sich am Sabbat gewöhnlichen alltäglichen Beschäftigungen hinzugeben (Ex. 20, 10; 4. Mos. 15, 32-36). Ihre Ältesten führten dieses Gebot zur Sinnlosigkeit: sie formalisierten es zu einem Gebot guter Werke. Die Pharisäer, Zeitgenossen Christi, wahrten besonders diese Überlieferungen der Ältesten und maßen den Herrn Christus und Seine Jünger daran. Sie sahen Übertretungen des Sabbats auch in solchen Handlungen der Jünger Christi, die vom Gesetz durchaus berechtigt waren. Der Evangelist verkündet: Zu jener Zeit ging Jesus durch ein Kornfeld am Sabbat; und seine Jünger waren hungrig, fingen an, Ähren auszuraufen, und aßen. Da das die Pharisäer sahen, sprachen sie zu ihm: Siehe, deine Jünger tun, was am Sabbat nicht erlaubt ist (Vers 1-2). Das mosaische Gesetz erlaubt das Abreißen von Ähren auf dem Felde des Nächsten um der Stillung des Hungers willen (5. Mos. 23, 25). Doch die Pharisäer verhalten sich gegenüber Christus und Seinen Jüngern mit besonderer Strenge; deshalb werfen sie Ihm vor, daß Seine Jünger am Sabbat Ähren abreißen. Die Jünger tun dies nicht aus Opposition oder Übermut, sondern aus Not, denn es ist gesagt: „es hungerte sie“. Sie folgen Christus und gehen mit Ihm hungrig: sie sorgen sich nicht darum, was und wann sie essen sollen, denn das ist für sie völlig zweitrangig. Ihr Hauptanliegen ist das Reich Gottes, die Nachfolge Christi, sei es auch durch Hunger und Durst und Entbehrung. Der Herr rechtfertigt Seine Jünger unter Berufung auf den Propheten und König David (Vers 3-4). „Zur Rechtfertigung Seiner Jünger verweist der Herr auf das Beispiel Davids; aber wenn Er von Sich spricht, beruft Er Sich auf den Vater“1.
Der Heiland warnt: Habt ihr denn nicht gelesen, was David tat, da ihn, und die mit ihm waren, hungerte? Wie er in das Gotteshaus ging und aß die Schaubrote, die er doch nicht durfte essen noch die, die mit ihm waren, sondern allein die Priester? (Vers 3-4). Als „Opferbrote“ bezeichnete man die 12 Brote, die jeden Sabbat, zunächst im Bundeszelt, später im Tempel, vor dem Herrn von den Söhnen Israels auf einen besonderen Tisch gelegt wurden (3. Mos. 24, 5-9). Sie hießen Schaubrote, weil sie Demjenigen dargebracht wurden, vor Dem sie gelegt wurden. Jeden Sonnabend wurden sie durch neue Brote ersetzt, während die Priester die ersetzten an dem heiligen Ort verzehren mußten, wo sie dargelegt wurden (3. Mos. 24, 9). David, als er von Saulus verfolgt wurde und ihn Hunger peinigte, trat in das Gotteshaus und aß zusammen mit seinen Gefährten auf Vorschlag des Priesters die Schaubrote. Wenn der Hohepriester, der aus Liebe und Barmherzigkeit dem hungrigen David zu essen gab, die Gesetze über die Schaubrote übertrat, dann konnten auch die Jünger Christi, die ihren Hunger mit Korn und Ähren stillten, das Sabbat-Gesetz in der Form übertreten, wie es die Pharisäer angenommen hatten. (12,5) Daß jedoch die Pharisäer dieses Gesetz falsch verstanden, zeigt der Herr Christus Selbst, indem Er auf die Priester verweist, die am Sabbat im Tempel Opfer darbrachten, Opfertiere schlachteten, sie enthäuteten, Feuer anzündeten, was durch das Gesetz untersagt war (2 Mos. 35, 3), und dennoch nicht der Verletzung des Sabbat-Gesetzes schuldig befunden wurden (Vers 5). Sie verletzen nicht nur das Gesetz, sondern besudeln den Sabbat, das Gesetz aber hält sie für unschuldig. 
12, 6 Doch jemand mag sagen: Das taten die Priester, wogegen Christi Jünger keine Priester waren. Die Jünger Christi aber stehen über den alttestamentlichen Priestern, da der Herr Christus mehr ist als selbst der Tempel. Sie besaßen ein unvergleichlich größeres Recht als die Priester, das Gesetz vom Sabbat außer Kraft zu setzen, denn sie haben als Lehrer Den, Der über dem Tempel steht. Davon zeugt der Heiland, wenn Er verkündet: Ich aber sage sage euch: Hier ist größeres als der Tempel (Vers 6). – Durch diese Frohbotschaft gibt Sich Christus als Gott und Herr zu erkennen, um Dessentwillen der Tempel nur besteht. Dabei ist der Tempel und alles, was dazu gehört, lediglich ein Schatten der Wahrheit – Christi, und deshalb umso geringer als Christus. Wenn es den Priestern des Tempels gestattet ist, am Sabbat Arbeiten zu verrichten, und sie nicht der Übertretung des Gesetzes vom Sabbat schuldig sind, dann können die Jünger der Wahrheit Selbst noch weniger der Verletzung des Sonnabends geziehen werden, die das Sabbat-Gesetz selbst ablösen sollen; sie, die am Sabbat Hunger leiden, reißen die Ähren ab und essen sie2.
12, 7–8 Die Pharisäer formalisierten das Gesetz vom Sonnabend bis hin zur Unmenschlichkeit: der Mensch ist um des Sabbats willen, nicht aber der Sabbat um des Menschen willen. – Der Herr Jesus bringt ein neues gottmenschliches neutestamentliches Maß der Zeit: “der Sabbat um des Menschen willen, nicht aber der Mensch um des Sabbats willen” (Mk 2, 27). Die Pharisäer konzentrierten sich auf äußere Opfer, auf Gepflogenheiten, die durch die Überlieferung festgesetzt waren; für sie gab es keine Barmherzigkeit, keine Gnade für den Nächsten, nicht das, was Gott durch den Propheten Hosea fordert: Barmherzigkeit will Ich, nicht aber Opfer (Hos. 6, 6 = Mt. 12, 7). Hätten sie diese Forderung Gottes erfüllt, so wüßten sie, daß Bermherzigkeit und mitleidende Liebe zum Hungernden über allen althergebrachten Überlieferungen steht, über den Gewohnheiten und Opfern, und sie würden die Hungernden nicht verurteilen, die am Sabbat Ähren abreißen und essen. Daher spricht der Herr zu ihnen: Wenn ihr aber wüßtet, was das ist: „Ich habe Wohlgefallen an der Barmherzigkeit und nicht am Opfer“, hättet ihr die Unschuldigen nicht verdammt (Vers 7), d.h. die Apostel, die über euren Priestern stehen, welche ihr für unschuldig haltet (Vers 5). Sie sind tatsächlich unschuldig, weil das der Vater spricht, der nicht nur über dem Tempel, sondern über dem Sabbat steht, denn der Menschensohn ist der Herr auch des Sabbats (Vers 8), d.h. Er ist der Herr und der Sinngeber der Zeit; Er gibt der Zeit Sinn und Inhalt; Er kam in die Welt der Zeit und des Raumes, um den Sabbat abzuschaffen und ihn durch den Sonntag, den Tag der Auferstehung, zu ersetzen. 
12, 9–14 Der Herr des Sabbats quält die Pharisäer, weil sie Ihn am Sabbat messen und Ihn aus Neid angreifen. Er mißt den Sabbat durch Menschenliebe, erfüllt den Sabbat durch Wundertaten, um die Pharisäer zur Vernunft zu bringen: daß der Mensch ein gottebenbildliches Wesen ist und deshalb wichtiger als der Sabbat. Er befreit den Sabbat mutig und furchtlos von formalistischen Überlieferungen, und erfüllt ihn mit menschenliebender Barmherzigkeit, um den Pharisäern zu zeigen, daß der Sabbat um des Menschen willen existiert. Am Sabbat kommt Er in ihre Synagoge (Vers 9), und sie lassen ihrer ganzen Boshaftigkeit und ihrem ganzen Neid freien Lauf. In der Synagoge befindet sich ein Mensch mit einer verdorrten Hand. Die Pharisäer empfinden keinerlei Mitgefühl mit diesem Armseligen, sondern sie sind voll von Boshaftigkeit gegen den Herrn Jesus und fragen Ihn, indem sie sprechen: Soll man am Sabbat heilen? (Vers 10). Sie fragen Ihn, um Ihn anzuklagen (Vers 10), denn die Überlieferungen der Väter verboten, am Sabbat solche Werke der Barmherzigkeit zu vollbringen, wie z.B. die Heilung von Kranken (Lk. 13, 14). Unter anderem zeigt Er ihnen, daß Er ihre Gedanken kennt, das Ziel ihrer Frage weiß. Und Er sagte ihnen: Welcher ist unter euch, wenn er ein einziges Schaf hat und es fällt ihm am Sabbat in eine Grube, der es nicht ergreife und ihm heraushelfe? (Vers 11). Sicher zieht er es heraus, wenn nicht aus Mitgefühl, dann aus Gewinnsucht. Und wenn er es herauszieht, dann übertritt er das Sabbat-Gebot. Doch da der Mensch wichtiger ist als ein Schaf – der Mensch, Ebenbild und Abbild Gottes, euer Bruder im Leibe und Bruder im Leiden. Also, soll man am Sabbat Gutes tun (Vers 12), Gutes für den leidenden Menschen tun, den Kranken und Leidenden auch am Sabbat wie an anderen Tagen der Woche. Da sagte er dem Menschen: Strecke deine Hand aus! Und er streckte sie aus; und sie ward ihm wieder gesund gleichwie die andere (Vers 13). Die Heilung des unseligen armen Kerls mit der trockenen Hand sollte alle in der Synagoge Anwesenden mit Rührung und Freude und Dankbarkeit erfüllen; sie sollte die Seelen aller von Neid und Boshaftigkeit heilen, diesen frevelhaften, geistlichen Krankheiten. Doch anstelle dessen gingen die Pharisäer hinaus und hielten einen Rat über Ihn, wie sie Ihn umbrächten (Vers 14). – Die gotteswidrige Bosheit erstreckt sich bis zum Wahnsinn, strebt danach den Gottmenschen umzubringen. Aber da Jesus das erfuhr, wich Er von dannen (15). Er verbarg Sich nicht aus Furcht, sondern aus dem Wunsch, sie von dieser letzten seelenverderbenden Sünde zu bewahren.


Die Erfüllung der Prophezeiung des Jesajas von Christus Jesus 12,15-21
Während die Pharisäer von Bosheit zerrissen werden, stürmt das Volk begeistert Christus nach. Um jedes Wunder Christi türmen die Pharisäer boshafte Fragezeichen auf und verwerfen stur jegliche Erklärung Christi, wogegen das einfache Volk in seiner gottgesegneten Unkompliziertheit sowohl Christus als auch Seine Wunder mit Dankbarkeit annimmt. Der Evangelist verkündet: Und Ihm folgte viel Volkes nach, und Er heilte sie alle (Vers 15): alle ohne Unterschied; ohne zu fragen und zu untersuchen, wer würdig ist und wer nicht; ohne ein besonderes Bekenntnis des Glaubens an Ihn zu verlangen. Mehr noch, der Herr verbietet die Kunde von Ihm auszubreiten (Vers 16). Die Propheten bekannten und verkündeten Ihn auf von Gott inspirierte Weise. Wer die Zeugnisse der Propheten über Ihn nicht annimmt, wie soll er das Zeugnis einfacher und ungebildeter Menschen annehmen? Sanftmut und Demut – das ist eine feurige Sprache, die Jesus mit lauter und unüberhörbarer Stimme als Messias verkündet, nicht aber Eitelkeit und Ruhmsucht. 
Was die Pharisäer schauend nicht sehen und hörend nicht vernehmen, das sah der heilige Prophet Jesaja ohne zu schauen und vernahm es ohne hinzuhören. Sanftmut und Demut – das ist das Herz des Messias Jesus (Mt. 11, 29). Was der christusschauende Jesaja vorhersah, und der Evangelist und Augenzeuge als Vorausgeschautes bezeugte, – das vollzieht sich auf der Erde. Nach dem Wort Gott Vaters durch den Propheten Jesaja: Hier ist mein Diener – ø pa³V mou (mein Kind), welchen Ich selbst im vorewigen Ratschluß als den Retter der Welt auserwählte, Er wird durch Sein sanftmütiges und demütiges Dienen das Gottmenschliche Heilswerk erfüllen (vgl. Eph. 1, 3–6; Hebr. 10, 5–10). Ich habe Ihn erwählt; Er ist Mein Geliebter; nach dem Willen meiner Seele, warum ihr Ihn haßt. Warum haßt ihr Den, Den Gott liebt; warum ist nicht nach dem Willen eurer Seele Der, Der nach dem Willen der Seele Gottes ist? Nicht deshalb vielleicht, weil ihr Gott haßt? Nicht deshalb etwa, weil ihr den Teufel liebt? Ich lege Meinen Geist auf Ihn: bei Seiner Fleischwerdung, bei Seiner Menschwerdung, obwohl Er doch als der Einziggeborene Sohn Gottes ewig den Heiligen Geist hat, ewig einwesentlich mit Ihm ist. Als Mensch empfängt Er den Heiligen Geist und die Gaben des Heiligen Geistes (Mt. 3, 16; Jo. 1, 29–34; vgl. Jes. 11, 2; 61, 1; 42, 1–4), und erweist den Völkern das Gericht, d.h. die Wahrheit, denn der Prophet bezeichnet die Wahrheit gewöhnlich als Gericht”3 Im weiteren Sinne bedeutet Wahrheit: das Gebot, Gesetz; in diesem Fall heißt es: das Gesetz des Evangeliums, die Gesamtheit aller Wahrheiten, der gnadenvollen und gottmenschlichen Wahrheiten. In der Wahrheit ist auch das Gericht enthalten, das zeitliche und ewige Gericht, welches der Messias über alle Völker hält und halten muß (Vers 18). Aber die Frohbotschaft und Freude liegt darin, daß der Richter sanftmütig ist: Er wird nicht hadern noch schreien, und man wird seine Stimme nicht hören auf den Gassen (Vers 19). Nicht nach der Art der Pharisäer wird Er auf den Wegen und Kreuzwegen falschen Ruhm suchen. Seine Werke werden Seine Stimme sein, seine Worte. “Christus wollte ihre Kranken heilen, aber als sie Ihn ablehnten, widersetzte Er sich ihnen nicht einmal darin”4. Seine Sanftmut geht bis zu Göttlicher Allbarmherzigkeit: Er knickt keinen Zweig (Vers 20).
12, 20–21 Aber jeder Mensch ist ein angeknickter Zweig, angeknickt durch die Sünde, und die Schrecken des Lebens, und den Tod. Jeder Mensch ist äußerst schwach im Dornengestrüpp der Sünde und des Todes, und bedarf der Zuwendung Gottes. Ein geknickter Zweig ist der Mensch, jeder Mensch, der von der Sünde geknickt ist: “der irgendeiner Leidenschaft unterworfen ist, aber den Willen Gottes erfüllen möchte”5. Menschen, die von der Sünde angebrochen sind, wird der Messias nicht hart und unbarmherzig brechen, sondern Er wird sie heilen, berichtigen, trösten. Auch die kleinste Flamme der Hinwendung zu Gott wird Er nicht auslöschen, sondern zu einem riesigen Feuer anzünden: den glimmenden Docht wird Er nicht auslöschen (Vers 20). So wird Er immer verfahren: Er wird die Schwachen an Geist und Kranken an Körper heilen, die Gebeugten stützen und die Gefallenen aufrichten: bis daß Er hinausführe das Recht zum Sieg (Vers 20). Durch Sein sanftes und demütiges Wirken wird Er dem Evangelium zum Sieg über die Welt verhelfen, über das All. Durch das Evangelium wird Er jeden Menschen einzeln und die gesamte Schöpfung gemeinsam richten. Seine sanfte Verkündigungs-Tätigkeit wird einmünden in Sein Gericht und Seinen Sieg, denn alles, was im Himmel und auf der Erde ist, wird sich Ihm unterwerfen (1. Kor. 15, 24–28). Doch die Werke der göttlichen Heilsökonomie bleiben nicht auf die Bestrafung der Ungläubigen beschränkt. Im Gegenteil: Der Herr zieht noch die ganze Welt an Sich, denn deshalb ist zugefügt: und die Heiden werden auf Seinen Namen hoffen (Vers 21); d.h. in allen Nöten und Schrecknissen des Lebens werden sie auf Ihn hoffen, werden im Glauben und der Hoffnung auf Ihn Rettung finden, in Todesangst werden sie ihre ganze Hoffnung auf Ihn setzen – den Besieger des Todes.


Die Heilung des Besessenen 
und die Rede aus diesem Anlaß 12, 22–37
Nicht nur die Seele, sondern ebenso die Gefühle können besessen sein, von bösen Geistern gelenkt; nicht nur der Geist, sondern genauso auch die Materie kann vom Teufel besessen sein. Das zeigt der Besessene, der blind und stumm war (Vers 22). “Ja, teuflische Bosheit verstellte die beiden Eingänge, durch die dieser Mensch den Glauben erhalten konnte, – das Sehvermögen und das Gehör. Aber der Herr Christus öffnet den einen wie den anderen”6. Und Er heilte ihn, so daß der Stumme und Blinde sprach und sah (Vers 22). Der Teufel hat Macht über die Gefühle, aber der Herr Jesus besitzt Macht über den Teufel und die Gefühle. Diese ist eine Macht, die keinem gewöhnlichen Menschen innewohnt, sondern nur dem höchsten Menschen – dem Gottmenschen. Das empfindet und weiß auch das einfache Volk. In der Heilung des Besessenen erkennt es die messianische Macht und Kraft: Und alles Volk entsetzte sich und sprach: ist dieser nicht Christus, der Sohn Davids? (Vers 23). Doch während so das einfache Volk fühlt und spricht, dessen Herz nicht durch Bosheit gelähmt ist, wird zu gleicher Zeit das Herz der Pharisäer von Boshaftigkeit und Besessenheit zerfressen. Der Evangelist sagt: Aber die Pharisäer, da sie es hörten, sprachen: Er treibt diese bösen Geister nicht anders aus, als durch Beelzebub, den Fürsten der Dämonen (Vers 24). Der Neid würdigt auch Gott zum Beelzebub herab und erklärt die wunderbaren Taten Gottes als teuflische Kraft. Der Neid der Pharisäer gegenüber Christus ist schlimmer als teuflischer Neid, denn die Teufel erklärten niemals Christi Werke mit dem Beelzebub. 
Auf die widerliche Verleumdung der Pharisäer antwortet der Herr Christus sanftmütig und offenbart Seine Gottheit, Seine wesenseine Einheit mit dem Heiligen Geist und leitet Seine Kraft aus der Einheit mit Gott ab. Als Gott heilt Er den Stummen und Blinden, als Gott kennt Er auch die Gedanken der Pharisäer, denn es ist gesagt: Jesus wußte aber ihre Gedanken und sprach zu ihnen: jedes Reich, das mit sich selbst uneins wird, das wird verwüstet; und eine jegliche Stadt oder Haus, wenn es mit sich selbst uneins wird, kann nicht bestehen (Vers 25). Jegliche Person, jegliches Ding vergeht, wenn es sich im Wesen teilt, wenn es uneins wird: ein gespaltenes Herz kann nicht leben; in der organischen Einheit liegt die Kraft und Macht und das Leben jeder Persönlichkeit, jeder Sache beschlossen. Ein gewöhnliches Haus, ein gewöhnliches menschliches Reich wird vernichtet, wenn es sich teilt: umso eher wird das Reich der menschlichen Persönlichkeit oder der teuflischen Persönlichkeit oder der Persönlichkeit Christi verwüstet und muß verwüstet werden, wenn es sich spaltet, teilt, uneins wird. Wenn nun Satan den Satan austreibt, so muß er mit sich selbst uneins sein; wie kann dann sein Reich bestehen? (Vers 26). „Wenn ich den Teufel in Mir habe und mit seiner Hilfe andere Teufel austreibe, so weiß ich, daß unter den Teufeln Uneinigkeit und Zwist herrscht, und sie sich gegeneinander auflehnen, dann ist ihre Macht verloren und gestört. Wenn, spricht der Heiland, der Teufel den Teufel austreibt, (Er sagt nicht die Teufel, und zeigt damit, daß zwischen ihnen große Einigkeit herrscht), so ist er selbst mit sich uneins geworden. Wenn er selbst mit sich uneins geworden ist, wie kann er dann einen anderen austreiben?… Ein und derselbe Mensch kann nicht sagen, daß er mächtig ist und Teufel austreibt, und dabei in der Sache Macht hat, in der er die Macht verlieren müßte”7.

12, 27 Seine Gottheit stellt der Herr Jesus unter Beweis, indem Er auf die göttlichen Werke Seiner Schüler verweist, die Söhne des jüdischen Volkes sind. Der Heiland verkündet: Und wenn Ich durch die Kraft Beelzebubs die Dämonen austreibe, mit wessen Macht treiben dann eure Söhne sie aus? (Vers 27). “Schau, mit welcher Sanftmut Er auch hier zu ihnen spricht. Er sagte nicht: Meine Jünger, oder Meine Apostel, sondern eure Söhne – um ihnen, wenn sie sich dem apostolischen Adel nähern wollten, dazu den Anlaß zu geben; wenn sie aber bei der bisherigen Undankbarkeit und Anstandslosigkeit bleiben wollten, – beraubte Er sie jeglicher Ausrede. Seine Worte bedeuten: Wodurch treiben die Apostel Dämonen aus? Sie haben bereits Teufel ausgetrieben, da sie dafür die Macht von Christus empfingen, aber die Pharisäer haben sie dafür nicht angeklagt, denn sie kämpften nicht gegen die Sache, sondern gegen die Persönlichkeit. Da Er zeigen wollte, daß allein der Neid die Ursache ihrer Anklage ist, verweist der Herr Christus auf Seine Apostel. Wenn Ich, wie ihr sagt, die Teufel mit dem Beelzebub austreibe, dann umso mehr sie, welche die Macht dafür von Mir erhalten haben. Aber trotzdem sagt ihr nichts derartiges über sie. Dafür klagt ihr Mich an, Der ihnen solche Macht verliehen hat, wogegen ihr sie von der Anklage befreit. Aber das wird euch nicht von der Strafe befreien, sondern euch einer noch größeren überantworten. Deshalb fügte der Herr auch hinzu: Sie werden euch Richter sein (Vers 27). Wenn Meine Jünger, die aus eurer Mitte stammen und solche Dinge vollbracht haben, an Mich glauben und Mir gehorchen, dann ist klar, daß sie diejenigen richten werden, die Gegenteiliges tun und sprechen”8.
12, 28–29 Der Teufel kann nicht durch den Teufel ausgetrieben werden. Das zeigt der Herr, indem Er auf die Natur des Teufels hinweist. Er vertreibt die Teufel durch den Geist Gottes. Das beweist Er unter Verweis auf Seine Göttlichen Werke: Wenn Ich durch den Geist Gottes die Teufel austreibe, dann ist das Reich Gottes über euch gekommen – das Reich des Heiligen Geistes (Vers 28). Aber ihr wollt darin nicht eintreten. Das Reich des Messias schließt das teuflische Reich aus. Das Austreiben unreiner Geister ist eben das Werk der größten Göttlichen Macht und Gnade des Heiligen Geistes. Wenn Christus das tut, so heißt es: das Reich des Messias ist gekommen. “Der Heiland sagte nicht nur: das Reich Gottes ist gekommen, sondern fügte hinzu: zu euch, als ob er damit sagen wollte: die Zeit unserer Seligkeit ist angebrochen. Was freut ihr euch dann nicht an euren Gütern? Warum kämpft ihr gegen eure Rettung? Ja, jetzt ist die Zeit angebrochen, von der von altersher die Propheten vorhersagten. Seht das Zeichen der Ankunft, das sie predigten: durch die göttliche Kraft werden Teufel ausgetrieben. Der Satan kann jetzt nicht mächtig sein; er ist unausweichlich schwach geworden. Deshalb verkündet der Heiland: Wie kann jemand in eines Starken Haus gehen und ihm seinen Hausrat rauben, es sei denn, daß er zuvor den Starken binde und alsdann sein Haus beraube? (Vers 29). Daß der Satan den Satan nicht austreiben kann, ist aus dem zuvor Gesagten klar; und daß es anders unmöglich ist, den Satan auszutreiben, wenn er nicht zuvor besiegt ist, – auch dem stimmen sie zu. Was bedeuten also die Worte Christi? Nichts anderes als die Unterstreichnung dessen, was zuvor gesagt wurde. Ich wünsche nicht nur, den Teufel nicht zum Verbündeten zu haben, sagt Er gleichsam, – sondern vielmehr bekämpfe Ich ihn und fessele ihn… Die Pharisäer wollten beweisen, daß Er die Teufel nicht durch Seine Macht austreibt; Er dagegen beweist, daß Er mit Seiner Macht nicht nur die Teufel, sondern auch ihren Anführer gefesselt und mit Seiner eigenen Macht besiegt hat… Wenn der Satan der Anführer und die Teufel seine Untergebenen sind, wie ist es dann möglich, sie zu besiegen, ohne den Satan zu besiegen und zu unterwerfen? Christus bezeichnet den Satan als Kräftigen, nicht weil er von Natur aus kräftig ist, sondern er verweist auf seine frühere Macht, die er über uns wegen unserer Nachlässigkeit hatte9. 
Fortsetzung folgt

 

