Predigt zum Heiligen und Hohen Montag (Mt. 21:18-43/Orthros/; Mt. 24:3-35/Liturgie/) (02.04.2018)

Liebe Brüder und Schwestern,

 

heute wollen wir uns des Beginns des Leidenswegs des Herrn erinnern. Wenn wir aber von "Erinnerung" sprechen, dann ist damit in der Kirche Christi nicht bloß eine Reminiszenz längst vergangener Ereignisse gemeint, sondern eine Aktualisierung des heilsbringenden Geschehens zwecks realer Teilhabe an ihnen durch die Gnade des Heiligen Geistes. Gott ist der Schöpfer von Raum, Zeit und Materie, Er kann diese jederzeit mühelos überwinden und sogar uns daran teilhaben lassen.

Großer Mittwoch, Großer Donnerstag, Großer Freitag, Großer Samstag... Was ist aber mit dem Großen Montag? Zwei biblische Sinnbilder stehen heute im Vordergrund, um uns die Einstimmung auf die Passion Christi zu erleichtern: der keusche Joseph - ein Urbild Christi -, der sich als Sklave im Hause Potiphars der Verführung durch die Frau seines Herren widersetzte und deswegen unschuldig verurteilt wurde (s. Gen. 39:7-20), und der Feigenbaum, der vom Herrn Jesus Christus wegen seiner Fruchtlosigkeit verflucht wurde (s. Mt. 21:18-22; Mk. 11:12-14, 20-25). Ich selbst bin aber zu armselig, um darüber  sinnieren zu wollen. Lasst daher die liturgischen Hymnen von diesem Tage für sich sprechen, damit wir vermittels ihrer auch der im Evangelium geschilderten Ereignisse des Großen Montags teilhaftig sein können.

 

Aposticha in der Hesperinos / Liturgie der Vorgeweihten Gaben*):

 

"Als der Herr zum freiwilligen Leiden schritt, sprach Er auf dem Weg zu den Aposteln: Wir gehen hinauf nach Jerusalem, und der Menschensohn wird verraten, wie es über Ihn geschrieben steht. Kommet denn, lasset auch uns mit geläuterten Sinnen mit Ihm ziehen, mit Ihm uns kreuzigen zu lassen und Seinetwillen den Lüsten des Lebens zu sterben, damit auch wir mit Ihm zum Leben erweckt werden und Ihn rufen hören: Nicht mehr in das irdische Jerusalem gehe Ich hinauf, um zu leiden; sondern Ich steige empor zu Meinem Vater und zu eurem Vater, zu Meinem Gott und zu eurem Gott. Und Ich werde euch miterhöhen ins obere Jerusalem im himmlischen Reich".

 

"Nachdem wir Gläubigen zu den heilbringenden Leiden Christi, Gottes, angelangt sind, lasset uns Seine unaussprechliche  Langmut verherrlichen; damit Er durch Seine Barmherzigkeit auch uns miterwecke, die wir durch die Sünde getötet sind, als der Gütige und der Menschenliebende".

 

"Herr, da Du zum Leiden schrittest, sagtest Du Deinen Jüngern bestärkend, sie insgeheim beiseite nehmend: Wie könnt ihr Meine Worte vergessen, die Ich einst zu euch sprach? Denn es steht geschrieben, dass jeder Prophet nur in Jerusalem getötet wird. Nun ist also die Zeit gekommen, von der Ich zu euch sprach; denn siehe, Ich werde in die Hände der Sünder fallen, um verspottet zu werden. An das Kreuz werden sie Mich schlagen, Mich dem Grabe übergeben, Mich verabscheuen und für einen Toten erachten. Doch seid tapfer, denn nach drei Tagen werde Ich auferstehen, zur Freude der Gläubigen und zum ewigen Leben".

 

"O Herr, die Mutter der Zebedäussöhne, die das unsagbare Geheimnis Deines Heilplanes nicht fassen konnte, bat Dich, eine Ehre für ein vergängliches Reich ihren Kindern zu erweisen; doch anstatt dessen versprachst Du Deinen Freunden, den Kelch des Todes zu trinken, und sagtest, Du würdest diesen Kelch vor ihnen trinken zur Reinigung von den Sünden; deshalb rufen wir Dir zu: Du bist die Erlösung unserer Seelen, Ehre sei Dir".

 

"Herr, indem Du Deine Jünger zu vollkommener Weisheit gewiesen hast, sagtest Du ihnen, sie sollten nicht den Heiden gleichen, um über die Geringeren zu herrschen; denn so soll es bei euch, Meinen Jüngern, nicht sein, weil Ich freiwillig arm bin. So soll der erste unter euch der Diener aller sein, der Herrschende wie der Beherrschte, der einen hohen Rang hat, wie der Letzte. Denn Ich bin selber gekommen, um dem verarmten Adam zu dienen und Meine Seele zur Erlösung vieler zu geben, die zu Mir rufen: Ehre sei Dir".

 

"Lasset uns uns fürchten vor der Strafe wegen der Unfruchtbarkeit des verdorrten Feigenbaumes; und lasset uns Christus würdige Früchte der Buße bringen, Der uns die große Gnade darreicht".

 

"Eine zweite Eva hat die Schlange in der Ägypterin gefunden, sie versuchte Joseph durch Schmeicheleien zu betören; er aber ließ sein Gewand zurück, floh vor der Sünde; und nackt, schämte er sich nicht wie die Erstgeschaffene vor seinem Ungehorsam. Durch seine Fürbitten, Christus, erbarme Dich unser".

 

Heute beginnt nun also der Aufstieg des Herrn zum irdischen Jerusalem. Nutzen wir die Möglichkeit dazu, mit Ihm zusammen auf diesem Weg zu gehen. Dann werden wir dereinst auch des Aufgangs zum himmlischen Jersusalem gewürdigt werden. Amen.

-------------------------------------------------------------------------------------------------

*) s. "Der Gottesdienst am Heiligen und Hohen Montag". Zusammengestellt und übersetzt von H.H. Erzpriester Dimitrij Ignatiev. Kloster des Hl. Hiob von Pocaev, München 1992.

Jahr:
2018
Orignalsprache:
Deutsch