Orthodoxer Katechismus I: Grundbegriffe - Die Glaubenslehre

1. Von Gott

Für alles, was es auf der Welt gibt, ja für die Erde selbst, den Mond und die Sterne, muß es einen Urheber geben. Alle Dinge auf dieser Erde sind ja nicht von selbst entstanden. Ein Haus, ein Flugzeug, eine Schreibmaschine oder eine Uhr kann auch nicht von selbst entstehen. Es muß jemand da sein, der diese Dinge nach einem Plan und nach bestimmten Regeln gebaut hat. Menschen haben sie gebaut. Die Rohstoffe aber dazu, wie Metall und Holz, haben sie vorgefunden.

Wenn wir die Natur betrachten, die Pflanzen, die Tiere, die Felsen und die Sterne, alles was nicht von Menschen Hand stammt, sehen wir, daß es jemanden geben muß, der das alles geschaffen hat. Wir nennen ihn Gott.

Wir haben in uns auch ein Gewissen, das uns sagt, was gut und was böse ist. Das Gewissen ist die Stimme Gottes in uns.

2. Das Wesen und die Eigenschaften Gottes

Gott kann man nicht sehen. Es gibt auch vieles andere, was man nicht sehen kann. So zum Beispiel die Luft, den elektrischen Strom und die Radiowellen. Aber wir sehen» daß die Glühbirne Licht gibt; wir können erkennen, daß der unsichtbare Strom das angeschlossene Bügeleisen erhitzt oder im Kühlschrank das Innere auf eine niedrigere Temperatur bringt. Unser Radio spielt, obwohl wir die Rundfunkwellen nicht sehen.

Auch Gott, den wir nicht sehen, erkennen wir an seinen Werken.

Frage: Wenn wir Gott nicht sehen, wie können wir über Ihn etwas wissen?

Antwort: Wir wissen manches über Gott, weil Er uns vieles über sich selbst mitgeteilt hat.

3. Die Offenbarung

Frage: Wie heißt das, was Gott uns über sich mitgeteilt hat?

Antwort: Die göttliche Offenbarung.

Frage: Wie hat sich Gott den Menschen offenbart?

Antwort: Er selbst hat mit auserwählten Menschen, den Patriarchen und den Propheten gesprochen, wie wir es aus der biblischen Geschichte bereits gelernt haben. Zuletzt hat Er uns alles Nötige durch seinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, wissen lassen.

Frage: Nenne uns einige Patriarchen.

Antwort: Noah, Abraham, Isaak, und Jakob.

Frage: Nenne die größten Propheten.

Antwort: Moses, David, Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Daniel, Elias und Jonas.

4. Was Gott über sich selbst mitgeteilt hat

Frage: Was hat Gott von sich selbst mitgeteilt?

Antwort: Gott ist ein Geist, also unkörperlich und unsichtbar. Er ist allgegenwärtig, das heißt, Er ist überall außer in dem, was Sünde ist. (Ein Vergleich: die Luft, die überall auf der Erde ist und die man doch nicht sieht.)

Gott ist allmächtig; Er kann alles, was Er will.

Gott ist allweise; das heißt, Er macht alles richtig und auf die bestmögliche Weise.

Gott ist allwissend; Er weiß also alles, auch das, was die Menschen denken. Es gibt kein Geheimnis für Ihn.

Gott ist gerecht; Er tut keinem Unrecht und sieht nicht darauf, ob der Mensch reich oder arm» bekannt oder unbekannt, schön oder häßlich ist, oder ob er eine weiße, eine gelbe oder eine schwarze Haut hat. Er belohnt das Gute und bestraft das Böse. Er belohnt nicht immer gleich, damit der Mensch sich nicht einbildet, daß er Ansprüche an Gott stellen kann. Auch bestraft Er das Böse nicht immer gleich, um dem Menschen Zeit zu geben, das Getane zu bereuen, womöglich wiedergutzumachen und sich zu bessern.

Gott ist allgütig; das heißt, daß Er jedes Geschöpf liebhat und jedem Menschen dazu verhelfen will, nach seinem Tode das große Glück im himmlischen Paradiese zu genießen. Er möchte aber auch, daß der Mensch schon auf Erden seine Freude hat. Freilich läßt Er oft das Leid zu, aber dafür hat Er immer einen Grund. Entweder hat sich der Mensch selbst durch Sünden Leid zugezogen und Gott will ihm zeigen, wie böse es einem gehen kann, wenn er sich von Gott entfernt, oder Er will die Menschen prüfen oder sie zu Geduld und Gottvertrauen erziehen, damit sie um so sicherer die himmlische Belohnung empfangen. Er hat auch noch andere Gründe, die wir nicht so leicht einsehen können. Der Mensch würde ja auch das Gute nicht schätzen, wenn er das Böse nicht kennengelernt hätte. Verwöhnte Kinder sind nie zufrieden und haben an nichts Freude.