Bote 1999-3
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

Kapitel 13
Das Gleichnis vom Sämann und vom Samen
(13, 1–23)
13, 1–2 Um Sich und Seine Lehre zu erklären, übersetzt der Heiland alles bisher Gesagte in Gleichnisse. Er sprach durch wunderbare Werke wie niemand vor Ihm. Aber übelgesinnte Juden überschütteten Ihn mit Lästerungen und Verleumdungen. Er offenbarte ihnen das Geheimnis Seiner Persönlichkeit, aber sie verwarfen auch dies. Er ist unermüdlich in der Menschenliebe, sie aber sind unermüdlich im Kampf gegen Gott. In Ihm gibt es etwas, was nicht nur die Gott Liebenden anzieht, sondern auch die Gotteshasser. Um Ihn drängte sich viel Volk (Vers 2), doch Er, Der Gütige und Sanftmütige, sitzt am Meer (Vers 1) und denkt einen Gedanken so groß wie die Welt. Er möchte, von welcher Seite auch immer, in die menschliche Seele eindringen, um sie für alles Göttliche und Ewige und Gottmenschliche zu öffnen, um sie von der dämonischen Einsamkeit und tödlichen Verworfenheit von Gott zu retten. Er führt in die Natur übernatürliche Geheimnisse des Himmlischen Reiches ein; das Übernatürliche kleidet Er in Natürliches; alles Geheimnisvolle des Himmels sammelt Er in ein Weizenkorn. Für die Erde und die Menschen auf ihr stellt das Himmelreich nichts Unnatürliches dar, sondern etwas so Natürliches wie ein Weizenkorn.
13, 3 Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen (Vers 3): aus der Umarmung Seines Himmlischen Vaters geht der Himmlische Sämann, der Sohn Gottes hervor, um in den menschlichen Seelen den Samen der Wahrheit Gottes zu säen, der Gerechtigkeit Gottes, der Liebe Gottes, des Göttlichen Lebens. Er geht hervor, um zu säen – überall: in allen Seelen, auch in deiner, und in den Seelen aller Menschen. Hast du sie für die Saat vorbereitet? Du weißt, was der Aussaat vorangeht. Er wird auch auf deinem steinigen Boden säen, auf deinen Dornen, und auf deinen Wegen, und auf guter Erde. Das ist das Zeichen Seiner unermeßlichen Liebe zu dir, und deiner furchtbaren Faulheit dir gegenüber. Ihm ist Sein himmlischer Same nicht zu schade, warum kümmerst du dich nicht um deine gottebenbildliche Seele, die sinnlos und ziellos ist, wenn in ihr nicht der himmlische Samen gesät wird. 
13, 4 Und indem er säte, fiel etliches an den Weg; da kamen die Vögel und fraßen es auf (Vers 4; vgl. Vers 19). Der Himmlische Sämann sät denselben Samen in der ganzen Seele; in all ihren Gegenden und Enden. Aber das Schicksal des gesäten Samens hängt von der Qualität des Grundes ab, auf den er gesät wird. An den Weg – das sind faule Leute und unaufmerksame, die den Boden ihrer Seele nicht mit dem Pflug der Buße und des Eifers bearbeitet haben. Der Samen des Himmlischen Sämanns bleibt auf der steinigen Kruste ihrer Seele, bleibt stets außen, und die Vögel picken ihn leicht auf. Die Vögel – das sind die Dämonen1. 
13, 5–6 Etliches fiel auf das Felsige, wo es nicht viel Erde hatte, und ging bald auf, darum daß es nicht tiefe Erde hatte (Vers 5): fiel auf Seelen, die von Untätigkeit versteinert sind, deren Oberfläche wenig durchpflügt ist. Und ging bald auf, weil es an der Oberfläche war und ihre dünne Kruste leicht durchstieß, also nicht in die Tiefe der Seele durchgedrungen ist, um den Weg an die Oberfläche lang und schwer zu gestalten, und somit die Wurzel tiefer und kräftiger. Die Seele ist steinig; wie kann die Wurzel in den Stein eindringen? Die Seele – das ist die Arena der Versuchungen, die erste stärkere Versuchung verbrennt das aufbrechende Korn. Als aber die Sonne hoch stieg, verwelkte es, und weil es nicht Wurzel hatte, ward es dürre (Vers 6). Unter der Sonne muß man die Versuchungen verstehen, die die Menschen zeigen, wie sie sind, und wie die Sonne beleuchten sie das, was verborgen ist”. 
13, 7–22 Etliches fiel unter die Dornen; und die Dornen wuchsen auf und erstickten es (Vers 7): fiel in vernachlässigte Seelen, die mit den Dornen der Leidenschaften und alltäglichen Genüsse verwachsen sind, und die Leidenschaften und Genüsse haben sich aufgebläht und haben die himmlischen Knospen erstickt. Vielzählige Sorgen um zweitrangige Dinge – das sind gefährliche und tödliche Dornen für den himmlischen Samen, und er trägt keine Frucht (Vers 22).
13, 8 Etliches fiel auf ein gutes Land und trug Frucht, etliches hundertfältig, etliches sechzigfältig, etliches dreißigfältig (Vers 8): fiel in Seelen, die vom Glauben und den übrigen Tugenden des Evangeliums bearbeitet und für die Aussaat vorbereitet sind. Die am besten bearbeiteten gaben die größte Ernte, die weniger bearbeiteten gaben eine mittlere Ernte, und die am wenigsten bearbeiteten gaben die geringste Frucht. 
13, 9 Dieses geheimnisvolle Gleichnis beendet der Heiland mit einer besonderen Warnung: Wer Ohren hat zu hören, der höre (Vers 9). Also: das Gleichnis hat einen tiefen gottmenschlichen Sinn, es zeichnet das Schicksal der ganzen Lehre Christi in der irdischen Welt nach: nur ein vierter Teil der Samen reift, dreiviertel gehen unter. Der Grund: die Qualität der Erde = der menschlichen Seelen, die nach ihrem freien Willen den Herrn Christus und Seine Gottmenschliche Heilsökonomie entweder annehmen oder ablehnen. Die Apostel nahmen sie an und fühlten, daß das Volk das Gleichnis vom Sämann und vom Samen nicht versteht. Deshalb wenden sie sich auch an ihren Lehrer mit der Frage: Warum redest du zu ihnen in Gleichnissen? Denn mit sehenden Augen sehen sie nicht, und mit hörenden Ohren hören sie nicht; und sie verstehen es auch nicht (Vers 10–11). Euch ist es gegeben: euch – die ihr alles um Meinetwillen verlassen habt und ständig bei Mir seid; die ihr eure Seele mit dem Pflug der Buße durchpflügt habt; euch – deren Herz nicht von Unglauben versteinert ist, nicht von den Dornen der Sündenliebe verwachsen, Mir gegenüber nicht gleichgültig geblieben ist; euch – die ihr in Glauben und Liebe eifrig dem Geheimnis des Gottmenschen folgt; euch als solchen – ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; aber Ihnen ist nicht gegeben: die “draußen sind” (Mk. 4, 11); ihnen – den vom Gottmenschen und Heiland durch Nachlässigkeit oder Unglauben Entfernten; ihnen – die von Ihm weit weg sind. Denn diejenigen, die “außen” sind, außerhalb der Seele Christi, außerhalb des Reiches Seiner Persönlichkeit, wie können sie wissen, was im Gottmenschen Christus vorgeht, in Seiner Seele? Sie sind “Außenstehende” für alles, was Christus betrifft, sie wollen nicht durch ihre Anstrengung in Seine gottmenschlichen Welten eingehen; wünschen nicht, richtig Seine Werke und Seine Persönlichkeit zu verstehen. Wenn der gütige Herr ihnen durch wunderbare Taten und klare Worte die Geheimnisse Seines Himmelreiches offenbart, schreien sie Ihn an: in Ihm ist Beelzebul; Er treibt mit Hilfe des Beelzebul Teufel aus (Mt 12, 24; Mk 3, 22).
13, 12 Die Kenntnis der Geheimnisse Christi – das ist eine Gabe, die angeboten, aber niemandem aufgezwungen wird. Sie wird dem gegeben, der sich durch die Askese des Glaubens an Christus annähert, der sich in Seine gottmenschlichen Welten einbringt, der durch das Dornengestrüpp der Leidenschaften und der Sündenliebe nicht das Wort Christi erstickt; der durch Untätigkeit und Nachlässigkeit nicht die Gabe Christi mißachtet; der sich über dem Samen der himmlischen Wahrheiten müht, die von Christus in seiner Seele ausgesät sind; der ihn pflegt, umsorgt und wachsen läßt: Denn wer da hat, dem wird gegeben, daß er die Fülle habe; wer aber nicht hat, von dem wird auch genommen, was er hat (Vers 12). Zigaben verkündet: Wer Glauben hat, dem wird reichliche Kenntnis der Geheimnisse gegeben; wer aber keinen Glauben hat, von dem wird auch die Gabe genommen, die er von Gott hat3. Jeder Mensch hat als Geschöpf Gottes eine wertvolle Gabe von Gott: das ist die gottebenbildliche Seele. Aber auch diese Gabe wird von dem genommen, der nicht an Christus glaubt. “Wer sich selbst müht und die Gnadengaben zu erreichen strebt, dem schenkt Gott alles, aber wer diesen Wunsch und dieses Streben nicht besitzt, dem bringt selbst das keinerlei Nutzen, was er hat, und Gott gibt ihm Seine Gaben nicht”4.
13, 13 Die dem Volk unverständlichen Geheimnisse Seines Gottmenschlichen Reiches übersetzt der Herr Christus in Gleichnisse, in sehr natürliche Gleichnisse, paßt sie dem Verständnis des Volkes an, damit sie möglichst leicht verstanden und aufgenommen werden können. Deshalb spricht Er ihnen in Gleichnissen. Denn mit sehenden Augen sehen sie nicht, und mit hörenden Ohren hören sie nicht; und sie verstehen es auch nicht (Vers 13). Angesichts der gottmenschlichen Taten Christi sehen sie in ihnen nicht den Heiligen Geist; während sie die gottmenschlichen Wahrheiten Christi hören, hören sie Gott nicht in ihnen. Deshalb verstehen sie auch Christus und Seine Taten und Seine Worte nicht. Schauend sehen sie nicht, denn sie haben die Augen ihrer Seele durch gotteswidrige Bosheit geblendet; und horchend hören sie nicht, denn sie haben ihre Ohren durch christusfeindliche Lästerungen betäubt. Und ihre Blindheit und Taubheit – das ist das Werk ihres freien Willens, aber nicht der Vorbestimmung Gottes. 13, 14–15 Und an ihnen wird die Weissagung Jesajas erfüllt, die da sagt: Mit den Ohren werdet ihr hören und werdet es nicht verstehen; und mit sehenden Augen werdet ihr sehen und werdet es nicht erkennen. Denn dieses Volkes Herz ist verstockt, und ihre Ohren hören übel, und ihre Augen schlummern, auf daß sie nicht etwa mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren, und Ich ihnen hülfe (Vers 14–15=Jo. 6, 39). Der heilige Chrysostomos verkündet: Sie sind also selbst daran schuld, daß sie nicht verstehen, denn sie betäubten ihr Gehör, verschlosssen die Augen, ließen ihr Herz gefühllos werden. Und das haben sie dafür getan, daß sie sich Mir nicht um der Heilung willen zuwenden. Es versteht sich, daß der Herr damit zeigt, daß sie sich umwenden können und gerettet werden, wenn sie Buße tun5.
13, 16–17 Im Gegensatz zum Volk sehen die Apostel durch Glaube und Liebe das, was die anderen böswilig nicht sehen wollen, und hören das, was die anderen absichtlich nicht hören wollen, und mit gottliebendem Herzen verstehen sie das, was andere mit gottwidrigem Herzen nicht verstehen. Deshalb spricht Gott auch zu ihnen: Aber selig sind eure Augen, daß sie sehen, und eure Ohren, daß sie hören. Wahrlich, Ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben begehrt zu sehen, was ihr sehet, und haben es nicht gesehen und zu hören, was ihr höret, und haben es nicht gehört (Vers 16-17). Selig sind die leiblichen Augen der Apostel, selig auch die Ohren; aber viel würdiger der Seligkeit sind ihre geistlichen Augen und Ohren, die Christus erkannt haben. Der Herr stellt die Apostel über die Propheten, weil sie auch physisch – swmatikŽV – Christus schauten, die Propheten jedoch nur in Gedanken – noerŽV – und weil die Propheten nicht so vieler Geheimnisse und so großen Wissens gewürdigt wurden wie die Apostel. In zwei Dingen überragen die Apostel die Propheten: das eine besteht darin, daß sie Christus physisch sahen, das andere – daß sie die Göttlichen Geheimnisse wesentlich geistlicher verstanden”6. 
13, 19 Seinen treuen Jüngern eröffnet der Herr Jesus die geheimnisvolle Bedeutung des Gleichnisses vom Sämann und dem Samen: Wenn jemand das Wort von dem Reich hört und nicht versteht, so kommt der Arge und reißt hinweg, was da gesät ist in sein Herz; das ist der, bei dem an den Weg gesät ist (Vers 19). „Zu jedem“ – ohne Ausnahme kommen die Teufel; “ Zu jedem” – der das Wort Christi gehört, aber es nicht zum Inhalt seines Lebens gemacht hat, seines Geistes, seines Verstandes, sondern es außen gelassen hat, am Rand des Weges seines Lebens, sich nicht darum kümmert, es nicht bewahrt. “Am Rande des Weges” ihres Lebens halten Christus und Sein Wort all diejenigen, die Ihm gegenüber gleichgültig sind; die Ihn und Seine Lehre nicht schätzen; die nicht auf den Teufel achten, der das Gesäte stiehlt und fortträgt. Nach dem seligen Theophylakt ist Christus der Weg; am Rande des Weges sind die, die außerhalb Christi sind – ™xw to¨ Cristo¨, die nicht auf dem Weg, sondern außerhalb des Weges sind7. Nach Zigaben bedeutet “das Wort von dem Reich”: das Wort Gottes, das Wort des Glaubens, denn das Reich – das ist auch der Glaube. Wer glaubt, der herrscht über die Leidenschaften und herrscht (ist Mit-Herrscher) mit Christus. Und die Worte: “und nicht versteht” bedeuten: und nimmt das Wort nicht in der Tiefe des Herzens auf; der Arge – das ist der Teufel8 
Fortsetzung folgt

Bote 1999-4
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

13, 20–21 Bei dem aber auf felsigen Boden gesät ist, das ist, der das Wort hört und es gleich mit Freuden aufnimmt; aber er hat keine Wurzel in sich, sondern er ist wetterwendisch; wenn sich Bedrängnis oder Verfolgung erhebt um des Wortes willen, so nimmt er gleich Ärgernis (Vers 20–21). – In der Sprache Christi ist der Stein – ein Mensch, der sich für kurze Zeit an Seinem Wort begeistert, es jedoch nicht in die Tiefe seines Wesens einführt, in das Heiligtum seiner Seele, und es kann in ihm keine tiefen Wurzeln schlagen; und wenn er um des Wortes Christi willen verfolgt wird, nimmt er sogleich Anstoß an Christus und sagt sich sofort von Ihm los. Ein solches Christentum ist Christentum ohne Wurzeln. Kein Baum kann Früchte tragen, wenn ihm die Wurzel fehlt. 
13, 22 Bei dem aber unter die Dornen gesät ist, das ist, der das Wort hört, und die Sorge der Welt und der betrügerische Reichtum ersticken das Wort, und er bringt keine Frucht (Vers 22). – Unter Dornen werden hier die Sorgen dieser Welt verstanden, der Trug des Reichtums, der Genußsucht, des Sich-Auslebens, der Leidenschaft. All dies zerfrißt die Seele, lähmt, tötet ihre Kräfte, und sie gibt dem göttlichen Samen nichts. Die Sorge um diese Welt bringt keine Nahrung für das ewige Leben, und bleibt unfruchtbar. Die Dornen der Seele saugen die Seele aus, trinken ihre Kräfte, während dem Wort Christi nichts anderes verbleibt, als in diesem Dornengestrüpp zu ersticken und unfruchtbar zu bleiben. Der heilige Chrysostomus frohbotschaftet: “Denn wenn auch der Teufel es rauben will, es steht doch in unserer Macht, es uns nicht rauben zu lassen. Der Herr Christus sagte nicht: die Welt, sondern: Die Sorge für die Welt. Er sagte auch nicht der Reichtum, sondern: Der Trug des Reichtums. Schieben wir also die Schuld nicht auf die weltlichen Geschäfte, sondern auf unsere eigene verkehrte Gesinnung. Denn man kann auch reich sein, ohne sich täuschen zu lassen, und kann in dieser Welt leben, ohne von Sorgen erdrückt zu werden. Treffend sagte auch der Herr: Die Täuschung des Reichtums. Denn im Reichtum ist alles Täuschung; er ist nur ein Name, dem nichts Wirkliches zugrunde liegt. Auch die Lust, der Ruhm, der Schmuck und all diese Dinge sind ja nur Einbildung, nicht Wahrheit und Wirklichkeit”1. 
13, 23 Bei dem aber auf gutes Land gesät ist, das ist, der das Wort hört und versteht und dann auch Frucht bringt; und der eine trägt hundertfach, der andere sechzigfach, der dritte dreißigfach (Vers 23). Gutes Land – das ist ein Mensch, der seine Seele mit dem Pflug des Glaubens und der Buße umgepflügt hat, aus ihr die Dornen der Leidenschaften und der Sorgen dieser Welt ausgejätet hat, und das Wort Christi in die Tiefe seiner Seele aufgenommen, entwickelt und aufgezogen hat. Gutes Land – das sind jene, die das Wort hören und es “in gutem und reinem Herzen bewahren”, rein von Dornen und Leidenschaften und Genüssen, “in Geduld Frucht bringen” (Lk 8, 15), d.h. sich in den heiligen Tugenden üben. 
Aber woher stamt der Unterschied in der Menge der Frucht? der Same ist ein und derselbe; der menschenliebende Herr ist Ein und Derselbe für alle und gegenüber allen, und über allen sät Er denselben Samen gottmenschlicher Wahrheiten aus. Aber die Erde ist nicht gleich: hier sind Steine, dort etwas Dornen, und an manchen Stellen gar nichts. Darin besteht auch der Unterschied in der Menge der Frucht. Doch welcher Art ist das Verhältnis zwischen Samen und Erde, zwischen dem Wort Christi und der menschlichen Seele? Der Same muß sich auflösen, vermengen, im Herzen sterben, denn wenn er nicht stirbt, nachdem er mit dem Herzen eins geworden ist, wird er Leben aus dem Herzen saugen; und allmählich wächst er und reift durch die christusähnlichen Tugenden und heiligen Mysterien, bis er schließlich heranreift und Frucht bringt. Ein Viertel des ausgesäten Samens ist erhalten, aber es hat nicht gleichmäßig Frucht gebracht, sondern auch hier besteht ein großer Unterschied. Aus dem Gleichnis ist klar, daß der Herr Christus Seine Lehre allen ohne Unterschied vorlegt: Armen und Reichen, Gelehrten wie Einfältigen, Guten und Bösen, und überhaupt allen Menschen, obwohl Er doch von vorneherein weiß, welche Frucht entsteht. Mit all diesem sagt der gütige Herr gleichsam dem Menschengeschlecht: Was hätte Ich als Gottmensch und Heiland für das Menschengeschlecht tun sollen, was Ich nicht getan hätte?

DAS GLEICHNIS VOM WEIZEN 
UND DER SPREU (13, 24–30)
Das Geheimnis von Gut und Böse übersteigt alle geistigen Kräfte des Menschen. Seine Erklärung liegt jenseits des Menschen, jenseits seines Geistes und Verstandes, sie fügt sich nicht dem Menschen oder der Menschheit. Es gehört zum Gottmenschen. Nur der Mensch gewordene Gott sagt dem Menschen dieses Geheimnis. Spricht: durch Seine Gottmenschliche Persönlichkeit, Seine Gottmenschliche Askese und Seine Gottmenschliche Lehre. Durch Seine Frohbotschaft von diesem Geheimnis antwortet Er auf die quälende Frage: woher stammt das Böse in der Welt. Er antwortet in erster Linie durch das Gleichnis vom Weizen und der Spreu.
13, 24 Das Himmelreich gleicht einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte (Vers 24). – Das Himmelreich – das ist der Herr Christus Selbst: Mensch geworden, hat Er das Himmelreich auf die Erde herabgebracht. Doch obwohl sie unter der Gewalt der Sünde und des Todes liegt, bleibt die Erde doch immer noch Gottes Schöpfung, Gottes Acker, Gottes Feld. Alles Gute auf der Welt ist vom Herrn Christus; Er hat die Welt mit unzähligem Gut übersäht; die Welt gehört Ihm; und Er sät Sein gottmenschliches Gut auf der Erde wie auf Seinem Acker aus, auf Seinem Feld. Dieses Feld aber, dieser Acker – das sind zuvörderst die menschlichen Seelen, menschlichen Wesen. 13, 25 Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon (Vers 25). Der Feind Christi und Seiner Anhänger ist der Teufel. Wenn Menschen Christi Glaubens sich Nachlässigkeit, Trägheit, Unaufmerksamkeit erlauben, dann kommt der Teufel und sät in ihren Seelen Häresien, böse Gedanken, Versuchungen, seelenverderbende Vorstellungen: 13, 26 Als nun die Saat wuchs und Frucht brachte, da fand sich auch das Unkraut (Vers 26). – Zunächst sind die Handlungen des Teufels unsichtbar, unmerkbar. Derart sind auch die unreinen Gedanken, und die Häresien, und jegliches Böse überhaupt. Deshalb ist ständige Wachsamkeit gegenüber dem furchtbaren Geheimnis von Gut und Böse in der Welt vonnöten. Wenn das Unkraut auftritt, d.h. eine Art des Bösen, 13, 27–28 traten die Knechte zu dem Hausvater und sprachen: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? (Vers 27). Woher stammt das Böse auf deinem Feld? Er aber sprach zu ihnen: der Feind des Menschen hat dies getan (Vers 28), der Feind Gottes und des Menschen, Gottes, der Mensch wurde; der Feind des Menschen – das ist der Teufel; er säte das Böse auf der Erde, auf dem Acker Gottes; säte es auch im Menschen und über die ganze Schöpfung. Da sprachen die Knechte: Willst du denn, daß wir hingehen und es ausjäten? (Vers 28). – Die Knechte sind von Eifer erfüllt, aber nicht von Allwissen; sie dulden das Böse nicht, wollen es so schnell wie möglich aus der Welt schaffen, aus dem guten Weizen des Ackers Gottes. Aber der Herr sagte ihnen: Nein! damit ihr nicht zugleich den Weizen mit ausraufet, wenn ihr das Unkraut ausjätet (Vers 29).
13, 29 Damit sagt der Heiland gleichsam: Nein, nein! ihr kennt das wunderbare Geheimnis von Gut und Böse nicht; ihr wißt nicht, wie netzartig und eng ihre Wurzeln miteinander verwoben sind. Äußerlich ähnelt das Unkraut dem Weizen; darin liegt eben die Gefahr des Ausreißens des Unkrauts vor der Ernte. – Nach der Auslegung des heiligen Chrysostomus verbietet der Herr mit diesen Worten die Ermordung der Häretiker, untersagt Kriege, Blutvergießen und Totschlag. Er beläßt das Unkraut bis zur Ernte auch noch deshalb, weil er ihm Zeit geben will, um zu Weizen zu werden, d.h. er erschlägt die bösen Menschen nicht, sondern gibt ihnen Zeit, sich zu ändern und gut zu werden2. Laßt beides miteinander wachsen bis zur Ernte (Vers 30), wenn der Weizen und das Unkraut reifen, denn dann wird es leichter sein, das eine vom anderen zu unterscheiden und zu trennen. Doch dazu sind die Leute nicht fähig; das ist den Engeln vorbehalten. Und um die Erntezeit will ich zu den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut . Warum zuerst das Unkraut? Um die Gefahr der Vermengung von Weizen und Unkraut zu vermeiden. Und bindet es in Bündel, damit man es verbrenne (Vers 30), denn “Komplizen in derselben Sünde werden auch Komplizen in derselben Strafe sein”3. Und der Weise Herr vollendet das Gleichnis mit der Frohbotschaft: Aber den Weizen sammelt mir in meine Scheune (Vers 30): in die Schatzkammer ewiger Güter, wo ewiges Leben in ewiger Seligkeit ist.

VOM SENFKORN (13, 31–32)
13, 32–32 Um das Geheimnis des Himmelreiches möglichst deutlich und natürlich zu erklären, vergleicht es der Herr Jesus Christus mit dem Geheimnis des Senfkorns. Der heilige Evangelist verkündet: Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Das Himmelreich gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte; das ist das kleinste unter allen Samenkörnern; wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als alle Kräuter und wird ein Baum, so daß die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen in seinen Zweigen (13, 31–32). Seiner Natur nach ist das Himmelreich übernatürlich, aber nach seiner Entwicklung auf der Erde ist es natürlich. Das Übernatürliche wird natürlich; und das, was natürlich ist, entwickelt sich und wächst bis es selbst übernatürlich wird. Das Geheimnis des Himmelreiches ist riesig; um seinetwillen sammelt uns der Herr in ein winziges Senfkorn, das für uns natürlich ist. Doch wer kennt das Geheimnis des Senfkorns, obwohl es so klein ist? Dieses Korn bringt der Herr, sät es in die menschliche Seele, damit es dort stirbt, aufblüht, wächst und zu einem Baum mit vielen Zweigen heranreift. Das im Menschen ausgesäte übernatürliche Himmelreich entfaltet sich und reift in ihm. All das zeigt und beweist eines: daß der Mensch ein sehr natürlicher Boden ist, auf dem alles Übernatürliche, Himmlische, Ewige, Gottmenschliche reift. Das Gleichnis vom Senfkorn hat eine geheimnisvolle Verbindung zum Gleichnis vom Sämann und zum Gleichnis vom Weizen und der Spreu. Ergänzend erklären sie einander. Davon frohbotschaftet der heilige Chrysostomus: Mit dem Gleichnis über den Sämann und den Samen wurde gesagt, daß drei Teile des Gesäten umkommen, und nur ein Teil reift; durch das Gleichnis über den Weizen und die Spreu wird erklärt, daß auch diesem vierten Teil große Gefahr von dem Unkraut droht. Beim Hören dieses Gleichnisses hätten die Jünger in Kleinmut und Verzagtheit darüber fallen können, daß die Menge der Menschen, die gerettet werden können, nur so klein ist. Deshalb erzählt ihnen der Herr das Gleichnis über das Senfkorn: Obwohl es am Anfang das allerkleinste ist, wächst es heran, nachdem es gesät ist, und wir riesengroß. Ähnliches geschieht auch bei der Predigt des Evangeliums. Obwohl Seine Jünger die schwächsten und unwissendsten von allen waren, hatten sie ungeheure Kraft in sich verborgen, und breiteten die Predigt des Evangeliums in alle Welt aus und gründeten das Reich Gottes auf der Erde: die Kirche, die anfangs klein und unbedeutend war, wie ein Senfkorn, aber sich dann über den ganzen Erde ausbreitete4. Zigaben verkündet: Einige behaupten, daß man unter den Zweigen die gläubigen Menschen verstehen muß, in denen himmlische Vögel verweilen, d.h. Engel, ihre Beschützer. Andere dagegen sagen, daß man unter den Zweigen die Tugenden zu verstehen hat, und unter den Vögeln die Menschen, die über den irdischen Dingen schweben und sich mit den Flügeln des Geistes in die Höhen der Gotteserkenntnis aufschwingen und zum Himmel streben5


VOM SAUERTEIG (13, 33)
13, 33 Ein anderes Gleichnis sagte er ihnen: Das Himmelreich gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter einen halben Zentner Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war (Vers 33). Der Wirkung des Sauerteigs ähnelt die Wirkung der Lehre Christi: so wie der Sauerteig allmählich den Teig durchdringt, bis er sich seiner bemächtigt und er ganz gesäuert wird, so durchdringt auch die gottmenschliche Lehre des Heilands allmählich die menschliche Seele, den Körper und das Herz, bis sie auch das kleinste Teilchen seines Wesens beherrscht. Der Gottmensch Christus ist der gottmenschliche Sauerteig; Er ist als Sauerteig in die Welt gekommen, um die Welt mit Sich zu säuern, die gesamte Schöpfung mit Sich durch die vergottmenschlichten Gottessöhne zu durchdringen (vgl. Röm 8, 19–23). So sind auch die Apostel Sauerteig, der vom Herrn Jesus in die Menschheit geworfen wurde, um sie mit der gottmenschlichen Heilsökonomie zu durchsäuern, dem gottmenschlichen Evangelium des Heils. Der heilige Chrysostomus verkündet: “Da wendet mir nicht ein: Was sollen wir zwölf Leute vermögen, wenn wir unter eine solche Menschenmasse kommen? Gerade das läßt ja eure Macht nur um so heller erglänzen, daß ihr unter eine solche Menschmasse kommt und doch nicht unterliegt. Wie also hier der Sauerteig den anderen Teig durchsäuert, wenn er in Verbindung gebracht wird mit dem Mehle, und nicht bloß in Verbindung gebracht, sondern mit ihm vermengt wird, denn es heißt ja nicht bloß: sie legt ihn hin, sondern: sie verbarg ihn –, so werdet auch ihr eure Feinde überwinden, wenn ihr mit ihnen in Berührung und Verbindung tretet. Und wie der Sauerteig von der Masse des Teiges überschüttet wird, aber nicht verloren geht, sondern nach kurzer Zeit allem seine Eigenschaft mitteilt, gerade so wird es auch mit eurer Lehrverkündigung gehen. Seid also nicht in Furcht, weil ich euch viele Mühsale vorhergesagt habe; gerade dadurch werdet ihr in besonderem Glanze erstrahlen und alle überwinden”6. Nach dem seligen Augustinus und dem seligen Theophylakt bezeichnen drei Maße Mehl die drei wichtigsten Kräfte der menschlichen Persönlichkeit: Herz, Seele und Geist. Die Frau bedeutet die Seele, welche die Predigt in ihre drei Kräfte wirft, und sie wächst mit ihnen zusammen, säuert sie und heiligt sie bis zur letzten Möglichkeit und vergöttlicht sie. 
Fortsetzung folgt

Bote 1999-5
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

WEISSAGUNG VON DEN GLEICHNISSEN
13, 34–35 Vom anfänglichen und endgültigen Schicksal des Menschen spricht der Heiland in Gleichnissen, spricht gottmenschlich, allwissend. Solches alles redete Jesus in Gleichnissen zu dem Volk, und ohne Gleichnisse redete er nichts zu ihnen ( Vers 34); Er redete nicht in diesem Fall, zu dieser Zeit1. Um zu zeigen, daß die Rede in Gleichnissen nichts Neues ist, führt der Evangelist Matthäus den Propheten an, der die Art der Lehre voraussagte. Doch gleichzeitig eröffnet er uns die Absicht Christi, mit welcher Er in Gleichnissen sprach; Seine Absicht lag nicht darin beschlossen, daß Er die Hörer in Unkenntnis lasssen wollte, sondern daß Er sie zu Fragen anreizen wollte. Deshalb fügt der Evangelist Matthäus hinzu: und ohne Gleichnisse redete er nichts zu ihnen (Vers 34). Die prophetische Voraussage äußerte Asaph (Ps 77, 2): Ich will meinen Mund auftun in Gleichnissen und will aussprechen, was verborgen war vom Anfang der Welt an (Vers 35). Diese Worte spricht der Prophet von sich, aber sie dienen als Urbild des Messias, denn der Messias als Sohn Gottes, als ewige Weisheit Gottes, mußte sagen “was verborgen war vom Anfang der Welt an” , mußte die Geheimnisse des Gottesreiches aussprechen, das Verborgene offenbaren, um es heimlich offenbar zu machen.

AUSLEGUNG DES GLEICHNISSES 
VOM WEIZEN UND VON DER SPREU (13, 36-43)
13, 36 Die Predigt des Heilands vom Himmelreich in Gleichnissen weckte Fragen in den empfindlichen Seelen der Apostel. Und als Er das Volk zurückließ und Seine Gleichnisse in ihren Herzen, trat Er in ein Haus ein. Und seine Jünger traten zu ihm und sprachen: Deute uns das Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker (Vers 36): es hat uns aufgewühlt und erschüttert, uns an das Ende der Zeiten geführt, zum Ende der Geschichte. Das Gleichnis vom Senfkorn ist verständlich; das Gleichnis vom Sauerteig bleibt nicht unverständlich, aber das Gleichnis von der Spreu enthält die Geheimnisse der Welt und des Menschen, weshalb die Jünger auch verlangen, daß der Lehrer ihnen dieses Gleichnis auslegt. Er erläutert ihnen kurz und deutlich: Der Menschensohn ist’s, der den guten Samen sät (Vers 37). Der Gottessohn wird zum Menschensohn: was in Ihm ewig gut ist, legte Er in das Korn und säte es durch Seine Predigt in die menschlichen Seelen; Er säte es nicht nur, sondern sät es ständig durch Seine Nachfolger, die Apostel, Hirten, Lehrer der Kirche; sät und läßt das Gesäte durch die Gnade Seines Heiligen Geistes wachsen. Sät überall, über die ganze Welt, durch alle menschlichen Seelen und Gottes Schöpfung, denn: der Acker ist die Welt; der gute Same sind die Kinder des Reichs (Vers 38): d.h. das sind diejenigen, die den Samen Gottes mit ihrem ganzen Wesen annehmen, ihn in sich großziehen, in seine Pflege all ihre Sorge und ihre Kräfte einbringen, und der Same wächst in ihnen und trägt gottmenschliche Frucht - die heiligen Tugenden des Evangeliums: Glaube, Liebe, Hoffnung, Demut, Sanftmut, Barmherzigkeit, Gebet, Fasten, Liebe zum Guten. 
Das Unkraut sind die Kinder des Bösen (Vers 38): d.h. das sind die Glieder der Kirche auf der Erde, die alle Macht und Frische ihrer geistlich-körperlichen Kräfte in böse Gedanken einbringen, in böse Leidenschaften, die der Teufel in ihnen säte. Ja, die Spreu zeichnet jene unnützen Glieder der Kirche, die durch ihre Sünden und Leidenschaften dem Teufel zuarbeiten. Der Feind, der es sät, ist der Teufel (Vers 39). In allen seinen Altersstufen und Wirkungsweisen ist der Teufel der Feind Gottes und Widersacher des Menschen als eines gottebenbildlichen Wesens, dessen Gottesebenbildlichkeit den Teufel quält. Die Ernte ist das Ende der Welt (Vers 39): wenn der Herr kommt, um die Welt zu vollenden, um die Reinigung alles Lebenden zu erklären. Die Schnitter sind die Engel (Vers 39): sie kommen am Tag des Schrecklichen Gerichts mit Ihm, um die Ernte von allem zu vollbringen, was im Laufe der Geschichte Knospen getrieben hat und gereift ist.

