Orthodoxer Katechismus VIII: Die Feiertage

1. Die Feiertage

Schon am Anfang bestimmte die Kirche gewisse Tage, an denen die Christen zusammenkamen, um gemeinsam Gott anzubeten und die Heilige Eucharistie zu feiern. Diese Zusammenkünfte fanden am "Tag des Herrn", also am Sonntag, statt, weil es der Tag der Auferstehung war und auch der Tag, an dem der Heilige Geist auf die Apostel, die Gottesmutter und die heiligen Frauen herabgekommen war (Pfingsten).

Vom "Tag des Herrn" können wir bereits in der Offenbarung des hl. Apostel Johannes lesen (Kapitel 1, 10). Später kamen Gedächtnistage an verschiedene Ereignisse hinzu, die mit unserer Erlösung zusammenhängen, wie die Geburt des Herrn, sein Einzug in Jerusalem, seine Verklärung auf dem Berge Thabor und andere, sowie die Geburt der Gottesmutter, die Verkündigung und Gedächtnistage zu Ehren der Märtyrer, Hauptfeiertage der Christen sind:

Die Geburt Christi (Weihnachten) und die Auferstehung Christi (Ostern).

In allen christlichen Ländern sind diese Feiertage gesetzlich geschützt. Ämter, Geschäfte und Schulen sind geschlossen.

An Feiertagen soll jeder orthodoxe Christ, wenn eine orthodoxe Kirche im Wohnort oder in der Nähe ist, den Gottesdienst besuchen.

Am Sonntag soll er sich jedenfalls an das vierte Gebot halten und keine bezahlte oder anstrengende Arbeit verrichten. Mutwillig die Kirche zu versäumen, um etwas anderes zu tun, ist eine Sünde gleichzeitig gegen das erste und das vierte Gebot.

2. Die Einteilung der Feiertage

Die Feiertage werden in Herrenfeste, Gottesmutterfeste und Heiligenfeste eingeteilt. Außerdem teilen sie sich in bewegliche und unbewegliche Feste ein. Unbewegliche Feste sind solche, die auf einen bestimmten Kalendertag fallen» wie zum Beispiel Weihnachten. Bewegliche Feste nennen wir alle die, die mit der Feier des Osterfestes verbunden sind und deshalb in verschiedenen Jahren auf verschiedene Tage fallen.

3. Unbewegliche Feste

a) Herrenfeste:

Christi Geburt (Weihnachten) am 25. Dezember;

Epiphanias (Erscheinung), auch Taufe des Herrn genannt, am 6.Januar. Epiphanias ist ein Christusfest und kein Heiligenfest ("Heilige drei Könige"). Wir gedenken der Taufe Christi und des Anfangs seines öffentlichen Lebens.

Die Verklärung am 6.August. Wir gedenken des Tages, an dem der Herr auf dem Berg Thabor seine Herrlichkeit als Gottessohn offenbarte (Matth. 16, 28-17,7; auch Markus 9, 1-8 und Lukas 9, 27-36).

Die Kreuzerhöhung am 14. September - zum Gedächtnis an den Tag» an dem das heilige Kreuz aufgefunden und dem Volk gezeigt wurde.

b) Gottesmutterfeste:

Die Begegnung, am 2.Februar. Es ist der Tag, an dem Christus am 40. Tag nach seiner Geburt in den Tempel gebracht wurde und ihm dort der Greis Symeon und die Prophetin Hanna begegneten. Er gilt als Gottesmutterfest, weil er am 40. Tag nach der Entbindung der Mutter Gottes gefeiert wird.

Maria Geburt am 8. September

Einführung Maria in den Tempel am 21. November

Maria Verkündigung am 25. März, als der Erzengel Gabriel die Geburt des Heilands aus ihr verkündete

Entschlafen der Gottesmutter am 15. August. Wir gedenken des Sterbens der Gottesmutter, das nichts als ein seliges Einschlafen war und ihres Eingangs in die himmlische Herrlichkeit.

