Predigt zum ersten Samstag der Großen Fastenzeit (Theodoros-Samstag) (Hebr. 1:1-12; Mk. 2:23 - 3:5) (24.02.2018)

"So spricht der Herr: Wahrt das Recht, und sorgt für Gerechtigkeit; denn bald kommt von Mir das Heil, Meine Gerechtigkeit wird sich bald offenbaren. Wohl dem Mann, der so handelt, wohl dem Menschen, der daran festhält, den Sabbat zu halten und nie zu entweihen und seine Hand von jeder bösen Tat zu bewahren. Der Fremde, der sich dem Herrn angeschlossen hat, soll nicht sagen: ´Sicher wird der Herr mich ausschließen aus Seinem Volk`. Der Verschnittene soll nicht sagen: ´Ich bin nur ein dürrer Baum`. Denn so spricht der Herr: Den Verschnittenen, die meine Sabbate halten, die gerne tun, was Mir gefällt, und an Meinem Bund festhalten, ihnen allen errichte Ich in Meinem Haus und in Meinen Mauern ein Denkmal, Ich gebe ihnen einen Namen, der mehr wert ist als Söhne und Töchter: Einen ewigen Namen gebe Ich ihnen, der niemals ausgetilgt wird. Die Fremden, die sich dem Herrn angeschlossen haben, die Ihm dienen und Seinen Namen lieben, um Seine Knechte zu sein, alle, die den Sabbat halten und ihn nicht entweihen, die an Meinem Bund festhalten, sie bringe Ich zu Meinem heiligen Berg und erfülle sie in Meinem Bethaus mit Freude. Ihre Brandopfer und Schlachtopfer finden Gefallen auf Meinem Altar, denn Mein Haus wird ein Haus des Gebets für alle Völker genannt. Spruch Gottes, des Herrn, der die verstoßenen Israeliten sammelt: Noch mehr, als Ich schon von ihnen gesammelt habe, will ich dort versammeln" (Jes. 56:1-8).

 

Liebe Brüder und Schwestern,

 

der erste Samstag der Großen Fastenzeit ist dem Wunder des hl. Theodoros von Tyros (+ um 306) gewidmet, dessen die Kirche jedes Jahr am Ende der ersten Fastenwoche gedenkt. Wir wollen ihn zum Anlass nehmen, grundsätzlich über die Bedeutung des Samstages im kirchlichen bzw. liturgischen Leben nachzudenken. Wie wir wissen, hatte der Sabbat im Alten Bund eine übergeordnete Stellung (s. Gen. 2:2-3; Ex. 20:8-11). In der angeführten Weissagung des Jesaias wird die Heiligung des Sabbats noch dadurch hervorgehoben, dass selbst diejenigen, die infolge physischer Unzulänglichkeit (s. Dtn. 23:2) oder ethnischer Abstammung (s. Dtn. 23:3-7) nicht der Versammlung des Herrn angehören durften, sich durch das Halten des Sabbats ihre Zugehörigkeit zum Volk Israel sichern konnten. Der Gott des Himmels, der große und furchtgebietende Gott hält Seinen Bund und bewahrt die Gnade denen, die Ihn lieben (s. Neh. 1:5; 9:32), wenn es sein muss - auch entgegen früherer Anordnungen. Dementsprechend penibel achteten auch die Pharisäer zu Zeiten Jesu darauf, dass die Sabbatruhe eingehalten wurde (s. Mk. 2:24). Stellt sich die Frage: hat der Sabbat für uns Christen "ausgedient", da wir nun für gewöhnlich am "Tag des Herrn" (s. Offb. 1:10), also dem "ersten Tag der Woche" (s. Apg. 20:7) die kirchliche Versammlung abhalten?

Gerade in der Großen Fastenzeit wird deutlich, dass der von Gott geheiligte siebte Tag auch heute noch in Ehren gehalten wird. Die Kanones der Kirche verbieten das strenge Fasten an Samstagen (ebenso wie an Sonntagen) mit Ausnahme des Großen und Heiligen Samstags (s. 64. Apostolischer Kanon; 55. Kanon des VI. Ökumenischen Konzils). Erlaubt sind gemäß Typikon also immer Wein und Öl, es wird immer die Göttliche Liturgie zur üblichen Zeit zelebriert (vormittags, nicht abends), es gibt keine großen Metanien. Damit unterscheidet sich der Samstag grundlegend von den übrigen Tagen der Woche. Da diese katholische Norm in der Römischen Kirche missachtet worden war, sah es das VI. Ökumenische Konzil für geboten, dies Ende des siebten Jahrhunderts durch besagtes Korrektiv nochmals mit aller Deutlichkeit klarzustellen.

Während also  in der Großen Fastenzeit an Werktagen keine Liturgie zur sonst üblichen Vormittagszeit zelebriert (selbst zum Hochfest der Verkündigung nicht, so dieses denn auf einen Werktag fällt), sondern erst in den Abendstunden zusammen mit der Vesper gefeiert wird, gibt es an Samstagen diese strenge Fastenregel nicht (mit Ausnahme des Großen Samstags). Folglich wird auch in der Großen Fastenzeit samstags stets die Göttliche Liturgie gefeiert. Und was für Tage das sind! Der Theodoros-Samstag mit der Segnung der Kolyben ist ein erster feierlicher Höhepunkt nach Vollendung der ersten Woche des Fastens; dann drei Samstage des Seelengedenkens, an denen der Entschlafenen ausdrücklich bei der Proskomidie gedacht wird (was ja an den Werktagen der Fastenzeit nicht möglich ist) und Panichiden gesungen werden; dann folgt der Samstag des Lobpreises der Theotokos, nachdem zuvor im Orthros der Akathistos-Hymnos feierlich gesungen worden ist; schließlich der letzte Samstag vor der Großen Woche im Gedenken an die Auferweckung des Lazarus: wer aufmerksam zuhört, wird feststellen, dass an diesem einen Samstag im Orthros die ("kleine") Auferstehung gefeiert wird ("Gesegnet bis Du, o Herr...", "Christi Auferstehung haben wir geschaut..."; "Heilig ist der Herr unser Gott..."), während der darauffolgende Palmsonntag liturgisch keinerlei Elemente der Auferstehungsfeier enthält (wir feiern da den Einzug des Herrn in Jerusalem und gedenken des Beginns Seines Leidensweges). Ist diese "Rochade" eine Woche vor Ostern nicht geradezu eine Adelung des Samstags, die nur dadurch getoppt wird, dass der Tag der Grabesruhe des Herrn eine Woche danach heilsgeschichtlich die Erfüllung des Sabbats ist: "Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das Er geschaffen hatte, und Er ruhte am siebten Tag, nachdem Er Sein ganzes Werk vollbracht hatte" (Gen. 2:2)?!..

Wohlan, lasst uns frohgemut sein: wir sind jede Woche mit zwei festlichen Tagen gesegnet - das ganze Jahr über! Sind wir dadurch ärmer geworden?!.. Doch über all dem gilt: "Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat" (Mk. 2:27). Welch eine einleuchtende Regel, die sich getrost auch auf das Fasten und alle übrigen Vorschriften übertragen lässt. Schade aber auch, wenn, buchstäblich gesprochen, der Sabbat zwar für den Menschen da ist, er für viele auch als "Ruhetag", aber nicht als von Gott geheiligter Tag angesehen wird. Vom Tag des Herrn (Sonntag) ganz zu schweigen. Amen.

Jahr:
2018