13, 40 “Wenn der Herr sät, sät Er Selbst, aber wenn er straft, straft Er durch andere”2. Nämlich: Gleichwie man nun das Unkraut ausjätet und mit Feuer verbrennt, so wird’s auch am Ende dieser Welt gehen (Vers 40). - Das Ende der Welt wird völlig natürlich sein, so wie die Ernte für den gereiften Weizen natürlich ist. Beim Ende der Welt reift das Böse und das Gute; es reift das Böse, das der Teufel und die Menschen selbst im Menschen gesät haben; es reift auch das Gute, das der Herr Christus in ihnen gesät hat. Dann verkündet nicht der Teufel, sondern der Herr Christus die Ernte, denn Ihm gehört die endgültige Macht über alles Gute und Böse in der Welt. Der Menschensohn wird seine Engel senden, und sie werden sammeln aus seinem Reich alle, die Ärgernis geben und die da Unrecht tun (Vers 41): wird Seine Engel senden, weil sie vollkommen Gut und Böse unterscheiden können, und sie werden aus Seinem Reich sammeln, d.h. aus der Welt - denn die Welt gehört Ihm - alle Versuchungen, d.h. dämonischen Motive und Anlässe zum Bösen, und all jene, die sich freiwillig den Verführungen des Teufels hingaben. Die Engel werden sie sammeln und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein (Vers 42): die Ewigkeit des Schmerzes, Ewigkeit des Bösen, Ewigkeit des Teufels und der Menschen, die freiwillig durch böse Werke ihm zu Söhnen wurden und sich zu Teufelskindern gemacht haben (1. Jo. 3, 8-10). Ihr Schicksal: ewiges Heulen aus Ohnmacht des Bösen, und verbissener Widerstand und Zähneknirschen gegen Gott. Ein solches Ende ist ganz natürlich und richtig, denn sie haben sich mutwillig durch ihre unbußfertige Sündenliebe während ihres Lebens eine solche Ewigkeit bereitet.

13, 43 Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich (Vers 43). - Der selige Theophylakt verkündet: Die Sonne der Gerechtigkeit - das ist Christus; am Tag der universalen Ernte werden die Gerechten ähnlich wie Christus aufleuchten, denn sie werden selbst wie Götter sein - -sontai qeo- (ibid. , cap. 13, v. 43; col. 289 A ). Ja - sie werden Götter der Gnade nach. Die Gerechten leben während ihres Lebens auf der Erde in der Askese der Verchristung mit Hilfe der heiligen Sakramente und der heiligen Tugenden bis sie dem Ebenbild Christi ähnlich werden (Röm. 13, 14; 8, 29; Gal. 3, 27). Das ewige Leben des Menschen beginnt schon hier auf der Erde, um sich durch die ganze Ewigkeit fortzusetzen. Das christusgleiche Leben des Christen wird vom Herrn Christus angenommen. Deshalb wird auch seine Seele und sein Leib ewig durch Christus, durch die Christusebenbildlichkeit erleuchtet. Das gesamte Geheimnis des menschlichen Wesens liegt in der Verchristung beschlossen, in der Christusähnlichwerdung, in der Vergottmenschlichung, in der Vergottung. Das Heil - das ist nichts anderes als die Verchristung: der ganze Mensch wird von Christus-Gott erfüllt, lebt durch Ihn, denkt in Ihm, empfindet durch Ihn. Und alle Ewigkeiten Christi werden zu seinen Ewigkeiten, und alle Frohbotschaften Christi werden zu seinen Frohbotschaften. Das endgültige Geheimnis des menschlichen Wesens liegt darin: die Menschen werden durch den Herrn Christus zu Göttern der Gnade nach, Gesalbten der Gnade nach. Diese Frohbotschaft ist zweifellos die allumfassende Frohbotschaft der heiligen christustragenden Väter. - “Wer Ohren hat zu hören, der höre!” (Vers 43).

VOM SCHATZ, 
DER AUF DEM ACKER VERBORGEN IST(13, 44)
Der Herr erklärte den Jüngern, warum Er zum Volk in Gleichnissen spricht und half ihnen, die Gleichnisse zu verstehen (13, 51), und spricht nun weiter in Gleichnissen: Und noch: Das Himmelreich gleicht einem Schatz, der im Acker verborgen ist, den ein Mensch fand und verbarg ihn; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker (Vers 44). Nach dem seligen Theophylakt ist der Acker die Welt, der Schatz aber die Predigt und die Erkenntnis Christi3. Das Himmelreich ist eine Schatzkammer, die mit verschiedenen ewigen Schätzen der Dreieinigen Gottheit angefüllt ist, die uns vom Heiland, dem Gottmenschen Christus, vollkommen anvertraut wird. Darin liegt der ewige Sinn und der ewige Wert des Lebens - Ackers. Dieser Schatz wird auch dem Menschen offenbart, der dieses Gut und diesen Sinn mit Eifer sucht. Und wenn der Mensch diesen unvergänglichen Schatz entdeckt, besiegt Freude seine Seele, unsagbare Freude, und er verkauft vor Freude alles, was er besitzt, sagt sich freudig von allem Besitz los, um durch Selbstentsagung den Herrn Christus zu kaufen, in Dem alles ist, was der Mensch für das ewige Leben in beiden Welten braucht.

VON DER WERTVOLLEN PERLE (13, 45-46)
Das Himmelreich wächst wie ein Senfkorn; durchdringt wie der Sauerteig; überflügelt alles wie der allerwertvollste Edelstein. Der Heiland verkündet: Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie (Vers 45-46). Das Meer des Lebens ist riesig; Menschen steigen sogar zu seinem Grund herab; die unruhige menschliche Seele taucht in die unerforschten Tiefen des Lebens; sucht die Wahrheit, sucht Gerechtigkeit, sucht Unsterblichkeit. Und anstelle der Perle der Wahrheit und Gerechtigkeit verfängt sie sich häufig im Netz der Lüge und in der Trübe der Unwahrheit. Der Mensch, der mit ganzem Herzen die Perle sucht, kann zwischen einer falschen und einer echten Perle unterscheiden, und seine nach ewiger Wahrheit und Gerechtigkeit dürstende Seele wird sich nicht zufriedengeben, bis sie die einzige wahre, die einzige kostbare Perle findet - den Herrn Christus. Aber diese Perle finden nur die, die sich von allem Irdischen lossagen, die alles verkaufen, was sie haben. Die kostbare Perle = der Herr Christus lebt in den unerforschten Tiefen der Dreieinigen Gottheit; diese Abgründe erforscht und kennt nur der Heilige Geist (1. Kor. 2, 10). Deshalb können nur geistliche und vergeistigte Menschen, welche der Heilige Geist in die Abgründe Gottes hinabführt, diese kostbare Perle finden und ihr ganzes Geheimnis erkennen. Der Heilige Geist wird Menschen gegeben, die alles Irdische um des Himmelreiches willen opfern, die Tag und Nacht über den unerforschten Geheimnissen des Lebens wachen und sich widerspruchslos der Führung des Herrn Christus anvertrauen. “Wenn du nicht alles verkaufst, so kannst du auch nicht einkaufen; wenn deine Seele nicht so gesinnt ist, daß sie darnach verlangt und sucht, so findest du auch nicht” (Hl. Chrysostomus, sermo 47, 2; S. 483).

VOM NETZ (13, 47-50)
13, 47-48 Das Himmelreich gleicht einem Netz, das unseren Planet und alles, was auf ihm ist, gefangen hat; das Weltall und alles in ihm. Denn der Gottmensch verkündet: Wiederum gleicht das Himmelreich einem Netz, das ins Meer geworfen ist und Fische aller Art fängt. Wenn es aber voll ist, ziehen sie es heraus an das Ufer, setzen sich und lesen die guten in Gefäße zusammen, aber die schlechten werfen sie weg (Vers 47-48). - Das Meer - das ist die Welt; das Netz bedeutet die Lehre Christi; die Fischer sind die Apostel und ihre Erben. Das Netz der Predigt umfaßt alle Arten von Menschen: sowohl gute als auch böse, Barbaren, Griechen, Juden, Unzüchtige, Zöllner und Räuber (vgl. Sel. Theophylakt und Zigaben, ad loc.).

13, 49-50 Den anderen Teil des Gleichnisses erklärt der Heiland Selbst: So wird es auch am Ende der Welt gehen: die Engel werden ausgehen und die Bösen von den Gerechten scheiden und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein (Vers 49-50). - Das Ufer, das der Herr erwähnt, bedeutet das Ende der Zeiten und das Letzte Gericht, wenn die Bösen in alle Ewigkeit von den Guten getrennt werden, die Gerechten von den Sündern; die einen werden ewig Seligkeit erben, die anderen dagegen ewige Qual und ewiges Zähneknirschen in der Hölle des egoistischen und gottwidrigen Stolzes. Der Feuerofen- das ist nichts anderes als die Verworfenheit von Gott, vollkommene egoistische Vereinsamung, Verschlossenheit der Seele in den engen Grenzen des eigenen sündigen Ich, überhebliches und stures Verweilen in sich selbst, Selbstbegrenzung und ein ausschließlich auf sich selbst begrenztes Leben. Der völlig vom Teufel besessene Mensch schreit vor Wut und knirscht mit den Zähnen vor Bosheit auf Gott. Ewig wird die von Sünde und Bosheit verwilderte menschliche Seele weinen und mit den Zähnen knirschen, denn ihr ganzes Streben wird ewig auf den Kampf gegen Gott gerichtet und von den Dämonen besessen sein.

ABSCHLIESSENDES GLEICHNIS 
DES HEILANDS (13, 51-52)
Mit Seinen geheimnisvollen Gleichnissen führte der Heiland Seine Jünger in die endgültigen Geheimnisse der Welt ein, führte sie zum Ende der Geschichte, von dem aus die Entwicklung des Himmelreiches vom Anfang bis zum Ende offenkundig sichtbar ist. Mit Hilfe von Christus Gott verstehen die Jünger das bisher Unverständliche, sehen das bisher Unsichtbare, hören das bisher Unhörbare. 
13, 51 Und auf Seine Frage: Habt ihr das alles verstanden? Sie sprachen Ja (Vers 51): Wir haben die Geheimnisse der Welt und des Menschen verstanden, die Geheimnisse der Zeit und der Ewigkeit; haben das Alte mit Hilfe des Neuen verstanden, das Natürliche durch das Übernatürliche, das Zeitliche durch das Ewige, das Menschliche durch das Göttliche. 
Dieses Verständnis der himmlischen und irdischen Geheimnisse, der natürlichen und übernatürlichen, macht aus ungelernten Schülern Christi Gelehrte Leute, aus Unverständigen Weise, aus Unwissenden Wissende. Deshalb bezeichnet der Herr sie auch als Schriftgelehrte, aber nicht alttestamentliche Schriftgelehrte, sondern neutestamentliche Schriftgelehrte, die das Himmelreich erforscht haben. 13, 52 Da sprach er: Darum, ein jeglicher Schriftgelehrter, der ein Jünger des Himmelreichs geworden ist, gleicht einem Hausvater, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt (Vers 52). Die alttestamentlichen Schriftgelehrten kannten nur das Alte - die alttestamentlichen Prophezeiungen vom Messias, aber sie verstanden und erklärten sie in vielem nicht richtig; ein neutestamentlicher Schriftgelehrter kennt die alttestamentlichen Prophezeiungen, versteht und erklärt sie richtig, denn das lehrt ihn der Messias Selbst - der Gottmensch Jesus Christus, der ihn mit geistlichem Verstand erfüllt, mit Gotteserkenntnis, Christuserkenntnis. Der Herr Christus ist der Hausherr im Himmelreich, welches die Kirche Christi ist; jeder Seiner Schüler nimmt an Seinem überreichen Haushalt teil, und wie ein Hausherr bringt er aus seiner Schatzkammer Altes und Neues gleichsam heraus, bedient sich in seiner Predigt nicht nur der Lehre Christi, sondern ebenso der alttestamentlichen Prophezeiungen über Ihn. Der Herr Christus schließt das Alte Testament nicht aus, sondern lobt es, indem Er es als Schatzkammer bezeichnet. Wer in der Göttlichen Schrift unerfahren ist, kann sich nicht als Hausherr bezeichnen; solche Menschen haben selbst nichts, entleihen nichts von anderen, sondern werden von Hunger gequält und gehen zugrunde3.

DER AUFENTHALT CHRISTI IN NAZARETH
(13, 53-58)
13, 53-54 Der wundertätige Herr faßte die unfaßbaren Geheimnisse des Himmels in einfache Gleichnisse. Und Er erweiterte die Seele und den Geist und die Sinne Seiner Jünger, damit diese sie fassen und begreifen konnten. Seine Himmlische Heimat brachte der Heiland in Gleichnisse herab, und durch die Gleichnisse in die Ohren Seiner Schüler, und erweiterte ihnen die Zeit bis zur Ewigkeit, und die Menschheit bis zur Gottmenschheit. Der Evangelist verkündet: Und es begab sich, da Jesus diese Gleichnisse vollendet hatte, ging er von dannen und kam in seine Vaterstadt (Vers 53-54), ging “nach Nazareth, in die Heimat Seiner Mutter und Seines Stiefvaters, in die Stadt, in der Er erzogen wurde”4. und lehrte sie in ihrer Synagoge, so daß sie sich entsetzten und sprachen: Woher kommt diesem solche Weisheit und Taten? (Vers 54). Er lehrte sie durch Worte und Werke; und Seinen Worten und Seinen Werken wohnte unaussprechlche Weisheit und Kraft inne. Doch obwohl Er ihre Sinne und Seele durch Seine Weisheit bestach, bis zur Verwunderung berührte, die durch ihre Frage hervorbricht, verblieben sie doch stur in der finsteren Höhle ihres Unglaubens. Sie wollten damals Jesus durch Seinen Ziehvater erklären, Ihn zum Tischlersohn herabnivellieren. Deshalb fragten sie: Ist er etwa nicht des Zimmermanns Sohn? Heißt nicht seine Mutter Maria und seine Brüder Jakobus und Joseph und Simon und Judas? (Vers 55-56).
Die Nazarener umgeben den Herrn Christus mit Fragen, wollen Ihn auf Seine leiblichen Verwandten zurückführen, eine Erklärung für Seine wunderbare Persönlichkeit in Seinen leiblichen Verwandten finden. Sie tun dies, sei es weil sie nicht um Seine übernatürliche Geburt wußten, um Seinen Himmlischen Vater, sei es weil sie an eine solche Seine Geburt nicht glaubten. Jedenfalls dient ihnen das nicht zur Entschuldigung, denn sie wußten aus der Geschichte ihres Volkes, daß sehr häufig die Kinder unbedeutender Eltern berühmt wurden. So war es mit David, mit Amos, mit Moses. Deshalb mußten sie Christus ehren und sich wundern, daß Er als solcher so ungewöhnlich sprach. Das eben weist auf die Göttliche Herkunft Seiner Weisheit wie auch Seiner Persönlichhkeit hin. Hätten sie sich unvoreingenommen bis zum Grunde Seiner Weisheit herabgelassen, so wären sie zu Seinem Vater gelangt - zu Gott. Sind etwa Seine Brüder nicht der und jener - sagten sie. Doch eben das hätte gerade als Grund zu ihrer Bekehrung im Glauben dienen sollen. “Doch der listige Neid widerspricht sich oft selbst. Das Wunderbare und Ungewöhnliche, das bestimmt war, sie anzuziehen, das gerade verblendete sie”5.
Die Nazarener erforschen die Herkunft des wunderbaren Wirkens und der Predigt Christi, wollen dabei jdeoch nicht über die Brüder und Schwestern Christi hinausgehen, weshalb sie die von Verwunderung erfüllte Frage Woher kommt ihm denn das alles? stellen - 13, 57 Eine Frage, die sie in keiner Weise beantworten können. Ihre Anwort ist in einem furchtbaren Abgrund zu finden: Und sie nahmen Ärgernis an ihm (Vers 57), sie nahmen Ärgernis, da sie Seine Gottmenschliche Persönlichkeit auf die Persönlichkeit eines einfachen Menschen herabführten. Jesus aber sprach zu ihnen: Ein Prophet gilt nirgend weniger als in seinem Vaterland und im eigenen Hause (Vers 57). Das bedeutet: Menschen, die unter gleichen Bedingungen aufgewachsen sind, unter demselben Himmel, und auf demselben Stückchen Erde, sind kaum geneigt, jemandem aus ihrer eigenen Mitte irgendeine lobenswerte Besonderheit anzuerkennen, am wenigstens eine prophetische oder messianische. Das trat besonders im Verhältnis der Nazarener zum Herrn Christus zutage (vgl. Lk 4, 28-29). Der Heiland fügte hinzu: in seinem Hause, “worunter Er Seine Brüder verstand”6. 
Ein solches Verhalten der Nazarener zum Herrn Christus entstammte ihrem Unglauben an Ihn. Das aber trug dazu bei, daß der Herr die Zahl Seiner Wunder unter ihnen einschränkte. 13, 58 Der Evangelist frohbotschaftet: Und er tat daselbst nicht viel Zeichen um ihres Unglaubens willen (Vers 58). Der Glaube ist die Bedingung für ein Wunder; durch ihn bringt der Mensch seine Bereitschaft zum Ausdruck, das Wunder anzunehmen; der Heiland setzt vielfach das Vollbringen eines Wunders in Abhängigkeit vom Glauben, denn ohne Glauben könnten die Wunder aufgezwungen erscheinen. “Warum aber vollbrachte der Herr nicht wenigstens einige wenige Zeichen? Damit sie nicht sagen sollten: Arzt, heile dich selbst; damit sie nicht sagten: Er ist unser Gegner und Feind, er verachtet seine eigenen Verwandten; damit man nicht sagen würde: Wären Zeichen geschehen, so hätten auch wir geglaubt. Deswegen hat Er zwar Zeichen gewirkt, aber bald damit aufgehört; das erste, um wenigstens das zu tun, was an Ihm lag, das zweite, um sie nicht noch einem schwereren Gerichte zu überliefern”7.

Bote 1999-6
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

KAPITEL 14
ENTHAUPTUNG DES HEILIGEN JOHANNES DES TÄUFERS 14, 1–12
Der Herr Jesus Christus bewegte Sich unter einfachen Leuten, unter Menschen ohne Macht und Luxus, neigte Sein Ohr dem Schmerz jedes Kranken und spendete Trost; versetzte Sich in die Leiden der Leidenden und – verlieh den Leiden Sinn, verkörperte Sich in die Seelen der Sünder und reinigte sie von den Sünden, stieg in die Gräber der Toten herab und erweckte sie von den Toten. 14, 1 Aus diesem Grund scharten sich die Volksmassen um Ihn, betrachteten Ihn als ihren Heiler und Tröster. Die neunte Welle der Predigt und des Wunderwirkens Christi, welche die Apostel erhoben (vgl. Mk. 6, 12-13), überschwemmte den Thron des Herodes und Herodes Seele. Zu der Zeit kam die Kunde von Jesus vor den Landesfürsten Herodes (Vers 1).
Gemeint ist Herodes Antipa, der leibliche Bruder des Archelaos, des Sohnes Herodes I., der die Kinder in Bethlehem tötete. Er war mit der Tochter des arabischen Königs Arethas verheiratet, die er um der Herodiana wegen verließ. Er blendete die Augen seiner Seele durch Wollust und konnte das Gottmenschliche Geheimnis der Person Christi nicht schauen; durch Pomp verstopfte er seine Ohren, so daß er den Herrn Jesus Christus nicht gottweise hören konnte. Doch schließlich wurde er sehend und hörend, und seine Seele fing an, herumzuwandern vor der ungewöhnlichen Erscheinung des wunderbaren Jesus. Jesus nahm den lautstarken Refrain Johannes des Wüstenbewohners und Täufers auf: “Tut Buße!” – Herodes wurde davon in Schrecken und Unruhe versetzt. Und er konnte sich wundern und fragen: Aber ich – ich habe auf dem Tablett das abgeschlagene Haupt des Johannes gesehen, ich und viele mit mir; doch dieser Jesus hat gleichsam die Sprache des Johannes entliehen und dessen unbarmherzigen Refrain: “Tut Buße! Tut Buße!”. Johannes habe ich enthauptet; doch wer ist dies, von dem ich solche Wunder höre? (Lk 9, 9). Johannes habe ich enthauptet, doch johannäische Werke beunruhigen meinen Geist. Sind etwa seine Taten unenthauptet geblieben? All diese Gerüchte über die Auferweckung der Toten, über die Austreibung unreiner Geister, über die Heilung Kranker (Mk. 6, 12–13), haben gleichsam hinter sich das Haupt des Johannes und des Johannes Mund. Und Herodes wunderte sich über die Wunder Christi und konnte sich nicht genug wundern; und er suchte eine Erklärung für Christi Wunder, und er konnte sie nicht finden, bis er schließlich durch ein Wunder die Wunder Jesu erklärte. 
14, 2 Und er sprach zu seinen Leuten: Das ist Johannes der Täufer; der ist von den Toten auferstanden, deshalb wirken in ihm solche Kräfte (Vers 2). – Der Heilige Chrysostomus verkündet: Herodes fürchtete sogar noch den toten Johannes, deshalb bildete er sich vor lauter Angst ein, er sei wieder auferstanden... Ich glaube ferner, daß seine Worte sowohl der Eitelkeit, wie auch der Furcht entsprangen”1. Das, was unmöglich erscheint, wenn die menschlichen Gefühle und die Seele von Leidenschaft getränkt sind, wird möglich, wenn er von den Leidenschaften ernüchtert wird. Auf jeden Fall besagen diese Worte des Herodes eines: Johannes der Täufer war, wahrhaftig war er der größte unter denen vom Weibe Geborenen, wenn Herodes ihn nicht nur mit dem Herrn Christus verglich, sondern sogar mit Ihm gleichsetzte. “Danach macht uns der Evangelist auch mit den geschichtlichen Tatsachen bekannt. Warum aber hat er sie nicht schon früher erwähnt? Weil ihre ganze Sorge nur darauf gerichtet war, das zu berichten, was Christus betraf; anderes, Nebensächliches übergingen sie, außer wenn es zu ihrem Hauptzweck beitrug. Darum hätten sie auch jetzt Profangeschichtliches nicht erwähnt, wenn es sich nicht auf Christus bezogen hätte, und wenn nicht Herodes hier gesagt hätte, Johannes sei von den Toten auferstanden” (ebenda). 
Gefesselt von Leidenschaften, eingeschlossen in Wollust, konnte Herodes die furchtlose Bloßstellung seitens des leidenschaftslosen und jungfräulichen Johannes nicht ertragen. Deshalb hatte Herodes den Johannes ergriffen, gefesselt und in das Gefängnis geworfen wegen der Herodias, der Frau seines Bruders Philippus (Vers 3). Philippus war mit Heriodas verheiratet: in dieser Ehe gebar Herodias Salome – die Tänzerin. 14, 4 Und der gerechte und furchtlose Johannes klagt den Herodes an: Es ist nicht recht, daß du sie hast (Vers 4). Warum? Weil das Gesetz Moses einer Frau, deren Mann gestorben ist ohne Kinder zu hinterlassen, gebot, den Bruder ihres Mannes zu heiraten, um seinen Samen wiederherzustellen und das Geschlecht fortzusetzen (5. Mos. 25, 5–6). Da jedoch Herodes eine Ehe mit der Frau seines Bruders, die eine Tochter hatte, eingegangen war, klagt Johannes ihn deshalb an. 14, 5 Außerdem war Philippus noch am Leben. Und er hätte ihn gern getötet, fürchtete sich aber vor dem Volk, denn sie hielten ihn für einen Propheten (Vers 5).
Er erschrak, weil sich das Volk angesichts des getöteten Propheten zu einem Aufstand erheben konnte. Aber Herodes hatte noch einen Grund, vielleicht einen tieferen, denn es war ein innerer und unüberwindlicherer. Herodes nahm Johannes gefangen und warf ihn ins Gefängnis; doch die ungefesselte Seele des Wüstenbewohners beunruhigt die unheilige Seele des Herodes, das leidenschaftslose Gewissen beschämt das unzüchtige Gewissen des Herodes; der Mund des Johannes ist verstummt, doch das Echo seiner Worte und Taten bricht sich wie wiederkehrender Donner in der wollüstigen Seele des Herodes und in seinen Gemächern: Denn Herodes fürchtete Johannes, darum wissend, daß er gerecht und heilig war, und verwahrte ihn; und so manches tat er wie er es ihm sagte, und er horchte ihm mit Freude zu (Mk. 6, 20). Mit Freude hörte er bis zum Gelage an seinem Geburtstag, als die entbrannte Lüsternheit auch des letzten Teilchen seines Gewissen wegnahm. 
14, 6 Als aber Herodes seinen Geburtstag beging, da tanzte die Tochter der Herodias vor ihnen (Vers 6). “Du aber beachte, wie satanisch das ganze Schauspiel war. Vor allem bestand es nur aus Trunkenheit und Schwelgerei, aus denen ja kaum je etwas Gutes entstehen kann. Ferner waren die Zuschauer verdorbene Menschen, und der Gastgeber der schlechteste von allen. Drittens handelte es sich um eine unvernünftige Belustigung. Viertens hätte man das Mädchen, um dessentwillen die Ehe ungesetzlich war, lieber verbergen sollen weil es ja für die Mutter eigentlich ein Anlaß zur Beschämung war; statt dessen kommt sie herein, um sich zu zeigen und trotz ihrer Jungfrauschaft sämtliche Huren in Schatten zu stellen”2. Ihr Tanz 14, 7–8 ruft bei Herodes nur noch größere Lüsternheit hervor, so daß er ihr mit einem Eid versprach, er wolle ihr geben, was sie fordern würde (Vers 7). Und wie sie zuvor von ihrer Mutter angestiftet war, sprach sie: Gib mir her auf einer Schale das Haupt Johannes des Täufers! (Vers 8).
Das Haupt Johannes fordert Herodias, um den Mund des Wüstenbewohners zum Schweigen zu bringen und die von der Vorstellung zu zwei Sonnen entfachten zwei Augen des Eremiten für immer auszulöschen. Ein solch teuflisch künstlerisches Verbrechen konnte nur eine von dämonischer Lüsternheit besessene Frau ausdenken. Vor ihrem schrecklichen Wunsch schreckt ihre Tochter nicht zurück, es sieht so aus, als habe sich die wollüstige Herodias in ihre Tochter verkörpert. So ist die Unzucht: sie blendet jegliches Auge, tötet die Scham ab, mordet die Menschenliebe. Von der Unzucht zum Mord ist der Abstand ganz kurz. Die unzüchtige Seele der hurerischen Mutter schwatzt künstlerisch durch die Zunge der unverständigen Tochter: Gib mir hier auf einer Schale das Haupt Johannes des Täufers. Nur das Haupt, damit er stumm und ohnmächtig und ungefährlich wird. Denn wer konnte zu dem Gelage Johannes zulassen - den ausgefasteten und gottragenden Wüstenbewohner? Wer konnte seine Gegenwart aushalten?
14, 9 Und der König ward traurig (Vers 9). Denn so beschaffen ist die Tugend, sie ist auch bei lasterhaften Menschen erstaunlich und lobenswert. Selbst bei dem lasterhaften Herodes blitzte noch einmal ein Funke des noch vorhandenen Guten auf, um danach für immer im Dunkel gotteswidriger Bosheit zu verglimmen. – Der Evangelist verkündet: doch wegen des Eides und derer, die mit ihm zu Tisch saßen, befahl er, es ihr zu geben (Vers 9). – Um den unsinnigen und unüberlegten Eid nicht zu übertreten, mordet Herodes, begeht eine unvergleichlich größere Sünde. Die Forderung der Herodias wird zum Wunsch der Tochter; der Wunsch ihrer Tochter wird in Herodes Mund zum Befehl. Dies ist ein wahnsinniges Wetteifern im Bösen. 14, 10–12 Und er schickte hin und ließ Johannes im Gefängnis enthaupten (Vers 10). Und das königliche Gelage wird vom Haupt des Wüstenbewohners geziert. Ein grausameres Szenario ist selbst in der Hölle unmöglich. Und sein Haupt wurde hereingetragen auf einer Schale und dem Mädchen gegeben; und sie brachte es ihrer Mutter (Vers 11). Da kamen seine Jünger und nahmen seinen Leichnam und begruben ihn; und sie kamen und verkündeten das Jesus (Vers 12).
Gott ließ den Mord an dem größten Propheten zu, dem größten unter den Menschensöhnen, und gab damit eine Evangeliumslehre darüber, daß das geduldige Ertragen des Todes um der Gerechtigkeit und der Wahrheit willen der Weg ist, welcher ins ewige Leben führt. 
DAS WUNDER MIT DEN FÜNF BROTEN 
UND ZWEI FISCHEN 14, 13–21
Die Schüler beerdigten den ungewöhnlichen Lehrer: und sie kamen und verkündeten das Jesus (Vers 12); sie kamen zu Jesus, damit Er ihnen den Lehrer ersetzte, sie tröstete, sie ermutigte. Der heilige Chrysostomus frohbotschaftet: Unterlaß es nicht darauf zu achten, wie die Johannes Jünger von da an enger an Jesus sich anschlossen. Sie waren es ja, die ihm den Tod des Johannes meldeten, wie verließen alles und flüchteten sich hinfort zu ihm”3. Während des Johannes Schüler Jesus mitteilen, daß der größte unter den Menschen durch das Schwert des Hurers und der Hure geköpft wurde, kommen die Apostel von ihrer ersten Apostelreise zurück und berichten Jesus alles, was sie getan haben (Mk 6, 30); sie sagen Ihm, wie sie Kranke heilten, Aussätzige reinigten, Tote auferweckten, unreine Geister austrieben. Jesus ist zwischen zwei ungewöhnlichen Nachrichten. Es war zu erwarten, daß Er Seinen Aposteln befiehlt, daß sie Johannes auferwecken. Statt dessen jedoch fuhr er von dort weg in einem Boot in eine einsame Gegend allein. (Vers 13), nachdem Er Seinen Jüngern gesagt hatte: “Geht ihr allein an eine einsame Stätte und ruhet ein wenig “ (Mk. 6, 31). Nach dem Tod des Wüstenbewohners führt der Heiland die Jünger in die Wüste, damit die Wüste ihnen die Antwort auf die Frage nach dem Geheimnis der Persönlichkeit Johannes gibt. In der Wüste zurückgezogen, von Angesicht zu Angesicht mit der furchtbaren Tragödie des Gerechten auf der Erde, konnten die Jünger ihr Schicksal betrachten und das Schicksal aller Gerechten und den unvergänglichen Wert und den gottmenschlichen Sinn der Tragödie der Gerechten finden. Der Evangelist verkündet: und sie fuhren in einem Boot an eine einsame Stätte für sich allein (Mk. 6, 32; Mt. 14, 13). Aber der einsame Platz wurde plötzlich bevölkerter als riesige Städte. Denn als das Volk das sah, folgte es ihm zu Fuß aus den Städten. (Mt. 14, 13; Mk. 6, 32): sie verließen ihre Häuser, trugen Verstümmelte, führten Blinde, hielten Besessene; sie kamen zu Jesus gelaufen und kamen den Aposteln zuvor (Mk. 6, 33), obwohl diese im Boot fuhren. 
14, 14 Der Evangelist berichtet: Und Jesus stieg aus und sah die große Menge; Er sah . und Blinde und Stumme und Aussätzige und Besessene, und sie jammerten ihn, und er heilte ihre Kranken (Vers 14). Er heilte alle Kranken, ohne von ihnen zu verlangen, daß sie mit Worten ihren Glauben bekannten, denn sie bewiesen ihn durch ihre Werke: zu Fuß versammelten sie sich aus weit entlegenen Städten, erduldeten um Christi willen an der einsamen Stätte Hunger und bemerkten in Seiner Anwesenheit nicht, daß der Tag sich schon neigte. 14, 15 Am Abend aber traten seine Jünger zu ihm und sprachen: Die Gegend ist öde, und die Nacht bricht herein; laß das Volk gehen, damit sie in die Dörfer gehen und sich zu essen kaufen (Vers 15). 
Das sagen die Schüler Christi, die zu diesem Zeitpunkt bei so vielen Wundern zugegen waren, die auch selbst durch den Namen Jesu Tote erweckten, Aussätzige reinigten, Kranke heilten, Teufel austrieben. Kann Jesus etwa Hungernde nicht sättigen? Oder ist das unter Seiner Würde? – Aber die Apostel konnten nicht soweit denken, denn der Heilige Geist war noch nicht auf sie herabgekommen, um sie vollständig zu verchristen, weise zu machen, zu verallmachten. Durch Seine Antwort erinnert der Heiland sie an Seine menschenliebende Allmacht: Aber Jesus sprach zu ihnen: Es ist nicht nötig, daß sie fortgehen; gebt ihr ihnen zu essen (Vers 16). 14, 16–18 Doch anstatt auf die ihnen bisher von Christus verliehene Macht zu schauen, betrachteten sie die Brote um sich und sagten: Wir haben hier nichts als fünf Brote und zwei Fische (Vers 17). Und der Heiland, der ihnen zeigen wollte, daß Seine menschenliebende Wundertätigkeit grenzenlos ist, sagte ihnen: Bringet sie mir her! (Vers 18). “Denn wenn auch der Ort öde ist, so ist doch derjenige zugegen, der dem ganzen Erdkreis Nahrung spendet. Wenn auch die Stunde vorüber ist, es redet derjenige mit euch, der keiner Zeit unterworfen ist”4. 
14, 19 Und er ließ das Volk sich auf das Gras lagern und nahm die fünf Brote und die zwei Fische, sah auf zum Himmel, dankte und brach’s und gab die Brote den Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk (Vers 19). Der heilige Chrysostomus fragt: Warum schaute der Heiland auf den Himmel? Weil er den Anwesenden versichern wollte, daß er von Seinem Himmlischen Vater gesandt wurde, und daß er Ihm gleich ist. Der Herr Jesus blickte im Gebet zum Himmel auf, betete bei der Ausführung dieses Wunders aber bei der Auferweckung des Jairus’ Töchterlein hatte er nicht gebetet, noch bei der Heilung des besessenen Geraseners, noch bei der Glättung des Meeres. Die Wunder des Heilands kann man in zwei Gruppen teilen. Die erste Gruppe stellt Wunder dar, welche Er mit einem Gebet an Seinen Vater vollbrachte und dadurch seine Demut als Sohn und seinen Gehorsam als Sohn seinem Vater gegenüber bewies. Der Herr betete über den Borten, um dem zahlreichen Volk ein Beispiel zu geben, wie man sich dem lebenspendenden Brot gegenüber gebetsvoll zu verhalten hat, wie man es mit Gebet empfangen und essen soll. Die Brotvermehrung ist kein geringeres Wunder als die Erschaffung der Welt, die Schöpfung des Pflanzenreiches. Und sowohl das eine wie das andere bedeutet: Macht über die Erde und ihre Früchte haben. Bis hierher heilte der Herr Kranke; nun speist Er Gesunde, damit sie nicht an Seiner Fürsoge um sie zweifeln mögen5. 
Als er die Brote segnete, füllte der Heiland sie auf unerklärliche Weise mit Seiner wundertätigen Gnade, brach sie und gab sie Seinen Schülern=Mittlern, damit auch sie persönlich an diesem Wunder teilnahmen. Und sie nehmen gehorsam die fünf Brote, um sie an die fünftausend Menschen auszuteilen. Und sie teilen sie aus: teilen fünf Brote auf fünftausend Menschen; und während sie sie austeilen, vermehrt sich das Brot in ihren Händen; und je mehr sie geben, desto mehr bleibt in ihren Händen; und ihre Hände, und ihre Augen und Sinne haben alle teil an diesem Wunder, damit ihre Seele und das “versteinerte Herz” (Mk 6, 52) lernen, an Christus zu glauben, und ihre eigenen Hände lebendige Zeugen dieses vielbedeutenden Wunders sind. 
14, 20 Zweifellos hinterließ dieses Wunder einen unauslöschlichen Eindruck in den Seelen der Apostel, die zwei Fische an fünftausend Menschen verteilten und fünf Brote an fünftausend Menschen ohne Frauen und Kinder (Vers 21). Aber das Ende des Wunders ist nicht minder wunderbar als sein Beginn: von fünf Broten und zwei Fischen aßen sie; und sie aßen nicht nur, sondern sie wurden alle satt, und außerdem: sammelten die Apostel auf, was an Brocken übrigblieb, zwölf Körbe voll (Vers 20) – zwölf Körbe (14, 21) auf zwölf Apostel, jedem je einen; auch dem Judas von Iskariot, damit auch er mit den übrigen ein unsterbliches Zeugnis von der göttlichen Allmacht Christi hatte, so daß keiner von ihnen eine Ausrede hatte, daß er nicht ausreichend Beweise der göttlichen und gottmenschlichen Allmacht des Herrn Jesus Christus gehabt hätte. Der Heiland konnte den Hunger hungernder Menschen auch ohne Brote sättigen, doch in diesem Fall hätten die Schüler Seine Kraft nicht erkannt, und Sein menschenliebendes Verhältnis zu den sündigen Menschen, und Sein Verhältnis zum Brot.