4. Die beweglichen Feste

Die beweglichen Feste sind alle Herrenfeste. Es sind:

Die Auferstehung des Herrn (Ostern). Wie Weihnachten das wichtigste unter den unbeweglichen Festen ist, so ist Ostern das wichtigste der beweglichen Feste. Es ist überhaupt das Hauptfest der Christenheit. Wir nennen dieses Fest das "Fest der Feste", weil an diesem Tag, wie die Kirche singt, "der Tod zertreten" wurde. Das bedeutet: Für den Christen ist das Sterben nicht das Ende von allem sondern lediglich ein Übergang und eine Umstellung. Das Fest der Auferstehung ist der Mittelpunkt, um den alle anderen beweglichen Feste kreisen.

5. Die Feste vor Ostern

1. Sonntag des Zöllners und des Pharisaers, 10 Wochen vor Ostern. An diesem Tag beginnt der Osterkreis. Die Gebete und Hymnen in den Kirchen werden dem Fastentriodion entnommen. Dieser Sonntag leitet die drei Vorbereitungswochen vor der Großen Fastenzeit ein (Luk. 18, 9-14).

2. Sonntag des Verlorenen Sohnes (Luk. 15, 11-32).

3. Sonntag des Jüngsten Gerichts oder der Fleischentsagung, weil vom darauf folgenden Montag an kein Fleisch mehr gegessen werden darf. Wir gedenken des Jüngsten Gerichts (Matth. 25, 31-46).

4. Sonntag der Versöhnung oder der Milchentsagung, da ab dem Montag darauf die Große Fastenzeit beginnt. An diesem Tage sollen wir uns mit all unseren Feinden versöhnen und überhaupt in jeder Beziehung unsere Schulden begleichen (Matth. 6, 14-21).

5. Erster Fastensonntag. Sonntag der Orthodoxie, Wir gedenken des Sieges der Orthodoxie über die Bilderstürmer unter der byzantinischen Kaiserin Theodora im Jahre 843 n. Chr. (Joh. 1, 44-52).

6. Zweiter Fastensonntag. Wir gedenken des heiligen Bischofs von Thessaloniki, Gregorios Palamas, der durch Wort und Schrift die Irrlehren erfolgreich bekämpfte (Mark. 2, 1-12).

7. Dritter Fastensonntag. Sonntag der Kreuzanbetung. An diesem Sonntag und in der ihm folgenden Woche beten wir den Gekreuzigten an, wir gedenken seiner Leiden und werden dadurch zum Aushalten der Entbehrungen im der Fastenzeit gestärkt.

8. Vierter Fastensonntag. Wir gedenken des heiligen Johannes Klimakus. Er war ein Mönch am Berg Sinai und wurde durch sein Buch "Die Himmelsleiter" berühmt. In diesem Buch, das 33 Kapitel enthält (nach der Zahl der Jahre Christi auf Erden) beschreibt Johannes Klimakus die Tugenden, die der Mönch nacheinander erwerben soll, um sich dadurch zu vervollkommnen und so nach dem Tode in das Himmelreich eintreten zu dürfen (Mark. 9, 17-31).

9. Fünfter Fastensonntag. Wir gedenken der hl. Maria, der Ägypterin. Am Mittwoch in dieser Woche wird der Bußkanon vom hl. Andreas von Kreta gebetet, der 280 Troparien enthält. Am Freitag dieser Woche wird das ganze Akathistos der Gottesmutter gebetet (Lob der Gottesmutter). In den vier vorhergehenden Wochen wird jeweils am Freitagabends ein Sechstel dieses Lobgebets gesprochen. Evangelium am Sonntag: Mark. 10, 32-45.

10. Palmsonntag. Einzug des Herrn in Jerusalem. Dieser Tag gilt als Hochfest (Joh. 12, 1-18).

Am Lazarustag, dem Samstag vor Palmsonntag ist die vierzigtägige "Große Fastenzeit" beendet. Am Montag darauf beginnt die Leidenswoche.

