Predigt zum Fest der Enthauptung Johannes des Täufers (Apg. 13: 25-32; Mk. 6: 14-30) (11.09.2018)

Liebe Brüder und Schwestern,

 

wir gedenken heute der Enthauptung des Täufers des Herrn mit einem Fest. Pardon?! Ein Fest?! - Ja! So wie bei allen von uns verehrten Heiligen wird zumeist der jeweilige Jahrestag ihres gewaltsamen oder friedlichen Heimgangs gefeiert. So feierten wir vor gerade mal zwei Wochen die Entschlafung der Mutter Gottes wie ein zweites Osterfest mit einer festlichen Prozession.

Doch das heutige Fest unterscheidet sich von den übrigen Festtagen zu Ehren von Heiligen, weil es ist auch ein Trauertag ist und noch dazu ein strenger Fastentag. Den Anlass dafür lieferte nämlich der unschuldige Tod des Vorläufers des Herrn. Seit Jahrhunderten wird an diesem Tag für die im Krieg gefallenen Soldaten gebetet, die ja auch ihr Leben für ihre Freunde hingegeben haben (s. Joh. 15:13). Einem frommen Brauch zufolge kommt an diesem Fastentag aus Hochachtung vor dem Vorläufer des Herrn kein rundes Obst oder Gemüse auf den Tisch (s. Mk. 6:28), werden zudem keine scharfen Gegenstände wie Messer oder Äxte in die Hand genommen (s. Mk. 6:27). Lebendiges Brauchtum setzt sich auch in unseren Tagen fort, denn seit wenigen Jahren wird dieses Fest bei uns als "Tag der Nüchternheit" angesehen. Das wird erstens dem gegebenen Anlass gerecht (Herodes ließ sich aufgrund einer Weinlaune während seines Geburtstagsgelages zu dem Versprechen gegenüber Salome hinreißen) und zweitens entbehrt es nicht eines konkreten Bezugs zur Aktualität. Ich bin sicher, dass dieser neue Brauch sich in wenigen Jahren etabliert haben wird und von der nächsten Generation von Gläubigen als etwas angesehen wird, das "schon immer seinen Platz im kirchlichen Leben hatte". So entwickelt sich die lebendige kirchliche Tradition, indem sie sich dem realen Leben der Menschen mit ihren Sorgen und Nöten zuwendet. Und, so Gott will, wird der kirchliche Brauch alsbald auch zu einem volkstümlichen. Auch der seit 2015 bestehende "Tag der Schöpfung" ist ein Beispiel für die Ausrichtung der kirchlichen Tradition an den geistlichen Bedürfnissen der Menschen, ohne jedoch dabei um jeden Preis "zeitgemäß" erscheinen zu wollen. Das würde nämlich unweigerlich dazu führen, dass man sich mit dem, was über Jahrhunderte als Sünde galt, abfindet und es sogar kirchlich sanktioniert, anstatt furchtlos gegen den Sittenverfall anzukämpfen. So eine Attitüde würde aber dem gerechten Opfer des Vorläufers Hohn sprechen. Deshalb wollen wir auch weiter unbeirrt an der kirchlichen Überlieferung festhalten (s. 1 Kor. 11:2; 2 Thess. 2:15). Amen.

Jahr:
2018
Orignalsprache:
Deutsch