JESUS GEHT ÜBER DAS MEER 14, 22–33
Das Wunder mit den fünf Broten und zwei Fischen verursachte einen ganzen Umschwung in der Seele des Volkes; das Volk sagte: “Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll” (Jo. 6, 14). Aber dieses Erstaunen ergoß sich in den unchristlichen Wunsch: das Volk wollte Christus greifen und Ihn zum König machen (Jo. 6, 15), nicht darum wissend, daß das Reich Christi nicht von dieser Welt ist (Jo. 18, 36). Damit jedoch die Jünger, die ebenfalls von dem Wunder betroffen waren, aber noch nicht die reinen neutestamentlichen Ansichten vom Messias besaßen, von diesem unchristlichen Wunsche des Volkes nicht angesteckt wurden, 14, 22 trieb Jesus seine Jünger alsbald, in das Boot zu steigen und vor ihm hinüberzufahren, bis er das Volk gehen ließe (Vers 22). Der Evangelist sagt “trieb”, um damit darauf hinzuweisen, daß die Jünger es nie liebten, sich von ihrem geliebten Lehrer zu trennen6. Der Heiland schickt sie allein; auf jene Seite des Sees, damit ein jeder über das Geheimnis des himmlischen Wunders nachdächte, damit jeder mit seinem Korb allein sei und in dessen gottmenschliches Geheimnis eindringe. Außerdem wünschte Er Seinen Jüngern eine Belehrung zu geben, daß sie nicht menschlichem Ruhm nachjagen sollen und nicht immer die Begierden des Volkes erfüllen. Es ist gesagt: bis er das Volk gehen ließe, d.h. bis er das Volk besänftigt, um ihm zu erklären, daß Seine Ankunft auf der Erde nicht die Gründung eines irdischen Reiches, sondern die Gründung des Himmelreiches = der Kirche zum Ziel hat. 
14, 23 Der Evangelist frohbotschaftet: Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er allein auf einen Berg, um zu beten. Und am Abend war er dort allein (Vers 23). Warum steigt der Herr auf einen Berg? – Um uns zu belehren, daß Wüste und Einsamkeit dem Gebet zu Gott förderlich sind. Deshalb zog Er sich häufig in die Wüste zurück, und verbrachte vielmals dort die Nächte im Gebet, und lehrte uns so, Ort und Zeit auszusuchen, die uns dem stillen Gebet geneigt machen können. Die Wüste – das ist die Mutter des Verstummens im Gebet – ªsuc–aV, Ruhe und Zuflucht; sie beschützt uns vor jeglicher Unruhe7.
14, 24 Während der Heiland betet, kämpfen die Jünger mit dem Sturm. In Seiner Abwesenheit läßt Er zu, daß eine schreckliche Versuchung über sie herfällt, damit sie fühlen wie ohnmächtig sie ohne ihren Lehrer sind: Und das Boot war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind war ihm entgegen (Vers 24). Der äußere Sturm rief einen inneren Sturm hervor, einen Sturm in den Seelen der Jünger. Der Sturm wühlte die Wellen bis auf den Grund der Seelen der Jünger auf; und sie kämpfen die ganze Nacht mit einem zweifachen Sturm, kämpfen wie zum Tode Verurteilte; der Herr Jesus ließ dies zu, um in ihnen das Gefühl ihrer Ohnmacht und den Wunsch Seiner Anwesenheit zu stärken. Und erst: in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See (Vers 25), erst in der vierten Nachtwache 14, 25, d.h. zwischen drei und sechs Uhr nach Mitternacht, wodurch Er sie belehrte, “daß sie nicht schnelle Erlösung aus der Gefahr fordern sollten, die sie ereilt hatte, sondern daß sie mutig alles erdulden sollten, was ihnen widerfahren würde”8.
Über das Meer wandelnd zeigt der Herr Jesus, daß Er auch über das Wasser Macht besitzt und daß das Wasser in Ihm seinen Gott und Schöpfer erkennt, daß das Gesetz der Schwerkraft für Ihn nicht unumgänglich ist. Aber diese Tatsache ist so unverständlich für den menschlichen Verstand; sie bedeutet ein völlig neues Verhältnis zum Wasser und zur Schwerkraft der Erde, deshalb flößt sie den Menschen auch Angst ein, deshalb versetzt sie auch die Apostel in Furcht. Der Evangelist sagt: Und als ihn die Jünger sahen auf dem See gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst! und schrien vor Furcht (Vers 26). 
Das Wandeln Christi über das Meer – das ist für die Jünger nur eine neue Furcht, die sich zu der Furcht vor dem Sturm gesellt. Der Heiland läßt zu, daß sich ihre Furcht bis zur Unerträglichkeit vergrößert, bis zum Rufen um Hilfe und zum Jammergeschrei, damit die Offensichtlichkeit des Wunders für sie möglichst fühlbar werde. “Christus löste die Dunkelheit nicht auf und eröffnete Sich den Jüngern nicht sofort, um sie durch die ausgedehntere Zeit der Furcht in der Geduld zu festigen und zu belehren”9. Je mehr sich ihre Furcht vergrößert, desto unumgänglicher und angenehmer wird die Hilfe Christi; und erst als sie vor Furcht schrien, redete Jesus sogleich mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch nicht! (Vers 27): fürchtet euch nicht vor dem Sturm, der eure geringe körperliche und geistliche Schwäche übersteigt, fürchtet euch auch nicht vor Mir, der Ich Macht über den furchtbaren und mächtigen Sturm habe. 
Die Worte Jesu ergießen Mut in die aufgewühlten Seelen der Jünger, und der feurige Petrus sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser (Vers 28). – Siehst du, sagt der heilige Chrysostomus, wie groß diese Flamme, wie stark dieser Glaube ist? Obwohl Petrus häufig Gefahren ausgesetzt ist, weil er sich an unermeßlich wunderbare Dinge klammert, denn auch hier forderte er zuviel, doch er forderte ausschließlich aus Liebe und nicht aus Ruhmsucht – Petrus war überzeugt, daß Jesus nicht nur über das Meer schreiten, sondern auch andere führen kann, und er wünscht, so schnell wie möglich in Seiner Nähe zu sein10. Und der Herr sprach zu Petrus: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu, ging im Glauben an Jesus und durch die Liebe zu Jesus. Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, hilf mir! (Vers 29–30).
Petrus besiegt das Meer durch den Glauben, den Glauben, der an das glaubt, was für den menschlichen Verstand unmöglich ist; doch in dem Moment, als dieser Glauben schwächer wurde, ging Petrus der wundertätigen Kraft verlustig und begann zu sinken. Solcher Art ist die Natur des Glaubens: wenn sich Zweifel erhebt, wenn er ihm eine kleine Wunde zufügt, so verwandelt diese sich umgehend in eine lebendige Wunde, welche ihn allmählich zerfrißt, bis er schließlich ganz zersetzt ist. Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? (Vers 31). Und sie traten in das Boot, und der Wind legte sich (Vers 32). 14, 31–33 Der heilige Chrysostomus sagt in gottweiser Art: Warum befahl der Herr nicht dem Wind einzuhalten, sondern gab Petrus die Hand und ergriff ihn? Weil der Glaube des Petrus nötig war. Wenn von unserer Seite ein Mangel besteht, so tut auch Gott das Seinige nicht. Der Herr zeigt also, daß nicht die Gewalt des Windes, sondern die Kleingläubigkeit des Petrus schuld an seinem Unfall ist, und sagt daher: Warum hast du gezweifelt, Kleingläubiger? Wäre er also nicht im Glauben schwach geworden, so hätte er auch dem Winde gegenüber leicht standgehalten. Darum läßt auch der Herr, nachdem er ihn gefaßt hatte, den Wind weiter wehen, um zu zeigen, daß er nicht schaden kann, wenn der Glaube festgewurzelt ist11. Und sie traten in das Boot, und der Wind legte sich (Vers 32): der Wind legte sich und vollendete durch sein Aufhören dieses ungewöhnliche Wunder Christi, welches in den Seelen der Anwesenden die Überzeugung und das Bewußtsein hervorriefen, daß Jesus der Sohn Gottes ist: Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn! (Vers 33).
Durch Sein Schreiten über das Meer zeigt der Herr deutlich und unumstößlich, daß der Mensch dafür geschaffen ist, über die Natur zu herrschen, daß Er über sie Macht besitzt. Alles, was der Gottmensch Christus tat, vollbrachte Er, um zu zeigen und zu beweisen, daß das alles auch der Mensch nur mit Gottes Hilfe und durch den Gottmenschen tun kann, nur dann, wenn er sich durch den Glauben vergottmenschlicht. Der Beweis? Der Apostel Petrus und die übrigen heiligen Wundertäter. In ihnen ist der Mensch mit Hilfe des Gottmenschen zu seinem eigentlichen Selbst gelangt, zu seiner wirklichen Kraft und Allmacht, zur Herrschaft über die Natur und ihre Elemente.

DIE HEILUNG VON KRANKEN 
IM LAND GENEZARETH 14, 34–36
Das Bekenntnis der Apostel, daß Jesus wirklich der Sohn Gottes ist – bekräftigt der Herr Jesus auf der Stelle durch zahlreiche Heilungen im Land Genezareth. Der Evangelist verkündet: Und sie fuhren hinüber und kamen ans Land in Genezareth (Vers 34). Die Person des Retters zieht die Bewohner dieses Landes sehr an; sie laufen zu Ihm mit all ihren Kranken: Und als die Leute an diesem Ort ihn erkannten, schickten sie Botschaft ringsum in das ganze Land und brachten alle Kranken zu ihm (Vers 35). Sie erkennen in Ihm den wunderbaren Heiler der blutflüssigen Frau, und führen zu Ihm alle Kranken aus ihren Häusern, denn sie kennen Seine unsagbare Menschenliebe, wissen, daß Er die Krankheit jedes Kranken auf Sich nimmt, und deshalb bitten sie Ihn in ihrem großen Glauben um eines: daß sie nur den Saum seines Gewandes berühren dürften. Und alle, die Ihn berührten, wurden gesund (Vers 36). Ihr Glaube ist riesig, deshalb ist ihnen auch das möglich, was dem Unglauben unmöglich ist. Auch die Kleider des Heilands heilen, denn auch durch sie strahlt Seine göttliche Allmacht durch.
S. 370

Bote 2000-1
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

KAPITEL 15.
DER STREIT ÜBER DIE SATZUNG 
DER ÄLTESTEN 15, 1–20

Als unser Herr Jesus Christus durch eine Vielzahl von wunderbaren Heilungen im Land von Genezareth Seine menschenliebende Göttliche Allmacht zeigte und bewies; als Er vielzählige übermenschliche Wunder vollbrachte: 15, 1–2 Da kamen zu Jesus Pharisäer und Schriftgelehrte aus Jerusalem und sprachen: Warum übertreten deine Jünger die Satzungen der Ältesten? Denn sie waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot essen. – Der Evangelist sagt “da”, und bezeichnet damit die Zeit, um die äußerste und unaussprechliche Bosheit der Schriftgelehrten und Pharisäer zu zeigen. Was aber sagen die Worte: Pharisäer und Schriftgelehrte aus Jerusalem? – Schriftgelehrte und Pharisäer waren über alle Stämme verstreut und in zwölf Gruppen geteilt. Aber die von ihnen, die in der Hauptstadt lebten, waren um vieles schlimmer und boshafter als die übrigen, erfreuten sich größerer Achtung und waren ungewöhnlich stolz1. Sie beschuldigen nicht Christus, sondern Seine Jünger der Übertretung der Satzungen der Ältesten, der Überlieferung über das Händewaschen. Nach dem Dafürhalten der Juden gab Gott auf dem Sinai Moses zwei Gesetze: ein schriftliches und ein mündliches; das mündliche Gesetz übergab Moses an Jesus, den Sohn Naves, dieser übergab es den Richtern, die Richter den Propheten, bis es im Talmud niedergeschrieben wurde. Diese Überlieferung wurde als die Satzungen der Ältesten bezeichnet, d.h. der Männer des Altertums, der alten Vorfahren, und die Juden sahen sie als verbindlich an. Die Schriftgelehrten und Pharisäer beachteten diese Satzungen besonders streng; ihre Strenge ging soweit, daß sie nicht darauf achteten, was Gottes ist. Doch diese ihre Strenge galt in stärkerem Maße für andere, als für sie selbst. Der Heiland antwortet ihnen; und mit Seiner Antwort bezichtigt Er sie, daß sie die Gebote Gottes um menschlicher Satzungen willen übertreten: Er antwortete und sprach zu ihnen: Warum übertretet denn ihr Gottes Gebot um eurer Satzungen willen? (Vers 3).
15, 3 Wer in großen Dingen sündigt, der verdoppelt seine Sünde, wenn er den Menschen Vorwürfe macht, die in kleinen Dingen sündigen. Die Jünger aßen mit ungewaschenen Händen nicht weil sie verächtlich das Gebot der Älteren übertreten wollten, sondern weil sie diese ganzen Kleinigkeiten vergessen hatten, während sie sich um die Einhaltung dessen kümmerten, was vonnöten war. “Es galt ihnen weder als Vorschrift, die Hände zu waschen, noch als Verbot, sie nicht zu waschen; sie taten beides, wie es sich gerade traf”2. Denn Gott gebot: 15, 4 »Du sollst Vater und Mutter ehren; wer aber Vater und Mutter flucht, der soll des Todes sterben.« (Vers 4). Dies ist Gottes Gebot (Ex. 20, 12, 17; 3. Mos. 20, 9; 5. Mos. 5, 16). Die Ehrerbietung gegenüber den Eltern kam in der Liebe zu den Eltern zum Ausdruck, in der Sorge um sie und im Gehorsam ihnen gegenüber. Üble Nachrede gegen die Eltern heißt: Vorwürfe gegen die Eltern in Wort und Tat. Dies ist ein Laster, das mit der Todesstrafe geahndet wird. Aber ihr lehret, sagt der Herr zu den Schriftgelehrten und Pharisäern: 
15, 5-6 Wer zu Vater oder Mutter sagt: Ich opfere Gott, was dir sollte von mir zukommen, der braucht seinen Vater nicht zu ehren. Damit habt ihr Gottes Gebot aufgehoben um eurer Satzungen willen (Vers 5-6).
Bei den Juden war es Brauch, Jahwe verschiedene Gegenstände aus dem Hab und Gut zu opfern, und das Gesetz forderte, daß die geopferten Gegenstände unbedingt Gott dargebracht wurden (5. Mos. 23, 21-23). Im Laufe der Zeit bildete sich die Überlieferung, daß eine solche Gabe wichtiger ist, als eine Gabe an die allernächsten Menschen, wie z.B. die Eltern. Auf diese Weise “Sie lehrten die Jugend unter dem Vorwand der Gottesverehrung ihre Väter verachten. Wie? Wenn eines von den Eltern zu dem Kinde sagte: Gib mir das Schaf, das du hast, oder das Kalb oder etwas anderes der Art, so erwiderten sie: Was du von mir haben willst, ist eine für Gott bestimmte Gabe, du kannst es daher nicht erhalten. Dadurch wurde das Böse verdoppelt: denn sie brachten es Gott nicht dar, und ihren Eltern versagten sie es ebenfalls, unter dem Vorwand, es sei ein Opfer; so frevelten sie an den Eltern, indem sie sich auf Gott beriefen, und an Gott, indem sie sich auf die Eltern beriefen” Der Heiland verurteilt damit nicht die Darbringung von Gaben an Gott, sondern den heuchlerischen Mißbrauch dieser Gabe. 
15, 7–9 Die heuchlerischen Handlungen der Pharisäer verurteilt nicht nur der Herr, sondern genauso auch der Prophet Jesajas. Wenn Christus auf die Prophezeiung des Jesajas verweist, verweist Er damit auf Gott, Der durch die Propheten prophezeite und durch sie sprach. Ihr Heuchler, wie fein hat Jesaja von euch geweissagt und gesprochen: »Dies Volk ehrt mich mit seinen Lippen, aber ihr Herz ist ferne von mir; vergeblich dienen sie mir, weil sie lehren solche Lehren, die nichts als Menschengebote sind.« (Vers 7–9; Jes. 29, 13). Die Prophezeiung des Jesajas rechtfertigt das Urteil Christi über die Pharisäer. Was Jesajas einstmals verurteilte, das verurteilt Christus jetzt, verurteilt das Ersetzen der Gebote Gottes durch menschliche Lehren. Heuchelei besitzt die verfluchte Besonderheit, daß sie die ganzheitliche Persönlichkeit des Menschen teilt, spaltet, zerstückelt, und dadurch den Menschen der Fähigkeit beraubt, mit seinem ganzen Herzen, seinem ganzen Geist, ganzen Verstand, mit seiner ganzen Kraft an Gott zu glauben, Gott zu dienen, mit Gott mitzuwirken. Der Heuchler ersetzt Gott durch den Menschen, ersetzt Gottes Lehre durch menschliche Lehre. Doch diese Lehre ist “vergeblich”, sagt der Prophet Jesajas und bestätigt der Herr Christus. Vergeblich, verderblich für die Seele ist die menschliche Lehre, denn sie besitzt keine lebenspendende, zur Auferstehung führende Kraft, welche nur Gott besitzt und verleihen kann. Deshalb auch rechtfertigt der Heiland Seine Jünger, daß sie sich nicht an diese menschlichen Lehren halten, die “vergeblich” sind. Vergeblich richten sie ihr Augenmerk ganz auf die Nahrungsaufnahme mit ungewaschenen Händen, anstatt auf das ungewaschene Herz zu achten, auf die ungewaschene Seele, auf ungewaschene Worte.
15, 10–11 Die Pharisäer hielten eigenmächtig, stur und unablässig an menschlichen Lehren fest. Deswegen wendet sich der Herr von ihnen ab und wendet sich dem Volk zu und verkündet die Lehre Gottes. Und er rief das Volk zu sich und sprach zu ihnen: Höret zu und fasset es: (Vers 10). Hört, was Gott über die menschlichen Lehren sagt, was über die Speise; versteht euer Verhältnis zu ihnen; versteht Gottes Lehre; denkt darüber nach! Was zum Mund hineingeht, das macht den Menschen nicht unrein; sondern was aus dem Mund herauskommt, das macht den Menschen unrein (Vers 11). Der Mensch hat die Schöpfung besudelt, nicht die Schöpfung den Menschen. Durch den Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen, nicht durch die Schöpfung. Nicht die Speise an sich ist unrein, sondern der Gedanke, mit dem sie aufgenommen wird. Die Quelle der Sünde ist im Menschen, nicht aber in den Menschen umgebenden Dingen. Dem Reinen ist alles rein, dem Unflätigen und Unreinen ist alles unrein, sowohl sein Geist als auch sein Gewissen ist unrein und besudelt (vgl. Tit. 1, 15; 1 Tim. 4, 4). Damit jedoch wird kein Urteil darüber gesprochen, daß man auf die Art und Weise der Speise achtet, was in der Lehre des Heilands über das Fasten seinen Ausdruck findet. Hierdurch wird die Übertragung des ethischen Zentrums aus dem Menschen in äußerliche Dinge verurteilt. Zweifellos sagte der Herr nicht, daß die Unterscheidung der Speise unbedeutend ist, und daß Moses dies vergeblich vorschrieb; sondern der Herr nimmt den Beweis aus der Eigenart der Dinge und sprach: Was zum Mund hineingeht, das macht den Menschen nicht unrein; sondern was aus dem Mund herauskommt, das macht den Menschen unrein 4 – Vorsicht und Umsicht in der Speise ist nötig und bedeutsam, wenn sie die Folge der ethischen Haltung bildet und des Bestrebens, dadurch die Reinigung der eigenen Seele zu erreichen und das moralische Wachstum der Nächsten zu fördern (vgl. 1. Kor. 10, 23-33).
15, 12 Da traten seine Jünger zu ihm und fragten: Weißt du auch, daß die Pharisäer an dem Wort Anstoß nahmen, als sie es hörten? (Vers 12). “Dieses Wort” bezieht sich auf den 11. Vers. Das neue, gottmenschliche Maß hinsichtlich der Speise brachte die Pharisäer in Verwirrung und verunsicherte selbst die Jünger Christi. Der Heiland aber läßt sie in der Anfechtung verbleiben, denn sie verharren stur auf ihrer gottwidrigen Lehre. Und der Heiland antwortete und sprach: Alle Bäume, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, die werden ausgerissen (Vers 13). Unter Bäumen ist jegliche menschliche Lehre zu verstehen, die nicht von Gott geschaffen wurde, an Gott vorbei, gegen Gott; auch muß man jeglichen Menschen verstehen, der von sich aus lehrt, um seinetwillen, ohne Gott, gegen Gott. Eine solche Lehre, ein solcher Mensch muß vergehen: “Laßt sie”, mit Gewalt bringt ihr sie nicht zum Verstand; die Weisheit wird nicht unsinnig aufgepflanzt; das Heil wird nicht durch heillose Mittel vollbracht: “Laßt sie”, denn sie haben sich auf ewig mit Stolz umgeben. Sie sind blinde Führer der Blinden: durch Stolz haben sie die Augen ihres Verstandes geblendet, und es haben sich Blindäugige den Blinden als Führer aufgedrängt; aber das Ende der einen wie der anderen ist selbstmörderisch: Wenn aber ein Blinder den andern führt, so fallen sie beide in die Grube (Vers 14). “Es ist ein großes Unglück, blind zu sein; aber zweifach und dreifach ist die Schuld, wenn man blind ist und, ohne selbst einen Führer zu haben, sogar noch die Rolle eines Führers spielen will. Ist es schon gefährlich, wenn ein Blinder führerlos ist, um wieviel mehr noch, wenn ein Blinder den anderen Führer sein will”5 
15, 15 Daß die Jünger selbst von der Lehre des Heilands über die Speise verwirrt waren, zeigt das Verhalten des Apostels Petrus. Der Evangelist verkündet: Da antwortete Petrus und sprach zu ihm: Deute uns dies Gleichnis! (Vers 15). ”Manchmal bezeichnen die Juden ein Rätsel oder eine undeutliche Aussage als Gleichnis”6. Die Jünger, denen es gegeben ist, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu kennen (Mt. 13, 11), verstehen dies nicht; deshalb fragt der Heiland sie vorwurfsvoll: Und Jesus sprach zu ihnen: Seid denn auch ihr noch immer unverständig? Merkt ihr nicht, daß alles, was zum Mund hineingeht, das geht in den Bauch und wird danach in die Grube ausgeleert? (Vers 16-17). Alles, was in den Mund hineingeht: alle Speise für sich genommen heiligt den Menschen nicht und besudelt ihn nicht; sie schafft keine moralischen Werte; sie wird nur dann zu einem moralischen Mittel, wenn der Mensch als ethische Persönlichkeit ethischen Wert in sie einbringt. Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen, und das macht den Menschen unrein (Vers 16): alles, was aus dem Herzen herauskommt, weil das Herz jeden Moment ein moralisches Zentrum ist, moralische Heimat; alles, was aus dem Herzen herauskommt, das ist entweder unrein oder rein, etwas drittes gibt es nicht. Ob du es willst oder nicht: der Mensch ist immer ein ethisches Wesen. “Selbst wenn die Speise irgendwie im Körper verbliebe, so würde sie auch dann den Menschen nicht verunreinigen. Die Unreinheit des Herzens jedoch wohnt innen und verunreinigt den Menschen nicht nur, wenn sie dort bleibt, sondern auch, wenn sie von dort herauskommt, – und in diesem Falle noch mehr”7.
15, 19–20 Hinter einem bösen Gedanken steht ein böses Herz; hinter einem bösen Gefühl, hinter einer bösen Tat, hinter Mord, hinter Ehebruch, und hinter allen Verbrechen steht ein böses Herz: Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung. Das sind die Dinge, die den Menschen unrein machen. Aber mit ungewaschenen Händen essen, macht den Menschen nicht unrein (Vers 19–20). Menschliche Bosheit befindet sich nicht auf der Haut des Menschen, sondern in den Abgründen des menschlichen Wesens; klebe sie auf der Haut, so wäre es ein leichtes, sie wegzublasen, und die Pharisäer könnten Ärzte des Bösen sein. Aber das Böse sitzt so tief im Innern des Menschen, daß nur die Hand Gottes allein es fassen und aus ihm herauswerfen kann. 
Fortsetzung folgt