5. Wie Gott zu uns steht

Gott ist unser Vater. Er hilft uns immer, wenn wir uns an Ihn wenden, und Er beschützt uns vor jedem Übel, wenn wir zu Ihm halten und Ihn täglich aufrichtig (und nicht nur in einem gedankenlos heruntergeleierten Gebet) darum bitten.

6. Von den zwei Quellen der Göttlichen Offenbarung

Es gibt zwei Quellen der Göttlichen Offenbarung: a) Die Heilige Schrift, b) Die Heilige Überlieferung.

Frage: Was nennt man Heilige Schrift oder Bibel?

Antwort: Die Göttlichen Mitteilungen» die sofort oder sehr bald nach ihrer Offenbarung niedergeschrieben worden sind.

Frage: Was nennen wir Heilige Überlieferung oder Tradition?

Antwort: Die Göttlichen Mitteilungen, die von Generation zu Generation überliefert wurden und erst später aufgeschrieben worden sind. Dazu gehören auch Glaubenssätze und Regeln, die von der Kirche festgesetzt worden sind.

7. Die Heilige Schrift

Die Heilige Schrift, die man auch die Bibel nennt, enthält zwei Bücher: a) das Alte Testament, also der alte Bund Gottes mit den Menschen und b) das Neue Testament unseres Herrn Jesu Christi, also der neue Bund Gottes mit den Menschen durch Jesus Christus.

Frage: Was enthält die Heilige Schrift?

Antwort: Das Wort Gottes, weil ihr Inhalt den Menschen, die sie geschrieben haben, von Gott eingegeben worden ist.

Frage: Soll man alles glauben, was in der Bibel steht?

Antwort: Ja. Wer es nicht glaubt, beschuldigt Gott einer Lüge. Allerdings müssen wir uns daran erinnern, daß die Bibel sowohl für die Menschen von heute als auch für die Menschen des Altertums und der Zukunft geschrieben wurde. Sie mußte allen Menschen aller Zeiten verständlich sein.

Frage: Wie heißen die Teile des Alten Testaments?

Antwort: Es sind: Die fünf Bücher Mose; Das Buch Josua; Das Buch der Richter; Das Buch Ruth Die vier Bücher der Könige; Die zwei Bücher der Chronik; Die zwei Bücher Esdras; Das Buch Esther; Das Buch Hiob; Der Psalter; Die Sprüche Salomons; Der Prediger Salomo; Das Hohe Lied; Das Buchdes Propheten Jesaja; Das Buch des Propheten Jeremia; Das Buch des Propheten Hesekiel; Das Buchdes Propheten Daniel; Die zwölf Propheten.

Aus diesen Büchern können wir lernen, wie Gott die Menschheit auf das Kommen seines Sohnes auf Erden vorbereitete.

Frage: Wie heißen die Teile des Neuen Testaments?

Antwort: Es sind: a) Die vier Evangelien nach den Heiligen Aposteln und Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes (Evangelium heißt: Frohe Botschaft); b) Die Apostelgeschichte.

c) Die sieben Rundbriefe: Der Brief des Apostel Jakobus; Zwei Briefe des Apostel Petrus; Drei Briefe des Apostel Johannes; Ein Brief des Apostel Judas Thaddeus; d) 14 Briefe des Apostel Paulus; e) Die Geheime Offenbarung des Apostel Johannes (auch Apokalypse genannt).

8. Die Heilige Überlieferung

Frage: Was ist die Heilige Überlieferung ?

Antwort: Es ist: a) Die ausdrückliche Lehre der Kirche, die jedoch nicht in der Bibel steht; b) Die verschiedenen Verordnungen der Kirche. Beide stehen im Einklang mit der Heiligen Schrift. Heilige Schrift und Heilige Überlieferung ergänzen einander.

Frage: Was ist älter, die Heilige Schrift oder die Heilige Überlieferung ?

Antwort: Die Heilige Überlieferung. Von Adam bis Moses gab es keine Heilige Schrift. Selbst unser Herr Jesus Christus hat Seine Lehre und Sein Heil nur durch Predigten, durch Sein Beispiel und Seine Göttlichen Taten verbreitet.

Frage: Wie verhält sich die Heilige Schrift zur Heiligen Offenbarung?

Antwort: Die Heilige Schrift ist entstanden, damit die Offenbarung Gottes genau und unverfälscht bewahrt werden konnte.

Frage: Woher wissen wir, daß die Heilige Überlieferung beachtet werden soll?

Antwort: Aus der Heiligen Schrift. Der Apostel Paulus schrieb in seinem zweiten Thessalonicherbrief, Kap.2, Vers 15: "So steht denn fest, liebe Brüder, und haltet euch an die Überlieferungen, die ihr durch Wort oder Schrift von uns empfangen habt."

Jahr:
1975
Orignalsprache:
Deutsch
Herausgegeben:
Orthodoxe Katechese, Offsetdruckerei Stiller, 7141 Adlingen, München. 1975