Am Großen Montag gedenkt die Kirche des alttestamentlichen Joseph, der von seinen Brüdern verkauft wurde. Die Hymnen werden von diesem Tag ab nach traurigen, gefühlvollen Melodien gesungen. Am großen Dienstag wird im Gottesdienst das Gleichnis der zehn Jungfrauen betont. Die Evangelienlesungen sind besonders ausgedehnt. Am Großen Mittwoch gedenkt die Kirche der Sünderin, die im Hause Simons, des Aussätzigen, die Füße des Herrn salbte. Wir gedenken mit Abscheu des Verrats des Judas, dem Jünger Christi, der Ihn verriet. Am Großen Donnerstag (Gründonnerstag) gedenken wir der Einsetzung der Heiligen Eucharistie. Abends werden die zwölf Evangelienabschnitte von der Passion Jesu Christi gelesen.

Am Großen Freitag (Karfreitag) trauern wir über die Kreuzigung und den Tod des Herrn. Nachmittags bildet sich die Prozession mit dem Epitaphion, das die Bahre mit dem Leichnam des Herrn darstellt, Es werden Trauergebete gesprochen und Trauerlieder gesungen. Abends findet der Gottesdienst der "Bestattung Jesu" statt.

Am Großen Samstag (Karsamstag) gedenkt die Kirche des Einkehrens Christi in das Totenreich und an seine Predigt an die Seelen der Verstorbenen. Wir bereiten uns auf die Feier der Auferstehung vor.

Wir singen: "Steh auf, Herr, und richte die Erde!" Nach 12 Uhr mittags werden die Trauerschleier und die schwarzen Tücher von den kirchlichen Einrichtungsgegenständen geholt. Alles wird mit Weiß überzogen. Nach dem Gottesdienst wird die Kirche für das Auferstehungsamt festlich geschmückt. Etwas vor Mitternacht wird das Mitternachtsamt gefeiert. Danach wird das Epitaphion in den Altarraum hineingetragen. Der Klerus tritt aus der Kirche zu einer Prozession zusammen, der sich die Gläubigen mit brennenden Kerzen anschließen.

Es folgt der Sonntag der Auferstehung, der Ostersonntag. Der feierliche Ostergottesdienst dauert fast die ganze Nacht. Nach der Auferstehungsmette folgt die Göttliche Liturgie. Alles wird gesungen, auch die Gebetsstunden. Es gibt nur fröhliche Melodien. Nach der Liturgie folgt das Liebesmahl, das alle Anwesenden ohne Unterschied der Konfession, in Freude gemeinsam genießen. Das Osterfest dauert drei Tage.

6. Die beweglichen Feste nach Ostern

1. Der Thomas-Sonntag. Wir feiern die Erscheinung des Auferstandenen vor dem Apostel Thomas (Joh. 20, 19-31).

2. Der Sonntag der Balsamträgerinnen: Wir gedenken der Treue der hl. Frauen, die sich am Auferstehungsmorgen mit Balsam zum Grab des Herrn begaben, um den Leichnam zu salben (Mark. 15, 43-47; 16, 1-8).

3. Der Sonntag des Gelähmten (Joh. 5, 1-15).

4. Die Osterzeithälfte am Mittwoch, 25 Tage nach Ostern.

5. Der Sonntag der Samariterin. Es ist der vierte Sonntag nach Ostern (Joh. 4, 5-42).

6. Der Sonntag des Blindgeborenen (Joh. 9, 1-38).

7. Die Himmelfahrt Christi am Donnerstag, 40 Tage nach Ostern.

8. Der Sonntag der Heiligen Väter. Wir gedenken der 318 Väter des 1. Ökumenischen Konzils.

9. Pfingsten, 50 Tage nach Ostern. Es ist der Geburtstag der Kirche. Wir feiern die Ausgießung des Heiligen Geistes und gleichzeitig die Heilige Dreifaltigkeit.

10. Pfingstmontag. Er ist besonders der Verherrlichung des Heiligen Geistes gewidmet.

11. Der Sonntag nach Pfingsten, das Fest Aller Heiligen. 

Jahr:
1975
Orignalsprache:
Deutsch
Herausgegeben:
Orthodoxe Katechese, Offsetdruckerei Stiller, 7141 Adlingen, München. 1975