DIE HEILUNG 
DER TOCHTER DER KANAANÄERIN
(15, 21–28)
15, 21 Nach dem Streitgespräch mit den Pharisäern ging der Herr Christus weg von dort und zog sich zurück in die Gegend von Tyrus und Sidon (Vers 21), in die Gegend der Heiden. Aber da erhebt sich die Frage: Wie geht Christus auf die Wege der Heiden, wenn Er Seinen Jüngern, als Er sie zur Predigt aussandte, gebot: “Auf den Weg der Heiden geht nicht” (Mt. 10, 5). Für ein solches Vorgehen hatte der Heiland einige Gründe. Erstens: Er war nicht verpflichtet das zu erfüllen, was Er Seinen Jüngern gebot; zweitens: Er zog in die Gegenden der Heiden nicht um zu predigen; darauf verweist der Evangelist Markus, wenn er sagt, daß der Herr sich zurückziehen und verbergen wollte (Mt. 7, 24); drittens: nicht zu den Heiden zu gehen, entspräche nicht der Menschenliebe des Einzigen Menschenliebenden. Er konnte die Heiden nicht von Seiner Frohbotschaft ausschließen, als sie sich um Ihn versammelten8 Die offensichtlichste Rechtfertigung für diese Seine Reise in die heidnischen Gegenden war “der große Glaube” der kanaanäischen Frau.
15, 22 Der Evangelist verkündet: Und siehe, eine kanaanäische Frau kam aus diesem Gebiet und schrie: Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme Dich meiner! Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt (Vers 22). Die Kanaanäer waren die ursprünglichen Einwohner Palästinas, die unter dem Druck der Juden in den Norden gezogen waren und sich mit den Bewohnern Syriens und Phöniziens vermischt hatten. Während die Juden Jesus verfolgen, läuft die nichtjüdische Frau zu Ihm und wendet sich an Ihn wie eine ganz rechtgläubige Verehrerin Jahwes. Sie bezeichnet Jesus als Herrn und Sohn Davids, was bedeutet, daß sie nicht nur um den Messias wußte, sondern auch glaubte, daß dieser Messias Jesus Selbst, der Sohn Mariens aus Nazareth ist. Wahrscheinlich hatte sie von Jesus gehört wie viele Bewohner Syriens (Mt. 4, 24). Die Besessenheit, der Wahn ihrer Tochter bestärkte in ihr den Wunsch den wundertätigen Jesus zu sehen und von Ihm das Heilmittel für ihre stark gequälte Tochter zu fordern. Die Qual ihrer Tochter empfindet sie mehr als ihre halbwahnsinnige Tochter, und sie schreit: erbarme Dich meiner! und nicht: meiner Tochter, denn sie fühlte die Leiden ihrer Tochter wie ihre eigenen. Und sie sagt nicht: komm und heile, sondern nur: erbarme Dich9 
15, 23 Auf den verzweifelten Schrei der vergrämten Mutter antwortete Jesus kein Wort (Vers 23). Warum? Deshalb etwa, weil Er für das Leid nicht empfänglich war? Nein, sondern deshalb, weil Er sie prüfen wollte, um ihren Glauben zu prüfen und um Seinen Jüngern den Nutzen des unablässigen Gebets zu zeigen. Und die Jünger traten zu Ihm, baten Ihn und sprachen: Laß sie doch gehen, tröste sie, tu ihr nach ihrer Bitte, denn sie schreit uns nach (Vers 23). Der Heiland antwortet den Jüngern, daß das vornehmlichste Ziel Seines Kommens ist: die verlorenen Schafe zu retten – die Israeliten: Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel (Vers 24). Doch das schließt nicht aus, sondern ist nützlich für das Heil aller Völker aller Zeiten mit Hilfe der Gottmenschlichen Heilsökonomie der Rettung (vgl. Mt. 8, 11-12; 24, 14; 28, 18-20; Mk. 16, 16). Die kranken Gefühle der Kanaanäerin nehmen immer krankhafteren Ausdruck an, ergießen sich in maßlosen Glauben, der an Bekennertum grenzt. Sie aber kam und fiel vor Ihm nieder und sprach: Herr, hilf mir! (Vers 25), denn ein einziger Schrei meiner unglücklichen Tochter ruft in mir Tausende von Schreien hervor. Aber Er antwortete und sprach: Es ist nicht recht, daß man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde (Vers 26).
Heiden – Hunde! Die Juden waren Kinder Gottes, und gegenüber Andersgläubigen verhielten sie sich wie zu Hunden, wie zu unreinen Tieren. Ein solches Verhältnis zeigt der Heiland zeitweilig gegenüber der Kanaanäerin, um sie zu einem unerhörten Bekenntnis ihres Glaubens zu bewegen. Sie sprach: Ja, Herr; aber doch fressen die Hunde von den Brosamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen (Vers 27). Ja, Herr, ich bin ein Hund, aber Du bist der Herr: aber Dein Hund soll auch vom reichen Tisch Deiner Barmherzigkeit ein Brosamen erhalten. – Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst! Dein großer Glaube hat deinen Willen allmächtig gemacht, dein “ich will” ist zu Gottes “Ich will” geworden, dir geschehe wie du willst. Und ihre Tochter wurde gesund zu derselben Stunde (Vers 28).
Der Glaube der Kanaanäerin ist “ein großer Glaube” sogar für den Herrn Jesus Selbst. und in ihm: große Liebe, große Weisheit, große Hoffnung, großes Gebet, große Wahrheit, große Gerechtigkeit. Solchem Glauben gehört göttliche, schöpferische, wundertätige Allmacht: Dir geschehe, wie du willst! Das erinnert an jenes: “Es werde Licht!” – und es geschah so. Nur großer Glaube an die Allmacht des Gottmenschen erklärt dem Menschen, mit welcher Allmacht Gott die Welt schuf, und ständig Göttliche Welten in den menschlichen Seelen schafft. Denn die Kanaanäerin trieb durch ihren Glauben den Teufel aus ihrer Tochter aus, diese äußerste und ganz schreckliche Finsternis, und zündete in ihr die Sonne Gottes an. 
Was braucht man für den “großen Glauben”? Großes Zutrauen zum Herrn Christus und Entschlossenheit des Willens: das dem Menschen Unmögliche für den Gottmenschen als Mögliches zu erachten. Großer Glaube: annehmen, daß Christus den Teufel aus dem menschlichen Wesen austreiben kann, aus der menschlichen Natur = das Böse aus der Welt entfernen. Das zu erreichen, fordert von den Menschen Glauben an den Gottmenschen, den Glauben der Kannaäerin. Aber die Kraft und die Allmacht und die Macht über unreine Geister gehört dem Gottmenschen, und nach Seiner Gabe auch den Christusträgern (Mt. 10, 1.8; Lk 9, 1). 
“Vor die Hunde werfen”. Hunde – die Heiden. Ja, und alle Menschen, denn es ist um vieles furchtbarer und schändicher und unwürdiger für den Menschen, den Teufel in sich zu haben, als ein Hund zu sein. Hunde haben nicht den Teufel in sich, während die Menschen ihn – unmittelbar oder mittelbar in sich haben. Sie haben ihn in sich durch ihre Sünden und Laster. Die Kraft des Bösen ergießt sich durch die Sünden über das ganze menschliche Wesen; und durch sie auch der Teufel selbst. Denn die Sünden – das sind Sünden gemäß der Macht des Teufels, der schöpferischen Macht des Bösen. Der Gottmensch kam in die irdische Welt, um den Menschen zu zeigen wie anstelle des Teufels im Menschen Gott und Seine Göttlichen Kräfte leben und wirken kann. Im Laufe Seines ganzen Lebens auf der Erde zeigte und bewies dies der Gottmensch.

DIE ZWEITE 
WUNDERBARE NÄHRUNG DES VOLKES
15, 29–31 Der Evangelist verkündet: Und es kam eine große Menge zu ihm; die hatten bei sich Gelähmte, Verkrüppelte, Blinde, Stumme und viele andere Kranke und legten sie Jesus vor die Füße, und er heilte sie, so daß sich das Volk verwunderte, als sie sahen, daß die Stummen redeten, die Verkrüppelten gesund waren, die Gelähmten gingen, die Blinden sahen; und sie priesen den Gott Israels (Vers 29–31). Zu Jesus kommen viele Menschen; sie reden nicht; sie legen schweigend die Kranken zu Jesu Füßen und bekennen dadurch ihren Glauben an Ihn. Und Er heilt sie alle ohne Worte. Er fordert von ihnen kein öffentliches Bekenntnis ihres Glaubens; Er erwartet von ihnen nicht, daß sie Ihn bitten. Die Tochter der Kanaanäerin heilte Er nicht sofort, aber diese heilte Er sofort, nicht weil diese würdiger wären als jene, sondern weil sie größeren Glauben besaß als jene. Der Herr schiebt die Heilung ihrer Tochter heraus und tut dies nicht schnell, um die Größe und Unerschütterlichkeit ihres Glaubens zu zeigen10 Aber auch der Glaube dieses Volkes ist nicht gering: drei Tage sind sie an einem wüsten Ort; und wenn sie auch etwas Speise hatten, so müssen sie sie schon gegessen haben. Deshalb rief Jesus seine Jünger zu Sich und sprach: Das Volk jammert mich; denn sie harren nun schon drei Tage bei mir aus und haben nichts zu essen; und ich will sie nicht hungrig gehen lassen, damit sie nicht verschmachten auf dem Wege (Vers 32). 15, 32 Und die Jünger? – Die Jünger hatten schon das Wunder mit den fünf Broten und den zwei Fischen vergessen, und sagten Ihm: Woher sollen wir soviel Brot nehmen in der Wüste, um eine so große Menge zu sättigen? Doch der Herr fragt sie ohne Vorwurf: Wie viele Brote habt ihr? Sie antworteten: Sieben und ein paar Fische (Vers 33–34). Und das donnernde Wunder wird wiederholt: Jesus nahm die sieben Brote und die Fische, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk. Und sie aßen alle und wurden satt; und sie sammelten auf, was an Brocken übrigblieb, sieben Körbe voll. Und die gegessen hatten, waren viertausend Mann, ausgenommen Frauen und Kinder (Vers 35–38) .
Durch viele Wunder führt der Herr Seine Jünger zum Bewußtsein Seiner Göttlichen Kraft, Seiner Allmacht. 15, 39 In einigen von diesen wie in dem gegenwärtigen läßt Er sie lebendig teilhaben, um in ihren Seelen eine größtmögliche Spur zu hinterlassen. Und nachdem Er so das Volk leiblich und die Jünger geistlich gesättigt hatte, entließ Er das Volk, stieg ins Boot und kam in das Gebiet von Magadan (Vers 39).
Durch dieses Wunder zeigt der Herr: die Frage nach dem Brot ist eine Frage nach Gott, eine Frage Christi, eine Gottmenschliche Frage. Der Menschenliebende Herr löst sie mit Liebe, mit Mitgefühl. Er führt sie auf eine geistliche Frage zurück. Der Beweis? Er segnet die sieben Brote und einige Fische und speist soviel Volk. Und außerdem: “sieben Körbe voll”. Der wichtigste Anlaß für dieses Wunder: Liebe, Mitgefühl. Für all diese gespeisten Menschen ist das wichtigste: der Herr Christus, Seine Göttliche Liebe, Göttliche Allmacht, Göttliche Wissenschaft. Darum vergaßen diese Menschen sich selbst, ihre Speise, ihren Trank. Ihre zweitrangige Sorge nimmt der mitfühlende Herr Selbst auf Sich. Denn sie streben zuerst nach dem Reich Gottes und Seiner Gerechtigkeit, während dies ihnen als Nebensächliches und Natürliches gegeben wird (Mt 6, 25–33). So verfahren alle wirklichen Christen: sie streben zunächst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit, und der barmherzige Heiland gibt ihnen für ihre Mühen das Übrige wie den Vögeln und den Lilien des Feldes.z Fortsetzung folgt

Bote 2000-2
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

KAPITEL 16
Das Zeichen vom Himmel (16, 1–4)
16, 1 Über physische Wunder bereitete der Heiland den Boden für geistliche Wunder vor. Aber selbst die vielzähligsten Wunder hören auf wunderbar zu sein, wenn der Mensch sie mit dem Auge der Bosheit und Ablehnung betrachtet. Die Pharisäer und Sadduzäer waren freiwillige Blinde. Wie zwei teuflische Augen gewähren ihnen Widerspenstigkeit und Bosheit nicht, das zu sehen, was das Volk deutlich sieht. Der Evangelist verkündet: Da traten die Pharisäer und Sadduzäer zu Jesus; die versuchten ihn und forderten ihn auf, daß er sie ein Zeichen vom Himmel sehen lasse (Vers 1). Sie sagten gleichsam zum Heiland: Du vollbringst Wunder vor dem einfachen Volk, aber zeige uns Wunder vom Himmel, uns, die wir die Gesetze des Himmels und der Erde kennen.
Der gütige Heiland ist ihnen nicht böse darüber, daß sie freiwillig unheilbar sind. Er mußte barmherzig sein gegenüber Menschen, die in ihrem Stolz so stur waren, die entschlossen waren, Ihm gegenüber so blind wie nur möglich zu sein. Die Pharisäer und Sadduzäer forderten ein Zeichen nicht, um an Ihn zu glauben, sondern um Ihn zu beschuldigen. Sie wollen sich für Menschen ausgeben, die bereit sind, himmlische Zeichen der Wunder des Heilands anzunehmen. Aber der Herr, der ihre Seelen kennt, nennt sie traurige Heuchler, denn sie denken eines und sagen etwas anderes. 16, 2–3 Des Abends sprecht ihr: Es wird ein schöner Tag werden, denn der Himmel ist rot . Und des Morgens sprecht ihr: es wird heute ein Unwetter kommen, denn der Himmel ist rot und trübe . Über die Zeichen des Himmels könnt ihr urteilen, könnt ihr dann nicht auch über die Zeichen der Zeit urteilen? (Vers 2–3; Mk. 8, 12). 
Die Zeit hat ihre Sprache. Durch die Menschwerdung des Wortes Gottes trat die Ewigkeit in die Zeit ein, und teilt uns ihre Wahrheiten in der Sprache der Zeit mit. Eines ist die jetzige Zeit, und sie sagt uns die einen Wahrheiten; etwas anderes ist die Zeit der Zweiten Wiederkehr unseres Herrn Christus: Sie wird uns die endgültigen Wahrheiten des Ewigen Evangeliums offenbaren. Jetzt brauchen wir Zeichen auf der Erde, wogegen die Zeichen im Himmel für die Zukunft aufgespart werden. Jetzt ist der Herr als Arzt gekommen, dann kommt Er als Richter. Jetzt ist Er als demütiger Mensch gekommen, dann kommt Er als Blitz in Seiner ganzen Herrlichkeit: Er wird das Himmelszelt aufrollen, die Sonne ihres Lichtes berauben. Jetzt ist er gekommen, um eines erbärmlichen, aber loskaufenden Todes zu sterben. An Ihm wird die Prophezeiung erfüllt: “Nicht streiten wird er und nicht schrien, und nicht wird von außen vernommen seine Stimme” (Jes. 42, 2). Die Pharisäer und Sadduzäer fordern Zeichen vom Himmel, und ignorieren bewußt das allergrößte Wunder Christi: die Vergebung der Sünden durch die Heilungen, durch die Auferweckungen, durch die Austreibung der Teufel. Und der Prophet Jonas? Er ist ganz ein Zeichen vom Himmel, ganz ein himmlisches Signal und Urbild der Auferstehung, jenes Herzens der Rettung und der Vergottung. 16, 4 Ein böses und abtrünniges Geschlecht fordert ein Zeichen; doch soll ihm kein Zeichen gegeben werden, es sei denn das Zeichen des Jonas (Vers 4). Aber sie mißachten gerade dieses Zeichen absichtlich. Deshalb ließ der Herr sie stehen und ging davon (Vers 4)1.
Zeichen vom Himmel? Ist nicht der Herr Christus Selbst das größte Zeichen vom Himmel? Und jedes Seiner Werke, jeder Seiner Gedanken, jedes Seiner Wort, all das ist ein Bruchstück des Himmels, alles ist ein Zeichen vom Himmel. Wer in Ihm nicht Gott und den Himmel sieht, sieht sie nirgends, weder im Himmel noch auf der Erde. Und ist die Erde selbst nicht etwa ein Zeichen vom Himmel? Lebt nicht etwa alles, was auf ihr ist, durch den Himmel? Ist etwa nicht über alles, was ihr zugehört, der Himmel und das Himmlische ausgegossen? Es bleibt den irdischen Blinden nur noch eines übrig, das größte und abschließende Wunder vom Himmel: Der Tod und die Auferstehung des Gottmenschen von den Toten. Der, welcher auch dieses Wunder nicht auf den Himmel und den Gottmenschen bezieht, ist hoffnungslos blind, taub und geistig tot. Deshalb verwirft der Heiland mit Empörung die Forderung der Pharisäer und Sadduzäer als die eines bösen und abtrünnigen Geschlechtes.

DER PHARISÄISCHE 
UND SADDUZÄISCHE SAUERTEIG (16, 4–12)
16, 5–12 “Der Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer”? Unglauben und Kleinglauben; ihr Herz ist Stolz. Ungeachtet aller himmlischen und göttlichen Zeichen, die der Herr Jesus zeigt und im Überfluß gibt, sehen die Pharisäer und Sadduzäer absichtlich nicht, erkennen in Ihm absichtlich nicht Gott und den Messias an. Sie leugnen mit böser Absicht die Gottmenschlichen Tatsachen, die “Werke” Christi, oder sie schreiben sie dem Beelzebub zu. Ein solcher Hohn des Heiligen Geistes – das ist der Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer. Das verwandelt den Menschen in einen selbsternannten Teufel, und diese Welt in die Hölle. Denn der Mensch macht Christus Gott absichtlich und bewußt für das Böse verantwortlich und verharrt bewußt und stur bei der Sünde als Methode des menschlichen Lebens und Bewußtseins und Gefühls. Der Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer ist gleich die Wissenschaft der Pharisäer und Sadduzäer; das Pharisäische ist trockener und schwindsüchtiger Formalismus und Bürokratismus. Das Sadduzäische ist Leugnung der Unsterblichkeit, der Auferstehung und des Lebens nach dem Tode (Vers 11–12). Keinerlei Zeichen vom Himmel werden sie überzeugen oder verändern.
Das Pharisäertum ist die gefährlichste Untugend für die Nachfolger Christi. Dagegen wandte sich Christus mit außerordentlichem Zorn und rücksichtsloser Verurteilung. Das bedeutet, daß im Pharisäertum furchtbares Übel beschlossen liegt, das das Gottähnliche Wesen des Menschen völlig entstellt. Die Wurzel des Pharisäertums liegt im Stolz. So wie ein wenig Sauerteig den ganzen Teig säuert, so steckt auch das Pharisäertum die ganze menschliche Persönlichkeit an. Die Nachfolger Christi erhalten außergewöhnliche Gottmenschliche Gaben und Kräfte, so daß sie stolz werden und zu Pharisäern werden können. Daher gebietet ihnen der Heiland: Seht zu und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer (Vers 6, 11). Seht zu und hütet euch: Ihr, die ihr Tote auferweckt, Teufel austreibt, Kranke heilt, denn der Sauerteig der Pharisäer würde diese Kraft und diese Gabe in euch zerstören. 
Der Heiland warnte Seine Jünger mit Recht, damit sie sich vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer hüteten, denn: Da dachten sie bei sich selbst und sprachen: Das wird’s sein, daß wir nicht haben Brot mit uns genommen (Vers 7). Der Heiland erinnert sie vorwurfsvoll an das Wunder der Sättigung Tausender Menschen mit einigen Broten und einer kleinen Menge Fisch. Und Er zeigt ihnen damit, daß es sich um Kleinglauben handelt, der sich zum Kleinglauben der Pharisäer entwickeln und ihnen so die Seelen verderben kann (Vers 8–12). Der Anfang des Pharisäertums ist: die Wunder Christi nicht anzuerkennen, sich ihrer nicht zu erinnern. Der Anfang des Pharisäertums ist: sich über die Maßen um das Brot zu sorgen und den Hunger zu fürchten, wenn neben dir der wundertätige und lebenspendende Herr Jesus ist, der das All speist.

