Predigt zum Hochfest der Himmelfahrt des Herrn (Apg. 1: 1-12; Lk. 24: 36-53) (17.05.2018)

Liebe Brüder und Schwestern,

 

mit dem gestrigen Tag endete die Zeit der österlichen Freude, da wir letztmals das "Christus ist auferstanden!" sangen. An diesem Tag erinnerten wir uns noch einmal an die Auferstehungsfreude vor vierzig Tagen, verbunden mit dem sehnlichen Wunsch, diese österliche Freude während des ganzen Jahres im Herzen zu bewahren. Aber jetzt ist diese Freude erst einmal vorbei, oder? - Weit gefehlt! So wie die Jünger mit großer Freude vom Ölberg wieder nach Jerusalem zurückkehrten (s. Lk. 24:52), so dürfen auch wir weiter in der Freude fortfahren. Die Auferstehung Christi bedeutete den Sieg über den Tod, die Wiedererlangung des Paradieses für uns Menschen. Da wir aber durch den vom Vater entsandten Gottmenschen Jesus Christus errettet worden sind, und Dieser bei Seiner Himmelfahrt wieder zum Vater, von wo Er gekommen war, emporgehoben wurde, hat sich für alle auf Christus Getauften das Tor zum Himmelreich geöffnet. Die Auffahrt in den Himmel eröffnete somit uns Menschen das himmlische Paradies. Allerdings muss der Mensch gewisse Anforderungen erfüllen, um dessen Wonne als würdig erachtet zu werden:

 

"Wer darf hinaufsteigen zum Berg des Herrn,

und wer darf stehen an Seinem heiligem Ort?

Wer schuldlos an Händen und rein im Herzen,

wer seine Seele nicht vergeblich empfing

und nicht betrügerisch schwor seinem Nächsten.

Der wird Segen empfangen vom Herrn

und Barmherzigkeit von Gott, seinem Retter.

Das ist die Art von denen, die den Herrn suchen,

die da suchen das Antlitz des Gottes Jakobs" (Ps. 23:3-6).

 

"Schuldlos an Händen" und "rein im Herzen" - auf wen trifft das zu? - Nur auf unseren Erlöser, Der uns ebenfalls durch Sein Blut gereinigt hat. Ohne die Einswerdung mit Ihm in Seinem Leib hätte jeder von uns "seine Seele vergeblich" empfangen. Welch eine schaurige Vorstellung das doch ist!

Und was hat es mit dem "betrügerischen Schwören" auf sich? - Das sollte jeder für sich selbst herausfinden, der "Segen vom Herrn und Barmherzigkeit von Gott, seinem Retter, empfangen" will.

Erfüllt der Mensch seinen Teil, "sucht er das Antlitz Gottes", wird auch Gott nicht säumen. Jede himmlische Macht beugt sich Seinem Ratschluss.

"Hebt hoch eure Tore, ihr Herrscher,

und hebt euch, ihr ewigen Tore,

und einziehen wird der König der Herrlichkeit.

Wer ist der König der Herrlichkeit?

Der Herr, stark und mächtig,

der Herr, mächtig im Kampf.

Hebt hoch eure Tore, ihr Herrscher,

und hebt euch, ihr ewigen Tore,

und einziehen wird der König der Herrlichkeit.

Wer ist der König der Herrlichkeit?

Der Herr der Mächte, Er ist der König der Herrlichkeit" (Ps. 23:7-10).

 

Die freudige Botschaft des heutigen Tages lautet: das Tor zum Paradies ist wieder geöffnet. Dieses Paradies ist jetzt sogar ein noch unvergleichlich besseres, "denn so hoch der Himmel ist über der Erde, so mächtig ist das Erbarmen des Herrn über denen, die Ihn fürchten" (Ps. 102:10).

Ostern ist zweifelsohne "das Fest der Feste, der Feiertag der Feiertage" (s. Osterkanon). Aber das macht die anderen Hochfeste nicht zu zweitrangigen Veranstaltungen, denn alles hängt heilsgeschichtlich miteinander zusammen. In der Hesperinos sangen wir gestern: "Deine Auffahrt auf den heiligen Bergen erblickend, Christe, Du Abglanz der Herrlichkeit des Vaters, besingen wir die helllichte Erscheinung Deiner Hypostase, verehren wir Deine Leiden und verherrlichen Deine Auferstehung im Lobpreis Deiner Himmelfahrt; erbarme Dich unser!" (Versgesang zu "Herr, ich rufe zu Dir").

Die Himmelfahrt Christi und die Wiedererlangung der göttlichen Gemeinschaft durch uns Menschen wären ohne das Leiden, den Tod und die Auferstehung Christi nicht möglich gewesen. Ferner wäre die Herabsendung des Heiligen Geistes und die Gründung der Kirche ohne die Auffahrt Christi in den Himmel nicht möglich gewesen (s. Joh. 16:17). Selbst die Auferstehung und alles, was durch sie möglich wurde, hätte nicht ohne die Geburt der Gottesgebärerin, die Menschwerdung Gottes oder die Taufe Christi stattfinden können. Somit ist Ostern in der Tat "das Fest der Feste", da es alle anderen Feste bedingt und alle miteinander in sich beinhaltet. Somit ist auch der heutige Tag ein Freudentag, da er die Erfüllung und Weiterführung der Auferstehung Christi ist: "Herr, indem Du das Mysterium der Vorsehung vollendetest, nahmst Du Deine Jünger auf den Ölberg, wurdest entrückt und durchdrangest das Himmelsgewölbe, Der Du Dich um meinetwillen zu meiner Armseligkeit entäußert hattest, und stiegest dorthin empor, von wo Du Dich nie entfernt hattest; so schicke auch Deinen Allheiligen Geist herab, Der unsere Seelen erleuchtet" (Versgesang zu "Herr, ich rufe zu Dir"). Erstaunlich, was in so kurzen liturgischen Verszeilen alles an heilsgeschichtlichen Wahrheiten ausgedrückt werden kann!.. Amen.

Jahr:
2018
Orignalsprache:
Deutsch