WER IST JESUS? (16, 13-28)
16, 13–15 Wer ist Jesus? Zweifellos die geheimnisvollste und komplexeste Persönlichkeit im Menschengeschlecht. Wenn die Menschen sich bei rein menschlichen hoministischen Mitteln der Erkenntnis aufhalten, sehen sie in Ihm einen Propheten, Denker, Weisen, Riesen: Er ist für sie groß wie der Vorläufer, oder wie Elias, oder wie Jeremias, oder wie einer der Propheten und Riesen des Menschengeschlechts. In Ihm Gott, den Gottmenschen zu entdecken, das ist ein Geschenk Gottes an das menschliche Wesen. Es reicht nicht, zu entdecken, daß in Ihm Gott ist. Das ist zu wenig, und sogar sehr wenig. Aber zu entdecken, daß Er der fleischgewordene, menschgewordene Gott ist, das ist die vollkommene Erkenntnis Seines Geheimnisses; und als solche ein Geschenk Gottes. Der Mensch, das menschliche Wesen ist in solchem Maße durch die Sünden und den Tod zuschanden geworden, mit Schmach bedeckt, verweichlicht, von der Sterblichkeit angesteckt, daß das menschliche Bewußtsein den menschgewordenen Gott im Menschen sich weder vorstellen noch sehen kann. Vor Christus war der Mensch die Verkörperung der unterschiedlichsten Sünden und Schandtaten und Laster, obwohl er dafür geschaffen war, allmählich in sich das zu Gott Gehörende und Göttliche zu verkörpern.
16, 16 Das ganze Geheimnis Jesu liegt darin: Der Menschensohn ist gleichzeitig auch der Sohn des lebendigen Gottes; das aber heißt: vollkommener Mensch und vollkommener Gott = Gottmensch. Und als solcher ist Er Christus, der Messias, der Retter; unvergleichlich mehr als irgendein Prophet oder alle Propheten und Gottesmenschen zusammen. Menschensohn – Sohn des lebendigen Gottes: Gott = Vater; Vaterschaft Gottes hinsichtlich des Menschen, der menschlichen Natur, dem Menschengeschlecht. Ein völlig neues Verhältnis zwischen Mensch und Gott: Beziehung von Vater zu Sohn und Sohn zu Vater. Das Menschengeschlecht – Gottes Familie und dafür auch geschaffen. Daß aber das Menschengeschlecht von Gott abgefallen ist und in Ihm nicht seinen Vater erkennt, das ist ein Zeichen dafür, daß die Sünde, der Tod und der Teufel sich zwischen das Menschengeschlecht und Gott gelegt haben. Durch Seine Gottmenschliche Heilsökonomie, die Kirche nämlich, erneuert der Herr Christus als Gottessohn und Menschensohn das väterliche Verhältnis Gott Vaters zum Menschengeschlecht und schenkt ihm den Sieg über Tod, Sünde und Teufel. 
16, 17 Menschlicher Leib und Blut durch die Sünde verfinstert, durch das Böse leichenhaft geworden, durch den Tod abgetötet, sind nicht fähig, Gott in Jesus zu offenbaren, den Unsterblichen im Sterblichen zu sehen, den Ewigen im Zeitlichen. Weder Gefühle noch der gefühlsmäßige Verstand, noch irgend etwas Leibliches können das Geheimnis Jesu offenbaren. Hier ist das unmittelbare Wirken Gottes auf die menschlichen Bewußtseinsorgane vonnöten. Hier verwandelt die göttliche Gnade den menschlichen Geist in den “Geist Christi”, und der Heilige Geist schenkt dem Menschen das, was das menschliche Auge nicht schaute und das menschliche Ohr nicht vernahm und das menschliche Herz nicht empfand (vgl. 1. Kor. 2, 7–15). Die Seligkeit des Apostels Petrus ist eben darin beschlossen: Gott wirkte in seiner Seele, in seinem Geist, und er denkt durch Gott, fühlt durch Gott, schaut mit Gott, und deshalb erkennt er in Jesus – den Gottmenschen und Messias. Trauer und Schrecknisse, Furcht und Verzweiflung entleeren die menschliche Seele, wenn der Mensch in Kategorien von Leib und Blut lebt, denkt, empfindet, wenn er sich von Körperlichem, Sinnlichem, Vergänglichem leiten läßt. Der Untermensch und Unmensch lebt ganz in solchen Dingen und deshalb sieht er nicht den Gottmenschen in Jesus, und er hat kein Heilmittel gegen den Tod und den selbstmörderischen Schrecken. Der europäische und asiatische Humanismus ist ganz auf dem Menschen als Fleisch und Blut begründet. Daher wird ihm auch die Offenbarung des Geheimnisses Jesu nicht zuteil, denn “man muß sich geistlich umschauen” (1. Kor. 2, 14).
Selig ist Petrus, denn durch ihn offenbarte Gott Vater die Hauptwahrheit der Persönlichkeit Christi. Der heilige Chrysostomus sagt: Petrus Worte drücken nicht menschliches Denken aus, sondern Göttliche Lehre. Und erfüllt wird das Wort des Heilands: “Niemand kennt den Vater außer dem Sohn; und niemand kennt den Sohn außer dem Vater; und wenn der Sohn es jemandem offenbaren will” (Mt. 11, 27; vgl. Lk. 10, 22). “Niemand kann zu Mir kommen, wenn ihn der Vater nicht anzieht, der Mich gesandt hat” (Mk. 6, 44). Das bedeutet, daß die Lehre des Heilands über die Christuserkenntnis und Gotteserkenntnis sehr deutlich ist: Den Sohn kann man nur durch den Vater erkennen, und den Vater kann man nur durch den Sohn erkennen. Der Heiland sagt zu Petrus: 16, 18 Und Ich sage dir, du bist Petrus, und auf diesem Stein – d.h. auf diesem Glaubensbekenntnis – werde Ich Meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwinden (Vers 18)2. Der Glaube an Christus als Gottessohn und Menschensohn als an den Gottmenschen – das ist die Grundlage der Kirche Christi. Die Einmaligkeit und Einheit der Persönlichkeit Christi garantiert auf ewig die Einheit und Einzigartigkeit der Kirche. Was der Gottmensch Christus ist, das ist auch Seine Kirche: Sie ist Sein Leib, Er ist das Haupt des Leibes. Er allein ist stärker als Sünde, Tod und Teufel, diese Hauptkräfte der Hölle, und mit Ihm und durch Ihn auch alle rechtgläubigen Glieder der Kirche. Gewappnet mit der “Waffenrüstung Gottes” (Eph. 6, 10–18) besiegen sie mit Hilfe der heiligen gottmenschlichen Geheimnisse und der heiligen gottmenschlichen Tugenden die Hölle und all ihre Kräfte.
Die Kirche gründet ganz auf dem Gottmenschen, ganz auf dem Glauben und der Überzeugung, daß Jesus der Gottmensch ist und deshalb der Messias, also der Retter von Sünde, Tod und Teufel. Der Gottmensch – und in Ihm der einzige wahre Mensch, wirkliche Mensch, sündlose Mensch, ewige Mensch, gottmenschliche Mensch. Ja, Gottmensch: Mit gottmenschlichen Kräften gründet und baut Er die Kirche, und verwandelt in ihr die Menschen zu gnadenvollen Gottmenschen. Alles in ihr ist gottmenschlich, unsterblich, ewig. Deshalb können die Höllenpforten sie nicht überwinden. Die Pforten der Hölle? – das sind der Tod und alle Mächte des Todes, die Sünden und alle Leidenschaften in ihnen und mit ihnen, und über allem die Teufel als die Schöpfer und Bewacher der Hölle und ihrer Hauptkraft, des Todes – des Todes, den die Sünden hervorbringen. Daß der Gottmensch die Grundfeste der Kirche ist, und nicht Petrus oder irgendein anderer Mensch oder alle Menschen zusammen, dafür ist der Beweis, daß nur Er den Tod und alle Mächte der Hölle besiegen kann und besiegt hat. Wäre die Kirche auf einem Menschen begründet, welcher Tod würde ihn nicht überwinden und welcher Teufel nicht besiegen? Durch den Gottmenschen Christus ist die Kirche stärker als alle Tode und alles Böse und alle Teufel. Er ist es, wodurch sie all diese sich unterwirft und besiegt. Indem Er ausschließlich Selbst in der Kirche wirkt, unterwirft der Gottmensch durch Seine Göttliche Kraft und durch Seine auserwählten Diener der Kirche die Hölle und all ihre Mächte. Durch Ihn herrschen Seine heiligen Apostel über Himmel und Erde. 
16, 19 Da sie Ihn besitzen, haben die Apostel die Schlüssel des Himmelreiches (Vers 19). Ins Himmelreich tritt man durch Ihn ein, den Gott des Himmels und der Erde, denn Er ist “die Tür für die Schafe” (Jo.10, 7). Dieselbe Wahrheit, dieselbe Gerechtigkeit, dieselben Gesetze gelten auf der Erde und im Himmel, gelten durch die Kirche, die als Gottmenschlicher Leib Christi ein und dieselbe ist auf der Erde und im Himmel. Durch die Kirche wird die Erde zum Himmel emporgehoben mit ihm gleichgesetzt und wird zum Himmel. Aber auch der Himmel neigt sich durch die Kirche zur Erde, wird mit ihr gleich und wird zur Erde. Durch die Kirche wird der Himmel geerdet und die Erde verhimmelt. All das ist das Werk und die Gabe des Gottmenschen unseres Herrn Jesus Christus (Kol. 1, 16–20; Eph. 1, 10–23).
Der Evangelist verkündet: Dann gebot Jesus Seinen Jüngern, niemandem zu sagen, daß Er der Christus sei (Vers 20). Warum? Weil die Zeit Jesu noch nicht gekommen war, weil zwischen der Auferstehung, diesem wichtigsten Zeichen, nach dem die Menschen Jesus als den Sohn Gottes erkennen werden, noch Golgatha stand, die Kreuzigung, das Leiden, der Tod. Angesichts all dessen – wer bleibt fest im Glauben, daß Christus der Gottessohn ist? Ja selbst Petrus wird sich von Ihm lossagen. Golgatha mit all seinen Schrecknissen wird zum fast unüberwindlichen Hindernis, daß die Menschen den Glauben bewahren, daß Jesus der Sohn Gottes ist. Wenn die Jünger jetzt Christus als den Messias ausrufen, wird das Volk durch Ihn in Versuchung geführt, wenn es Seine Leiden auf Golgatha und Seinen Tod sieht. Alle Leiden und Qualen Christi kann man nicht ohne des Heiligen Geist verstehen. Und selbst die Apostel, die den Herrn Christus lange begleiteten, erhielten allmählich Offenbarungen über Seine Gottheit, über Seine Gottmenschheit. Und selbst beim Letzten Abendmahl eröffnete der Heiland Seinen Jüngern nicht alles. Er sagte ihnen damals: “Ich habe noch vieles zu sagen, aber jetzt könnt ihr das nicht tragen” (Jo. 16, 12). 
16, 21 Dann ist verständlich, daß der Heiland Seinen Jüngern verbietet, von Ihm als dem Messias zu sprechen, denn für das einfache Volk war der Messianismus unverständlich, und es wäre gefährlich, ihm alle Geheimnisse vorzeitig zu offenbaren. Der Evangelist frohbotschaftet: Seit der Zeit fing Jesus an, Seinen Jüngern zu zeigen, wie er nach Jerusalem gehen und viel leiden müsse von den Ältesten und Hohepriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und am dritten Tage auferstehen (Vers 21). Seit der Zeit? Seit der Zeit, als die Jünger bekannten, daß Jesus der Gottessohn ist, von der Zeit an begann Jesus zu Seinen Jüngern von den Geheimnissen Seiner Persönlichkeit zu sprechen. Aber auch dann “verstanden sie nichts davon” (Lk. 18, 34).
Die Apostel konnten in keiner Weise durch die Leiden Christi zu Seiner Auferstehung durchdringen. Das Leiden des Messias war für sie sinnlos, denn die Leiden eines Sterblichen erlangen ihren Sinn und ihre Rechtfertigung nur in der Auferstehung.
Von der Zeit an spricht der Gottmensch offen von Seinem Tod, Leiden und Auferstehung. Warum von der Zeit an? Weil Er Seinen Jüngern in Seiner Person das vorewige Geheimnis der Kirche offenbarte, das Geheimnis Seiner alles besiegenden Gottmenschlichen Kraft, welche den Tod zerstört und die Hölle überwindet. Und sie wird die paradiesische Freude der Existenz durch die Auferstehung erleben, durch die auferstehende Kraft, welche keinerlei Tod beeinträchtigen kann. Das aber ist es gerade, was die sündige und sterbliche menschliche Logik nicht verstehen und annehmen kann. Der Apostel Petrus ist ein deutlicher Vertreter von dieser Logik: Herr, das verhüte Gott! Das widerfahre dir nur nicht! (Vers 22).
16, 22 Mußt Du etwa leiden und getötet werden? Du Göttlicher Helfer, unübertroffener Wundertäter, unerhörter Lehrer? Nein, das lassen wir nicht zu, wir verteidigen Dich! Du hast uns ja Kraft verliehen, Tote aufzuerwecken, Aussätzige zu reinigen, alle Krankheiten zu heilen, Macht über Dämonen zu haben. Werden wir allmächtige Wundertäter Dich etwa nicht vor Deinen Feinden und Quälern schützen?
16, 23 Auf all das antwortet der sanftmütige Heiland so scharf, wie niemals bisher: Geh von Mir, Satan! Du bist mir ein Ärgernis; denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist (Vers 23). Ein satanischer Gedanke und Plan, daß der Tod nicht besiegt wird, daß der Gottmensch nicht aufersteht und das Menschengeschlecht von Sünde, Tod und Teufel nicht gerettet wird! Das heißt, daß der Satan auch weiterhin durch Sünde und Tod das Menschengeschlecht in seiner Gewalt, in seiner Sklaverei hält. Die göttliche Idee aber, der Plan Gottes ist, daß der Gottmensch durch Seine Leiden, Tod und Auferstehung Sünde, Tod und Satan besiegt und so die Menschheit rettet. Das ist die göttliche Logik der Rettung, an die sich der Mensch gewöhnen muß, wenn er nicht Sklave des Satanismus bleiben will, Gefangener von Sünde, Tod und Teufel. Der Satanswunsch ist, die Rettung ohne Leiden, Tod und Auferstehung anzustreben; derart satanisch ist dieser Wunsch, daß der Heiland deshalb Seinen obersten Apostel und Bekenner als Satan bezeichnet. Den Retter von Leiden und Tod abzulenken, das bedeutet Ihn von der Auferstehung fernzuhalten; im Kreuz aber und der Auferstehung ist das Zentrum des Heils. Hätte der Herr Christus nicht gelitten und den Tod erduldet, so wäre das qualvollste Problem des menschlichen Wesens ungelöst geblieben, und er hätte kein Recht, Sich Menschensohn zu nennen. Leiden ist das Schicksal der Menschen auf der Erde, das wissen die Apostel sehr wohl. Daß aber das Leiden auch Schicksal des Menschensohnes auf Erden wird, das können sie in keiner Weise verstehen. Deshalb unterstreicht ihnen der Heiland die gottmenschliche Wahrheit des Evangeliums: Leiden – das ist das Schicksal nicht nur des Sohnes Gottes auf der Erde, sondern auch aller seiner Nachfolger. Und zwar als ein Leiden, das sie sich selber freiwillig auferlegen. 
16, 24 Der Evangelist frohbotschaftet: Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir (Vers 24). Der Mensch kann nicht Christus als Gott anerkennen und den Neigungen seines Herzens folgen. An Christus glauben bedeutet, sich von seinem sündigen Ich loszusagen. Der Glaube hat zwei Momente: einen negativen und einen positiven. Der negative – sich von sich loszusagen: Dieses sich umfaßt alles, was der Mensch in seiner Seele, in seinem Körper, in seinem Herzen, in seinem Gewissen, in seinem Willen trägt. Sich von sich selbst loszusagen, bedeutet nach dem heiligen Makarius dem Großen: sich von seiner “zweiten Seele” loszusagen, der Seele, die unsere Sünde in uns formte (Homil. XV, 35; P. gr. t. 34, col. 600). Wenn wir zu Christus Glauben fassen, sagen wir uns von jener Seele unserer Sünden los und fangen an, unserer gottgleichen Seele zu leben, die uns von Gott bei der Erschaffung des Menschen verliehen wurde. Und wir vervollkommnen sie durch die heiligen Mysterien des Evangeliums und die heiligen Tugenden des Evangeliums, mit dem Ziel, heranzuwachsen zur Reife des Mannesalters, zum vollen Maß der Fülle Christi und zwar konziliar mit allen Heiligen in der Kirche, die der Leib Christi ist (Eph. 4, 13; 3, 18; 4, 12). In welcher die Christen durch den Heiligen Geist zu “gnadebegabten Gottmenschen” werden, und so das Ziel erreichen, um dessentwillen sie auch von dem Dreisonnigen Herrn geschaffen wurden.
Was bedeutet sich von sich selbst lossagen? Es bedeutet: Sich von seiner sündigen Seele abwenden, seinem sündigen Willen, seinem sündigen Geist. Wenn der Mensch das tut, kreuzigt er sich wahrlich und trennt in sich das Reine vom Unreinen, das Sündige vom Sündlosen, das Göttliche vom Teuflischen. Der Mensch ist dann am Kreuz, und zwar an seinem Kreuz. Das Leiden, die Selbstkreuzigung werden zur Reinigung. Der Mensch kreuzigt all seine Sünden, entsagt seiner Eigenheit, seinem egoistischen Leben, verwirft seinen sündigen Eigenwillen und nimmt Christi Göttlichen Willen an als seinen weiteren Führer in seinem gesamten Dasein in der Zeit und in der Ewigkeit. Diese kreuzmäßige Selbstentäußerung teilt sich in zwei asketische Übungen. Die erste Askese ist, sein Kreuz aufzunehmen; die zweite ist, Christus nachzufolgen durch die heiligen Mysterien des Evangeliums und die heiligen Tugenden des Evangeliums. So baut sich der Mensch zum Christen auf. Sich nicht seiner selbst durch die Kreuzesliebe zu entsagen, aber Christus nachfolgen zu wollen, heißt ein Mensch zu sein, der sich hundert Mühlsteine an den Hals hängt und fliegen will. Das Wort Kreuz ist im Christentum ein Sammelbegriff und bedeutet alle Qualen und alle Leiden im Kampf des Christen mit den Sünden und Leidenschaften und Toden und Teufeln. Die Kreuze sind nicht einheitlich für alle Menschen. Jeder hat sein eigenes Kreuz, denn man kann nicht Christus angehören, Christ sein ohne Kreuz, ohne Kreuztragen, ohne Selbstkreuzigung. Das verkündet der Heiland: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir (Vers 25).
Die ganze gottmenschliche Heilsökonomie der Rettung und Vergöttlichung des Menschen wurde vom Gottmenschen Christus von Seiner Menschwerdung bis zur Himmelfahrt vollbracht und stellt die asketische Handlung des Gottmenschen Christus dar. Worin aber besteht die Askese und Aufgabe des Menschen? Dem Gottmenschen nachzufolgen und so Dessen Askese zu seiner eigenen zu machen. Und wie folgt man dem Gottmenschen nach? Durch Selbstverleugnung und die Aufnahme des eigenen Kreuzes, Selbstkreuzigung. Das heißt, nicht denken “was des Menschen ist” (Vers 23), sich nicht nach jenem menschlichem Maße zu richten, den Menschen nicht als höchstes Maß der Dinge anzusehen, sich von allem lossagen, auf dem der Mensch steht und existiert: Egoismus, Eigenliebe, Selbstzufriedenheit, Autarkie (Selbständigkeit); sich von sich lossagen, d.h. von allem, was der Mensch ausschließlich als ihm gehörig ansieht, wie sein Ich, wie seine Seele, wie sein Wesen, und sich vom Gottmenschen Christus erfüllen lassen (vgl. Kol. 2, 9–10; 3, 9–11). All das aber heißt: Sich in den Herrn Christus kleiden (Röm. 13, 14; Gal. 3, 27). 
Der christustragende Chrysostomus verkündet: “Niemand schäme sich also des ehrwürdigen Zeichens unserer Erlösung, der größten aller Wohltaten, durch die wir leben, durch die wir sind. Wir wollen vielmehr das Kreuz Christi wie eine Krone tragen. Denn durch das Kreuz wird ja unser ganzes Heil vollbracht. So oft jemand wiedergeboren wird, ist das Kreuz dabei; so oft er genährt wird mit jener geheimnisvollen Speise, so oft jemand geweiht wird, so oft irgendeine andere Handlung vorgenommen wird, überall steht dieses Zeichen des Sieges uns zur Seite. Deshalb zeichnen wir es voll Eifer auf die Häuser, Wände und Fenster, auf die Stirn und auf das Herz. Ist es doch das Sinnbild unserer Erlösung, unserer gemeinsamen Befreiung, sowie der Güte unseres Herrn. ‘Wie ein Lamm wurde er zur Schlachtung geführt’ (Jes. 53,7). So oft du dich also mit dem Kreuze bezeichnest, beherzige alles, was im Kreuze liegt, dämpfe den Zorn und alle übrigen Leidenschaften. Wenn du dich bekreuztest, erfülle deine Stirn mit großer Zuversicht, mache deine Seele frei. Ihr wisset doch sicherlich, wodurch wir die Freiheit von der Knechtschaft der Sünde erlangen. Nach den Worten des Apostel Paulus ‘Um einen Preis seid ihr erkauft worden; werdet nicht Sklaven der Menschen’ (1. Kor. 7, 23). Er will sagen: Bedenke, was für ein Preis für dich bezahlt worden ist und du wirst keines Menschen Knecht sein, das Kreuz nennt er nämlich einen Kaufpreis. Man darf das Kreuz aber nicht einfach nur mit dem Finger machen, sondern zuerst mit dem Herzen, voll innigen Glaubens. Wenn du es in dieser Weise auf deine Stirne zeichnest, dann wird dir kein unreiner Geist nahen, weil er die Waffe sieht, die ihm die Wunde geschlagen, das Schwert, das ihm den tödlichen Streich versetzte. Der Teufel erschaudert beim Anblick des Kreuzes, der Waffe, mit der Christus seine ganze Macht gebrochen und dem Drachen den Kopf abgehauen hat. Präge dir also diese Wahrheit tief ins Gedächtnis ein und drücke das Heil unserer Seelen an dein Herz. Denn dieses Kreuz hat die Welt erlöst und bekehrt, hat den Irrtum verscheucht, die Wahrheit gebracht, die Erde in einen Himmel verwandet, aus Menschen Engel gemacht. Mit dem Kreuze braucht man die Teufel nicht mehr zu fürchten, sondern darf sie verachten, ist der Tod kein Tod mehr, sondern nur ein Schlaf, sind alle uns feindlichen Mächte zu Boden gestreckt und niedergetreten worden.3 
Ohne freiwillige Selbstkreuzigung kann der Mensch nicht dem Gottmenschen nachfolgen. Die allerwahrste Frohbotschaft lautet: Welche aber Christus Jesus angehören, die haben ihr Fleisch gekreuzigt samt den Lüsten und Begierden (Gal. 5, 24). Das Bekenntnis eines jeden Christen ist: Von mir aber sei es ferne, mich zu rühmen, als allein des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus, durch welchen mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt (Gal. 6, 14). Dieses ist die höchste Regel des neuen, gottmenschlichen Lebens nach dem Evangelium: Und wie viele nach dieser Regel einhergehen, Friede und Barmherzigkeit sei über sie (Gal. 6, 16). Man kann nicht dem sündigen Selbst folgen und dem Gottmenschen. Dem Gottmenschen folgt der, der sich selbst verleugnet und sein Kreuz aufnimmt. Und das Kreuz? – das sind alle Leiden um des Herrn Christi willen, die der Mensch im Kampf mit den Sünden, mit den Leidenschaften, den Toden und den Teufeln auf sich nimmt. Nach den Regeln der Kriegsstrategie des Evangeliums: Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben (1. Tim. 6, 12; vgl. 1, 16). Das Kreuz? – das sind alle Sterben, alle Tode, die der Mensch um des Herrn Christi willen aufnimmt, um auf diese Weise die Auferstehung von den Toten zu erlangen, den Sieg über den Tod, und Ihn zu erkennen und die Kraft Seiner Auferstehung und die Gemeinschaft Seiner Leiden, und Seinem Tod zu ähneln (Phil. 3, 8–11).

16, 25 Der menschenliebende Herr frohbotschaftet: Denn wer sein Leben erhalten will, der wird’s verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden (Vers 25). – Alles, was Christus gehört, sich mit Hilfe der heiligen Mysterien und der heiligen Tugenden zu eigen zu machen, im Leibe Christi – der Kirche – lebend, das ist die einzige Art, in der der Mensch seine Seele für das ewige Leben bewahren kann. Seine Seele zu verlieren durch die Selbstkreuzigung, durch die Leiden um Christi willen, wenn der Mensch meint, nun sterbe ich ganz und denkt “Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?”, heißt eben sie zu finden; sie zu finden gereinigt, geheiligt, unsterblich gemacht, ewig, verchristlicht, vergottmenschlicht. Wer aber ohne den Herrn Christus seine Seele retten will, sie ohne Ihn ewig und selig machen will – der verliert sie. Zwei wertvollste und wichtigste Realitäten sind diese: Gott und Mensch, der Gottmensch und die menschliche Seele. Allein durch den Gottmenschen kann der Mensch seine Seele finden. Sucht er sie nicht durch Ihn, so findet er sie niemals. Deshalb sind die Christusfeinde gleichzeitig auch Seelenfeinde. Da sie Christus nicht anerkennen, erkennen sie auch ihre Seele nicht an, und ebensowenig in den sie umgebenden Menschen. Allein der Gottmensch verleiht dem Menschen die Kraft, sich als ewig zu empfinden, sich als ewig zu erkennen und sich als ewig aufzubauen. Durch diese gottmenschliche Kraft entdeckt er auch in anderen Menschen das Ewige, das Gottmenschliche, das Gottebenbildliche, das Göttliche, das Dreieinige = die Seele. Wer Gott nicht anerkennt, der erkannt auch die Seele nicht an; wer Gott verneint, der verneint auch die Seele. Atheisten sind gleichzeitig auch immer “Apsychisten”; Gottlose stets auch Seelenlose. Man muß von diesem Gefühl und Bewußtsein ausgehen: Alles, was mir gehört, alles Menschliche, ist ohne Christus nichts wert; all das ist “müßig”, all das ist trockener “Unrat” gegenüber Christus: ...und achte es für Unrat, auf daß ich Christus gewinne (Phil. 3, 8).

16, 26 Die Welt und die Seele: Die Welt mit all ihren Universen ist ein unvergleichlich geringerer Wert gegenüber der menschlichen Seele, denn sie ist gottebenbildlich, denn sie ist voll von göttlichen Kräften, unsterblichen göttlichen Werten. Die Seele ist das, was der Mensch als das ewig Seine empfindet als sich selbst, als das, was den ewigen Inhalt seines Selbstempfindens und Selbstbewußtseins ausmacht. Die Seele – das ist die Unsterblichkeit des Menschen, die Ewigkeit des Menschen. Und die Welt? – Sie ist etwas Äußerliches, etwas Begrenztes, Vergängliches. Durch nichts in der Welt, nicht einmal durch die ganze Welt kann der Mensch nicht seine Seele ersetzen, weder das Gewissen, noch die Paradiesesstimmung. Wodurch aus der Welt kann der Mensch seine gottähnliche und von Sünde, Tod und Teufel unsterbliche Seele freikaufen? Mit nichts außer dem Gottmenschen. Die Seele, die durch die Askese des Glaubens und des Gottmenschen die Leiblichkeit und Erdhaftigkeit überwindet und durch das asketische Werk der Liebe sich selbst um Christi willen aufopfert, findet sich in Christus: geschmückt, geheiligt, verchristet, für das ewige Leben bewahrt. Die Frohbotschaft des menschenliebenden Heilands lautet: Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele? Oder was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse? (Vers 26).
16, 27 Über der Welt und ebenso über der menschlichen Seele steht der Gottmensch als Retter und Richter. In Seiner Kirche gibt Er alle Mittel, alle Kräfte für die Rettung des Menschen von der Sünde, von Tod und Teufel, denn am Tag des Gerichts wird er einem jeden vergelten nach seinem Tun (Vers 27). Dessen Tun aber – das sind seine Gedanken, seine Gefühle, seine Worte, seine Werke; mit einem Wort sein ganzes Leben, von der Krippe bis zum Grab. Dieses Netz wird tagtäglich und allnächtlich gewoben am Kreuzweg des menschlichen Lebens. Der Mensch ist ein himmlisch-irdisches Wesen, weshalb auch seine Verantwortung himmlisch-irdisch ist: für jedes Gefühl, jedes Wort, jedes Werk. Denn alles zusammen und für sich bestimmt das ewige Leben des Menschen. 
Ob der Mensch dies will oder nicht, er erarbeitet sich im Laufe seines irdischen Lebens sein Verhältnis gegenüber Christus: entweder nähert er sich Ihm oder er entfernt sich von Ihm. Wieviel sich der Men

Bote 2000-3
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

KAPITEL 17
DIE VERKLÄRUNG DES HERRN (17, 1–13)
17, 1 Nachdem der Heiland Seinen Nachfolgern den Weg zum Reich Gottes gezeigt hat, zeigt Er ihnen sechs Tage später das Reich Gottes. Der Evangelist verkündet: Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg (Vers 1). – Warum nimmt der Heiland nur diese Jünger mit Sich auf den Berg? Weil sie die anderen Schüler übertrafen: Peter durch die Kraft seiner Liebe zu Christus, Johannes durch die besondere Liebe Christi zu ihm, und Jakobus durch die Antwort, die er mit seinem Bruder gab, daß sie den Kelch trinken können, den der Heiland trinken wird (Mt. 20, 22). Und nicht nur durch die Antwort allein, sondern auch durch seine Werke, denn der Heiland nannte sie “Donnersöhne = boan™rgeV”1. 17, 2 Im zweiten Vers heißt es: Und Er wurde verklärt vor ihnen, und Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und Seine Kleider wurden weiß wie das Licht (Vers 2).
Die Verklärung des Gottmenschen Christus? Tatsächlich ist die Verklärung die vollkommenste Gotteserscheinung (Theophanie): Gott wurde Mensch, wurde Leib, lebt im Leib, leuchtet aus dem Leib, um zu zeigen, daß auch der Körper, daß auch die Materie für den Herrn ist (1. Kor. 6, 13–20). Christus ist: e³kŽn to¨ Qeo¨ to¨ aoratou (Kol. 1, 15) = Ebenbild, Ikone, Abbild, Bild des unsichtbaren Gottes. Und Er, “das Ebenbild Gottes” und der Gottmensch, wurde verklärt, Sein ganzer Körper leuchtete in dem ewigen göttlichen Licht auf und erschien vergöttlicht, Göttlich. Mit Seiner Verklärung zeigte der Herr, daß auch der Körper dazu geschaffen ist, als Wohnstatt und “Stromleiter” des ewigen und ungeschaffenen Lichtes Gottes zu dienen, daß der ganze Gott in ihm, durch ihn und mit ihm wohnt. Als Neuer Adam zeigte der Herr dadurch, daß der menschliche Leib eben dafür geschaffen ist, daß Gott in ihm wohnt, und aus ihm leuchtet und glänzt, ihn von Kraft zu Kraft verklärt, und von Herrlichkeit zu Herrlichkeit.
Der Herr Christus wurde Mensch, um durch Sich als Gottmensch, als Kirche den Menschen zu einem Gottmenschen der Gnade nach zu verklären. Und zwar? Mit Hilfe der heiligen Mysterien und der heiligen Tugenden das menschliche Wesen mit Gott durchdringen, mit Gott erfüllen, mit dem Göttlichen Licht durchdringen, vergöttlichen. Und das geschieht mit jedem Gläubigen in der Kirche, die eben der Leib des Gottmenschen ist, und als solcher stets voll von verklärender Kraft; sie strahlt aus sich und durch sich immer von göttlichem Licht und verklärt dadurch, verchristet, vergottmenscht die Glieder der Kirche gemäß ihrer Askese im Evangelium. Die Kirche lebt ständig durch den Gottmenschen und durch alles, was zu Ihm gehört, denn in der Kirche setzt Er sich ganz fort und alles Ihm Gehörende in alle Zeitalter, ja auch Seine Verklärung selbst. Wenn es auch ein persönliches Erlebnis des Heilands ist, so verklärt es sich doch durch die Kirche in ein gemeinschaftliches Erlebnis. Die Weinrebe = der Gottmensch, und die Trauben daran leben immer durch den Gottmenschen. 
Allein der Gottmensch verwandelte vollkommen und gänzlich den Menschen durch Gott. Und alles, was Er brachte und schenkte, brachte und schenkte Er den Menschen mit dem Ziel, daß sie sich Seinem Beispiel folgend durch Gott verklären. Und das erfolgt im Gottmenschlichen Organismus der Kirche, welchem der Gottmensch Christus sowohl Leib als auch Haupt ist. Die neutestamentliche Frohbotschaft: Der Gottmensch Christus ist e³kŽn to¨ Qeo¨ to¨ aoratou (Kol. 1, 15) = Ebenbild, Ikone, Abbild, Bild des unsichtbaren Gottes. – Und dieses “Abbild des unsichtbaren Gottes”, Gott Logos wurde Mensch, um den “nach dem Ebenbild Gottes” geschaffenen Menschen, der dieses Ebenbild selbst durch die Sünde entstellt hatte, zu erneuern, zu verklären, und zwar in der Kirche, die Sein Leib ist (Kol. 1, 12–23). Und wir werden in der Kirche zu eben demselben Abbild verwandelt, jenem Ebenbild, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie von dem Geist des Herrn (2. Kor. 3, 18). 
Wesenhaftes Kennzeichen des Gottesreiches ist: die Materie leuchtet von Göttlichem Licht, und zwar nicht nur die Materie, aus der sich der Leib des Gottmenschen Christus zusammensetzt, sondern ebenso die, die Seinen Leib umgibt – der Kleidung. Nur in der Verklärung des Heilands wird die wahre Schönheit der Materie offenbar. Sie ist dazu berufen, Überträgerin des ewigen Göttlichen Lichtes zu sein: von ihm zu leuchten. In Seiner Verklärung offenbarte der Heiland den Plan Gottes hinsichtlich der Materie: Wohnstatt des Reiches Gottes zu sein.
17, 3 Der Evangelist frohbotschaftet: Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit Ihm (Vers 3). An der Offenbarung des Gottesreiches durch die Verklärung nehmen die zwei größten Propheten teil: Moses und Elias. Warum? Weil viele Christus für Elias oder irgendeinen Propheten hielten, und weil sie Ihn häufig als Übertreter des Gesetzes Moses’ anklagten. Und um zu zeigen, daß diese Beschuldigung Jesu ein Werk des Neides und der Bosheit ist, offenbart Gott in der Verklärung des Heilands, daß Moses und Elias Diener des Herrn Jesus sind. Der berühmte Gesetzgeber Moses erscheint und spricht mit Jesus bei Seiner Verklärung. Wäre Jesus ein Übertreter des Gesetzes Moses’, so würde Moses hier nicht als Sein Gesprächspartner und Diener auftreten. Wäre Jesus nicht der Sohn Gottes, so würde der feurige Elias, der um die Werke Gottes von cherubischem Eifer brennt, nicht zustimmen, sich Jesus zu unterwerfen und zu gehorchen. Sowohl Moses als auch Elias sind unsterblich: einer – der Vertreter der Verstorbenen, der andere – Vertreter der Lebenden, denn er war lebend in den Himmel erhoben. Und der eine wie der andere erscheinen als Diener des Herrn Jesus. Und damit beweisen sie, daß Jesus über die Lebenden und die Toten Macht hat. Moses, der starb und dessen Tod in der Bibel beschrieben ist, erscheint bei der Verklärung des Heilands als Lebendiger. Damit wollte der Heiland Seinen Jüngern Mut machen, damit sie Kreuz und Tod nicht fürchten.
Im dritten Vers ist gesagt: “die redeten mit Ihm “. Wovon sprachen sie? Diese Frage beantwortet der Evangelist Lukas in seiner Beschreibung der Verklärung des Heilands: “und siehe, zwei Männer redeten mit ihm, welche waren Mose und Elia” (Lk. 9, 30–31). – Sie sprachen also mit dem Herrn Jesus über Seine Gottmenschliche Heilsökonomie, die Ihm durch die Leiden und Auferstehung zu vollbringen bevorstand. Dadurch wurde den Jüngern auch eröffnet, daß der Messias auf der Erde ein Leidensdulder sein muß, wie der Prophet Jesajas (53, 3–12) prophezeit hatte.
Zweifellos ist die Verklärung des Heilands die Einführung zu Seiner Auferstehung, Vorbereitung und Voraussetzung. Tatsächlich ist das eine vom anderen nicht zu trennen: Sowohl die Verklärung als auch die Auferstehung geschieht durch Gott, durch den Gottmenschen. Ein organisches Ganzes: in der Kirche und in der Person des Gottmenschen. Offenbar ist im Licht der Verklärung das gesamte Gottmenschliche Heilswerk erkennbar. Die Verklärung als Bestandteil der Heilsökonomie wird nur durch die abschließende Tat jenes Heilswerkes deutlich: in der Gottmenschlichen Auferstehung. Deshalb befiehlt der Heiland auch den drei Zeugen Seiner Verklärung: Sagt niemandem von dieser Erscheinung, bis der Menschensohn von den Toten aufersteht (Vers 9).
17, 4 Zur Auferstehung kann man nicht anders gelangen als über die Verklärung. Die Verklärung – das ist ein so unerklärliches Licht, und Freude und Seligkeit für die menschliche Natur, daß der begeisterte Wunsch und die eifrige Bitte des Petrus völlig gerechtfertigt ist: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so wollen wir hier drei Hütten bauen, Dir eine, Mose eine und Elia eine (Vers 4). Petrus schlug das vor, weil er hörte, wie Moses und Elias mit dem Heiland von Seinem Leiden sprechen, vom Kreuz und allen Leiden von Golgatha nach dem Einzug nach Jerusalem. Und in der Angst um den Herrn Jesus schlug Petrus vor hier zu bleiben, auf dem Berg Thabor; hier ist gut sein; gut, denn hier ist Elias, der Feuer vom Himmel führt; den hier ist Moses, der mit Gott sprach; und niemand wird wissen, daß wir hier sind. 
17, 5 Offensichtlich konnte der Apostel Petrus noch nicht die Notwendigkeit der Gottmenschlichen Leiden, des Todes und der Auferstehung erkennen. Deshalb auch erinnert Gott aus einer glänzenden Wolke daran: “Ihm sollt ihr gehorchen” (Vers 5); d.h. Er allein weiß, was zur Gottmenschlichen Heilsökonomie gehört. Das Licht spricht – das ist erhaben und furchterregend. Deshalb “fielen die Jünger auf ihr Angesicht und erschraken sehr” (Vers 6). Licht spricht zu Saulus auf seinem Weg nach Damaskus. Daher hat Saulus solche Furcht. Verklärung – Veränderung der Farbe des menschlichen Körpers in Licht: alles löst sich in Licht auf, und ergießt sich und fließt über und löst sich auf. Als sei der Leib Christi aus demselben Material gewoben wie das Licht. Es zeigt sich, daß die ganze Materie aus Licht besteht, aus Lichtkörnern, aus Lichtatomen. Nach der Verklärung des Heilands zu schließen, besteht die Materie dem Wesen nach aus Licht und ist auf das Licht als ihre Ur-Wesentlichkeit und Ur-Natur zurückzuführen. Der Gottmensch und Seine ganze Schöpfung spricht durch das Licht, denkt durch das Licht, lebt durch das Licht, wirkt durch das Licht (Jo. 8, 12; 1, 4–9; 1 Thess. 5, 5). Durch die Sünde haben die Menschen das Dunkel in sich gezogen und in die sie umgebende Welt. Hieraus entsteht all unser menschliches Stolpern und Fallen und Untergehen. Der Gottmensch verklärte Sich um uns zu zeigen, daß wir auf dem Weg zur Auferstehung die Verklärung all dessen brauchen, was uns eigen ist: des Herzens, und Geistes, und des Willens, und der Seele und des Leibes. Sind wir Christen? – Dann verklären wir uns in das Ebenbild Christi von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie durch den Geist des Herrn (2. Kor. 3, 18; 1. Kor. 15, 48–49; Phil. 3, 20–21). 
17, 7–8 Die Augenzeugen der Verklärung des Heilands, die drei Jünger, konnten nicht ohne Furcht und Schrecken das ungewöhnliche Licht der Verklärung ertragen. Als sie Moses und Elias als Lebende schauten, die leuchtende Wolke sahen und die Stimme Gottes aus der Wolke hörten, fielen die Jünger auf ihr Angesicht und erschraken sehr”(Vers 6). Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht! (Vers 7). “Gott lebt im unzugänglichen Lichte” (1. Tim. 6, 16). Wenn ein Mensch an dieses Licht herantritt, muß ihn Furcht befallen. Aber der Heiland erklärt Seinen Jüngern nicht, was sie geschaut haben. Er läßt sie selbst darüber nachdenken und dieses Ereignis mit Sinn füllen. In Seiner wunderbaren Verklärung erzählte der Heiland nicht von Sich als Gott, sondern zeigte Sich als Gott. Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein (Vers 8). 
17, 9 Der Evangelist frohbotschaftet: Und als sie vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr sollt von dieser Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist (Vers 9). – Der Heiland sagte nicht nur, sondern verbot Seinen Jüngern, zu irgend jemandem von Seiner Verklärung zu sprechen, solange Er nicht von den Toten aufersteht. Warum? Weil die Zeit noch nicht gekommen war, daß Seine ganze Gottmenschliche Heilsordnung offenbar würde, und da die Menschen Anstoß nehmen könnten, wenn sie Ihn am Kreuz sehen, wo Er leidet, stirbt und erniedrigt wird. Vor der Auferstehung hätte niemand an die Verklärung Christi geglaubt. Erst die Auferstehung Christi bietet genügend Grund, daß der Mensch an alle Wunder Christi glauben kann, die er vor Seiner Auferstehung vollbrachte. Nach der Auferstehung konnten die Jünger nicht in Versuchung geführt werden, da sie den Heiligen Geist empfangen hatten, den “Geist der Wahrheit”, der sie in alle Wahrheit über Jesus Christus und Seine Gottmenschliche Heilsordnung einführte, einschließlich des Geheimnisses der Verklärung selbst. 
17, 10 Nach der Verklärung entstand bei einigen der Jünger die berechtigte Überzeugung, daß Jesus der Messias ist. Davon überzeugt, fragten Seine Jünger Ihn und sprachen: Warum sagen denn die Schriftgelehrten, zuerst müsse Elia kommen? (Vers 10). Ja, Du der Messias bist hier, aber Dein Vorläufer Elias ist nicht da. Zur Zeit des Heilands gab es bei den Juden die Meinung, daß Elias kommen und den Weg des Messias bereiten wird. Diese Annahme bewog die Juden dazu, aus Jerusalem Priester und Leviten zu Johannes schicken, die den Vorläufer fragten: “Wer bist du? Bist du Elias? Er antwortete: nein” (Jo. 1, 19–21). Dieser Glaube der Juden war auf der Prophezeiung des Maleachi begründet (Mal. 4. 5–6). Das bekräftigte der Heiland Selbst mit Seiner Antwort auf die von den Jüngern gestellte Frage. Der Evangelist verkündet: Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Elia soll freilich kommen und alles zurechtbringen. Doch ich sage euch: Elia ist schon gekommen, aber sie haben ihn nicht erkannt, sondern haben mit ihm getan, was sie wollten. So wird auch der Menschensohn durch sie leiden müssen. Da verstanden die Jünger, daß er von Johannes dem Täufer zu ihnen geredet hatte (Vers 11–13).
Die Prophezeiung des Maleachi, sagt der Heiland, ist in der Person und dem Wirken Johannes des Täufers erfüllt worden. Denn Johannes ist eben jener Elias, der kommen sollte und der bereits gekommen ist. Das verkündete der Engel des Herrn dem Vater des Vorläufers, dem Priester Zacharias (Lk. 1, 17). In den Worten des Engels ist der Hinweis auf die Voraussage des Propheten Maleachi deutlich zu erkennen. Der Heiland sagt: Elia ist schon gekommen, “aber sie haben ihn nicht erkannt”. – Das bedeutet: des jüdische Volk hat den Vorläufer Johannes nicht als Vorläufer des Messias erkannt, noch das Wesen des messianischen Werkes verstanden, “sondern haben mit ihm getan, was sie wollten”. – Der selige Theophylakt sagt: Da die Juden zuließen, daß Herodes den Vorläufer umbrachte, wurden sie selbst zu seinen Mördern2.
In der Welt der Sünde und des Todes ist Leiden und Tod das Los selbst des Messias und Seines Vorläufers in der Gottmenschlichen Heilsordnung und dem Vergottungswerk des Messias. Die Verklärung des Messias aber ist das “Reich Gottes” (Lk 9, 27) vor der Auferstehung; es ist das “Reich Gottes in der Macht” vor der Auferstehung, das Reich der Auferstehung und des Sieges über den Tod des Gottmenschen selbst und aller Glieder Seines Gottmenschlichen Leibes – der Kirche. Zweifellos ist die Verklärung des Gottmenschen und Herrn Christus vor Seiner Auferstehung das ewige Licht und die Kraft der Auferstehung: über alles Menschliche ergießt sich und fließt das Licht und die Kraft der Auferstehung; das zu erleben, das zu kosten, bedeutet: “den Tod nicht kosten” (Mt. 16, 28; Mk. 9, 1; Lk. 9, 27), die Auferstehung und das ewige Leben vorausfühlen, vorauskosten und die ganze “große Barmherzigkeit”, die der wunderbare Herr Christus durch Seine Auferstehung über alles Menschliche ergießt.

DIE HEILUNG DES MONDSÜCHTIGEN 17, 14–21
17, 14–18 Die Sünde ist der Mißbrauch des freien Willens. Das ist die kirchenväterliche Definition jeglicher Sünde, sowohl menschlicher als auch teuflischer. Der Teufel, einstiger Erzengel, erhob sich freiwillig und frei gegen Gott mit dem Ansinnen, Ihn zu ersetzen, und in diesem Stolz und in dieser Sünde schlug er völlig Wurzeln, verkörperte sich, und erklärte dies für sein Wesen und sein Charakteristikum. Das ist die Grundsünde des Teufels, die teuflische All-Sünde. Und das Heilmittel? – Der Gottmensch mit Seiner allmächtigen Göttlichen Kraft. Und wie wird Er uns zugänglich? Durch unseren Glauben an Ihn. Denn durch unseren Glauben an Ihn, wird alles, was Ihm eigen ist, zum unseren, und wir Menschen werden durch Ihn und in Ihm zu Gottmenschen der Gnade nach. Gottmenschen der Gnade nach zu werden, ist das Ziel des menschlichen Daseins. Dafür ist der Mensch ja auch nach Gottes Ebenbild geschaffen. Die gott-ebendbildliche Seele des Menschen strebt natürlich Gott zu, sie ist Gott-zentrisch; sie führt ihn zum Gottmenschen Christus, und verwandelt ihn in Seinem Leib, der Kirche, mit Hilfe der heiligen Mysterien und der heiligen Tugenden zum Gottmenschen der Gnade nach. 
In der Heilung des Mondsüchtigen zeigt sich die Göttliche Allmacht des Herrn Christus, und wie sie zu unserer, menschlichen wird, so daß jeder Christ zusammen mit dem Apostel Paulus freudig sagen kann: “Alles kann ich in Christus, Der mir Kraft verleiht” (Phil. 4, 13). Dabei wird die Diagnose eindeutig gestellt und deutlich das Heilmittel verordnet. Die Krankheit: Unglaube; die Arznei: Glaube, der durch Gebet und Fasten lebt und wirkt. Der Ablauf der Heilung zeigt das alles: Sowohl den Unglauben des Vaters, als auch den Kleinglauben der Jünger (Mk. 9, 17–31; Lk. 9, 38–43). “Der stumme Geist” hatte so sehr von dem Jüngling Besitz ergriffen, und war so stark, daß die Jünger “ihn nicht austreiben” konnten. Wo ist das Versprechen: “die Macht über die unreinen Geister (Mt. 10, 1)? Diese Macht hatte sie verlassen. Warum? Wegen des Unglaubens” (Vers 20), denn die Jünger waren zweifellos vor der Kraft des stummen Geistes und den Leiden des Jünglings erschrocken. Daher der Vorwurf und die Trauer des Heilands: “O du ungläubiges und verkehrtes Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch erdulden?” (Vers 17) bezieht sich teilweise auch auf die Jünger. Denn trotz all Seiner und ihrer früheren Wunder waren sie nicht von Seiner und ihrer Allmacht überzeugt. Der unglückliche Vater ist von der schrecklichen Macht des stummen Geistes so gequält und so verschreckt und eingeschüchtert, daß er weder Kraft noch Mut verspürt, um an die Heilung seines Sohnes zu glauben. In seinem Kleinglauben sagt er auch zum Herrn: “Wenn Du etwas kannst, dann erbarme Dich unser und hilf uns!” (Mk. 9, 22). Darauf eröffnet der Heiland das Allheilmittel gegen unreine Geister und sagt dem vergrämten Vater: “Kannst du nur irgendwie glauben, alles ist dem Glaubenden möglich – panta dunata tw piste¨onti” (Mk. 9, 23). Alles ist dem Menschen möglich, der mit ganzem Herzen, mit ganzem Wesen, mit ganzer Seele an den Gottmenschen Christus glaubt, an Seine Allmacht. Doch was ist der Mensch? Mit einem unreinen Geist – Schwäche und Ohnmacht, mit dem Gottmenschen – Kraft und Allmacht. Diese Gottmenschliche Kraft macht auch den Menschen zum wahren Menschen, so wie er sein soll und mit welchen Möglichkeiten und mit welchem Ziel ihn Gott auch geschaffen hat. Tatsächlich ist der Gottmensch der wahre Mensch, normale Mensch. Diese Normalität erreicht ein jeder Mensch auf dem Weg über die Vergottmenschlichung mit Hilfe des Glaubens an den Gottmenschen. Und das: mit Hilfe eines Lebens durch den Gottmenschen und um des Gottmenschen willen. Solange der Mensch des Glaubens an den Gottmenschen entbehrt, stößt ihn jegliche Sünde in den ewigen Tod. 
“Alles ist dem Glaubenden möglich” (Mk. 9, 23); – das ist die ganze neutestamentliche Anthropologie, die ganze neutestamentliche Lehre vom Menschen. Der Mensch steht über allem, der Mensch ist höher als alles: erhaben über die Sünde, erhaben über den Teufel, erhaben über Zeit und Raum, erhaben über die Vergänglichkeit, erhaben über die Welt3, ganz in Gott, ganz – Gott der Gnade nach, ganz in der Ewigkeit, denn ganz in der Gottmenschlichkeit. Es gibt keine freudigere Anthropologie als die des Evangeliums. Und keine wirklichere. Gott gibt alles dem Menschen, der sich durch seinen Glauben Gott anvertraut. Nach dem Vorbild des Gottmenschen: Gott Logos gab Sich ganz dem Menschen anheim, wurde ganz Mensch, damit sich der Mensch ganz dem Gottmenschen anvertraue, und so ganz Gott der Gnade nach werde. Von Menschen wird ebensoviel verlangt, wie ihm gegeben wird. Mehr noch: alles ist dem Willen des Menschen überantwortet: “wenn du irgendwie glauben kannst” (Mk. 9, 23). Wenn du entschieden sagst: ich kann – dann gehört dir sofort auch das: “alles ist dem Glaubenden möglich” (Mk. 9, 23).
Der von Sünde und Sterblichkeit gelähmte Mensch, der von Gott geschaffene Mensch hat immer mehr die göttliche Merkmalen verloren, da er sie freiwillig in sich verminderte und immer mehr an die Macht und die Kraft des Bösen glaubte, bis von ihm schließlich das Gefühl völliger Ohnmacht vor Tod, Sünde und Teufel Besitz ergriff. Und darin: Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Der Vater des vom Teufel besessenen Jünglings drückt auch so nicht nur seine eigene, sondern auch die allgemein menschliche Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit aus, wenn er mit Tränen dem Herrn Jesus antwortet: “Ich glaube, Herr! hilf meinem Unglauben” (Mk. 9, 24). Nie kann ich genügend mit dem Verstand glauben. In mir und um mich herum ist soviel Böses, soviel Tod, soviel Dämonen, soviel Sünden, daß ich einfach nicht mit dem Verstand glauben kann, daß mir “alles möglich ist”. Ich fühle: nur Allglaube gewährt Allmacht. Allglaube aber heißt: mit dem ganzen Verstand, mit dem ganzen Herzen, dem ganzen Denken, mit ganzer Kraft an den Gottmenschen den Herrn Christus glauben; nach Paulus alles für “Eitelkeit” halten, für “Splitter” um des auferstandenen Christus willen, der göttlich und gottmenschlich für den Menschen alles und alle ist (Phil 3, 8–11). Entsprechend dem Glauben wird dem Menschen auch göttliche und gottmenschliche Kraft verliehen; allumfassendem Glauben wird Allmacht gegeben. Das ist offenkundig bei vollkommenen Christen: den Heiligen. Beispiel wahren Glaubens sind eben die Heiligen. SIe sind das lebendige Evangelium. Deshalb sind sie auch Wundertäter. Durch sie kommt das Himmelreich auf die Erde herab und lebt auf der Erde als Kirche. 
Den ganzen Weg vom Unglauben zum Allglauben haben die Apostel durchschritten. Und das heißt: den ganzen Weg von der Ohnmacht zur Allmacht. 17, 19–20 In diesem Fall offenbart der Heiland die Quelle ihrer Ohnmacht vor dem unreinen Geist: “Wegen eures Kleinglaubens” – dia tªn apist³an ¨mŽn” (Vers 20). Später wuchsen sie zum Allglauben an den wunderbaren Herrn Jesus heran; und zwar mit Hilfe des Heiligen Geistes, gekleidet “in Kraft von oben” (Lk. 24, 49). In diesem Fall, bei der Heilung des Mondsüchtigen verschreibt der Heiland die Regel, eröffnet das Gesetz des neuen Lebens, des neuen Menschen, des allgläubigen und allmächtigen Menschen. Der Retter frohbotschaftet: “Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein” (Vers 20).
Was heißt das? Es heißt: Der Glaube siedelt den ganzen Gott im Menschen an, mit all Seinen Kräften und Eigenheiten. Beispiel? – Der heilige Apostel Paulus: “Nicht mehr ich lebe, sondern in mir lebt Christus” (Gal 2, 20). Wo aber Christus ist, da ist auch das Gesetz und die Macht: das Gesetz der Logik – der All-Logik, das Gesetz des Geistes – des allumfassenden Geistes, das Gesetz der Natur – der All-Natur. Dann wird alles Göttliche und Gott Eigene logisch und natürlich und wirklich; dann wird dem Menschen alles Göttliche wirklich möglich. Dann kann der verchristete Mensch wirklich alles außer dem Bösen, denn er will alles außer dem Bösen. Was außer dem Bösen ist nicht alles einem solchen Paulus, Petrus, Johannes möglich? Sagte und bezeugte nicht einer von ihnen im Namen aller Gläubigen: Alles kann ich in Christus Jesus, Der mir Kraft verleiht (Phil. 4, 13). Hauptsache: durch die Willenskraft die ganze eigene Seele zu Gott zu führen und zu bringen, das ganze Herz, seinen ganzen Geist, seine ganze Kraft, sie zu einem asketischen Handeln zu vereinen – zum Glauben an den Gottmenschen, und dann werden dem Menschen alle göttlichen Kräfte und alle göttlichen Tugenden geschenkt, die er zum ewigen Leben in beiden Welten braucht (2. Petr. 1, 3–8). 
Über diese Wahrheiten verkündet der christusweise Chrysostomos: “Du fragst vielleicht: Wo haben sie je einen Berg versetzt? Ich antworte: Sie haben noch viel größere Wunder verrichtet durch Tausende von Totenerweckungen. Denn einen Berg zu versetzen steht auf gleicher Stufe wie eine Leiche dem Tode entreißen. Übrigens wird auch berichtet, daß in späterer Zeit manche, die an Heiligkeit weit hinter den Aposteln standen, im Notfalle Berge versetzt haben*. Daraus folgt offenbar, daß auch sie es im Notfall getan hätten. Wenn aber damals kein solcher Notfall eintrat, so brauchst du deshalb nichts an ihnen auszusetzen. Wenn sie nun keine Berge versetzten, so liegt der Grund nicht darin, daß sie es nicht vermocht hätten, sondern weil sie nicht wollten, da kein triftiger Anlaß dazu vorlag. Weil aber überhaupt nicht alle ihre Wundertaten aufgeschrieben worden sind, kann es wohl sein, daß sie auch Berge versetzt haben, ohne daß es aufgezeichnet worden ist.
Zu jener Zeit waren sie aber noch recht unvollkommen. Und inwiefern? Hatten sie damals auch diesen Glauben nicht? Nein. Sie waren eben nicht immer dieselben. Petrus wird das eine Mal selig gepriesen, dann wieder getadelt; die übrigen werden vom Herrn getadelt, weil sie in ihrem Unverstande das Gleichnis vom Sauerteige nicht begriffen. So zeigten sich die Jünger auch in unserem Falle schwach; vor dem Kreuzestode Christi waren sie eben noch gar zu unvollkommen. Hier nun handelt er vom Glauben an die Wunder und weist auf das Senfkorn hin, um die unbeschreibliche Kraft des Glaubens zu kennzeichnen. Das Senfkorn ist dem Äußeren nach zwar klein, aber an Leistungsfähigkeit übertrifft es alle Samenkörner. Das Senfkörnlein also führt er an, um zu zeigen, daß auch das geringste Maß echten Glaubens Großes vermag. Aber auch das genügt ihm nicht; er spricht auch noch vom Berge versetzen; ja er geht noch weiter und sagt: “Nichts wird euch unmöglich sein.” Hier hast du nun Gelegenheit, die Tugend der Apostel und die Kraft des Heiligen Geistes zu bewundern; die Tugendhaftigkeit der Apostel, denn sie machen kein Hehl aus ihrer Schwäche; die Kraft des Hl. Geistes, weil er sie, die nicht einmal ein Senfkörnlein Glauben besaßen, nach und nach so weit emporhob, daß sogar Quellen und Ströme des Glaubens aus ihnen hervorbrechen.”4
17, 21 Was ist das, wovon der Glaube wächst, lebt und allmächtig wird? – Gebet und Fasten. “Nichts wird euch unmöglich sein”, wenn euer Glaube durch das Gebet und Fasten lebt, denn das Gebet überträgt den ganzen Menschen zu Gott, vertraut ihn Gott an, das Fasten aber beflügelt das Gebet, stärkt es, unterstützt es, damit es nicht kraftlos wird. Der Glaube ist ein Vogel mit zwei unverbrüchlichen Flügeln: Gebet und Fasten. Gebet und Fasten vertreiben aus dem Menschen jegliche Unreinheit, entwurzeln die Leidenschaften, vernichten die Sünden, erleuchten den Geist, machen den Körper keusch, vergottähnlichen die Seele. Wenn sie das tun, vertreiben sie aus dem Menschen jeglichen unreinen Geist – vom größten bis zum kleinsten, einen und alle zusammen. Deshalb sagte der Heiland auch: Diese Art wird nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben e³mª ™n proseucª ka³ nhste³a (Vers 21). Das beste und heilsamste Heilmittel gegen jeglichen Satanismus, Dämonismus, Unreinheit ist eben Gebet und Fasten: Glauben, der betet und fastet; Fasten, das glaubt und betet. Diese drei: Glaube, Gebet und Fasten stellen eben das gottmenschliche Allheilmittel des Evangeliums dar gegen jede Krankheit des Geistes und des Leibes. Beweis? – Die Heiligen, insbesondere die heiligen Faster, die Wüstenväter. Denn das ist die tugendhafte Triade des Evangeliums: Glaube, Gebet und Fasten, das ist ihre Art, ihre Methode des Daseins und des Denkens und des Empfindens und des Handelns. Als der menschenliebende Herr Sein Evangelium verkürzen wollte, führte Er es auf diese dreieinige Tugend zurück: Glaube, Gebet und Fasten. Läßt eine dieser Drei–Tugenden nach, dann werden auch die anderen beiden schwächer; erstarkt eine, dann erstarken mit ihr auch die übrigen zwei. Mit Hilfe dieser gnadenerfüllten Tugend-Triade wird der ganze Mensch gesund, wird geheilt von allen seelischen und körperlichen Gebrechen. Wo der rechte Glaube, Gebet und Fasten des Evangeliums ist, da ist der richtige Mensch, der normale Mensch, gesunde Mensch. Wo diese fehlen, da ist auch kein Mensch, sondern nur Splitter des Menschen, Menschenabfall: alles verkrüppelt, alles verzwergt, alles von Sünde, Tod und Teufel durchsetzt. Wo sie aber sind, da ist im Menschen alles gottgerichtet, alles verchristet, vergottet, verdreieinigt; da ist ein ganzheitlicher und gottebenbildlicher Mensch, ganz hineingewachsen in alle gottmenschlichen Unbegrenztheiten und Unendlichkeiten.

 

Bote 1997-2
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

Der Eindruck der Bergpredigt auf die Zuhörer

(7, 28–29) Der Ungewöhnliche Lehrer weckte durch Seine Bergpredigt einfache Menschenherzen auf. Seine schweren und erhabenen Gebote fielen nicht auf das Volk wie schwere Mühlsteine, sie bedrückten und verzauberten das Volk nicht, erschreckten nicht, sondern beschäftigten das Volk, verwunderten es. Das Heiige Evangelium verkündet: Und es begab sich, da Jesus diese Rede vollendet hatte, entsetzte sich das Volk über seine Lehre(Vers 28). Warum? Denn er lehrte mit Vollmacht und nicht wie ihre Schriftgelehrten (Vers 29). Das Volk staunte über den Inhalt und die Art der Lehre des Heilands: niemals hatte jemand Das gesagt, und niemand hatte jemals So gesprochen wie Er. Die Schriftgelehrten und Pharisäer sagten gewöhnlich: so gebietet das Gesetz und die Propheten. Der Herr Christus aber spricht mit ungekannter Kühnheit; so spricht Der, Der Macht hat, ewige Macht – zu retten und zu vernichten, zu begnadigen und zu verurteilen: “Ich aber sage euch”. Seine Lehre ist voll von Ewigkeit und Gottmenschlichkeit; voll von Himmel und himmlischen unvergänglichen Werten und Schätzen, denn Er spricht als Gottmensch, der nie etwas entleiht, sondern alles, was Ihm gehört, ist voll ewigen göttlichen Gehalts und Kraft. Er hat Macht über die menschlichen Seelen, über ihr Leben und ihren Tod, über Paradies und Hölle; durch die nicht dagewesene Süße und Lebenskraft und Unsterblichkeit und Gottmenschlichkeit Seiner Worte weckt Er Liebe zu Seiner Lehre. “Das Volk wunderte sich über seine Lehre”, denn sie strömt aus Seiner außergewöhnlich wunderbaren und wundertätigen Gottmenschlichen Persönlichkeit hervor, einer Persönlichkeit, derengleichen die Welt nicht gesehen hat.
Der gottweise Chrysostomos kündet: Angesichts der Schwere und Erhabenheit der vom Heiland dargelegten Gebote müßte das Volk bekümmert und ängstlich werden; aber die Macht des Lehrers war so groß, daß Er viele begeisterte und sehr erstaunte, und durch die Süße Seiner Lehre davon überzeugte, sich selbst dann, als Er aufhörte zu sprechen, nicht von Ihm zu entfernen. Darüberhinaus, als Er vom Berg herabstieg, verliefen sich die Hörer nicht, sondern begleiteten Ihn weiter, – so große Liebe erweckte Er gegenüber Seinen Worten. Doch über alles verwunderte sich das Volk über Seine Macht, da Er Seine Worte nicht im Namen von jemand anderem sprach, wie das der Prophet Moses getan hatte, sondern überall zeigt, daß Er Selbst Macht besitzt. Indem Er also die Gesetze vorschrieb, fügte er stets hinzu: “Ich aber sage euch”; und bei der Erwähnung des Letzten Tages erklärt Er Sich zum Richter, der sowohl die Strafen als auch die Belohnungen festsetzen wird1.


KAPITEL 8
Die Heilung des Aussätzingen

(8, 1–4) Die wunderbaren Heilungen verschiedener körperlicher und geistlicher Krankheiten sind nicht nur Einführung, sondern auch Nachwort zur Bergpredigt. Sie sind eine Art Körper, in den die geistliche Kraft und Macht Christi gekleidet ist. Seine gottmenschliche Lehre bekräftigt der Heiland durch gottmenschliche Werke. Wie Er lehrt, so handelt Er auch wie einer, der Macht besitzt; und alles, was Ihm gehört, ist um so vieles größer und höher als der Mensch wie der Gottmensch größer und erhabener ist als der Mensch. Das fühlt das einfache Volk mit seinem aufrichtigen und gutmütigen Herzen, und deshalb begleitet es Ihn begeistert und ehrlich. “Als er aber vom Berge herabging, folgte ihm eine große Menge. Und siehe, ein Aussätziger kam heran und fiel vor ihm nieder und sprach: Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen” (Vers 1–2).
Aussatz ist die schrecklichste und widerwärtigste Krankheit im Nahen Osten. Sie entwickelt sich allmählich: zuerst entstehen Flecken, gewöhnlich im Gesicht, um die Nase und Augen; danach breiten sie sich über die übrigen Teile des Körpers aus, bis die Narben schließlich den ganzen Körper bedecken; das Gesicht schwillt an, die Haut reißt, wird gefühllos, die Haare fallen aus, die Nase trocknet, der Gaumen fault, eine überlriechende Flüssigkeit tritt hervor, der Körper welkt, wird häßlich; manchmal fallen die Nägel ab, die Finger, Teile der Hände und Füße, der Gaumen zerfällt, bis der unglückliche Aussätzige schließlich in schrecklichen Qualen stirbt.
Der Aussatz ist eine ansteckende Krankheit. Der Prophet Moses gibt genaue und detaillierte Anweisungen zu dieser Krankheit (3. Mos. 13). Aussätzige wurden ausgesondert, nicht zur Gemeinschaft mit anderen zugelassen, damit sie sie nicht ansteckten; Priester waren verpflichtet, in allen Fällen die notwendigen Anweisungen zu geben.
Ein Aussätziger, verzweifelt und hilflos, tritt zu Jesus, tritt herbei mit grenzenlosem Glauben an die Macht und Allmacht Jesu. Er sagt nicht zum Herrn Jesus: Wenn du Gott bittest, oder wenn du zu Gott betest, sondern: wenn du willst, kannst du mich reinigen. Auch sagte er nicht: Herr, reinige mich!, sondern er überläßt alles Ihm, die Heilung überläßt er Seinem Willen; und er legt Zeugnis von Seiner höchsten Macht ab. Doch wenn die Denkweise des Aussätzigen fehlerhaft war? In diesem Fall mußte ihn Christus abweisen, zurechtweisen, berichtigen. Doch Er tat dies nicht. Im Gegenteil, Er bekräftigte und bestätigte alle Worte des Aussätzigen. Deshalb sagte Er auch nicht: Werde rein!, sondern: Ich will’s tun; sei rein! Auf diese Weise wird das Verständnis von der Macht Christi nicht zum Gedanken des Aussätzigen, sondern zum Gedanken Christi Selbst2.

Auf den von Herzen kommenden, grenzenlosen Glauben des Aussätzigen antwortet der mitleidige Heiland durch Seine gottmenschliche alles übersteigende Liebe: Und Jesus streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will’s tun; sei rein! Und sogleich wurde er von seinem Aussatz rein (Vers 3). Nach dem Gesetz Moses hält sich derjenige, der einen Aussätzigen berührt, selbst für aussätzig (3. Mos. 13, 3). Indem Christus den Aussätzigen berührte, zeigte Er, daß Er dem Gesetz nicht unterliegt und daß den Reinen keinerlei Unreinheit unrein machen kann3. Um zu zeigen, daß Er nicht als Diener heilt, sondern als Herr, Der über alle Krankheiten gebietet, berührt der Herr den Aussätzigen. Und Seine Hand, die den Aussatz berührte, wurde nicht aussätzig, sondern im Gegenteil, es wurde von der Berührung der heiligen Hand der Körper des Aussätzigen rein4.
Durch Sein” Ich will’s tun” zeigt der Herr Seine Göttliche Allmacht und Seine Göttliche Macht in Seiner Gottmenschlichen Person. Und unter der gottmenschlichen Wirkung des “ Ich will’s tun” des Heilands wurde der Aussätzige vom Aussatz gereinigt: Alle Wunden wurden geheilt, alle verfaulten Glieder des Körpers wurden erneuert, und vor den verwunderten Augen des Volkes erschien ein erneuerter, gesunder Mensch.
Und Christus sprach zu dem Geheilten: Sieh zu, sage es niemandem, sondern geh hin und zeige dich dem Priester und opfere die Gabe, die Mose befohlen hat, ihnen zum Zeugnis (Vers 4). – Der Herr gebietet dem Geheilten, niemandem etwas zu sagen, um ihn auf diese Weise vor Prahlerei und Ruhmsucht zu bewahren. Doch warum sagt Er dem Geheilten, er solle sich dem Priester zeigen und die Gabe opfern? Dafür, daß das Gesetz erfüllt werde. Wie der Heiland nicht überall das Gesetz verletzte, so beachtete Er es auch nicht überall. Er beachtete es nicht, um den Weg der künftigen höheren Weisheit nicht zu durchkreuzen; und Er beachtete es, um eine Zeitlang die schamlose Sprache der Juden zu zähmen und ihren Schwächen entgegenzukommen5.
“Zeige dich dem Priester “: denn der Priester hatte das Recht, die Reinigung eines Aussätzigen zu überprüfen, und ihn zur Gemeinschaft mit den Reinen zuzulasssen (Lev. 13, 14). “Und opfere die Gabe, die Mose befohlen hat, ihnen zum Zeugnis “. Moses, nicht Ich. – Auch hier verweist der Heiland auf Moses, um den Juden den Mund zu stopfen, damit sie nicht anfangen zu reden, daß Er Sich die Macht des Hohenpriesters zueignet. Auf diese Weise enthalten die Worte des Heilands einen solchen Gedanken in sich: Ich will nicht nur dem Moses nicht zuwiderhandeln oder den Priestern, sondern auch diejenigen, denen Ich Gutes getan habe, zwinge Ich dazu, daß sie sich ihnen unterwerfen6. – “Zum Zeugnis”: zum Zeugnis, daß Ich kein Gesetzesübertreter bin, kein Gegner Moses. Wenn man Mich als Gesetzesübertreter beschuldigen wird, dann wirst du Zeugnis dagegen ablegen, denn Ich trage dir auf, das darzubringen, was das Gesetz vorschreibt7


Die Heilung des Knechtes
des Hauptmanns
(8, 5–13)

8,5–6 Durch die Heilung des Knechtes des Hauptmanns beweist der Herr Christus in der Tat Seine in der Bergpredigt vorgetragene Lehre von der gottmenschlichen Liebe gegenüber allen Menschen. Der Hauptmann ist ein Heide, wenn auch der jüdischen Religion geneigt; doch sein Glaube an die wundertätige Kraft der Person Christi ist unermeßlich. Er tritt zu Jesus heran und fragt dabei und spricht: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große Qualen (Vers 5–6); er stirbt (Lk. 7, 2).
Der Hauptmann brachte seinen Knecht nicht auf dem Bett, da er glaubte, daß Christius auch von Weitem heilen kann. Nach der Ansicht des Heiligen Chrysostomos zeugt die Tatsache, daß der Hauptmann seinen Knecht nicht auf der Bahre brachte, von seinem großen Glauben, der weitaus größer war, als bei den Menschen, die den Gelähmten durch das Dach herabließen. Der Hauptmann glaubte und wußte klar, daß ein Wort Jesu reichen würde, um den Gelähmten aufstehen und gesund werden zu lassen. Deshalb hielt er es für überflüssig, ihn herzubringen. Und was tut Christus? Das, was Er früher nirgends tat. In allen anderen Fällen trug Er dem Wunsch des Bittstellers Rechnung, aber hier nimmt Er nicht nur den Wunsche des Hauptmanns an, sondern verspricht nicht nur den Knecht zu heilen, sondern auch in sein Haus zu kommen: Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen (Vers 7). Aber diese menschenliebende Bereitschaft des Heilands eröffnet dem riesigen Glauben des Hauptmanns die Möglichkeit, sich in eine unerhörte Beichte zu ergießen, und er spricht zerknirscht: Herr, ich bin nicht wert, daß du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. Denn auch ich bin ein Mensch, der Obrigkeit untertan, und habe Soldaten unter mir; und wenn ich zu einem sage: Geh hin!, so geht er; und zu einem andern: Komm her!, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er’s (Vers 8–9)8.
Vor der wuderbaren und wunderwirkenden Persönlichkeit des Herrn Christus demütigt sich die Seele des Hauptmannes wie ein Wurm: Er fühlt die ganze Erbärmlichkeit seines Geistes, die ganze Ärmlichkeit seiner Seele, die ganze Unwürdigkeit seines Herzens, den Herrn Jesus Christus in sein Haus aufzunehmen. Sprich nur ein Wort, Dein Wort ist mächtiger als alle Heilmittel und alle Menschen; Dein Wort ist wundertätig,so wird mein Knecht gesund werden. Wie meinen Worten alle meine Soldaten gehorchen, alle meine Untergebenen, so gehorchen Deinem Wort alle unsere Krankheiten, alle unsere Schwächen, alle unsere Tode. Sage, sprich nur ein Wort, Herr, so wird mein Knecht gesund.

8,10 Dies ist die unerhörte Beichte eines unerhörten Glaubens selbst im auserwählten Volk. Er erstaunt nicht nur die Menschen, sondern sogar den Gottmenschen Christus Selbst. Der Evangelist bezeugt: Als das Jesus hörte, wunderte Er sich und sprach zu denen, die Ihm nachfolgten: Wahrlich, Ich sage euch: Solchen Glauben habe Ich in Israel bei keinem gefunden! (Vers 10). – “In Israel” = beim ganzen jüdischen Volk nicht, dessen Propheten von Mir, dem Messias, prophezeiten, dessen Gesetz von Mir, dem Messias, schreibt.

8,11–12 Ein solches Bekenntnis des Glaubens an den Gottmenschen macht die Seele unsterblich, erhebt sie ins Himmelreich, beflügelt sie durch die Ewigkeit und befreit sie für das ewige Leben in ewiger Seligkeit. Ein solcher Glaube veranlaßt den Heiland, den universalen, allmenschlichen Charakter Seines Messianischen Reiches offenzulegen und damit die eng-nationalen Neigungen der Juden, die das Reich des Messias ausschließlich zu einem Reich der Juden und der zum jüdischen Glauben übergetretenen Heiden machen wollten, unfruchtbar zu machen. Deshalb verkündet der Heiland: Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen; aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen in die Finsternis (Vers 11–12).

 

Bote 1997-3
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

Mit dieser Frohbotschaft verkündet der Heiland: Der Glauben an den Gottmenschen Christus führt alle, die an Ihn glauben, ins Himmelreich ein, seien sie aus der Schar der Juden oder der Heiden. Durch den Glauben den Gottmenschen Christus aufzunehmen, bedeutet: zum ewigen Mitglied des ewigen Himmelreiches werden. Ihn abzulehnen bedeutet: sich der ewigen Seligkeit im ewigen Leben zu entäußern und sich so zu ewigem Heulen und Zähneknirschen zu verurteilen.
Das Wunder der Heilung des Hauptmanns umgibt der Heiland mit der Lehre vom Himmelreich und von der Finsternis und zeigt damit, daß das Ziel des Wunders darin beschlossen ist, die Menschen dem Himmelreich zuzuführen, die Seelen zu heilen, indem der Leib des Gelähmten geheilt wird. 8, 13 Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: gehe hin, dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde (Vers 13).
So wurde der Hauptmann durch seinen Glauben an den Gottmenschen und Herrn Christus auch selbst zum Heiler und Wundertäter. Seine Seele, durch den Glauben mit dem Herrn Christus vereint, wurde selbst allmächtig und wundertätig. Der Knecht wurde durch den Glauben seines Herrn an die wundertätige Allmacht des menschenliebenden Gottmenschen und Herrn Christus geheilt. Der Hl. Johannes Chrysostomos verkündet: Wahrlich, es bedeutete gar viel, daß ein Mensch, nicht aus der Zahl der Juden, so hoch von Christus dachte. Mir scheint, daß er eine Vorstellung von den himmlischen Heerscharen besaß, oder davon, daß Krankheiten, Tod und alles übrige ebenso Christus unterworfen ist, wie ihm selbst die Soldaten. Deshalb sagt er auch: ich bin ein Mensch, der der Obrigkeit untertan ist, – d.h. Du bist Gott, ich ein Mensch; ich stehe unter der Obrigkeit, Du aber stehst nicht unter der Obrigkeit. Wenn ich also, als Mensch untertan bin, und soviel kann, so kannst Du, als Gott und keiner Obrigkeit untertan, viel mehr erreichen. Dabei ist zu beachten, daß Christus, wie der Hauptmann deutlich zeigte, über den Tod Gewalt hat wie über einen Knecht und ihm wie ein Herrscher gebietet. Wenn er sagt: gehe, und er geht, komm, und er kommt, so bedeutet er mit diesen Worten einen solchen Gedanken: wenn Du dem Tod gebietest, nicht zu ihm zu kommen, so kommt er nicht. Siehst du, was für einen Glauben er besaß? Er offenbarte schon deutlich das, was in der Folge allen deutlich werden sollte, nämlich, daß Christus Macht über Tod und Leben besitzt, in die Höllentore herabführen oder heraufführen kann. Und der Hauptmann erwähnte nicht nur seine Soldaten, sondern auch Knechte, was als Zeichen großen Gehorsams dient. Doch ungeachtet dessen, daß er einen so großen Glauben besaß, erachtete er sich noch für unwürdig. Christus aber zeigte, daß er würdig war, daß Er in sein Haus kam, tat sehr viel mehr, als Er sich über ihn wunderte, ihn lobte und ihm mehr schenkte, als er erbat. Er kam, um körperliche Gesundheit für seinen Knecht zu suchen, kehrte aber zurück, nachdem er das Reich empfangen hatte. Siehst du die Erfüllung des Gesprochenen: Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und Seiner Gerechtigkeit; so wird euch dies alles zufallen (Mt. 6, 33). Sobald der Hauptmann großen Glauben und Demut zeigte, schenkte ihm Christus den Himmel und, darüber hinaus, gab Er dem Knecht die Gesundheit wieder. Und nicht nur damit zeichnete Er ihn aus, sondern auch durch das Zeugnis darüber, daß er ins Reich geführt wird, und welche Menschen aus ihm verjagt werden. Hieraus macht Christus schon für alle bekannt, daß die Rettung vom Glauben und nicht vom Gesetz kommt. Deshalb wird diese Gabe nicht nur den Juden geboten, sondern auch den Heiden, und den letzteren mehr als den ersteren. Denkt nicht, spricht der Heiland, daß dies so nur mit dem Hauptmann geschah; dasselbe wird auch mit dem ganzen Universum geschehen1.

DIE HEILUNG DER SCHWIEGERMUTTER DES PETRUS (8, 14-15; Mk. 1, 29-31)
8, 14-15 Petrus war von Geburt aus Bethsaida in Galiläa (Joh. 1, 44), übersiedelte jedoch wahrscheinlich nach Kapernaum mit seinem Bruder Andreas. Unser Herr Christus kam in sein Haus, wahrscheinlich mit dem Ziel, Sich durch Speise zu kräftigen2, denn sobald Er dessen Schwiegermutter geheilt hatte, diente sie ihnen bei Tische (Vers 15). Der Evangelist Matthäus stellt dieses Ereignis nicht in chronologischer Folge dar, wie dies der Apostel Markus tut (1, 21-23). Nach Markus wurde das Wunder im Hause des Petrus sofort vollbracht, nachdem Christus aus der Synagoge herausging, wo Er das Volk belehrte (Mk. 1, 21.23), und den Besessenen heilte (Mk. 1, 23-28). In seiner Beschreibung dieser wundertätigen Heilung der Schwiegermutter des Petrus wollte der Apostel Markus auch die Zeit dieses Ereignisses bezeichnen, während Matthäus lediglich von dem Wunder berichtet, ohne auf die Zeit zu verweisen3. Hinsichtlich der Tatsache, daß Petrus eine Schwiegermutter hatte, d.h. daß er in der Ehe lebte, sagt der Selige Theophylakt: “Lerne daraus, daß auch die Ehe keineswegs der Tugend schadet, denn auch der erste unter den Aposteln hatte eine Schwiegermutter” vgl. 1. Kor. 9, 54. Die Schwiegermutter des Petrus war an einer fiebrigen Entzündung erkrankt; der Herr Christus heilt sie, indem Er ihre Hand berührt. Seine Macht über die Krankheiten ist unermeßlich: Er heilt sie nicht nur zeitweise, sondern läßt sie sofort am Tische ihnen dienen. Es ist bekannt, daß man nach der Genesung von einer Fieberkrankheit viel Zeit braucht um gesund zu werden; doch auch in diesem Falle vollbringt die wundertätige Kraft Christi all dies in einem Moment5.

DIE HEILUNG VIELER KRANKER
8, 16-17 Der Ruhm des Wundertäters Jesus breitete sich überall aus. Zu Ihm eilt man von allen Seiten; man vergißt Müdigkeit, Bequemlichkeit; selbst abends kommen zu Ihm schwache und kranke Erdenbewohner. Der Evangelist verkündet: Als aber der Abend anbrach, brachten sie viele Besessene zu Ihm, und Er trieb die Geister aus durch Sein Wort und heilte alle Kranken (Vers 16). Rührend ist Jesu Mitgefühl: Er heilt unwidersprechlich alle, die zu Ihm gebracht werden. Bei den Besessenen ist der Grund ihrer Krankheit – der Teufel; wenn sie aber mit dem Herrn Jesus Christus in Berührung kommen, fliehen aus ihnen die Dämonen. Er tritt ein, sie aber verschwinden; sie sind der Grund der Krankheit, Er – der Grund der Gesundheit. Der Evangelist unterstreicht: Er heilte alle Kranken, alle ohne Unterschied; es gab keine Kranken, die nicht durch die Berührung Seiner Hand oder Seines Wortes geheilt werden konnten. Der Evangelist spricht nicht von jedem Wunder einzeln; mit einem Wort “überquert” Er das unaussprechliche Meer der Wunder6. Aber damit diese ungewöhnlichen Wunder keine ungewöhnliche Verwunderung auslösen, erinnert uns der Evangelist an die Prophezeiung des Propheten Jesajas: Damit erfüllt werde, was da gesprochen ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht: Er hat unsere Schwachheit auf Sich genommen, und unsere Krankheiten hat Er getragen (Vers 17; Jes. 53, 4). Das sagte Jesajas in seiner prophetischen Voraussage der heilbringenden Leiden des Messias. Durch Seinen Tod nahm der Messias die Sünden aller Menschen auf Sich, und damit nahm Er alle Folgen der Sünden auf Sich: die menschlichen Schwachheiten und Krankheiten. Die Sünde ist der mittelbare oder unmittelbare Grund von Krankheiten und Tod. Der Messias hat unsere Schwachheiten auf Sich genommen,hat unsere geistlichen Krankheiten auf Sich genommen, nimmt auch die körperlichen auf Sich, damit wir ohne Murren die Last des Lebens tragen können. Der Messias hat unsere Krankheiten getragen, damit wir nicht in Verzweiflung vergehen unter ihrer schweren Last, in hoffnungsloser Schwäche und feiger Hoffnungslosigkeit.

DIE BEDINGUNGEN FÜR DIE NACHFOLGE CHRISTI
8, 18 Als aber Jesus die Menge des Volkes um Sich sah, das von Seiner Gottmenschlichen Lehre und Gottmenschlichen Wundern angezogen wurde, gebot Er Seinen Jüngern, hinüber ans andere Ufer des Sees zu fahren (Vers 18). Er tut dies einerseits um uns Bescheidenheit zu lehren, andererseits aber, um den jüdischen Neid zu besänftigen und uns zu überzeugen, daß wir nichts um der Ruhmsucht willen tun sollen7.
8, 19 Wahrscheinlich von den Wundern Jesu und dem Ruhm, den Er unter dem Volk genoß, erstaunt, trat ein Schriftgelehrter zu Ihm und sprach: Meister, ich will Dir folgen, wohin Du auch immer gehst ( Vers 19); ich will Dir folgen, d.h. ich will Dein Schüler werden im genauesten Sinne, um immer mit Dir zu sein, um zu gehen wohin Du auch immer gehst. Doch der Herr Jesus Christus sieht bis auf den Grund der Seele dieses Schriftgelehrten und verfährt mit ihm göttlich weise und gütig. Er weist ihn nicht scharf und grob von Sich ab; sagt ihm nicht: du kannst Mir nicht folgen; sondern verweist ihn auf die schwierige Seite Seines Lebens: die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; der Menschensohn aber hat keinen Platz, wo er Sein Haupt hinlegen kann (Vers 20). Rührend sind diese Worte und traurig: der Schöpfer ist von Seinen Geschöpfen abgewiesen; für Ihn gibt es keine Zuflucht in der Seele und im Haus Seiner Geschöpfe, die Menschen sind zu eigenwilligen und stolzen Eroberern der Schöpfung Gottes geworden, haben sich alles angeeignet, der menschgewordene Gott aber kann nirgends Sein Haupt hinlegen; die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester, der Menschensohn aber, der Gottmensch aber kann Sich nirgends zurückziehen, Er findet keine menschliche Seele, unter deren Dach Er Sein Haupt hinlegen könnte. Christus bezeichnet Sich als Menschensohn, und damit, sagt der gottweise Zigaben, weist Er auf die Wirklichkeit Seiner Fleischwerdung hin8.
8, 21-22 Ein anderer unter den Jüngern sprach zu Ihm: Herr, erlaube, daß ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe. Doch Jesus spricht zu ihm: folge Mir und laß die Toten ihre Toten begraben (Vers 21-22). Hierdurch wird eine schwierige Frage beantwortet: Soll man irgend etwas der Nachfolge Christi vorziehen? Die Antwort des Heilands: nichts, nichts, nichts, denn die Nachfolge Christi garantiert dem Menschen: Rettung, Vergottung, Verchristung, und damit ewiges Leben in ewiger Seligkeit. Bei den Juden nahmen die Kinder nach geheiligtem Brauch an der Beerdigung der Eltern teil. Doch der Heiland gestattet diese Teilnahme Seinem Jünger nicht, der Sein enger untrennbarer Schüler sein will. Laß die Toten ihre Toten begraben. Im ersten Fall bedeutet das Wort Tote geistlich Tote, die für die Lehre Christi tot sind, für Seine Worte und Gebote, im zweiten aber bezeichnet es körperlich Verstorbene. Unter Toten im ersten Fall versteht Zigaben Tote für den Glauben an Christus9
Nun kann jedoch jemand sagen: Warum erlaubte Christus dem Jünger nicht, seinen Vater zu begraben? Weil es auch ohne ihn Menschen gab, die sich dieser Sache angenommen hätten, und der Verstorbene nicht ohne Beerdigung geblieben wäre. Der Jünger jedoch sollte sich nicht von dem Wichtigeren entfernen, dem Notwendigen: der Nachfolge Christi. Die weltliche Sorge konnte den Jünger von Christus entfernen, von der Rettung, der Unsterblichkeit, von dem Einen Notwendigen (Lk. 10, 42). Deshalb erlaubt es der menschenliebende Heiland auch nicht Ihm etwas vorzuziehen: weder Eltern, noch Verwandte, noch Besitz oder irgend etwas anderes Irdisches, Alltägliches, Weltliches.
Der Hl. Chrysostomos meint, von Christus weise gemacht: Der Herr Jesus untersagte Seinem Jünger die Teilnahme an der Beerdigung seines Vaters nicht deshalb, weil Er gegen die Achtung der Eltern war, sondern um zu zeigen, daß für uns nichts notwendiger sein kann, als das Himmlische, die himmlischen Güter. Man muß sich über die göttliche Weisheit der Lehre des Heilands wundern, denn dadurch zog Er den Jünger stark an Sich und befreite ihn von vielen unnötigen Dingen, wie etwa: Schluchzen, Weinen und all dessen, was damit zusammenhängt. Tatsächlich, nach der Beerdigung mußte man das Testament durchsehen, sich mit der Teilung des Erbes beschäftigen und andere ähnliche Sorgen erledigen. Deshalb zieht der Herr Christus den Jünger an Sich und bekräftigt ihn in Seiner Nachfolge. Es ist äußerst schlecht, sich von geistlichen Belehrungen zu entfernen. Daher spricht der Heiland auch an einer Stelle: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes(Lk. 9, 62). Wahrhaftig ist es viel besser, das Reich Gottes zu predigen und andere vom Tod zu erlösen, als einen Toten zu begraben, besonders wenn Menchen da sind, die diese Sache betreiben können. Zweifellos muß man allem, selbst dem Allernotwendigsten, das Geistliche vorziehen und wissen, worin das Leben besteht und worin der Tod 10.    Fortsetzung folgt

1 sermo 26, 4
2 Hl. Chrysostomos; Sel. Theophylakt, ibid., ad loc.

3 Hl. Chrysostomos, sermo 27, 1
4 Theophylakt, ibid.
5  vgl. Hl. Chrysostomos, ibid.
6 Hl. Chrysostomos, ibid.

7 vgl. Hl. Chrysostomos, sermo 27, 2
8 ibid., cap. 8, v. 20; col. 294 A

9ibid., ad loc.
10 sermo 27, 3-4; col. 348

 

Bote 1997-4
Kommentar zum Hl. Evangelium nach Matthäus

STILLUNG DES STURMES AUF DEM SEE
8, 23-27
Alle Wunder, die Christus bisher vollbracht hat, zeigen Seine allmächtige Kraft über menschliche Krankheiten; aber mit dem Wunder der Stillung des Sturmes auf dem Meer zeigt Er Seine Macht über die Elemente der Natur, Seine Macht über die Materie, Macht über das Universum. Dieses Wunder vollbringt Er unter Seinen Jüngern und um der Jünger willen, um ihnen, den Fischern und Kennern des Meeres, zu zeigen, daß das Meer auf Ihn hört und Ihn versteht, daß Er auch über das eigenwillige Meer allmächtige Kraft besitzt.

8, 23-24 Er befindet sich im Boot mit den Jüngern.  Und siehe, da erhob sich ein gewaltiger Sturm auf dem See, so daß  auch das Boot von Wellen zugedeckt wurde. Er aber schlief (Vers 24). Und sie waren in Gefahr (Lk. 8, 23). Und die Fischer, Kenner des Meeres, waren verzweifelt vor Todesangst; der Sturm auf dem See entfachte einen großen Sturm in ihren Seelen. Und während der Wirbelwind der Angst sich stürmisch in ihre Seelen eingrub, und jedes Atom ihres Wesens weckte – schlief Er (Vers 24). Von Sinnen vor Angst, fühlen sie ihre äußerste Ohnmacht vor dem wildgewordenen Meer, und sie nähern sich Jesus und weckten Ihn auf und sprachen: Herr, rette uns, wir  kommen um! (Vers 25); kümmert es Dich denn nicht, daß wir umkommen (Mk. 4, 38). Meister, Meister, wir kommen um (Lk. 8, 24). Im furchtbaren Sturm haben sich all unsere Kräfte in Ohnmacht verwandelt; wir sind nicht imstande, uns selbst zu helfen; rette uns, rette und, Deine Jünger, Du, Der Du Dich um die Vögel des Himmels und die Lilien des Feldes kümmerst. Da sagt er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam? (Vers 25). Der Heiland wendet Seinen göttlichen Blick zunächst auf den geistlichen Sturm, der durch Kleinglauben an Ihn als den Messias und Retter von allen Gefahren hervorgerufen ist. Unglauben ist der Grund aller furchtbaren und todbringenden geistlichen Stürme; Kleinglauben – der Grund vieler großer innerer Stürme. “Christus bezeichnet Seine Jünger nicht als Ungläubige, sondern als Kleingläubige,  denn als sie sagten: Herr, rette uns – zeigten sie darin Glauben, aber das Wort: wir kommen um  war nicht von Glauben diktiert”1.
8, 26 Und Er stand auf und bedrohte den Wind und das Meer. Da wurde es ganz stille (Vers 26). Der Evangelist Markus sagt: Er verbot dem Wind und sagte dem Meer: sei stille, halte ein (Mk. 4, 39). Der Herr Christus wendet Sich an den Wind und das Meer wie an lebendige Wesen, und sie unterwerfen sich Ihm gehorsam, wie vernünftige Wesen. Wind und Meer hören die Worte des Herrn und verstehen sie; die Menschen aber horchen mit den Ohren und hören nicht, schauen mit den Augen und sehen nicht, haben ein Herz und verstehen nicht. Zwischen Christus als Schöpfer und der von Ihm geschaffenen Schöpfung besteht eine innere enge Bekanntschaft, Verständnis, Verwandtschaft. Er sagte dem Meer. Hat das Meer etwa Ohren? Wer spricht noch mit dem Meer – in Worten? Der Herr Christus kennt die Sprache des Meeres, die Seele des Meeres: es wurde ganz stille –von Ihm, der einzigen Stille, von Ihm, dem Schöpfer des Meeres. Der Sturm auf dem See wühlte die Seelen der Jünger auf; die Stille Christi beruhigt den Sturm auf dem See. Die Jünger kennen das Geheimnis des Sees nicht, wissen aus Kleinglauben nicht, daß der Herr Jesus Christus Macht hat auch über dieses Geheimnis, daß auch das Geheimnis des Meeres in Ihm ist. Sie sind von dem Sturm stark verschreckt, weil sie nicht wissen, daß seine unermeßliche Seele während Seines körperlichen Schlafes wacht und aufmerksam das Universum bewahrt und alle unendlichen Sonnensysteme und Welten, wie auch jeden Vogel, Grashalm, Käfer; sie wacht über jeden Cherubim und Engel; wacht über dem Meer und dem Wind, und über jedes menschliche Wesen.

8, 27  Die Menschen aber, wahrscheinlich die, die sich in den anderen Booten befanden, verwunderten sich und sprachen: Wer ist das, daß ihm Wind und Meer gehorsam sind? (Vers 27). Und wieder eine Frage und wieder Zweifel. Selbst dieses riesige Wunder kann für die Menschen nicht zum durchdringenden Auge werden, mit dem sie das Geheimnis der Persönlichkeit Christi erkennen. In ihrer Hartherzigkeit gestatten sie sich noch nicht, sich davon zu überzeugen, daß Jesus der Messias ist, der Retter, Gottmensch. Auch weiterhin halten sie Ihn für einen Menschen. Warum? fragt der Heilige Chrysostomos. Und antwortet: Weil Er menschliche Gestalt hatte, schlief und auf dem Boot war. Eben deshalb sprachen sie in Verwunderung: Wer ist das? Während Schlaf und äußerer Anblick Ihn als Menschen erscheinen ließen, erwies Ihn das Meer und die Stille als Gott2.
    Fortsetzung folgt